RN/18

12.06

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren, hier im Raum und vor den Bildschirmen! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Was heute auf der Tagesordnung steht, betrifft zwei sehr zentrale Fragen in der Bildungspolitik: erstens, wie wir den Zugang zu einem neuen, dringend notwendigen Masterstudium regeln, und zweitens, welche Rolle dabei die Universität Krems in unserem Hochschulsystem künftig spielen soll. Beide Fragen sind wichtig. Beide verdienen eine sachliche und sorgfältige Debatte, denn sie entscheiden darüber, ob unsere Reform der Psychotherapieausbildung wirklich zu mehr Qualität und Fairness führt oder ob sie neue Ungleichheiten schafft.

Das wissen wir alle: Psychische Gesundheit ist zu einem sehr großen Thema unserer Zeit geworden. Immer mehr Menschen suchen Unterstützung, und oft scheitert der Zugang an langen Wartezeiten und den zu hohen Kosten. Bisher war die Ausbildung zur Psychotherapeutin, zum Psychotherapeuten in Österreich ausschließlich privat organisiert, teuer, kompliziert und für viele schlicht unerschwinglich. Das bedeutet, ob man sich diesen Beruf leisten konnte, hing oft von der finanziellen Situation der Familie ab. Darum war es auch ein entscheidender Schritt, dass wir im vergangenen Jahr das Psychotherapiegesetz reformiert haben. Damit wurde der Weg frei für ein öffentliches Bachelor- und Masterstudium, qualitätsgesichert und auch jetzt leistbar.

500 staatlich finanzierte Studienplätze sind vorgesehen, und diese Plätze sollen auf die öffentlichen Universitäten verteilt werden, eben nach Maßgabe ihrer Kapazitäten, Studierende auszubilden und sie auch praxisnah zu begleiten. Das ist ein Fortschritt für die Studierenden ebenso wie für die Versorgung der Menschen im Land.

Doch – und das muss ich jetzt kritisch sagen – die heutige Gesetzesänderung droht, diesen Fortschritt wieder zu verwässern, denn sie enthält zwei Punkte, die wir als Grüne kritisch sehen: erstens die Aufnahme des Masterstudiums Psychotherapie in die Quotenregelung und zweitens die Ausweitung der Kompetenzen der Universität für Weiterbildung Krems.

Zuerst nun zur Quotenregelung: Die Regierung argumentiert, man müsse – wie in der Humanmedizin – einen bestimmten Anteil der Studienplätze für österreichische Staatsbürger:innen reservieren, um die Versorgung im Inland zu sichern. Das klingt auf den ersten Blick, nach der ersten Betrachtung auch durchaus plausibel, hält aber einer genaueren Betrachtung nicht stand, denn der Vergleich mit der Humanmedizin hinkt tatsächlich deutlich. In der Humanmedizin gibt es kein Bachelor-Master-System. Die Zugangsbeschränkung betrifft dort den Einstieg in das Studium überhaupt. Beim neuen Masterstudium Psychotherapie ist es anders. Da geht es um den zweiten Studienabschnitt, den man erst nach einem abgeschlossenen Bachelorstudium beginnen kann; und viele Studierende haben nämlich schon das einschlägige Bachelorstudium in Österreich absolviert. Sie haben Zeit und Engagement in dieses System investiert. Diesen Menschen nun mit einer Quotenregelung den Zugang zum Master zu erschweren, ist sachlich nicht gerechtfertigt und meiner Meinung nach auch rechtlich fragwürdig. Das bedeutet nämlich, dass die Menschen, die bereits hier studiert haben und sich bewährt haben, plötzlich – nur aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit – benachteiligt würden. Das ist ganz klar gesagt eine Diskriminierung auf Basis dieses Passus. Sie ist nämlich auf dieser Stufe der Ausbildung nicht haltbar. 

Darüber hinaus brauchen wir gerade in der Psychotherapie Vielfalt. Wir brauchen Menschen mit unterschiedlichen biografischen, kulturellen und sprachlichen Hintergründen, um den komplexen psychischen Herausforderungen in unserer Gesellschaft gerecht zu werden. Vielleicht füge ich da ganz kurz ein: In meiner früheren Tätigkeit bei der Volkshilfe gab es ein Psychotherapieprojekt. Da ist es ganz wichtig und wesentlich gewesen, auch Therapeuten zu beschäftigen, die muttersprachlich Psychotherapie anbieten könnte, weil es gerade in psychischen Ausnahmesituationen für die Menschen oft vertrauenerweckender ist, wenn sie in ihrer eigenen Sprache über das, was sie bewegt, reden und sich ausdrücken können. Ich glaube, genau dieser Rückschritt – das ist es meiner Meinung nach –, sich auf die österreichische Staatsbürgerschaft festzulegen, wird das massiv behindern. (Beifall der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) Ebendiese starre Quotenregelung allein in Bezug auf die Herkunft und Staatsbürgerschaft steht dem Ziel entgegen, dass alle Menschen im Rahmen der Psychotherapie gut begleitet werden können. Ja, und so wird meiner Meinung nach Formalität statt Kompetenz, Herkunft statt Haltung und vielleicht auch ein bisschen Pass statt Eignung bewertet. Wenn wir wirklich eine gute Versorgung sicherstellen wollen, dann müssen wir auf Qualität und nicht auf Quoten setzen.

Nun noch zum zweiten Punkt, der Universität für Weiterbildung Krems: Künftig soll dort das ordentliche Masterstudium Psychotherapie angeboten werden dürfen – und das wirft zu Recht die Frage auf: Wie viel Weiterbildung steckt eigentlich noch in dieser Weiterbildungsuniversität? Die Donau-Universität Krems wurde gegründet, um berufsbegleitende Weiterbildung zu ermöglichen, nicht, um ein zweites Netz an Volluniversitäten aufzubauen. Wenn dort nun immer mehr ordentliche Studiengänge angeboten werden, dann verschwimmt die Grenze zwischen Weiterbildung und regulärem Universitätsbetrieb zunehmend. Zugleich steht die Universität Krems unter erheblichem wirtschaftlichen Druck; das muss man natürlich auch erwähnen. Dass ihr nun durch diese Quotenregelung ein großer Teil der neuen Studienplätze zugeschanzt werden soll, ist nicht nur bildungspolitisch bedenklich, sondern auch gegenüber den anderen Universitäten unfair. Warum? – Die etablierten Universitäten des Landes haben sehr genau berechnet, wie viele Studierende sie mit Anbindung an Kliniken, psychiatrische Abteilungen und wissenschaftliche Betreuung qualitativ hochwertig ausbilden können. Die Zahlen, die von der Donau-Universität Krems hier in den Raum gestellt werden, sind in Fachkreisen äußerst umstritten. Es entsteht der Eindruck, dass quasi durch die Hintertür eine weitere Volluniversität etabliert werden soll, obwohl das Regierungsprogramm ausdrücklich festhält, dass keine neue Volluniversität in Österreich geschaffen werden soll.

An der Stelle vielleicht noch eine kurze Erinnerung an die Regierungsfraktionen und an ihr Versprechen dahin gehend: Sehr geehrte Damen und Herren! Psychische Gesundheit ist eines der großen Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Wir brauchen dringend gut ausgebildete Therapeutinnen und Therapeuten, das ist überhaupt keine Frage – aber wir brauchen sie auf Basis von Chancengleichheit, Qualität und Fairness, nicht auf der Basis von Staatsbürgerschaften oder institutionellen Ausnahmen.

Eine moderne Bildungslandschaft erkennt Leistung an, nicht den Pass; und eine seriöse Hochschulpolitik schafft klare Zuständigkeiten, keine Grauzonen. Darum sagen wir Grüne ganz klar: Diese Gesetzesänderung geht in die falsche Richtung. Wir fordern eine gerechte, transparente und sachlich fundierte Regelung des Zugangs zum Masterstudium Psychotherapie und eine klare Definition der Rolle der Universität für Weiterbildung Krems, denn nur so können Ausbildung, Versorgung und Fairness Hand in Hand gehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

12.14 

Präsident Peter Samt: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA. Ich erteile es ihr. – Sorry, Fehler von mir: Bundesrätin Amelie Muthsam. – Ich bitte um Entschuldigung, Frau Kollegin.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.