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11.03

Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung Eva-Maria Holzleitner, BSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Werte Zuseherinnen und Zuseher! 395 Angriffe auf die akademische Freiheit gab es zwischen Juli 2024 und Juli 2025 allein in 49 Ländern – das schreibt das internationale Netzwerk Scholars at Risk in seinem Bericht Free to Think 2025. In Bangladesch haben Polizei und Militär Studierendenproteste brutal niedergeschlagen. Alleine in den USA stieg die Anzahl an Angriffen von 15 bis 20 im Jahr 2023 auf mehr als 80 im Folgejahr. Auch in Europa haben wir gesehen, wie in Serbien gegen Studierendenproteste vorgegangen worden ist: über die Maßen mit Gewalt.

Aktuell jagt eine Hiobsbotschaft die nächste, wenn es um die Freiheit von Forschung und die Streichung von finanziellen Mitteln für Forschung in den USA geht. Wissenschaftsfreiheit ist jedoch eine Grundvoraussetzung für Demokratie und auch für gesellschaftlichen Fortschritt. Es liegt an uns, nicht nur attraktive Rahmenbedingungen für Forscherinnen und Forscher zu schaffen, sondern auch wachsam gegenüber jeglicher Form von Wissenschaftsfeindlichkeit zu sein und die freie Wissenschaft und Forschung als Fundament für eine lebendige, wehrhafte Demokratie auch nachhaltig zu stärken.

Wir alle mussten beobachten, wie Wissenschaft und Forschung in den USA in den letzten Wochen und Monaten brutal angegriffen wurden. Institutionen, die jahrzehntelang Wissen aufgebaut haben, gesellschaftlichen Fortschritt ermöglicht haben und internationales Ansehen genießen, wurden über Nacht mit dem Vorschlaghammer getroffen. Zahlreiche Forscherinnen und Forscher mussten ihre Forschung stoppen, andere suchten schnellstmöglich den Weg ins Ausland. Neben Spitzenforscherinnen und -forschern sind es auch internationale Studierende, die mittlerweile einen weiten Bogen um die USA machen: Aktuelle Befragungen zeigen, dass seit dem 6. Jänner dieses Jahres die Zahlen, wenn man Studierende fragt, ob sie einen Masterabschluss in den USA machen wollen, um 61 Prozent zurückgegangen sind.

Ich denke, gerade wir in Österreich können und dürfen nicht zusehen, wenn tatsächlich die Wissenschaftsfreiheit angegriffen wird, und wir als Bundesregierung haben deshalb im Rekordtempo ein Perspektivenpaket geschnürt, aber nicht nur als Bundesregierung, sondern wir haben ganz klar und bewusst gemeinsam mit den österreichischen Forschungseinrichtungen, mit den österreichischen Universitäten, mit den Fachhochschulen sofort einen Kraftakt an den Tag gelegt, um Österreich klar als sicheren Hafen für Wissenschaft und Forschung zu positionieren: für Studierende, für Forscherinnen und Forscher, für Personen aus der Wissenschaft. Und ja, die Nachfrage gibt uns recht: Österreich ist ein attraktiver Ort für Wissenschaft und Forschung. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Ich denke, dass ein besonderer Auftrag auch aufgrund unserer Verfassung vorliegt, in der gerade die Wissenschaftsfreiheit, die Lehrfreiheit fest verankert sind. Wir alle sind ja durchaus der Verfassung verpflichtet, und deswegen müssen wir auch tatsächlich laut sein und gerade diese Freiheiten in Österreich verteidigen und uns international zu Wort melden, wenn andere Länder Gegenteiliges bewirken.

In Österreich konnten wir mittlerweile über 50 Forscherinnen und Forscher für unsere Universitäten und Forschungseinrichtungen gewinnen, und das nicht nur an wenigen Universitäten, sondern an der Meduni Innsbruck, an der TU Graz, an der Johannes-Kepler-Universität in Linz, an der Boku in Wien. Unsere Hochschulen sind attraktiv und haben auch sofort die Chance genutzt und Personen zu uns eingeladen, um hier tätig zu sein. Ich denke, dass es definitiv auch für unser Land spricht, dass wir da keine Zeit haben verstreichen lassen. Personen haben ihren Lebensmittelpunkt nach Österreich verlegt.

Ganz klar dafür spricht auch eine Erfolgsmeldung: dass nun erstmals eine österreichische Universität in den top 100 beim Times Higher Education Ranking platziert ist. Darauf dürfen wir stolz sein, aber es ist auch ein klarer Auftrag, dass wir nicht lockerlassen dürfen, damit wir diese großartigen Institutionen auch weiterhin unterstützen.

Wir stehen vor großen Herausforderungen – technologisch, gesellschaftlich, demokratiepolitisch –, und deswegen haben wir im Regierungsprogramm auch die Hochschulstrategie 2040 verankert, zu der wir den ersten Ministerratsvortrag beschlossen haben und den Prozess einleiten werden. Denn Hochschulen sind mehr als nur Orte des Wissens: Sie sind Orte der Demokratie, und gerade in Zeiten, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse immer wieder infrage gestellt werden und antidemokratische Kräfte nicht nur in den USA lauter werden, gilt es klar, auch in Österreich Hochschulen aktiv zu stärken. Das machen wir im Rahmen der Strategie, in der wir klar drei Handlungsaufträge erklärt wissen und sehen.

Erstens sind unsere Hochschulen Bollwerke gegen Wissenschaftsfeindlichkeit. Sie sind Orte des offenen Diskurses – das gilt es zu stärken.

Zweitens schaffen sie soziale Gerechtigkeit. Bildung ist der Schlüssel für Teilhabe und Gerechtigkeit, und auch da gilt es, das nachhaltig zu fördern und Bildungsvererbung in unserem Land auch wirklich aufzubrechen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Drittens sind Hochschulen Motoren für Innovation und für gesellschaftlichen Fortschritt. Sie liefern Wissen, Antworten sowie Lösungen für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Auch das ist ein ganz zentrales Ziel und ein wichtiger Schwerpunkt.

Die Hochschulstrategie 2040 werden wir gemeinsam mit der Politik, mit der Verwaltung, mit der Wirtschaft, mit Partner:innen aus Gesellschaft und natürlich mit allen Personen aus dem betreffenden Sektor, mit Studierenden, mit Lehrenden, mit Forscherinnen, Forschern, mit Personen aus der Wissenschaft, im Dialog ausarbeiten. Ich bin überzeugt, dass wir so unsere Hochschulen noch zukunftsfitter machen können. Diese sind nämlich zentral für unsere Wissenschafts- und Forschungslandschaft, sie sind zentral auch in der europäischen und der internationalen Vernetzung, und sie tragen Verantwortung für Demokratie, Freiheit, Sicherheit und auch für unseren Wohlstand.

Wir erleben tagtäglich, dass die Bedrohungen, wie vorhin auch schon angesprochen, näher rücken, Grenzen verschoben werden, Frieden niemals etwas Selbstverständliches ist. Deshalb gilt es, Demokratie, Freiheit und Menschenrechte tatsächlich jeden Tag zu leben und auch zu verteidigen.

Auf europäischer Ebene wird gerade die nächste Phase des Förderprogramms Horizon Europe für Forschung und Innovation verhandelt. Österreich hat sich hier ganz klar und stark dafür eingebracht, dass es bei der nächsten Runde von Horizon Europe auch um Friedens- und Sicherheitsfragen gehen muss: Die Konfliktprävention muss gestärkt werden, und Friedensförderung und auch Demokratieforschung müssen zentrale Schwerpunkte neben den bereits gesetzten sein, denn wir müssen den Frieden in Europa sichern. Die Europäische Union ist Friedensnobelpreisträgerin. Wir müssen schauen, wie wir Konflikte verhindern können und welche Mittel und Wege es auch für Befriedung gibt.

Außerdem lehnt es Österreich ganz klar ab, dass aus Horizon Europe reine Verteidigungsforschung finanziert wird. Wir wollen zivile und sicherheitsrelevante Forschung sinnvoll vorantreiben, um Innovationen für die Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern vom Alltag bis hin zu außergewöhnlichen Herausforderungen klar zu fördern. Für rein militärische Forschung gibt es jedoch andere Fördertöpfe, die auch entsprechend dotiert sind. Horizon Europe muss sich aber auf andere Dinge fokussieren. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Nur wer Wissenschaft und Forschung in enger Vernetzung lebt, kann tatsächlich auch einen wesentlichen Beitrag zu einer stabilen, friedlichen und wehrhaften Demokratie und einer europäischen Gesellschaft leisten, davon bin ich überzeugt. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

11.12

Präsident Peter Samt: Ich danke der Frau Bundesministerin.

Nun zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Amelie Muthsam. Ich erteile es ihr und mache darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. –Bitte schön.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.