RN/51
14.30
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Mit dem Resilienz kritischer Einrichtungen-Gesetz schaffen wir einen Rahmen, um jene Infrastrukturen zu schützen, die das Rückgrat unseres Landes bilden. Ich zähle sie noch einmal kurz auf: die Energie, der Verkehr, die Gesundheit, das Trinkwasser, digitale Netze und die Verwaltung. Kollege Himmer und Kollege Schmid haben das ja schon ausreichend erklärt.
Das Ziel ist ein klares: Wir wollen sicherstellen, dass diese lebenswichtigen Systeme auch im Krisenfall funktionieren, egal ob bei Naturkatastrophen, technischen Ausfällen oder gezielten Angriffen. Dieses Gesetz – das wurde heute auch schon gesagt – setzt die EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen um und folgt einem neuen umfassenden Sicherheitsverständnis, einem sogenannten Allgefahrenansatz. Das ist eine echte Verbesserung gegenüber früher. Früher stand nämlich fast ausschließlich der Terrorismus im Fokus und heute denken wir weiter, von Naturereignissen über Sabotagen bis hin zu hybriden Bedrohungen.
Damit trägt Europa endlich der Realität Rechnung, dass Sicherheit nicht nur eindimensional ist, denn die Bedrohungen haben sich massiv verändert. Seit dem 9. September kam es erstmals zu namhaften Drohnenangriffen Russlands auf Polen und seither beobachten wir eine erhöhte Aktivität auch in Rumänien, in Deutschland, in Norwegen und in Dänemark. Sogar in Österreich meldete der Verbund in nur drei Monaten 1 300 unregistrierte Drohnen über kritischer Infrastruktur allein im Raum Wien. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, ja, lauter russische Drohnen! So lächerlich!)
Das zeigt: Wir brauchen nicht nur digitale Resilienz – wie Kollege Schmid auch eindrücklich anhand Kärnten und Spanien erklärt hat, wo es zu digitalen Angriffen kam –, sondern wir brauchen auch physische Resilienz und das Ganze sofort. Ich weiß nicht, wer das „Morgenjournal“ hört, aber in dieser Woche war die Politikwissenschafterin Ulrike Franke am Wort, die dort sagte, dass Drohnen eine Bedrohung für kritische Infrastruktur darstellen, ist gar keine Überraschung, wir hätten nämlich schon längst reagieren müssen.
Europa ist bei der zivilen Drohnenabwehr noch immer zu langsam, zu unkoordiniert und zu schlecht ausgestattet. Drohnen fliegen tief, langsam und oft unbemerkt (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ich habe so eine daheim!), sie können mit Kameras und Sensoren ausgerüstet sein, die sicherheitsrelevante Informationen abgreifen, und sie sind schwer zu orten, weil sie sozusagen den niedrigen Luftraum benutzen und dieser eben nicht lückenlos überwacht wird. Das ist tatsächlich ein handfestes Sicherheitsrisiko auch für uns in Österreich.
Das Resilienz kritischer Einrichtungen-Gesetz ist ein wichtiger Schritt, doch wir müssen klar sagen, Sicherheit ist tatsächlich mehr als nur Polizeiarbeit, sie betrifft Energie, Umwelt, Gesundheit, Transport und Verwaltung, und deshalb – darum möchte ich jetzt darauf hinweisen – sollte sie auch nicht in einem einzigen Ministerium konzentriert werden. Krisenresilienz braucht Fachwissen, braucht aber auch Kooperation und auch föderale Verantwortung. Wir Grüne begrüßen ausdrücklich, dass Resilienz zur europäischen Priorität geworden ist.
Österreich braucht aber auch zusätzlich eine eigene nationale Drohnenschutzstrategie. Wir haben als Grüne bereits zwei Anträge dazu im Parlament eingebracht, die Forderung nach einer nationalen Drohnenschutzstrategie und die Stärkung der Solidarität und Unterstützung im Rahmen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Jetzt ist aber die große Frage: Was soll eine solche Strategie leisten? – Erstens eine bessere Detektion von Drohnen über kritischer Infrastruktur an Flughäfen, Kraftwerken, Rechenzentren und auch Regierungsgebäuden; zweitens klare rechtliche Grundlagen, damit Betreiber kritischer Einrichtungen im Ernstfall auch handeln dürfen, etwa zur Erkennung, zur Störung oder zur Abwehr gefährlicher Drohnen; und drittens – das ist auch ganz wichtig – eine abgestimmte Koordination zwischen Betreibern, Polizei, Bundesheer und Behörden, damit im Anlassfall dann auch wirklich schnell und wirksam reagiert werden kann.
Private Betreiber haben derzeit weder Eingriffsrechte noch technische Unterstützung, und das ist tatsächlich eine gefährliche Lücke.
Die zunehmende Aggression Russlands gegen die Europäische Union zeigt deutlich: Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist. Mit videofähigen Drohnen können kritische Infrastrukturen ausgespäht werden. Diese Geräte können sensible Daten erfassen, bis hin zu Telekommunikations- oder Betriebsinformationen. Österreich verfügt derzeit weder über eine systematische Erfassung von Drohnenaktivität noch über ausgearbeitete Konzepte zum Umgang mit verdächtigen Überflügen. Das ist ein Risiko – ich betone es noch einmal – für die nationale Sicherheit und auch für unsere wirtschaftliche Souveränität.
Deshalb stellen wir folgenden Entschließungsantrag:
RN/51.1
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Claudia Hauschildt-Buschberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich braucht eine nationale Drohnenschutz-Strategie“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird zur raschen Ausarbeitung und Umsetzung einer umfassenden, nationalen Drohnenschutz-Strategie aufgefordert. Dabei müssen relevante Akteure, wie Betreiber kritischer Infrastruktur, eingebunden werden.“
Sehr geehrte Damen und Herren, Resilienz beginnt nicht mit Gesetzen, sondern tatsächlich mit Weitsicht, und Sicherheit endet nicht an Ministeriumsgrenzen, sondern dort, wo wir zusammenarbeiten, technisch, politisch und europäisch. Das RKEG ist ein wichtiger erster Schritt, eine nationale Drohnenschutzstrategie ist der nächste, und den müssen wir jetzt gehen.
Aber weil Sie schon da sind, Herr Staatssekretär, möchte ich jetzt meine Rede nicht mit diesem Satz beenden, sondern noch etwas Wichtiges anfügen: Meine Kolleg:innen im Landesverteidigungsausschuss des Nationalrates haben mir berichtet, dass Frau Ministerin Tanner dringend eine Änderung des Militärbefugnisgesetzes benötigt, um tatsächlich auch den rechtlichen Rahmen für die Luftraumverteidigung zu haben, insbesondere nämlich: Wer ist für was wann und in welchem Rahmen der Verhältnismäßigkeit in Österreich zuständig, wenn es um die Beseitigung von Drohnen geht?, und insbesondere auch, das wird auch leicht vergessen: Die Folgeschäden von herunterfallenden Drohnen sind zu klären. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Jeder Drohnenbesitzer muss eine Versicherung haben!)
Wir Grüne wollen, Sie wissen es wahrscheinlich schon, relativ schnell eine Novellierung des Militärbefugnisgesetzes. Es wäre sehr schön, Herr Staatssekretär, wenn Sie das auch dem Herrn Minister weiterleiten könnten, dass Sie sich mit den Koalitionspartnern zusammensetzen und eindeutige Rahmenbedingungen schaffen, und das bitte nicht erst, wenn es zu spät ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Drohnen mit ... Waffen abschießen, unfassbar!)
14.38
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/51.2
Präsident Peter Samt: Der von den Bundesräten Claudia Hauschildt-Buschberger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Österreich braucht eine nationale Drohnenschutz-Strategie“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Dr. Julia Deutsch. Ich erteile es ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.