RN/14

11.58

Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Wenn wir heute über Wissenschaftsfreiheit und Demokratie sprechen, dann sprechen wir über das Fundament, das eine offene Gesellschaft braucht, und das, wofür unsere offene Gesellschaft steht. 

Eine Demokratie, die ihre Wissenschaft nicht schützt, schwächt sich selbst. Und eine Wissenschaft, die nicht frei ist, kann auch keine Demokratie stärken. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Gerade jetzt, da wir in Teilen Europas wieder erleben, dass an der Wissenschaftsfreiheit sehr wohl gerüttelt wird, muss Österreich ein klares Zeichen setzen: für offene Universitäten, für kritisches Denken, für Forschung ohne politische Grenzen. 

Freiheit ist in der Wissenschaft nämlich nicht selbstverständlich. Wir haben heute schon einige Beispiele gehört und wir müssen ja nur über unsere eigenen Grenzen blicken, um zu sehen, dass es in anderen Ländern in der Europäischen Union nicht so zugeht und Regierungen beginnen, Wissenschaft politisch zu steuern. 

In Ungarn zum Beispiel: Wir hatten heute schon einige Beispiele von dort, aber ich möchte noch an 2018 und an die Central European University erinnern, die de facto verdrängt worden ist, weil sie der Regierung unbequem wurde. Oder in Polen: Dort werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Druck gesetzt, weil sie sich mit Geschlechterforschung, mit Migration oder mit Demokratieentwicklung beschäftigen. Und in anderen Staaten Europas fließt das Geld nur dort, wo es gerade politisch bequem ist. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Wie bei uns! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, richtig, wie bei uns!)

Das sind keine Einzelfälle (Zwischenruf des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ]), das sind gezielte Angriffe auf die Freiheit der Demokratie (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Richtig!), aber ich glaube, da sind wir unterschiedlicher Ansicht. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Ja, absolut! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Bist ja politisch korrekt! Bist eine Gute!) Eine Demokratie, die keine unbequemen Wahrheiten mehr aushält, liebe Kollegen da drüben, verblasst und geht langsam, aber sicher zugrunde. (Ruf bei der FPÖ: Eh!)

Wissenschaft braucht Rahmenbedingungen, aber sie braucht keine politischen Leitlinien. Sie braucht den Wettbewerb um die besten Ideen, aber sie braucht nicht die Gunst der Mächtigen, und sie braucht auch Institutionen, die unabhängig arbeiten können, aber frei von Budgetverhandlungen oder ideologischen Kampagnen. (Zwischenruf des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ].)

Genau deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung mit der Hochschulstrategie 2040 einen neuen Weg eingeschlagen hat, der die Rolle unserer Hochschulen neu denkt. Unis sind ja mehr als Lernorte, sie sind freie Gestaltungskräfte für eine lebendige, wehrhafte Demokratie. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Sie bilden Menschen nicht nur für den Arbeitsmarkt aus, sondern machen sie zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern, die kritisch denken, die sich einmischen und Verantwortung übernehmen.

Ich begrüße ganz kurz die Gruppe, die gerade in den Saal gekommen ist. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Vielleicht auch passend zur Alterskategorie: Die Freiheit der Wissenschaft beginnt ja schon im Studium, und deshalb brauchen wir Studienbedingungen, die Eigenverantwortung, die mehr Flexibilität und mehr Leistungschancen bieten. Dazu gehören digitale und modulare Studienformen, leistungsgerechte Stipendien und auch Curricula, die der heutigen Zeit entsprechen und nicht noch aus der Verwaltungszeit der Achtzigerjahre stammen.

Studieren soll auch wieder als Chance erlebt werden, nicht als Dauerbelastung. Eine gute Lehre, Internationalität und Innovation sollen selbstverständlich sein. Die Universitäten sollen den Studierenden die Freiheit zugestehen, die sie auch selber benötigen und für sich einfordern. Nur so bleibt die Bildung in Österreich exzellent – und ja, wir haben eine exzellente Bildung, auch wenn nicht alle hier einer Meinung sind, aber es ist ein Fakt –, nur so bleiben auch unsere besten Köpfe hier, anstatt ins Ausland auszuwandern.

Österreich hat ja schließlich auch eine starke Wissenschaftstradition. Wir haben Universitäten mit internationaler Strahlkraft. Wir haben ja gerade erst jetzt wieder das Times Higher Education World University Ranking erhalten, da ist die Universität Wien erstmalig unter den top 100. Das ist doch ein riesiger Erfolg, an dem wir weiter dranbleiben müssen! Wir haben Forschende und Studierende, die in der Welt gefragt sind. Das verpflichtet uns: nicht nur diese Freiheit zu verteidigen, sondern sie aktiv zu gestalten.

Ich persönlich glaube fest daran, dass Wissenschaftsfreiheit und Demokratie sich gegenseitig bedingen. Die eine braucht die andere, oder sie verliert ihre Grundlage. Wer Wissenschaftsfreiheit schützt, der schützt die Demokratie; wer sie einschränkt, der schwächt sie, auch wenn er das Gegenteil behauptet. Ganz einfach gesagt: Demokratie braucht Wissenschaft und Wissenschaft braucht Freiheit! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

12.03

Präsident Peter Samt: Da dazu keine weitere Wortmeldung mehr vorliegt, ist die Aktuelle Stunde somit beendet.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.