RN/86
der Bundesräte Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Nur gelebte Neutralität sichert Österreichs Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung“ (4354/J-BR/2025)
Präsident Peter Samt: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage.
Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.
Der Wortlaut der Anfrage ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/86.1
Ich erteile somit Herrn Bundesrat Andreas Arthur Spanring als Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.
Ich begrüße gleichzeitig Herrn Staatssekretär Alexander Pröll bei uns. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
RN/87
16.00
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Danke, Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren Zuschauer! (Bundesrät:innen der FPÖ stellen Tafeln mit der Aufschrift „FPÖ – Zeit für Neutralität“ auf ihre Plätze.) Ich halte hier ein Stück Geschichte in Händen (eine Kopie des Bundesgesetzblattes für die Republik Österreich vom 4. November 1955 in die Höhe haltend). Das ist natürlich nicht das Original; das ist die Fotokopie des Bundesgesetzblattes der Republik Österreich aus dem Jahre 1955. Darauf steht: „Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs. Der Nationalrat hat beschlossen: Artikel 1“, erstens: „Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.“ Man merkt an der Formulierung, dass das natürlich schon ein etwas älteres Gesetz ist.
Heute lesen wir in Art. 9a, Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes: „Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität.“ (Beifall bei der FPÖ.) „Hiebei sind auch die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen zu schützen und zu verteidigen.“
Wir haben es heute schon einmal gehört; wir haben heute im Rahmen des Festakts zu 80 Jahren Länderkonferenz über die Schönheit der Verfassung gesprochen. Wir haben einerseits von der Schönheit der Verfassung gesprochen, andererseits haben wir gehört, dass Österreich damals, noch 1945, aber auch 1955, ein Land war, das vom Krieg – zugleich aber vom unbeugsamen Willen, frei zu sein – gezeichnet war.
Am 15. Mai 1955 wurde im Schloss Belvedere mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags nicht irgendein Dokument besiegelt, es wurde in Wahrheit ein ganzes Volk wieder aufgerichtet. Manche sprechen sogar davon, dass an diesem Tag die Zweite Republik wiedergeboren wurde. Nur wenige Monate später, am 26. Oktober 1955 wurde diese Freiheit mit einem Gelöbnis untermauert, dem Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität. Meine Damen und Herren, dieser Schwur war nicht nur ein bloßes Lippenbekenntnis (Bundesrat Gfrerer [ÖVP/Sbg.]: Das war ein Gesetz!), es war ein Vermächtnis: nie wieder Teil fremder Machtspiele, nie wieder Werkzeug fremder Interessen, nie wieder Krieg auf österreichischem Boden.
Genau das, meine Damen und Herren, ist der Grund, warum wir heute trotz einer ausnahmsweise einmal etwas längeren Tagesordnung diese Dringliche Anfrage mit dem Titel „Nur gelebte Neutralität sichert Österreichs Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung“ einbringen und in der Tagesordnung verhandeln.
In drei Tagen feiern wir den 26. Oktober, unseren Nationalfeiertag, zum 70. Mal. Wir haben hierzu im Parlament den Tag der offenen Tür. Ich lade vor allem natürlich auch alle Zuschauer ein: Kommen Sie am Sonntag ins Parlament, feiern wir gemeinsam 70 Jahre Freiheit dank unserer Neutralität. Kommen Sie gerne auch hinter das Parlament in die Reichsratsstraße und feiern Sie mit uns Freiheitlichen das Neutralitätsfest des FPÖ-Parlamentsklubs, das um 10 Uhr beginnen wird.
Es ist wichtig und richtig, unsere Neutralität zu feiern, denn Neutralität war nie ein Zeichen von Schwäche. Sie war die stärkste Währung, mit der Österreich Vertrauen, Glaubwürdigkeit und auch Respekt aufgebaut und gewonnen hat. Sie war die Grundlage für den Frieden, für den Wohlstand und für unsere Rolle als internationaler Vermittler.
Wenn ich von Frieden, Wohlstand und der Rolle Österreichs als internationaler Vermittler spreche, dann werden Sie vielleicht merken, dass genau dieser Frieden in Gefahr ist, dass unser Wohlstand dank komplett verfehlter Politik der letzten, aber auch dieser Regierung massiv abgebaut wurde und wird. Wir leben in Wahrheit nur mehr von den Reserven der Vergangenheit, die tagtäglich weniger werden. Die Rolle als internationaler Vermittler haben besonders Herr Nehammer, Herr Schallenberg, aber natürlich auch Herr Stocker und allen voran Frau Beate Meinl-Reisinger zerstört. Ein Vertrauen, das wir über Jahrzehnte aufgebaut haben, zerstört diese Einheitspartei binnen weniger Jahre.
Neutralität, meine Damen und Herren, ist nicht Vergangenheitsromantik, sie ist die DNA unserer Republik. Aber diese DNA muss man schützen. Neutralität überlebt nur dann, wenn man sie wehrhaft lebt. Jeder kennt wahrscheinlich den Ausspruch: Si vis pacem, para bellum!, ein lateinisches Sprichwort – wenn du Frieden willst, dann bereite dich auf den Krieg vor. Inhaltlich stimme ich diesem Zitat natürlich zu, aber man muss dieses Zitat auch ein bisschen präzisieren, denn leider hört man immer wieder – auch auf europäischer Ebene –, dass wir kriegstauglich werden sollen. Dazu sage ich ganz klar für Österreich: nein – nicht kriegstauglich, sondern verteidigungstauglich. (Beifall bei der FPÖ.)
Verteidigungstauglich ist die richtige Bezeichnung, denn Abschreckung und militärische Stärke ist notwendig, um Aggressoren abzuhalten. Das ist eben nur mit einer wehrhaften Neutralität möglich und das ist auch mit der wehrhaften Neutralität gemeint. Genau an dieser Wehrhaftigkeit haben unzählige Regierungen in der Vergangenheit Raubbau betrieben. Immer mit dabei, oder leider eigentlich vorneweg, war die ÖVP: Ich erinnere da ganz gezielt an Verteidigungsminister Günther Platter, der den Wehrdienst von 8 auf 6 Monate verkürzt hat – als billiges Wahlzuckerl. Er wurde damals dafür zu Recht auch von hohen Militärsals Totengräber des Bundesheeres bezeichnet und jeder, der mit dem Bundesheer verbunden ist oder war, weiß, warum: Damit wurde nämlich auch unsere Miliz massiv geschwächt. (Beifall bei der FPÖ.)
Noch schlimmer war die Rolle der ÖVP als Dauerfinanzministerpartei. Das Bundesheer wurde von Reform zu Reform kaputtgespart. Heute nennt man das beschönigend Friedensdividende – eine Dividende, die uns aber leider allen sehr teuer zu stehen kommt. Ihr eigener Landesverteidigungsbericht der ÖVP-Ministerin sagt klar: Der Aufbauplan 2032 plus ist mit dem Finanzrahmen nicht umsetzbar. Das ist kein Konzept, meine Damen und Herren, das ist ein sicherheitspolitisches Schuldeingeständnis. (Heiterkeit des Bundesrates Daniel Schmid [SPÖ/T].)
Es war auch die ÖVP, die über Jahrzehnte an dieser Neutralität gesägt hat – natürlich unter tatkräftiger Mithilfe der SPÖ: Zuerst wurden wir ohne Neutralitätsvorbehalt in die EU geführt, dann wurden EU-Militärprojekte mitgetragen und heute fließen österreichische Steuergelder in die sogenannte europäische Friedensfazilität, einen Fonds, mit dem in Wahrheit Kriege unterstützt werden, die nicht die unsrigen sind. Alleine der Name Friedensfazilität ist ja ein Hohn und ist in Wahrheit an Doppelbödigkeit nicht zu überbieten.
Ein neutrales Land, meine Damen und Herren, bildet keine fremden Soldaten aus. Ein neutrales Land tritt nicht in Programme wie zum Beispiel Sky Shield ein, die uns schleichend in eine europäische Militärarchitektur einbinden. Ein neutrales Land finanziert keine Waffenlieferungen.
Sie bestreiten zwar, dass das passiert, aber ein Lieblingsspruch der ÖVP, der da so passend ist, ist ja: Geld hat kein Mascherl. – Genau so ist es. Sie wissen nicht, wofür unser Steuergeld verwendet wird. Sie wissen es nicht. Sie können mich kritisieren, da können Sie ruhig mit dem Kopf schütteln, aber es ist so. Sie können es sich auch einreden, damit Sie vielleicht besser schlafen können, aber Sie wissen es nicht. (Heiterkeit des Bundesrates Ruf [ÖVP/OÖ].)
Dann gibt es wieder die Doppelmoral; die kommt besonders gerne auch von links. Bei der Finanzierung fremder Kriege hat man keine Bauchschmerzen, aber wehe irgendwo in einem Kriegsgebiet taucht einmal ein Foto auf, auf dem irgendjemand eine Glock-Pistole oder ein Steyr-Gewehr in der Hand hat. Dann überschlagen sich die Empörungsstürme. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) Die linken Schmierblätter wie „Der Standard“ oder der „Falter“ überschlagen sich dann moralinsauer. Dann heißt es plötzlich: Wie können österreichische Waffen aus einem neutralen Land in ein Kriegsgebiet gelangen? Da entdecken Sie dann auf einmal wieder die Neutralität für sich, aber eben leider nur dann.
Die Antwort ist einfach: Waffen werden halt legal weltweit verkauft. Anderswo werden sie weiterveräußert, aber das kann man nicht kontrollieren. Es gibt außerdem auch einen illegalen Waffenhandel, der Ihnen vielleicht ein Begriff sein wird, auch mit gestohlenen Waffen. Weder Glock noch Steyr Arms verletzen damit die Neutralität. Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Seien wir doch stolz und froh, dass wir solche Unternehmen noch im Land haben, auch wenn Steyr im Jahr 2024 von einem tschechischen Investor aufgekauft wurde.
Ganz wichtig: Ein neutrales Land tritt nicht der Nato bei. Ein Nato-Beitritt ist mit der immerwährenden Neutralität unvereinbar und muss kategorisch ausgeschlossen sein. (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Wer redet von einem Nato-Beitritt? Wer?)
Wer Neutralität ernst nimmt, muss sie schützen, nicht relativieren, nicht neu interpretieren, so wie Sie das immer versuchen. Sie müssen die Neutralität verteidigen. All das, was Sie zu konstruieren versuchen, ist eben eine Uminterpretation. Das ist aber nicht redlich, denn das Einzige, was für uns zählt, ist, dass die Neutralität eine verfassungsrechtliche Verpflichtung für uns ist. So steht es geschrieben. (Beifall bei der FPÖ.)
Nicht nur das: Auch die Mehrheit der Österreicher sagt ganz klar, sie steht zu unserer Neutralität. Das Volk ist der Souverän, meine Damen und Herren, nicht Sie, auch wenn Sie jetzt noch regieren.
Wehrhafte Neutralität bedeutet aber auch inneren Schutz. Auch dieser ist durch viele Ihrer politischen Versäumnisse der letzten Jahre massiv gefährdet. Ein Stichwort von vielen: Das ist zum Beispiel die importierte Kriminalität. Wer seine eigenen Grenzen nicht schützt, meine Damen und Herren, kann natürlich auch seine Neutralität nicht verteidigen. Während Sie Österreich damit von innen schwächen, gibt es gleichzeitig einen internationalen Ausverkauf unserer Interessen.
Ich habe es bereits erwähnt: Wir haben unsere Rolle als internationaler Vermittler verloren. Warum finden Friedensgespräche heute in Istanbul oder vielleicht in Budapest statt? Warum nicht in Wien? – Weil Österreich unter Ihrer Führung nicht mehr als neutral wahrgenommen wird. Das ist Ihre Neuinterpretation der Neutralität. (Bundesrat Daniel Schmid [SPÖ/T]: Kannst das beweisen?) – Das ist leider die Wahrheit. Ja, genau so ist es! (Beifall bei der FPÖ.)
Mir ist auch klar, dass Sie sich natürlich in der heutigen Debatte dann wieder voll und ganz auf den Krieg in der Ukraine fokussieren werden. Ja, Russland hat die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen. Jeder Angriff eines Landes auf ein anderes ohne ein UN-Mandat ist automatisch ein völkerrechtswidriger Angriff.
Was Sie aber komplett außer Acht lassen, ist, dass wir jetzt gerade weltweit mindestens 25 weitere bewaffnete Konflikte haben, in Wahrheit sind es wahrscheinlich noch mehr; Bürgerkriege, auch staatenübergreifende Kriege (Bundesrätin Herunter [ÖVP/Stmk.]: Vielleicht weil es nur 500 Kilometer von uns weg ist!) – Aha, weil es weiter weg ist, ist es Ihnen wurscht? Danke, Frau Kollegin, für Ihre Einstellung. Danke! (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Aber macht es das besser?) –: der Krieg im Nahen Osten zwischen Israel und Gaza, bei dem wir inständig hoffen, dass jetzt die Friedensbemühungen halten werden, der Bürgerkrieg in Äthiopien, der Konflikt in Myanmar, der Krieg im Sudan und viele, viele weitere Konflikte.
Ich habe vor vielen Jahren – da war ich selbst noch Berufssoldat, es ist also wirklich schon lange her – einmal einen Spruch gelesen, der sich tief in mich eingebrannt hat. Diesen will ich Ihnen mitgeben oder auch mit Ihnen teilen: „Krieg ist ein Ort, an dem junge Menschen, die sich gegenseitig nicht kennen und nicht hassen, sich gegenseitig töten durch Entscheidungen von alten Menschen, die sich gegenseitig kennen und hassen aber sich gegenseitig nicht töten.“
Es ist, wenn man darüber nachdenkt, ein Wahnsinn. Gesicherte Zahlen habe ich leider nicht gefunden. Ich habe mehrmals recherchiert, es sind viele unterschiedliche Zahlen, aber ziemlich sicher ist, dass es bei diesem Konflikt, bei diesem Krieg in der Ukraine mindestens 120 000 Menschen gab, die ihr Leben verloren haben. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich ein Vielfaches darüber. (Ruf bei der SPÖ: Durch Putin!)
Wir in Österreich, meine Damen und Herren, sind vom Frieden verwöhnt – Gott sei Dank. Wir wissen auch, dass dieser Krieg in der Ukraine einmal enden soll und dass es Frieden geben muss. Dieser Frieden, meine Damen und Herren, muss aber auch verhandelt werden. Da kommt von der Einheitspartei, von Ihnen, leider wenig bis nichts. Sie halten in Wahrheit den Konflikt am Köcheln, und somit geht auch das Sterben weiter.
Neutralität braucht Glaubwürdigkeit. Ich weiß, Sie teilen sie dann wieder in politische Neutralität und militärische Neutralität auf, das ist diese Neuinterpretation. Das geht aber nicht. (Bundesrat Stark [ÖVP/NÖ]: Das war schon immer so!) Es gibt nicht ein bisschen neutral. Es gibt auch nicht ein bisschen schwanger. Entweder man ist neutral oder man ist nicht neutral, etwas anderes geht nicht. (Beifall bei der FPÖ.)
Genau deshalb, meine Damen und Herren, stellen wir diese Dringliche Anfrage, weil die Menschen in Österreich das Recht haben, die Antworten auf die Fragen zu erhalten, wie Sie diese Neutralität definieren, wie Sie vorhaben, diese Neutralität zu schützen, und natürlich auf viele weitere Fragen mehr.
Meine Damen und Herren, die Neutralität lebt nicht von den Sonntagsreden am 26. Oktober. Neutralität – ich habe es vorhin schon einmal gesagt – lebt von ihrer Glaubwürdigkeit. Nur wenn unsere Neutralität glaubwürdig ist, schützt sie uns auch. Das bedeutet aber, wir sind dafür verantwortlich, dass fremde Staaten uns glauben, dass wir uns auch im Fall des Falles neutral verhalten. Das haben Sie zerstört. Was Sie gemacht haben, meine Damen und Herren: Sie reden immer gerne von der Neutralität, aber Sie machen dann, wie so oft, genau das Gegenteil. Das schadet eben nicht nur unserem Ansehen, das schadet unserer Glaubwürdigkeit. Damit bringen Sie von der Einheitspartei Österreich in eine gefährliche Lage und setzen den Frieden Österreichs aufs Spiel. (Beifall bei der FPÖ.)
16.18
Präsident Peter Samt: Zur Beantwortung hat sich Herr Staatssekretär Alexander Pröll zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
RN/88
16.18
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Alexander Pröll, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Am 15. Mai 2025 beging die Republik den 70. Jahrestag der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags. Bundeskanzler Christian Stocker hielt damals in seiner Rede fest, dass die im Herbst 1955 beschlossene immerwährende Neutralität längst zu einem unverzichtbaren Bestandteil des österreichischen Selbstverständnisses geworden ist. „Denn: Neutralität“ bedeutet niemals „Gleichgültigkeit. Niemals gleichgültig gegenüber Unrecht“ und niemals gleichgültig „gegenüber Angriffen auf die Freiheit anderer. Damals wie heute gilt: Die Stärke des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren ist unsere Maxime.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Zur Neutralitäts- und Sicherheitspolitik: Die Bundesregierung bekennt sich zur Neutralität im Einklang mit der Verfassung. Sie engagiert sich aktiv im multilateralen Rahmen, insbesondere in der UNO und der OSZE, denn Grundlage der österreichischen Sicherheitspolitik ist die aktive Neutralitätspolitik, die durch vielfältige Maßnahmen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene ergänzt wird.
Neutral zu sein – und das ist entscheidend –, bedeutet nicht, sich zurückzuziehen, keine Meinung zu haben oder sich nicht zu trauen, diese zu äußern, vielmehr setzt sich Österreich dafür ein, seine besondere Rolle als Vermittler auf internationaler Ebene zu nutzen, substanzielle Beiträge zur Friedenssicherung zu leisten und sich im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU solidarisch und verfassungskonform zu engagieren, denn Neutralität und europäische Solidarität schließen einander nicht aus, sie ergänzen sich.
Unsere Handlungsfelder sind klar: Wir setzen uns für ein möglichst sicheres und friedliches Miteinander in Österreich ein. Wir setzen uns dafür ein, Bedrohungen und Risiken frühzeitig zu erkennen und zu verhindern, um die österreichische Bevölkerung bestmöglich zu schützen, Gefahren einzudämmen und die Krisen gemeinsam zu bewältigen. Und wir fördern ein nachhaltiges, inklusives Verständnis von Sicherheit, Demokratie und gemeinsamen Werten.
Unsere Neutralität bedeutet im Detail: erstens, das Recht auf Unverletzlichkeit unserer Grenzen; zweitens, die Pflicht, jede Verletzung unserer Neutralität zu verhindern und die Neutralität zu verteidigen; und drittens, die Pflicht, sich zu enthalten im Hinblick auf Kampfhandlungen und die Begünstigung von Kriegsparteien.
Sie verpflichtet uns außerdem, an der regelbasierten internationalen Ordnung festzuhalten. Österreich steht klar auf der Seite des Rechts, der Freiheit und der Menschenwürde. Das Neutralitätsgesetz von 1955 ist untrennbar mit der wiedererlangten Unabhängigkeit Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden. Es verpflichtet Österreich, zum Erhalt seiner Unabhängigkeit und zur Wahrung der Unverletzlichkeit seines Staatsgebiets immerwährend neutral zu bleiben, und das ist gut so.
Sehr geehrte Damen und Herren, Neutralität ist keine Passivität, sie ist aktives Eintreten für Frieden, Stabilität und internationales Recht. Neutralität ist und bleibt Markenzeichen Österreichs, historisches Erbe und Auftrag zugleich.
Ich komme nun zur Beantwortung der Fragen.
Zur Frage 1:
Die Österreichische Sicherheitsstrategie 2024 definiert Österreichs sicherheitspolitische Stellung einerseits durch seine militärische Neutralität und andererseits durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. An diesem Verständnis haben die aktuellen geopolitischen Entwicklungen nichts geändert.
Zu den Fragen 2 und 20:
Die österreichische Sicherheitspolitik, deren Basis eben die aktive Neutralitätspolitik ist, umfasst zahlreiche Maßnahmen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Österreich bemüht sich aktiv als Vermittler auf internationaler Ebene und nutzt alle Möglichkeiten, die sich aus neutralitätsspezifischen Stellungen ergeben. Zudem tritt Österreich regelmäßig für seine Neutralität auf EU- und internationaler Ebene ein. Die Schlussfolgerungen der EU, insbesondere des Europäischen Rates, tragen der Neutralität Rechnung.
Zur Frage 3:
Unsere Asylbremse zeigt Wirkung. Durch Schleppereibekämpfung, grenzüberschreitende Polizeiarbeit und Schnellverfahren konnten wir die Zahl der Asylanträge in Österreich deutlich senken. Nach über 110 000 Anträgen im Jahr 2022 verzeichnen wir heuer rund 13 000 Anträge, somit knapp 100 000 Asylanträge weniger. Dieser Erfolg zeigt, dass konsequente Maßnahmen Wirkung zeigen. So waren wir auch einer der ersten europäischen Mitgliedstaaten, welche den Familiennachzug wirksam gestoppt haben. Diesen Weg werden wir konsequent fortsetzen.
Zu den Fragen 4 und 5:
Wir haben null Toleranz gegenüber Menschen, die durch Straftaten ihr Aufenthaltsrecht verwirkt haben. Wir schützen die Menschen in Österreich und nicht ausländische Kriminelle, die kein Recht haben, bei uns zu leben. Österreich ist daher auch das erste europäische Land, welches straffällige Asylwerber nach Syrien abschiebt. Gerade erst diese Woche haben wir ebenso einen Sexualstraftäter nach Afghanistan abgeschoben. Es werden weitere Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan folgen.
Für eine konsequente Rückkehrpolitik sind auch Vereinbarungen mit den jeweiligen Herkunftsländern maßgeblich. So haben wir beispielsweise Rückkehrvereinbarungen mit für uns sehr wichtigen Ländern wie Marokko oder dem Irak unterzeichnet. Für die exakte Anzahl der angefragten Personen beziehungsweise der konkreten Rücknahmeabkommen darf ich Sie an die zuständigen Bundesministerien, BMI und BMEIA, verweisen.
Zu den Fragen 6, 7 und 15:
Nach Artikel 23j B-VG wirkt Österreich an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der gemeinsamen Verteidigungspolitik mit. Im Bereich der Gasp und GSVP gilt das Einstimmigkeitsprinzip, und Österreich hat der Einrichtung der EU-Trainingsmission Eumam in der Ukraine zwar zugestimmt, beteiligt sich jedoch an dieser nicht.
Zur Frage 8:
Diese Frage darf ich mit Ja beantworten.
Zur Frage 9:
Österreichische Sicherheitspolitik trägt der europäischen Dimension und den sicherheitspolitischen Strategien und Konzepten der EU Rechnung. Die Österreichische Sicherheitsstrategie definiert Österreichs sicherheitspolitische Stellung einerseits durch seine militärische Neutralität und andererseits durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Neutralität und europäische Solidarität schließen sich nicht aus, sondern ergänzen einander. Österreich nimmt auch vor diesem Hintergrund seit 1995 an der Nato-Partnerschaft für den Frieden teil.
Zur Frage 10:
Die damals gewählte Vorgangsweise entsprach den damaligen sicherheitspolitischen Einschätzungen.
Zur Frage 11:
Das Bundesheer ist eine Milizarmee, die auf der allgemeinen Wehrpflicht beruht. Die Miliz ist integrierter Bestandteil aller Gruppen des Bundesheeres, das zur erfolgreichen Bewältigung von Einsätzen zur militärischen Landesverteidigung in seiner Gesamtheit oder mit Teilen mobilgemacht wird. Die unmittelbare Reaktionsfähigkeit von Teilen der Milizkräfte wird auch durch die verstärkte Übungstätigkeit erhöht.
Von der Bundesministerin für Landesverteidigung wurde eine unabhängige Expertenkommission eingesetzt, die sich mit Fragen der allgemeinen Wehrpflicht und der Stärkung des Milizsystems beschäftigt. Die Kommission ist gerade dabei, mehrere alternative Wehrdienstmodelle auszuarbeiten.
Zur Frage 12:
Mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz und dem dadurch ermöglichten Aufbauplan 2032 plus wurden durch die Bundesregierung bereits Planungs- und Umsetzungsschritte eingeleitet, die dem Aufbau weiterer militärischer Fähigkeiten dienen.
Zur Frage 13:
Die Bundesregierung bringt Wien regelmäßig und aktiv als Verhandlungsort ein.
Zur Frage 14:
Wien wird als Verhandlungsort hochrangiger diplomatischer Gespräche nicht infrage gestellt.
Zur Frage 16:
Die EU-Mitgliedstaaten verhandeln seit Mai 2022 den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Gespräche dazu laufen.
Zur Frage 17:
Derartige Pläne sind nicht bekannt.
Zu den Fragen 18 und 19:
Die European-Sky-Shield-Initiative ist ein Projekt zum Aufbau eines koordinierten Luftverteidigungssystems der europäischen Staaten. Österreich hat gemeinsam mit der Schweiz und 22 weiteren europäischen Staaten eine Absichtserklärung zur Teilnahme an dieser Initiative unterzeichnet. In einer Zusatzerklärung haben wir gemeinsam mit der Schweiz festgehalten, dass wir uns an gemeinsamen Beschaffungs- und Ausbildungsmaßnahmen beteiligen, jedoch nicht an operativen Maßnahmen. Ausdrücklich ausgeschlossen werden Maßnahmen, die als Teilnahme an einem Militärbündnis oder als Zulassen von Stützpunkten auf österreichischem Territorium gewertet werden könnten.
Sky Shield wurde von führenden Experten des Völker- und Europarechts als verfassungskonform beurteilt.
Zu den Fragen 21 bis 23:
Wie Sie wissen, appelliert Österreich regelmäßig für einen nachhaltigen Frieden in der Ukraine. In Bezug auf die Unterstützung der Ukraine enthält sich Österreich konstruktiv zu allen Beschlüssen über letale Ausrüstung im Rahmen der europäischen Friedensfaszilität und leistet stattdessen einen freiwilligen Ersatzbeitrag in der Höhe seines Anteils für nicht letale Ausrüstung.
Bei neuen Initiativen und Legislativvorschlägen setzt sich Österreich gemeinsam mit anderen neutralen Mitgliedstaaten dafür ein, dass der besondere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik berücksichtigt wird. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
16.29
Präsident Peter Samt: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile es ihm. (Staatssekretär Pröll: ... Name sein! – Bundesrat Pröller [FPÖ/OÖ] – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Ich gehöre auch zur Familie! Bei der Familie bin ich noch nicht aufgenommen worden – Pröll!)
RN/89
16.29
Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Zuerst einmal ein Danke für den Versuch, zu erklären, was unter Neutralität zu verstehen ist.
Ich glaube Ihnen, dass Sie es theoretisch wissen, aber das Handeln dieser Regierung und vor allem dieser Außenministerin ist nicht im Sinne der Neutralität und vor allem nicht im Interesse der Österreicher.
Obwohl 82 Prozent der Österreicher klar für eine glaubwürdige und wehrhafte Neutralität sind, ist Ihre Haltung widersprüchlich: Einerseits wird – wie jetzt auch bei der Beantwortung – betont, man würde als neutraler Vermittler wirken, aber andererseits ergreifen Sie gleichzeitig immer klar einseitig Partei, und Sie stehen auch hinter den EU-Maßnahmen und hinter den Sanktionen und haben Österreich damit in einen Wirtschaftskrieg getrieben. (Beifall bei der FPÖ.)
Das Ziel, Russland zu schädigen, wurde nicht erreicht – beziehungsweise nicht so, wie Sie es sich vorgestellt haben –, aber Österreich und die Österreicher leiden sehr stark unter diesen Sanktionen mit dieser Teuerungswelle gerade im Energie- und Lebensmittelbereich und mit einer Inflation von 4 Prozent. Man hat das Gefühl, dass Ihnen unsere Neutralität gleichgültig ist. Sie haben ein vollkommen anderes Verständnis von Neutralität. Die Bundesregierung hat das Prinzip der Neutralität aufgegeben. Das Bekenntnis zur Neutralität ist ein leeres Lippenbekenntnis, eine Beruhigungspille für die Bevölkerung.
Geschätzte Damen und Herren, nur gelebte Neutralität sichert Österreich Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung. Sie müssen aus den Fehlern, die Sie begangen haben, lernen! Sie haben mit dem Steuergeld – Herr Kollege Spanring hat es auch schon erwähnt –, das ist einfach klar, Waffen mitfinanziert und damit Österreich in einen Konflikt hineingezogen. Diese Bundesregierung hat den bewährten Weg der Neutralität verlassen und nähert sich immer mehr an ein Militärbündnis – an die Nato –, die längst keine Verteidigungsallianz mehr ist, an. Das will vor allem die große Mehrheit der Österreicher nicht.
Das aktuelle Verhalten von Außenministerin Meinl-Reisinger in Sachen Ukraine zeigt: Anstatt die Neutralität im Sinne der Österreicher zu leben und zu vertreten und zu verteidigen, spielt sie sich immer mehr als Nato-Botschafterin auf und verteilt noch dazu Millionen von Steuergeld ans Ausland. Das ist keine echte Vermittlerrolle, wie wir sie wollen, und es fehlen diplomatische Initiativen zu einer Friedenssicherung. Während unsere Bürger daheim unter Rekordpreisen leiden und das auch sehr viel Geld kostet, gibt es einfach das Problem, dass der Wohlstand immer geringer wird – und der Herr Bundeskanzler schaut nur zu, anstatt Frau Meinl-Reisinger in die Schranken zu weisen.
Europa darf sich nicht weiter in eine Eskalationsspirale hineintreiben lassen, die zu einem kalten oder sogar in einen Weltkrieg führen wird. Der Bundeskanzler wollte einerseits – das ist auch sehr interessant und spannend – immer wieder Putin zu Friedensverhandlungen nach Wien – das haben Sie auch erwähnt – einladen, aber dann gibt es andererseits Aussagen der – Entschuldigung! – Nato-Beate – so wird sie ja von den Österreichern genannt (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Von Ihnen! Sie nennen sie so!) –, wonach sie Präsident Putin von den österreichischen Behörden verhaften lassen will, sobald er österreichischen Boden betritt. Also so weit weg sind wir davon, ein neutraler Staat zu sein! (Beifall bei der FPÖ.)
Anstatt sich als neutraler Staat als Austragungsort von Friedenskonferenzen – wie jetzt Ungarn, sprich Budapest – zumindest einmal ins Spiel zu bringen (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Eh schon wieder abgesagt!), tanzt Ihre Außenministerin mit einer Ukrainetracht um die Welt (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Besser als ...!), und es gibt vom Bundeskanzler wieder keine Maßregelung oder Reaktionen auf diese Provokation der NEOS-Chefin.
Die österreichische Neutralität ist der beste Schutz vor Eskalation, und Österreichs Aufgabe wäre es – vor allem jene des Herrn Bundeskanzlers und der österreichischen Außenministerin –, unsere Neutralität zu bewahren und Friedensbemühungen aktiv zu unterstützen und nicht nur noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].)
Geschätzte Damen und Herren! Die Neutralität ist laut vielen Umfrageergebnissen ein stark verankertes Element der nationalen Identität und wird von den Österreichern als Garant der politischen Stabilität und innergesellschaftlichen Harmonie gesehen. Die Sanktionen gegen Russland werden auch als Verletzung der österreichischen Neutralität kritisiert. Ein neutrales Land hätte sich als Vermittler im Konflikt positionieren und sich das Vertrauen beider Konfliktparteien verschaffen können, wodurch Diplomatie und vor allem Frieden möglich gewesen wäre. Weder die EU noch Österreich haben sich in Friedensgesprächen im Nahen Osten oder im Ukrainekonflikt starkgemacht.
Die Neutralität ist historisch gewachsen, rechtlich fest verankert und nach wie vor notwendig, um eine unabhängige, friedensorientierte Außenpolitik Österreichs zu gewährleisten. Daher ist es höchste Zeit, Babler, Stocker und Meinl-Reisinger daran zu erinnern, dass Österreich neutral ist.
Die gelebte Neutralität ist notwendiger denn je! Die immerwährende Neutralität ist ein Begriff, mit der Sicherheit verbunden wird, etwas Positives, etwas Gutes, etwas Wertvolles, und sie ist untrennbar mit unserer Heimat Österreich verbunden. (Beifall bei der FPÖ.)
Die immerwährende Neutralität war und ist die Basis für die Unterzeichnung des Staatsvertrags und wir haben damit die Freiheit und unsere Souveränität zurückbekommen. Gerade mit dem Beginn des Ukrainekrieges sind viele Grundsätze der Neutralität verloren gegangen: Österreich beteiligt sich an der Finanzierung von Waffenlieferungen; es werden Sanktionen mitgetragen, die nicht zu einer Beendigung des Konfliktes beitragen; Militärtransporte werden von einem Nato-Staat durch den anderen durchgeführt – am Ende kommen sie in der Ukraine an –; schließlich wird über Sky Shield diskutiert, über den Vertrag, und eine verstärkte Kooperation und eine Annäherung an die Nato vorbereitet.
Daher bringen ich, Kollege Spanring und weitere Bundesräte folgenden Entschließungsantrag ein:
RN/89.1
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rückbesinnung auf eine aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich klar zur österreichischen Neutralität zu bekennen und aktive Friedens- und Neutralitätspolitik auf internationaler und EU-Ebene zu betreiben.“
Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
16.36
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/89.2
Präsident Peter Samt: Der von den Bundesräten Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Rückbesinnung auf eine aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile es ihm.
RN/90
16.37
Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Wir haben heute ja schon einige Informationen bekommen, auch Werbedurchsagen: Kollege Spanring hat darüber informiert, dass die Freiheitliche Partei am Rande des Nationalfeiertages die Neutralität feiern wird (Beifall des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ]), und ich nehme an, es wird auch Bier und Würstl und so weiter geben – ja, und Applaus und so weiter.
Aber wenn wir schon bei der Geschichte sind, dann darf ich in dem Zusammenhang auch erwähnen, dass dieses Gesetz, das die Freiheitliche Partei so feiert, tatsächlich im Fünfundfünzigerjahr beschlossen worden ist. Wer damals allerdings nicht mitgestimmt hat, war eure Vorgängerpartei, die VDU – aber schön, dass ihr feiert, was wir beschlossen haben! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].) Selbstverständlich waren das unsere Vorgänger (Ruf bei der FPÖ: ... eure Vorgänger!) – wir waren nicht dabei –, aber historisch betrachtet waren unsere Vorgänger da dabei.
Was klar ist und was ich für die ÖVP sagen kann, ist: Wir waren neutral, wir sind neutral und wir bleiben neutral. Das ist absolut niedergeschrieben (Beifall bei der ÖVP), festgestellt und steht nicht zur Debatte!
Kollege Spanring hat aber auch hier vom Rednerpult aus vor einem Nato-Beitritt gewarnt. Niemand hier im Raum hat einen Nato-Beitritt gefordert: der Staatssekretär nicht, die Sozialdemokratie nicht, wir nicht, die NEOS nicht. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Na ja, die NEOS schon! Also - -!) Niemand hat einen Nato-Beitritt gefordert, allerdings, wenn wir wieder ein bisschen in die Geschichte der Freiheitlichen Partei zurückgehen: Abgeordneter Herbert Scheibner hat im Nationalrat sehr wohl einen Antrag auf Aufnahme von Verhandlungen mit der Nato gestellt, um über einen möglichen Nato-Beitritt zu verhandeln. Also auch diese Geschichte möchte ich an dieser Stelle anbringen, wenn es darum geht, dass wir die Dinge hier in einem geschichtlichen Zusammenhang sehen.
Es ist davon gesprochen worden, dass der Ukrainekrieg mit vielen Konflikten in der Welt vergleichbar ist. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, das hab ich nicht gesagt!) Ich meine, wir, die wir humane Menschen sind und die wir hoffentlich alle selbstverständlich für den Frieden sind, sind natürlich über jeden Krieg entsetzt. Es ist jedes Opfer bedauerlich, egal wo auf der Welt jemand einer kriegerischen Handlung zum Opfer fällt. Geopolitisch gesehen ist es aber natürlich schon für Österreich entscheidender, was in der Ukraine, sozusagen in unserer erweiterten Nachbarschaft, passiert. Das betrifft uns natürlich von der Sicherheitslage her tatsächlich mehr als die ebenfalls bedauerlichen Auseinandersetzungen beispielsweise im Südsudan. Das ist wohl überhaupt keine Frage.
Es ist die Ähnlichkeit zwischen Schwangerschaft und Neutralität strapaziert worden. Ich meine, dass es fundamentale Unterschiede zwischen Neutralität und Schwangerschaft gibt. Der Herr Staatssekretär hat ausgeführt, dass wir, auch was beispielsweise das Thema Sky Shield betrifft, bei etwas mitzuwirken bereit sind oder etwas mitzufinanzieren bereit sind, was die europäische Sicherheit betrifft und was uns als Österreicher und Österreicherinnen, deren Land natürlich auch in diesem Europa liegt, und unsere geopolitische Sicherheitslage unmittelbar betrifft. In diesem Zusammenhang haben wir eben auch diese Zusatzvereinbarungen, die ich bei der Schwangerschaft nicht kenne, drinnen (Heiterkeit des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk.]), dass wir natürlich nicht an Kriegshandlungen teilnehmen und auf unserem Territorium natürlich auch keine militärischen Stützpunkte errichtet werden können.
Ich glaube, wir wissen alle, dass Österreich als neutrales Land über Jahrzehnte vielfach in unterschiedlichsten internationalen Organisationen sicherheitspolitisch bei friedenserhaltenden Maßnahmen immer mitdiskutiert hat und auch Bestandteil von unterschiedlichsten Organisationen ist, ob das die UNO ist, ob das die OSZE betrifft, ob das die Partnerschaft für den Frieden anbelangt.
Es ist wohl ganz klar, dass kein Widerspruch zwischen der Neutralität und einer europäischen Solidarität besteht. Bei der europäischen Solidarität geht es auch ein Stück weit um die europäischen Werte. Da möchte ich schon die Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, die ja vorgeben, dass ihnen die Werte wichtig sind, zum Nachdenken darüber anregen, dass diese europäischen Werte eben zum Beispiel auch Demokratie, Menschenrechte, Völkerrecht et cetera sind. Da verstehe ich eigentlich nicht, dass wir hier in einer politischen Bewertung zwischen Russland und der EU keinen Unterschied sehen.
Es ist vorhin vom Fraktionsobmann gesagt worden, das Wort politische Neutralität wäre irgendwie ein neuer Begriff, er wolle diese Unterscheidung hier nicht hören. Aber es ist doch wohl klar, dass mit dem, zu dem wir uns im Staatsvertrag und mit der Neutralität verpflichtet haben, nie und nimmer gemeint gewesen sein kann, dass wir in einer Auseinandersetzung in Wertefragen in Bezug auf Russland, ein totalitäres Regime, das Völkerrecht bricht und ein Nachbarland angreift, dass wir als Europäer in dieser Frage gesinnungsmäßig neutral sein müssen. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W]. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber Milliarden Euro hinschicken, das ist neutral?!)
Wobei ich Kollegen Spanring in seinen Ausführungen, was Kriege überhaupt betrifft, recht gebe, ist, dass es zumeist ältere Männer sind, die nicht selbst an den Kriegshandlungen teilnehmen und über andere Menschen entscheiden, und dass sicher viele junge Burschen, egal, auf welcher Seite sie in den Krieg ziehen, bevor sie ihr Leben aushauchen, wahrscheinlich nicht gewusst haben, wofür sie eigentlich wirklich gekämpft haben. Ich glaube, in dem Punkt sind wir uns alle einig. Und das ist auch ein Grund dafür, warum wir als Politikerinnen und Politiker wirklich immer aufgerufen sind, alles zu tun, um Kriege zu vermeiden und um Kriege zu beenden.
Es ist hier bereits angesprochen worden: Der Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine war ein Paradigmenwechsel, war ein ganz massiver Einschnitt in das sicherheitspolitische Umfeld hier in Europa. Auch bei dem Teil der Dringlichen Anfrage, der sich darauf bezieht, dass Sicherheit für Österreich natürlich auch bedeutet, dass Menschen, die in unser Land kommen und bei uns im Land vielleicht auch einen Unsicherheitsfaktor darstellen, eigentlich dann auch abgeschoben gehören. Auch diese Auffassung teile ich. Ich glaube, das ist ja auch hier vom Staatssekretär klar gesagt worden, dass wir eine konsequente Rückkehrpolitik verfolgen. Ich glaube, dass das auch ein ganz wichtiger, ein elementarer Bereich einer modernen Sicherheitspolitik ist, dass wir eine konsequente Rückkehrpolitik verfolgen.
Ich denke, wir werden gemeinsam eine neue Verteidigungsstrategie entwickeln. Wir werden als Österreicher aktiv mitwirken, was das Politische betrifft, was das Diplomatische betrifft, sicherlich nicht, was das Militärische anbelangt, und werden in dem Sinn unseren Beitrag dafür leisten, dass Europa und damit die Welt friedlicher wird – und mögen das dann vielleicht in 70 Jahren andere feiern, dass wir das gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
16.47
Präsident Peter Samt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. Ich erteile es ihm.
RN/91
16.47
Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Die Neutralität Österreichs ist in der Verfassung verankert und hat sich in den 70 Jahren ihres Bestehens auch in schwierigen Zeiten bewährt und Österreichs Sicherheit garantiert.
Das aktuelle Regierungsübereinkommen zwischen der ÖVP, der SPÖ und den NEOS hält unmissverständlich fest, dass sich Österreich klar zur Neutralität im Einklang mit der Verfassung bekennt. Österreich versteht sein Engagement im Rahmen der Neutralität als aktiven Beitrag zur Schaffung von Sicherheit und Frieden basierend auf den unverrückbaren Grundlagen der Charta der Vereinten Nationen.
Neutralität ist kein Rückzugsreflex, sie ist ein aktiver Verfassungsauftrag an die Republik. Sie ist kein Symbol vergangener Jahrzehnte, sondern ein moderner Schutzschirm unseres Landes für Freiheit, Souveränität und Glaubwürdigkeit nach außen. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Wer Neutralität ernst nimmt, darf sie weder taktisch instrumentalisieren noch nostalgisch konservieren. Bevor ich weiter über die Neutralität spreche, möchte ich eines hier unmissverständlich klarstellen, nämlich zur Glaubwürdigkeit in dieser Debatte: Kollege Spanring von den Freiheitlichen hat der SPÖ vorgeworfen, sie habe an der Neutralität gesägt. Kollege Spanring, das ist nicht der Fall, das Gegenteil ist der Fall. Kollege Himmer hat das bereits angesprochen und ich spreche es noch einmal an:
1955: Der FPÖ-Vorläufer FdU war als einzige Partei gegen das österreichische Neutralitätsgesetz. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Was für eine Partei war das?!)
In den Neunzigerjahren forderte Jörg Haider wiederholt offen den Nato-Beitritt Österreichs. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Entschuldige, was für eine Partei war das?!)
1997: Im offiziellen FPÖ-Parteiprogramm wurde die Neutralität für obsolet erklärt – wörtlich: keinen Wert mehr.
1998: Die FPÖ brachte im Nationalrat einen Dringlichen Antrag betreffend sofortigen Nato-Beitritt ein.
2000er-Jahre: FPÖ-Verteidigungsminister Scheibner bezeichnet den Nichtbeitritt zur Nato als sicherheitspolitischen Fehler.
Sehr geehrte Damen und Herren, was die FPÖ hier betreibt, ist nichts anderes als ein politisches Theater, sie handelt nicht aus Staatsverantwortung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Neutralität muss als aktive Neutralitätspolitik aktiv gelebt werden – verantwortungsvoll, europäisch eingebettet, militärisch wehrhaft und diplomatisch gestaltet. Österreich war immer dann stark, wenn es Brücken gebaut hat. Unsere Neutralität ist keine Passivität, wir verstehen sie als Auftrag, aktiv für den Frieden und für Vermittlung aufzutreten. Daher engagiert sich Österreich seit Jahrzehnten aktiv im Rahmen von friedenserhaltenden Einsätzen der Vereinten Nationen und der OSZE.
Wir stehen als Sozialdemokratie in Regierungsverantwortung für eine Neutralität, die auf drei Grundprinzipien aufbaut: Verteidigungsfähigkeit, völkerrechtliche Glaubwürdigkeit und internationale Gestaltung.
Neutralität heißt nicht, nichts zu tun, Neutralität heißt, Verantwortung zu übernehmen. Mit dem Aufbauplan österreichisches Bundesheer 2032 plus kommt die Bundesregierung unter anderem dieser Verantwortung endlich auch nach. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Erstens: Neutralität braucht Wehrhaftigkeit. Ein Staat, der sich nicht schützen kann, ist kein souveräner neutraler Staat, er ist ein verletzlicher Staat. Wir haben die Pflicht, das Bundesheer und unsere Miliz so auszustatten, dass Österreich in der Lage ist, sein Staatsgebiet, seine Bevölkerung und seine Demokratie eigenständig zu verteidigen – nicht, um militärische Macht zu projizieren, sondern, um militärische Souveränität endlich wieder zu garantieren. Wehrpflicht und Miliz sind dabei kein Relikt vergangener Zeiten, sie sind der Ausdruck demokratischer Verantwortung, weil sie Landesverteidigung in der Mitte der Gesellschaft verankern.
Zweitens: Neutralität garantiert zwar keinen absoluten Schutz, aber sie senkt nachweislich die Wahrscheinlichkeit, in fremde militärische Zielplanungen hineingezogen zu werden. Ein Verzicht auf die Neutralität und ein Beitritt zur Nato würden das Risiko, in einen militärischen Konflikt verwickelt zu werden, vergrößern und nicht verkleinern. Ein Staat, der keinem Militärbündnis angehört, wird nicht automatisch Teil fremder strategischer Infrastruktur oder Operationslogiken.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Unterschied ist entscheidend: Wer einem Bündnis beitritt, übernimmt damit auch dessen Militärlogik, dessen Verpflichtungen inklusive potenzieller Beistandsszenarien. Neutralität hingegen bedeutet: Österreich entscheidet souverän, fallweise und im nationalen Interesse. Europäische Kooperation: ja, aber ohne militärischen Automatismus – kein automatischer Beistandszwang, kein Automatismus bei Sky Shield. Österreich bestimmt selbst, was seiner Sicherheit dient. Sky Shield ist für uns kein Automatismus und keine Eintrittskarte in fremde Beistandslogiken. Die Beteiligung an Sky Shield kann nur unter strikter Beachtung der verfassungs- und neutralitätsrechtlichen Bestimmungen erfolgen. Die Schweiz und Österreich haben die Teilnahmevereinbarung zu Sky Shield daher mit neutralitätsrechtlichen Vorbehalten unterzeichnet.
Drittens: Aktive Neutralität heißt Handeln, nicht Zusehen. Humanitäre Hilfe, diplomatische Vermittlung, UN-Einsätze: Das ist internationale Verantwortung und keine Zuschauerrolle. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Österreich darf nicht Zaungast Europas sein, sondern muss aktiver, glaubwürdiger Gestalter sein.
Sehr geehrte Damen und Herren, Neutralität ist kein innenpolitisches Spielzeug für Angstdebatten, wie sie die FPÖ leider betreibt. Wer sie für politische Stimmungsmacherei missbraucht, der missversteht die Neutralität.
Zum Entschließungsantrag, den Kollege Pröller von der Freiheitlichen Partei eingebracht hat, der ja die Regierung auffordert, sich klar zur Neutralität zu bekennen: Kollegen der Freiheitlichen Partei, diese Bundesregierung tut das. (Ruf bei der FPÖ: Tut sie nicht!)
Neutralität ist eine Verpflichtung, zum Schutz unseres Landes, zur Wahrung unserer Souveränität und zur aktiven Verantwortung in Europa und der Welt. Als Sozialdemokratie in Regierungsverantwortung stehen wir für eine aktive, für eine glaubwürdige Neutralität. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
16.58
Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile es ihr.
RN/92
16.58
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Zuseher:innen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Neutralität ist ein historischer und auch ein emotionaler Eckpfeiler unserer Republik. Sie steht – wir haben es heute schon mehrfach gehört – für Unabhängigkeit, für den Frieden, für Selbstbestimmung, und sie ist Teil unserer – wie du (in Richtung Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]) auch schon gesagt hast – DNA. Neutralität ist aber – und das dürfen wir nicht vergessen – kein musealer Zustand, der eingefroren ist, sondern sie ist ein lebendiges Prinzip, das sich in einer veränderten Welt auch immer wieder neu bewähren muss.
Wer heute über Neutralität spricht, darf sie nicht als Abschottung verstehen. Österreich ist neutral, aber Österreich ist keinesfalls gleichgültig. Neutralität heißt, keine Kriegspartei zu sein, aber nicht, keine Haltung zu zeigen. Sie bedeutet, militärische Bündnisse zu meiden, aber nicht moralische Verantwortung. (Vizepräsident Ruprecht übernimmt den Vorsitz.)
Wenn in Europa ein Angriffskrieg geführt wird, ein brutaler Bruch des Völkerrechts stattfindet, wie Russland ihn in der Ukraine begeht, dann darf Österreich nicht zusehen und nicht schweigen. Neutralität heißt, nicht die Augen zu verschließen, wenn ein Staat die Grenzen eines anderen mit Panzern überschreitet. (Beifall bei den Grünen.) Neutralität heißt, auf der Seite des Rechts zu stehen, nicht auf der Seite des Stärkeren. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Auf gar keiner Seite zu stehen!)
Ja, Österreich ist militärisch neutral, aber wir sind es nicht humanitär und schon gar nicht wertepolitisch. Wir stehen für Menschenrechte, für Demokratie und für die Würde jedes Menschen. Und diese Haltung ist kein Widerspruch zur Neutralität, sondern ihre moralische Grundlage.
Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleg:innen, die Dringliche Anfrage unterstellt, dass unsere Neutralität gefährdet sei: durch europäische Zusammenarbeit, durch internationale Solidarität, ja, sogar durch humanitäre Hilfe. – Das ist natürlich komplett falsch.
Österreichs Neutralität ist stark, eben weil sie sich entwickelt hat. Wir leben heute nicht mehr im Jahr 1955. Die Welt ist globaler, vernetzter, und – und das dürfen wir nicht vergessen – auch die Bedrohungen sind es. Cyberangriffe, Desinformation, hybride Kriegsführung: Das alles sind keine Szenarien aus dem Kalten Krieg, sondern aus unserer Gegenwart. Denken wir nur an die allgegenwärtigen Drohnensichtungen und -überflüge, auch in Österreich! Und wenn Sie sich erinnern: Ich habe das in der letzten Bundesratssitzung auch ausgeführt.
Wer Neutralität ernst nimmt, muss sie auch in die Gegenwart, in die Realität übersetzen. Darum ist es richtig, dass Österreich europäische Sicherheitskooperationen unterstützt, sofern sie keine militärische Bündnisverpflichtung begründen.
Programme wie Sky Shield dienen zum Schutz unseres Luftraumes. Sie machen Österreich nicht zum Mitglied der Nato, sondern erhöhen unsere Sicherheit in einer Zeit, in der der Himmel über Europa kein selbstverständlicher Schutzraum mehr ist. Und bei Sky Shield setzen wir Grüne uns zugleich für transparente Kontrolle und demokratische Aufsicht bei Rüstungsbeschaffung ein – eine grüne Initiative, die wir auch im Parlament vorantreiben, denn Sicherheitspolitik muss effektiv, aber rechtsstaatlich kontrolliert bleiben.
Neutralität heißt, selbst über unsere Sicherheit zu entscheiden, und dazu gehört, Bedrohungen ernst zu nehmen, bevor sie an unserer Grenze stehen oder über unsere Grenze fliegen.
Am Montag hat uns – ich weiß nicht, wer von Ihnen bei der Veranstaltung dabei war – die Präsidentin des Schweizer Nationalrates besucht – Sie erinnern sich: „70 Jahre Neutralitätsgesetz: Die Neutralität im Fokus – ein Symposium über Herausforderungen und Perspektiven“ –, und die Schweiz ist ein Land, das mit seiner Neutralität schon eine sehr lange Erfahrung hat. Und sie hat betont, dass Neutralität nicht bedeutet, sich von der Welt abzuschotten, wie ich es eben auch schon gesagt habe, sondern sie ist die Verpflichtung zur Vermittlung, zur Diplomatie, zur humanitären Hilfe. Maja Riniker unterstrich, dass die Schweiz die Neutralität „lediglich als Mittel unserer Außenpolitik“ ansehe – zitiert. Sie solle dem Staat möglichst viele Handlungsmöglichkeiten geben, bedeute aber nicht Gleichgültigkeit gegenüber jenen, die das Völkerrecht verletzen. Deshalb habe sich auch die Schweiz – und Sie wissen es – an den Sanktionen gegen den Aggressor Russland beteiligt. Und die Schweiz zeigt uns auch, dass eine moderne Neutralität aktiv, solidarisch und international vernetzt sein kann.
Meine Damen und Herren, was die FPÖ mit ihrer Anfrage betreibt, ist tatsächlich – ich muss es so sagen – eine selektive Lesart der Neutralität: Kritik an der EU, aber kein Wort – doch, Kollege Spanring hat es kurz erwähnt – über die russische Aggression, Kriegsverbrechen oder die Abhängigkeit vom russischen Gas. Es ist eine Neutralität nach außen, aber keine Haltung.
Was wir Grüne wollen, ist, dass Österreich Neutralität europäisch lebt, im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, mit der wir unseren Frieden sichern und uns an humanitären Missionen beteiligen, ohne eben unsere Neutralität zu verletzen. Und diese Form der Solidarität ist keinesfalls eine Schwäche, sondern ein Ausdruck einer modernen und aktiven Neutralitätspolitik.
Und wenn die FPÖ von Frieden spricht, aber gleichzeitig die Unterstützung jener ablehnt, die sich gegen Krieg und Unterdrückung verteidigen, dann ist das bitte keine Friedenspolitik, sondern eine politische Unterordnung gegenüber Russland. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Gfrerer [ÖVP/Sbg.].)
In der Anfrage wird über Frieden gesprochen, und ich glaube, da sind wir uns ja alle einig: Wer möchte den Frieden nicht? Friede ist – nebenbei – unser grüner Markenkern. (Widerspruch bei der FPÖ.) Aber echter Friede entsteht nicht durch nationale Abschottung oder die Illusion, man könne sich einfach heraushalten, während andere für Stabilität sorgen.
Unsere Neutralität ist kein Freibrief für Bequemlichkeit, sondern die Verpflichtung zum aktiven Eintreten für einen gerechten Frieden. Friede entsteht durch Diplomatie, Dialog, internationale Zusammenarbeit und klare Solidarität mit jenen, die für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie kämpfen. Wir brauchen eine Neutralität, die verbindet statt trennt, die sich auch in humanitärer Hilfe, in Klimaschutz, in der Entwicklungszusammenarbeit zeigt und nicht in Schweigen und Abseitsstehen.
Und erlauben Sie mir bitte auch noch ein Wort zu den migrationspolitischen Passagen in der Anfrage! Wer Neutralität mit Abschottung verwechselt, der verrät ihren Geist. Die Neutralität Österreichs war nie ein Instrument der Angst, sie war Ausdruck von Selbstbewusstsein und Menschlichkeit. Österreich hat nach 1956 ungarische Flüchtlinge aufgenommen, 1968 Menschen aus der Tschechoslowakei, in den Neunzigerjahren Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und jetzt natürlich aus der Ukraine. Diese Solidarität hat unser Land geprägt, sie ist gelebter Humanismus.
Und wenn heute Menschen vor Krieg, Verfolgung und Zerstörung fliehen, dann dürfen wir sie nicht pauschal als Bedrohung sehen, sondern als Aufgabe für unsere Menschlichkeit. Da muss ich jetzt schon noch einmal ganz kurz darauf zurückkommen, Herr Staatssekretär: In diesem Zusammenhang auf den Stopp des Familiennachzuges stolz zu sein, ist für mich keine Ruhmesmeldung. Es tut mir leid, ja. (Beifall bei den Grünen.) Wer nämlich Angst sät und die Neutralität benutzt, um gegen Schutzsuchende zu hetzen, der instrumentalisiert ein hohes Gut für niedrige Zwecke.
Neutralität, Friede und Freiheit sind keine Schlagworte, sondern Verantwortung: Verantwortung gegenüber den Menschen in unserem Land und gegenüber der Welt. Freiheit heißt nicht, sich von allem loszusagen, sondern Entscheidungen aus Überzeugung zu treffen.
Und Selbstbestimmung bedeutet, gemeinsam mit unseren europäischen Partnerinnen und Partnern für eine friedliche Zukunft einzustehen, und nicht, uns von ihnen abzuwenden. Die Welt wird sicherer, wenn Europa zusammenarbeitet, und nicht, wenn jedes Land allein versucht, sich zu verteidigen. Wer heute von Selbstbestimmung spricht, darf nicht vergessen, dass Sicherheit, Klima, Energie und Friede längst grenzüberschreitende Aufgaben sind.
Unsere Neutralität ist genau dann glaubwürdig, wenn sie aktiv für den Frieden wirkt, wenn sie auf Zusammenarbeit statt auf Nationalismus setzt. Lassen Sie uns also nicht über die Vergangenheit der Neutralität streiten, sondern über ihre Zukunft sprechen, eine Zukunft, in der Österreich humanitär handelt, europäisch denkt, international vermittelt und konsequent für Menschenrechte eintritt! Das ist Neutralität, die tatsächlich schützt, die lebt, und das ist die Neutralität, für die wir Grüne stehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
17.08
Vizepräsident Günther Ruprecht: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Julia Deutsch. Ich erteile es ihr.
RN/93
17.08
Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn die FPÖ heute von Neutralität spricht, dann finde ich das nicht nur scheinheilig, sondern ehrlich gesagt auch gefährlich. (Ruf bei der FPÖ: Scheinheilig?) – Ja. Gut zuhören, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Denn während Europa unter massivem Druck steht, während unsere demokratischen Systeme gezielt angegriffen werden, versucht die FPÖ, Neutralität als Deckmantel für ihre Russlandnähe zu verwenden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Jetzt müsst ihr euch dann einmal entscheiden!)
Wissen Sie, was wir mitten in Europa und auch mitten in Österreich – gerade vorhin kam ein Zeitungsartikel darüber heraus, dass Drohnen über Österreich auch nur noch eine Frage der Zeit sind – gerade erleben? – (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ich habe vorgestern eine gesehen!) – Na schauen Sie! Es fängt schon an. Wir erleben vielleicht keinen klassischen Krieg, aber eine neue Form der Bedrohung. Das sind Cyberangriffe auf unsere Infrastruktur, gezielte Desinformationen, Sabotageakte und Spaltungsversuche. Das ist die Realität, und diese Realität besteht auch in Österreich. Das Ziel ist vollkommen klar: Wir werden auf die Probe gestellt, unsere Stabilität soll untergraben werden, unsere Solidarität mit der Ukraine soll geschwächt werden, unsere Stabilität wird auf die Probe gestellt, und Europa soll gespalten werden.
Ausgerechnet in dieser Situation, in der wir uns gerade befinden, ausgerechnet jetzt stellt sich die FPÖ her und redet von Frieden und Selbstbestimmung. Ich frage Sie: Ist es neutral, einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei zu unterhalten? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Gibt’s den noch? Das müssen Sie mir jetzt erklären!) Ist es neutral, sich in einem Angriffskrieg nicht klar und wirklich in jeder Hinsicht unmissverständlich auf die Seite des angegriffenen Landes zu stellen? Ich frage Sie auch: Ist es neutral, wenn eine FPÖ-Außenministerin (die Rednerin hält eine Tafel in die Höhe, auf deren Vorderseite die vor Wladimir Putin knicksende Karin Kneissl und auf deren Rückseite Karin Kneissl, die mit Hunden an der Leine über den Roten Platz geht, zu sehen ist – Zwischenrufe bei der FPÖ) sich öffentlich vor einem autoritären Staatschef verbeugt und später in dessen Dienst tritt? (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) Also Herr Kollege, weil Sie das vorhin gesagt haben: Wenn hier jemand wirklich tanzt, dann tanzt nicht die Frau Außenministerin in der Tracht, sondern wer wirklich wortwörtlich getanzt hat, war Ihre Außenministerin – möchte ich nur gesagt haben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist keine Neutralität, das ist Parteinahme und das ist Anbiederung an ein autoritäres Regime, und das finde ich brandgefährlich.
Lassen Sie uns aber über tatsächliche rechtliche und sicherheitspolitische Themen sprechen, lassen Sie uns über die wahre Lage sprechen: Die Neutralität, wir haben heute schon viel darüber gehört, war ein historischer Kompromiss – sinnvoll, vollkommen sinnvoll in einem geteilten Europa. Doch heute leben wir in einer Welt – die Kollegin von den Grünen hat es auch schon erwähnt –, in der Bedrohungen nicht mehr mit Panzern kommen, sondern mit Drohnen und digitalen Angriffen, wodurch wir die Neutralität neu denken müssen.
Ich frage Sie noch etwas: Glauben Sie wirklich, dass ein russischer Hacker sich dafür interessiert, ob der Server jetzt in Klagenfurt, in Innsbruck oder in einem Nato-Land ist? Der hackt trotzdem, denn die Neutralität schützt uns nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].) – Nein, aber die Neutralität schützt uns nicht vor digitalen Angriffen. Das ist der Punkt, den ich machen möchte, Herr Kollege. Sie schützt uns auch nicht vor gezielter Destabilisierung. Sie schützt uns auch nicht vor Raketen. Was uns schützt, ist Zusammenarbeit. Was uns schützt, ist die Europäische Union. Was uns schützt, ist die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die wir, wenn ich Sie daran erinnern darf, demokratisch legitimiert haben (Beifall bei ÖVP und SPÖ – Zwischenruf bei der FPÖ) – mit einer Volksabstimmung, mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat und mit einem klaren Auftrag der Bevölkerung.
Seit dem EU-Beitritt 1995 ist Österreich Teil dieser gemeinsamen Sicherheitsarchitektur. Das steht auch im Verfassungsrang, neben dem Neutralitätsgesetz. Das bedeutet, wir dürfen uns an allen Verteidigungsmaßnahmen der EU beteiligen, wir müssen nicht – wir müssen nicht (Bundesrat Pröller [FPÖ/OÖ]: Genau!) –, aber wir haben das Recht dazu. Dieses Recht ist aber auch entscheidend für unsere Sicherheit – möchte ich schon auch hervorheben –, denn Österreich kann sich nicht allein gegen Cyberangriffe oder hybride Bedrohungen, die wir nun einmal haben, wehren. Wir brauchen Kooperationen, wir brauchen europäische Solidarität. (Bundesrat Pröller [FPÖ/OÖ]: Da braucht man die Amerikaner!) – Ich rede nicht davon, nein, nein. Ich weiß eh, Sie träumen ein bisschen von der Festung Österreich und dass wir uns von allen abschotten und dass das super ist. Ich sage euch: Das bringt uns überhaupt nicht weiter. Was uns weiterbringt, ist ein starkes, geeintes Europa und die Möglichkeit der gemeinsamen Verteidigung.
Natürlich möchte ich auch sagen – und da sage ich auch ehrlich, Herr Spanring, da haben Sie mir schon auch einen Punkt mitgegeben; er ist ja nicht einmal da (Ruf bei der FPÖ: Da ist er!) – ah, da, Entschuldigung –: Jeder Krieg ist ein Krieg zu viel, vollkommen klar, aber wir dürfen nicht darauf vertrauen, dass die Neutralität uns unantastbar macht. Diesen Punkt müssen wir doch wirklich alle verstehen. Europa muss zusammenwachsen. Wir sind mitten in Europa, wir sind ein Teil davon. Wir müssen mit Europa zusammenwachsen. Gemeinsam sind wir stärker. Die Zukunft liegt daher ganz klar in einem selbstbestimmten, verteidigungsfähigen Europa, das für sich selbst einsteht und sich selbst schützt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
17.13
Vizepräsident Günther Ruprecht: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert Koger, Kogler, Kober. Er ist mein Vizebürgermeister. Entschuldigung! – Herbert Kober, ich erteile es dir.
RN/94
17.14
Bundesrat Herbert Kober (FPÖ, Steiermark): Geschätzter Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Geschätzte Österreicher! Österreich steht heute, 70 Jahre nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages und 70 Jahre seit der Gründung des jetzigen österreichischen Bundesheers, an einem sicherheitspolitischen Scheideweg. Unserem Land, das nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges eine einzigartige und erfolgreiche außenpolitische Position eingenommen hat, droht, seine sicherheitspolitische Identität zu verlieren. Diese Identität, geschätzte Damen und Herren, heißt Neutralität. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben heute das Gesetzesblatt, worauf das fußt, schon gesehen, aber Neutralität darf nicht nur auf dem Papier bestehen, sie muss gelebt werden und sie muss von uns allen hier herinnen, aber auch von den Österreicherinnen und Österreichern verteidigt werden – verteidigt mit einer starken Haltung, verteidigt mit einer Überzeugung und verteidigt mit einem starken Bundesheer.
Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Geschätzte Österreicher! Neutralität ist keine Phrase, sondern das Versprechen von Frieden und Souveränität. Neutralität bedeutet nicht Gleichgültigkeit, Neutralität bedeutet Unabhängigkeit. Sie bedeutet, dass wir uns nicht in fremde Konflikte einmischen, dass wir weder militärisch noch politisch noch wirtschaftlich an solchen Handlungen teilnehmen. Geschätzte Damen und Herren, Neutralität bedeutet, dass Österreich seine außenpolitische Linie selbst bestimmt, nicht Brüssel, nicht Washington und auch nicht Moskau. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir Freiheitliche sagen ganz klar: Neutralität ist kein Ballast, sie ist unser Schutzschild. Dieser Schutzschild ist nur dann wirksam, wenn er von einem starken, funktionsfähigen, modernen Bundesheer getragen wird. Doch was hat die Politik in den letzten Jahrzehnten aus unserem Bundesheer gemacht? – Ein Sparobjekt, einen Prügelknaben in Budgetdebatten, eine Institution, die mit immer weniger Mitteln immer mehr Aufgaben zu erfüllen hat. Seit den Neunzigerjahren wurde unser Bundesheer systematisch kaputtgespart. Ihr wisst es alle aus den Medienberichten: Kasernen wurden geschlossen, Gerät war veraltet, Rekrutenzahlen sanken und die Miliz – das wurde heute auch schon angesprochen –, das Rückgrat unserer Verteidigungsfähigkeit, wurde praktisch entwaffnet. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es steigen aber gleichzeitig die sicherheitspolitischen Herausforderungen – von hybriden Bedrohungen über Cyberangriffen bis hin zu massiver Migration und zunehmenden globalen Spannungen. Diese Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind beim Bundesheer spürbar. Man muss es deutlich sagen: Die sicherheitspolitischen Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind gravierend, und sie sind hausgemacht. Jahrzehntelang wurde das Verteidigungsbudget zusammengestrichen, bis das Bundesheer buchstäblich am Boden lag. Große Beschaffungsvorhaben wurden aus parteipolitischen Gründen blockiert oder verschleppt. Die Miliz, ein stolzer Bestandteil unserer Landesverteidigung, wurde praktisch entkernt. Soldaten und Grundwehrdiener mussten mit veralteter Ausrüstung, maroder Infrastruktur und minimaler Wertschätzung ihren Dienst versehen. Neutralität braucht Stärke. Das bedeutet, ein starkes, modernes Bundesheer ist eine Notwendigkeit für unser Land.
Wir Freiheitlichen fordern daher seit Jahren: erstens, eine massive Aufstockung des Verteidigungsbudgets auf das europäische Mindestniveau von 1,5 Prozent des BIP (Beifall bei der FPÖ – Ruf bei der ÖVP: Das passiert ja!) – dazu komme ich dann noch später; zweitens, eine Stärkung der Miliz, damit im Krisenfall eine echte Landesverteidigung möglich bleibt; drittens, Investitionen in moderne Ausrüstung, Cyberabwehr, Katastrophenschutz; viertens, eine echte Aufwertung des Grundwehrdienstes mit besserer Ausbildung, besserer Bezahlung und einer gesellschaftlichen Anerkennung, denn unsere Soldaten verdienen Respekt, nicht Mitleid. Sie verdienen eine politische Führung, die zu ihnen steht, keine, die sie als Budgetproblem betrachtet.
Geschätzte Damen und Herren, für uns Freiheitliche ist klar: Wir stehen uneingeschränkt zur immerwährenden Neutralität Österreichs. Wir stehen uneingeschränkt zum österreichischen Bundesheer. Wir stehen uneingeschränkt für die Selbstbestimmung unseres Volkes. Freiheit und Frieden sind keine Geschenke. Sie sind Ergebnisse von Verantwortung, von Wehrhaftigkeit, von Entschlossenheit.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Herausforderungen der Zukunft werden nicht kleiner, aber wir haben alle Voraussetzungen, ihnen zu begegnen, wenn wir den Mut haben, wieder zu unseren sicherheitspolitischen Wurzeln zu stehen, zur Neutralität, zur Souveränität, zum Bundesheer. Darum sage ich: Nur gelebte Neutralität sichert Österreichs Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung – und sie lebt nur dann, wenn wir unser Bundesheer endlich wieder ernst nehmen.
Abschließend, geschätzte Damen und Herren, darf ich kurz noch ein paar Dinge klarstellen. Es wurde vom Herrn Staatssekretär angesprochen, dass die Migrationszahlen im heurigen Jahr auf 13 000 gesunken sind. Das ist natürlich richtig, das steht ja auch in den Statistiken so. Was ist aber Fakt? – Fakt ist, dass seit 2015 bis heuer mehrere Hunderttausend ins Land gekommen sind. Was ist auch Fakt? – Fakt ist, dass viele von den mehreren Hunderttausend – um nicht zu sagen, die größte Anzahl – unserem Budget, unseren Steuermitteln auf der Tasche liegen, und da gehört eingeschritten, geschätzter Herr Staatssekretär. (Beifall bei der FPÖ.)
Es wurde auch beim Familiennachzug und im Zusammenhang mit den wenigen Anträgen gesagt, die Route wurde geschlossen. (Rufe bei der ÖVP: Balkanroute! Das ist schon lange her!) Was ist Fakt? – Fakt ist, dass die ÖVP endlich die Forderungen der FPÖ wahrnimmt und umsetzt. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Was?!) – Schauen Sie in die Steiermark: verschärfte Maßnahmen im Sozialbereich für Asylwerber (Zwischenruf bei der ÖVP), verschärfte Maßnahmen bei der Bezahlkarte – unattraktives Land. Man muss ganz ehrlich sagen, das hält natürlich auch viele ab. Das ist auch ein Grund, warum die Asylzahlen sinken. (Beifall bei der FPÖ.)
Zurück zum Bundesheer: Am 21.10. waren im „ZIB-Talk“ (Ruf bei der ÖVP: ZIB-Tok?) auch der ehemalige Bundesminister Darabos und Herr Cibulka anwesend. Ja, es gehören Reformen beim Bundesheer her. Wir sprechen schon lange davon, und sie müssen aber endlich auch durchgesetzt werden. Ja, man kann darüber nachdenken, wie lange der Grundwehrdienst sein kann. Man kann darüber nachdenken, ob die Miliz wichtig ist. Die Miliz wurde auf ein Mindestmaß von 55 000 Soldaten in der Mobilmachungsstärke reduziert. Ob das reicht, wenn wir uns wirklich verteidigen müssen – unsere Familien, unsere Kinder und unseren Staat –, weiß ich nicht. In diesem Sinn wurden dort sehr wertvolle Informationen gegeben. Ich glaube, auch die Kommission ist auf dem richtigen Weg.
Vielleicht zum Budget des Bundesheeres: Es stimmt (Richtung ÖVP), ja, es wird schrittweise versucht, das Budget anzuheben. Alleine, ich bezweifle, ob die Budgetverhandlungen und der Fahrplan halten. Ich kann nur sagen, ein modernes und starkes Bundesheer wäre für Österreich und für seine Bürgerinnen und Bürger der, sage ich einmal, Garant dafür, dass die Neutralität bleibt und dass man auch die Souveränität des Staates gewährleistet. – In diesem Sinne: Es lebe die Neutralität! Es lebe Österreich! Es lebe das österreichische Volk! (Beifall bei der FPÖ.)
17.24
Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Antonia Herunter. – Liebe Antonia, ich erteile es dir.
RN/95
17.24
Bundesrätin Antonia Herunter (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was das Thema Asylzahlen jetzt im Bereich Neutralität zu suchen gehabt hat. Auch das Bundesheer hat nicht so viel damit zu tun. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Dann hast du die Anfrage nicht gelesen, na!) – Ich habe sie schon gelesen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein! Da ist es erklärt!), es ist wirklich eine ganz spannende Zusammenwürfelung von Themen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)
Aber wenn wir beim Thema Asylzahlen sind, dann möchte ich vielleicht schon in Erinnerung rufen, dass wir, wie wir heute schon gehört haben, jetzt zum ersten Mal wieder nach Syrien und Afghanistan abgeschoben haben. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ] – erheitert –: Einen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig [ÖVP/OÖ]. – Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Das sind 100 Prozent mehr wie beim Kickl! Der hat ja gar nichts zusammengebracht, schlechtester Innenminister aller Zeiten!)
Ich frage Sie, vielleicht erinnern Sie sich - - (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Einen, bravo!) – Einer ist besser als die Null von Herbert Kickl, und an dieser Stelle sei vielleicht erwähnt: Als Herbert Kickl Innenminister war, gab es die Taliban in Afghanistan noch nicht als Regierung. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Da hätte man ein bisschen einfacher verhandeln können, da hätte man vielleicht einmal hinfliegen können. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: ... vergessen eigentlich nicht!)
Zum eigentlichen Thema, der Neutralität und auch dem Bundesheer. Es wirkt ja oft, wenn man nur der FPÖ zuhört, so, als wäre der Rest von uns gegen das Bundesheer, gegen die Neutralität und als würden wir das alles ablehnen. (Ruf bei der FPÖ: Ja! Das glauben wir!) Das ist gewissermaßen auch Blödsinn. Wir stehen zu unserer Neutralität, und das muss man auch einmal so sagen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Gerade diese Neutralität verpflichtet uns zu einer regelbasierten internationalen Ordnung. Ich weiß, Sie fangen damit vielleicht nicht ganz so viel an, aber: Das Recht des Stärkeren darf nicht gelten. Das haben wir heute schon mehrfach gehört. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Die Neutralität ist keine Passivität, in die ich mich zurückziehen kann und mit der ich hoffen kann, dass schon alles wieder werden wird. Wenn wir nicht dafür eintreten, dass internationales Recht eingehalten wird, dann können wir uns auch nicht darauf verlassen, dass internationales Recht gilt, wenn es um uns geht. Da gibt es ein kleines Zauberwort im Völkerrecht: Reziprozität – Sie können es gerne einmal googeln (Heiterkeit bei der SPÖ), ich übersetze es aber so auch noch (Zwischenruf des Bundesrates Pröller [FPÖ/OÖ]): Gegenseitigkeit. Das ist ein Grundprinzip des Völkerrechts.
Ich weiß, Sie bemühen auch in Ihrer Anfrage lieber die eigenen Medien wie „Unzensuriert“ oder auch gerne einmal einen fiktiven Roman von Orwell, wobei ich die Herleitung heute auch nicht ganz verstanden habe, aber ich habe mir gedacht - - (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Das spricht aber nicht für dich, wenn du es nicht verstanden hast!) – Na, ich habe Orwell schon verstanden (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Ach doch!) – keine Sorge! –, ich habe es in der Schule gelesen, sogar auf Englisch, in der Originalfassung. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.)
Ich habe mir gedacht, ich bringe vielleicht ein Fachjournal mit – Sie finden anscheinend keine, die man bei diesen Gelegenheiten zitieren kann –, das „Austrian Journal of Political Science“ in der Ausgabe von 2024, Volumen 53. Da gibt es einen Artikel mit einer kurzen Ideengeschichte der völkerrechtlichen Neutralität in Europa. Darin gibt es ein Zitat vom Völkerrechtler Albert Friedrich Berner.
Bevor Sie jetzt wieder etwas wegen der Universitäten sagen, die ja so befangen und linksradikal und weiß ich nicht was sind (Heiterkeit des Bundesrates Wanner [SPÖ/Sbg.]): Das Zitat ist aus 1862, also ich glaube, das ist vielleicht ein bisschen abseits von Befangenheit. Er warnt schon damals - - (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ] – erheitert –: Jetzt hast du gerade zugegeben, dass es heute so ist!) – Ich habe ja gesagt, ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Ich habe relativ wenig Sorgen an der Uni, ich treibe mich manchmal an der rechtswissenschaftlichen Fakultät herum, keine Sorge. Da kann man einmal für einen Kurs hingehen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Haben die kein Sicherheitspersonal? – Heiterkeit bei der FPÖ.) – Nein. Ich mag mich schon wehren, keine Sorge. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, wegen dem Herumtreiben habe ich das gemeint!)
Er warnt jedenfalls schon 1862, Neutralität und Unparteilichkeit in eins zu setzen, sagt, dass insbesondere dem neutralen Staat Solidarität nicht zu untersagen ist. Was heißt denn das, Solidarität? – Solidarität mit denen, die völkerrechtswidrig angegriffen werden. Das ist in der Neutralität nicht untersagt, sondern wird ausdrücklich befürwortet. Wenn wir nicht dagegen auftreten, wenn internationales Recht verletzt wird: Wer sichert denn dann uns, wenn unsere Neutralität verletzt wird, wenn unsere Souveränität verletzt wird – dass man sich noch auf irgendetwas beziehen kann? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Unser Bundesheer!) – Das Bundesheer, ja.
Beim Bundesheer frage ich mich aber schon, warum Sie dann so gegen Sky Shield sind. Sky Shield ist ja keine Angriffskooperation. Das ist eine Schutzkooperation Sky Shield. Was mit einem ungeschützten Luftraum passiert: Da brauche ich, glaube ich, jetzt nicht Fotos von Konflikten aus aller Welt herzuzeigen, wovor eine Raketenabwehr schützen soll. Ich glaube, der Informationsaustausch im Rahmen von einer Radarzusammenarbeit (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Sky Shield kostet Milliarden, bringt aber nichts und bindet uns in eine europäische Militärallianz ein!) ist sehr wohl im europäischen Zusammenhang nicht schlechter. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn wir uns in der Terrorbekämpfung mit internationalen Partnern austauschen, über Grenzen hinweg, dann werden wir uns doch auch beim Angriff durch Flugobjekte mit unseren europäischen Nachbarn austauschen – das ist doch ganz logisch, meiner Meinung nach. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie fordern, dass wir die Neutralität nutzen, um zu vermitteln. Jetzt haben viele meiner Vorredner schon ein bisschen das allgemeine Gedächtnis bemüht. Ich möchte vielleicht an dieser Stelle noch daran erinnern: Wer war denn damals 2022 als Erster bei Präsident Putin und hat versucht, zu vermitteln? (Rufe bei der ÖVP: Karl Nehammer!) War das der österreichische Kanzler Karl Nehammer? (Beifall bei der ÖVP.) Ich kann aber niemanden vermitteln, der nicht vermittelt werden möchte (Rufe bei der ÖVP: Genau!), der sich nicht austauschen möchte, der jemanden, der sich als neutraler Vermittler anbietet, in einem kurzen Gespräch abschasselt und sagt: Interessiert mich nicht! (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Waren Sie dabei, oder woher wissen Sie das?)
Das war anscheinend ein sehr kurzes Gespräch, und damals ist von Ihrem Parteichef sogar kritisiert worden, dass es so ergebnislos war. (Bundesrat Pröller [FPÖ/OÖ]: Der war ja nicht einmal dort!) – Na ja, wenn es der Herr Kickl kritisieren kann? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Der ist ja nicht einmal zu ihm gekommen! – Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Na schwach in der Ausführung halt! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber er ist dafür jetzt ein guter Banker geworden! Er ist ja Universal...!)
Wunderbar, aber jedenfalls: Wenn ich vermitteln will, dann kann ich das nur machen, wenn die Parteien auch zustimmen. Und ganz ehrlich: Wenn ich es mit einem kriegstreiberischen Sturschädel zu tun habe, dann kann ich noch so viel der größere Sturschädel sein – am Verhandlungstisch werde ich in diesem Fall nichts erreichen. Da kann ich mich am Verhandlungstisch festkleben wie der ärgste Klimakleber, es wird sich nichts tun. (Beifall bei der ÖVP.)
Deswegen ist die Verteidigungsfähigkeit für unsere Neutralität natürlich das oberste Gebot, weil wir nicht nur unsere Neutralität verteidigen müssen, sondern, wie wir in den letzten Wochen immer mehr gesehen haben, unsere Infrastruktur, auch unsere Sicherheit und unsere Staatsbürger. Da sind Drohnen ein wesentlicher Bestandteil. Also ganz ehrlich: Was, wenn nicht ein Schutzschild im Himmel, soll uns da helfen? (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ich habe gar nicht gewusst, dass Sky Shield jetzt gegen Drohnen auch hilft! Ich erfahre heute lauter Neuigkeiten!) – Wahnsinn, was man alles erfährt, nicht? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Es stimmt halt nicht!)
Prinzipiell glaube ich, dass man auf Radaraufnahmen durchaus auch Drohnen erkennen kann, als ich das letzte Mal geschaut habe, denn sonst dürfte ja in der Nähe vom Flughafen einfach so eine Drohne fliegen – aber bitte. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber was hat jetzt die Abwehr mit einem Radar zu tun?) – Weil Sky Shield sich sehr stark auf die Radarüberwachung bezieht und nicht nur auf die Raketenabwehr. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber die Radarüberwachung, die haben wir ja! Die haben wir österreichweit!) – Ja, gut, wir reden nachher einmal. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ich freue mich schon, wenn ihr den Pensionisten erklärt, dass sie sparen müssen ...!)
Abschließend aber noch zum Thema, weil es jetzt so oft beschworen worden ist: der Verhandlungsort Budapest. Sie fahren alle miteinander so gern nach Ungarn – Nationalfeiertagsempfang und ich weiß nicht, was alles. Da frage ich mich halt schon: Ungarn ist in der Nato, Ungarn hat Sky Shield zugestimmt. Die haben sogar schon entsprechend das Material für die ungarische Armee bestellt. Warum ist das dann bei uns so ein Problem? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Weil wir neutral sind! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Die Schweizer haben es bestellt, weil sie gesagt haben, die Österreicher machen mit!) Putin, wenn er tatsächlich nach Budapest fährt, hat ja anscheinend mit der Abwehr kein Problem. Vielleicht liegt es also gar nicht an uns, sondern vielleicht liegt es ja am Aggressor.
Außerdem: Budapest als Ort für Verhandlungen über die Sicherheit der Ukraine vorzuschlagen, ist ja wohl ein schlechter Treppenwitz der Geschichte – bei aller Liebe. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Den haben ja nicht wir vorgeschlagen!) – Ich habe ja nicht gesagt, dass Sie es vorgeschlagen haben; ich habe nur gesagt, es ist ein Treppenwitz der Geschichte. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber wenigstens tun sie was!)
Österreich steht jedenfalls klar auf der Seite des Rechts, der Freiheit und der Menschenwürde (Beifall bei der ÖVP), denn erst das Recht und der Respekt vor dem Recht ermöglichen unsere Neutralität. Unsere Neutralität ist kein Ausweg aus unbequemen Situationen, sondern eine Verpflichtung, die wir ernst nehmen und die wir verteidigen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
17.34
Vizepräsident Günther Ruprecht: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Christoph Matznetter. – Herr Kollege, ich erteile es dir.
RN/96
17.34
Bundesrat Dr. Christoph Matznetter (SPÖ, Wien): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nur ein kleiner Nachtrag zu Kollegin Herunter: Sky Shield hat aber nichts mit Drohnenabwehr zu tun (Ruf bei der FPÖ: Ja!) – nur damit wir das in diesem Zusammenhang klarstellen –, wobei es nicht ganz stimmt, weil der Drohnenbegriff sehr weit geht. Er geht ja von männlichen Bienen bis zu Predator-Drohnen, die größer sind. (Zwischenruf des Bundesrates Pröller [FPÖ/OÖ].) Eventuell könnte es bei den ganz großen Drohnen in der Midrange möglich sein, dass man auch eine Patriot-Rakete darauf abschießen kann – gut. (Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: Aber ich glaube, es gibt Experten dazu, ...!)
Kommen wir aber zurück: Jetzt haben wir immer so negative Dinge. Die FPÖ legt heute als Dringliche Anfrage etwas vor, bei dem als Überschrift so nette Begriffe wie „Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung“ stehen – also fast Frieden, Freude, Eierkuchen, wobei die bei uns ja Palatschinken heißen.
Aber kommen wir zurück zu der Frage: Ist das im historischen Zusammenhang tatsächlich richtig konnotiert? – Vielleicht fangen wir einmal mit dem 26. Oktober 1955 an. Davor gab es im Mai einen Staatsvertrag, aber davor (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Zehn Jahre lang Verhandlungen!) gab es am 15. April 1955 das sogenannte Moskauer Memorandum, das den Staatsvertrag überhaupt möglich gemacht hat. Dort kommt erstmals die Neutralität nach Schweizer Vorbild vor.
Das heißt, wer in der Interpretation dessen, was dann in dem Verfassungsgesetz, das wir heute besprochen haben, kondensiert ist, nachschaut, muss sich das Schweizer Vorbild anschauen. Das haben Sie bei der FPÖ aber vergessen, glaube ich, denn die Schweiz hat auch Sanktionen gegen die Russische Föderation wegen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs in der Ukraine verhängt. Das Schweizer Vorbild geht genauso vor, und es ist auch richtig so. Warum? – Militärische Neutralität ist keine Neutralität der Gesinnung (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Schicken die auch Milliarden? Schicken die auch Milliarden in die Ukraine?) – das haben ja schon mehrere Kolleginnen und Kollegen hier gesagt. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Hat die Schweiz auch 3 Milliarden in die Ukraine geschickt? Das ist die Frage!)
Bei der Frage, ob die UN-Erklärung der Menschenrechte und die Europäische Menschenrechtskonvention eingehalten werden, kann man nicht neutral sein, Herr Kollege Spanring. Wenn ein Land in einem anderen einmarschiert und dort die Menschen sterben, kann man nicht neutral sein. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W]. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Immerwährende Neutralität!)
Was sie können, ist, dass sie sagen: Ich werde mich militärisch nicht daran beteiligen! – Da dürfen Sie dieser Regierung aber keine Schuld geben, auch nicht einmal der Regierung davor. Ich bin nicht immer der Meinung von Frau Bundesministerin Tanner, aber sie hat schwierige Entscheidungen gehabt: Zum Beispiel die Frage, ob man Kombatanten aus dem Ukrainekrieg medizinisch betreut, musste sie verneinen, denn wenn die schneller geheilt und wieder an der Front sind, hat man eine militärische Beteiligung. Das heißt, diese Frage wurde ohnehin sehr sorgfältig geklärt.
Jetzt aber zurück zu dem Antrag: Wenn Sie es ernst nehmen würden, Kolleginnen und Kollegen, dann würden da drinnen nicht irgendwelche fremdenfeindlichen Geschichten vorkommen – dass alle, die kommen, kriminell sind und abgeschoben werden sollen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das steht nicht drinnen!) – Das ist Ihr täglicher Sukkus, Herr Kollege. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Aber das steht ja gar nicht drinnen!) Das ist leider auch kein - - (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das ist so, wie wenn ich sage, die SPÖ ... die Österreicher! Das ist Polemik!) – Moment, ich komme gleich dazu.
Wenn man will, dass man als Vermittler anerkannt wird – und das ist das, was drinnen steht –, dann sollte man vielleicht in der Gesellschaft das Hating gegenüber Menschen, die von woanders kommen, die woanders geboren sind, die vielleicht eine andere Hautfarbe haben, ein bisschen reduzieren (Beifall bei der SPÖ), denn nur ein freundlicher Ort, ein Ort der Begegnung, ein Ort, wo man gut miteinander umgeht, wird auch ein Ort sein, an dem Vermittlungen stattfinden können. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Also das ist eine Rassismusunterstellung, was Sie jetzt gemacht haben, Herr Kollege! Andere Hautfarbe? Ich meine, was soll denn das? – Zwischenruf der Bundesrätin Jäckel [FPÖ/Vbg.].) – Das ist verboten, laut Verfassungsgesetz. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Sie machen das, Sie unterstellen uns das!) Das ist nämlich eine Diskriminierung (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, richtig! Dann reden Sie nicht davon!): Man darf weder aufgrund der Hautfarbe noch aufgrund der Religion noch aufgrund von etwas anderem diskriminieren. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Wir wissen es ja! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das hat von uns keiner gesagt, ...!)
Ach so – das ist aber sonderbar, denn jedes Mal, wenn ich von der FPÖ etwas höre, geht es gegen die gleichen Personenkreise. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, weil Sie es nicht verstehen, das ist das Problem!) – Ach so – das heißt prinzipiell: Junge Damen mit Kopftuch sind per se was? (Zwischenruf des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ].) Wie schaut es aus? – Nein, zeigt es! (Bundesrätin Jäckel [FPÖ/Vbg.]: ... bei der ÖVP genauso ...! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Was soll ich zeigen?) – Es ist nichts mehr da. Gut, meine Kolleginnen und Kollegen – wenigstens ist es Ihnen peinlich, das ist wenigstens etwas Schönes in diesem Zusammenhang. (Beifall bei der SPÖ.)
Aber zurück zur Vermittlung: Ich habe ja gesagt, ich finde durchaus positive Dinge drinnen. Eines davon ist: Wie musst du dich als Neutraler verhalten, damit du als Vermittler auftreten kannst? Und wir haben schon festgestellt: Neutral zu sein – ich schau weg! –, wird es nicht sein, sondern man wird ganz offen ansprechen müssen: Wo werden Rule of Law, Völkerrecht, Menschenrechte verletzt? Und das musst du laut und deutlich sagen! Aber nur dann, wenn es keine Schwarz-Weiß-Sicht ist, nur dann, wenn man keine doppelten Standards hat, wird man auch Anerkennung finden können, und das ist etwas, wo ich mir ein bisschen wünschen würde, dass wir es auch von FPÖ-Seite zu einer konstruktiveren Kritik schaffen, vielleicht, das würde ich mir wünschen, auch, in der Außenpolitik ein bisschen nachzukorrigieren.
Es ist ja so: Auch wenn es beste Freunde sind – wenn es nicht den Regeln entspricht, muss man es deutlich sagen, so wie im Privatleben auch. Es haben alle einzuhalten, und dann hat es auch Israel einzuhalten, dann haben es auch die anderen einzuhalten. Wenn wir zu Recht die Russische Föderation als ein Land kritisieren, dass Einfluss nimmt und irgendwelche Parteien zahlt, damit sie dort auftreten, um vom Westen abzulenken, dann müssen wir genauso kritisieren, wenn aus dem Westen Zahlungen kommen. Dorthin müssen wir kommen; und dann kann nicht irgendeine Parteienstiftung aus Deutschland das Gleiche machen, aber das sind die Guten. Diese amerikanische Doktrin aus der Roosevelt-Zeit: Er ist ein Schweinehund, aber er ist ja unser Schweinehund!, ist nämlich mit Sicherheit ungeeignet für einen Vermittler.
Daher: Arbeiten wir zusammen – das ist wirklich eine Einladung –, dass wir das inhaltlich mit einer Form der offenen Politik füllen, mit der wir ganz offen dort kritisieren, wo es notwendig ist, ungeachtet, wo sie dazukommen! Keine doppelten Standards – dann werden wir auch im globalen Süden und bei anderen gehört werden. (Beifall bei der SPÖ.)
An die, die es offen aussprechen: Ich reiche Ihnen die Hand! – Machen wir das gemeinsam, machen wir eine Initiative hier im Bundesrat! Das können wir auch machen. Schauen wir, dass wir auch in der Regierung etwas erreichen! Ich habe vorhin natürlich genau zugehört, was (in Richtung Bundesrätin Deutsch [NEOS/W]) Julia hier zur Frage der Kriegsbeteiligung gesagt hat. – In der Frage der Sicherheit empfehle ich, mir anzuschauen, welche Länder nie ein Problem gehabt haben; darunter zum Beispiel Costa Rica, nur so als Beispiel, während es in Mittelamerika jede Menge Interventionen gab. Die haben aber einen Vorteil gehabt: Sie haben kein Militär gehabt. Daher hat sich keine Notwendigkeit ergeben, dort militärisch, wie daneben in Panama, zu intervenieren. – Einfach nur anschauen, mitüberlegen und vielleicht bei der Tendenz: Wir müssen aufrüsten!, ein bisschen Zurückhaltung üben!
Ich glaube, dass wir uns verteidigen müssen. Ich glaube, dass wir das tun müssen, gerade bei hybriden Kriegen, aber es muss immer klar sein: Es muss defensiv sein, niemals offensiv, für unsere Sicherheit! Da wünsche ich mir die Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
17.42
Bundesrat Günther Ruprecht (ÖVP, Steiermark): Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Jäckel. Ich erteile es dir.
RN/97
17.43
Bundesrätin Sandra Jäckel (FPÖ, Vorarlberg): Vielen Dank, Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Man kann es nicht oft genug sagen: Am 26. Oktober 1955 wurde in der Bundesverfassung festgeschrieben, was seither ein zentraler Bestandteil unserer Identität ist – die immerwährende Neutralität Österreichs.
Diese Neutralität ist aber kein Relikt der Vergangenheit. Sie ist verfassungsrechtlich und völkerrechtlich verbindlich, und sie ist bis heute ein Herzensanliegen der überwältigenden Mehrheit unserer Bevölkerung. Über 80 Prozent der Menschen in unserem Land sprechen sich klar für die Neutralität aus.
Ich erinnere Sie, meine Damen und Herren, an die 237. Sondersitzung des Nationalrates am 25. Oktober 2023. Auch dort wurde von vielen, wie von der lieben SPÖ, betont, dass die Neutralität Österreichs nicht verhandelbar ist. Der damalige Abgeordnete und jetzige Staatssekretär Jörg Leichtfried sagte damals, ich zitiere sinngemäß: Die Sozialdemokratie hat ein neutrales Österreich von Anfang an hochgehalten und wird auch in Zukunft darauf achten. – Selbst die damalige ÖVP-Staatssekretärin und jetzige Ministerin Claudia Plakolm, sie hat den damaligen Bundeskanzler Nehammer vertreten, sprach von einem „überwältigenden Konsens“ sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung.
Aber was sehen wir tatsächlich? – Eine Politik, die diesen Konsens ignoriert; eine Regierung, die die Neutralität systematisch aushöhlt. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Neutralitäts- und Friedenspolitik Österreichs wurde über Bord geworfen. Lassen Sie mich ein paar brennende Beispiele abermals nennen: sei es die finanzielle Unterstützung des Ukrainekonfliktes, sei es die vorauseilende Gehorsamkeit gegenüber der EU und anderer internationaler Organisationen, die Teilnahme an EU-Waffenprojekten (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Geh, das stimmt ja gar nicht! Überhaupt keine Waffenprojekte!), und nicht zuletzt die Diskussionen über den Aufbau einer europäischen Armee, wie sie von der damaligen NEOS-Klubobfrau und heutigen Außenministerin Reinl-Meisinger gefordert wurde. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich korrigiere: Meinl-Reisinger, tut mir leid, das war keine Absicht.
Für die NEOS – das ist mittlerweile deutlich geworden und wir haben es heute wieder bestätigt bekommen – war und ist die Neutralität nichts wert. Die NEOS, und aber auch die ÖVP, treiben uns in die Arme der Nato und zum Ende der Neutralität. Und was macht die SPÖ? – Sie schaut diesem Treiben reglos zu. (Bundesrat Daniel Schmid [SPÖ/T]: A so a Blödsinn! – Heiterkeit bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].)
Ich frage Sie, liebe SPÖ, was würde ein Bruno Kreisky dazu sagen, dass Sie durch Ihr Wegsehen bei NEOS und ÖVP zum Beitragstäter der schleichenden Abschaffung der österreichischen Neutralität werden? (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Wo hast du denn das her? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Politik dieser jetzigen Regierungspartei, im Speziellen der NEOS, ist eine Politik der Kriegstreiberei (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: In was für einer Schlammkiste hast du das denn gefunden?), und ÖVP und SPÖ spielen leider mit; doch für uns und die Mehrheit der Menschen bedeutet Neutralität Frieden, Freiheit, Unabhängigkeit und Verantwortung gegenüber kommenden Generationen. Was wir - - (Bundesrat Daniel Schmid [SPÖ/T]: Sandra, hast du meine Rede nicht gehört?) – Ja doch, und ich habe sie belächelt, lieber Kollege Schmid. Ich habe sie belächelt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Ja, deine ist zum Rean!) Ich habe sie belächeln müssen. (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Das gibt’s ja nicht!)
Was wir fordern, ist ganz klar: Hören Sie auf! Keine militärische Beteiligung an internationalen Konflikten (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Haben wir ja nicht!), keine finanzielle Unterstützung für Kriege und keine Aushöhlung der Neutralität durch EU-Sicherheitsprojekte; denn wer die Neutralität schützt, der schützt auch den Frieden in unserem Land, unsere Unabhängigkeit und die Zukunft unserer Kinder. Kehren Sie zurück zu einer Politik, die dem Volkswillen entspricht und unserer Verfassung! (Beifall bei der FPÖ.)
17.48
Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Peterl. Ich erteile es ihm.
RN/98
17.48
Bundesrat Martin Peterl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon sehr beeindruckend, was uns die FPÖ da die letzten zwei Tage bietet – mit der Enquete und mit der heutigen Bundesratssitzung. Auf eines bin ich jetzt wirklich draufgekommen: Ich habe nämlich die Überschrift des neuen Parteiprogramms der FPÖ. Hören Sie mir gut zu: Zwei mal drei macht vier, widewidewitt, und drei macht neune; ich mach’ mir die Welt, widewidewitt, wie sie mir gefällt, liebe FPÖ! Das nämlich seid ihr! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Ich weiß nicht, wovon wir da heute sprechen. Die Neutralität und das Neutralitätsgesetz ist ein Verfassungsgesetz, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, und Verfassung bedeutet, dass wir ein höheres Quorum haben; und keiner von uns will sie abschaffen! Ich glaube, ihr redet euch das selber ein – ihr wollt sie abschaffen, liebe FPÖ, also ich muss schon wirklich sagen! – Herr Kofler, ich habe Ihnen heute zugehört: Sie sind in Salzburg diskriminiert worden, weil Sie in die Universität nicht reingekommen sind. – Ich habe es nämlich fotografiert. Sie wissen ja gar nimmer, was draufgestanden ist. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ] hält ein ausgedrucktes Foto in die Höhe.) Da steht drauf: keine Festung Österreich. Was bedeutet das, keine Festung Österreich? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Schon alles vorlesen! Ehrlich sein!) Wir können alles vorlesen. Sind Sie ein Faschist? – Da steht drauf: kein Antifaschist. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Dann lesen Sie es vor!) Sind Sie ein Faschist und deswegen diskriminiert? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein! Das ist eine bewusste Beleidigung der FPÖ gewesen, um das geht es!) – Nein. Wo steht das?
Herr Spanring, keine Festung Österreich bedeutet eine Neutralitätspolitik mit allen Ecken und Kanten, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Anscheinend wollen Sie das nicht. Sie machen sich wirklich die Welt, wie sie Ihnen gefällt, weil das, was wir gestern gehört haben, hat mich, muss ich ehrlich sagen, wirklich erschüttert, dass man nämlich so etwas in einer Enquete (als Enkett aussprechend) bringt und dann noch wirklich dran glaubt. (Rufe bei der FPÖ: Enquete!)
Lassen Sie mich über die österreichische Neutralität sprechen! (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Die Expertise von Ihnen möchte ich haben!) Wir sprechen nämlich über einen der Grundpfeiler unserer Zweiten Republik, über ein Versprechen, das Österreich sich selbst und der Welt gegeben hat. Das ist auch identitätsstiftend und in unserer österreichischen DNA, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nie wieder Krieg, nie wieder Teilung, nie wieder blinde Gefolgschaft in den Machtspielen anderer! Verteidigung ja, aber uns selbst.
Weil wir zuvor so viel über Sky Shield debattiert haben: Österreich ist für mich ein Cabrio und mit diesem Sky Shield geben wir das Dach drauf, damit wir auch von oben geschützt sind, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das ist ein ganz toller Vergleich!)
Unsere immerwährende Neutralität – und das ist schon sehr oft gesagt worden – wurde 1955 beschlossen, und das war nicht nur ein außenpolitischer Akt, das war eine Erklärung des Friedenswillens, ein Symbol der Souveränität und der Hoffnung. Nach den Jahren der Zerstörung und der Besatzung war die Neutralität das Fundament, auf dem unser Land wieder aufbauen konnte. Diese Idee ist heute aktueller denn je.
Herr Spanring, eines haben Sie richtig gesagt: Wir haben nämlich die Reserven der Vergangenheit aufgebaut (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, ihr habt euch die Republik aufgeteilt!), die Sozialdemokratie hat die Reserven der Vergangenheit aufgebaut. In einer Welt, die zunehmend von Kriegen und Konflikten und Machtinteressen geprägt ist, ist diese Neutralität kein Zeichen von Schwäche, sie ist ein Zeichen von Stärke, Vernunft und Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Neutralität heißt nicht Gleichgültigkeit, Neutralität heißt aktive Friedenspolitik, Dialogbereitschaft und Solidarität mit den Leidtragenden von Konflikten. Gerade wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen das ganz genau, weil ein großer Sozialdemokrat gesagt hat – ich darf ihn zitieren, das kommt von unserem Willy Brandt –: „Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ – Ich glaube, die SPÖ stellt einfach klar: Österreich soll ein Ort des Ausgleichs sein, Österreich soll eine Stimme der Vernunft in Europa bleiben und Österreich soll seine humanitäre Tradition als Vermittler, als Helfer und als Brückenbauer fortsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Ja, natürlich müssen wir die Neutralität zeitgemäß leben. Das bedeutet: klare Haltung gegen Aggressionen, Einsatz für Menschenrechte, Unterstützung humanitärer Hilfe und eine starke europäische Zusammenarbeit – aber ohne militärische Bündnisverpflichtungen, ohne militärische Bündnisverpflichtungen, liebe ÖVP! – (Rufe bei der ÖVP: FPÖ!) Entschuldigung, FPÖ. (Ruf bei der FPÖ: Das ist die ÖVP und das ist die FPÖ!) Neutralität darf nie Passivität bedeuten, sie muss aktiv, engagiert und glaubwürdig sein.
Gerade wir Sozialdemokrat:innen tragen diese Verantwortung mit Stolz, denn die Neutralität steht im Einklang mit unseren Werten: Friede, Solidarität und Menschlichkeit. Solange es Krieg gibt, solange Menschen auf der Flucht sind und solange Hass und Gewalt die Welt spalten, muss Österreich Neutralität leben, um das zu tun, was andere oft nicht mehr können, nämlich vermitteln, zuhören und helfen.
Unsere Neutralität, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Ausrede, sich herauszuhalten, sie ist ein Auftrag, sich einzumischen, nämlich einzumischen für den Frieden. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
17.56
Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächster zu Wort gemeldet in der Debatte ist Bundesrat Nikolaus Amhof. Ich erteile es ihm.
RN/99
17.56
Bundesrat Nikolaus Amhof (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja schon einiges in der Diskussion gesagt worden, und die Frage der Neutralität ist ein wichtiges Thema. Ich schicke einmal voraus: 13 000 sind hereingekommen, vier haben wir abgeschoben, das ist ja - - (Heiterkeit des Redners und bei der FPÖ.) Also wenn ich mir überlege, welche Arbeit die Freiheitliche Partei gehabt hat, Sie dazu zu bringen, vier Abschiebungen durchzusetzen, dann wartet da noch einiges an Arbeit auf uns, bis wir dort hinkommen, wo wir hinwollen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.) Das hängt mit dem Thema der Neutralität durchaus zusammen, weil ja auch andere Sicherheitsbedrohungen bestehen.
Die Neutralität – das wurde schon erwähnt – bedeutet in der teleologischen Auslegung der Haager Friedenskonferenz von 1907, dass ein neutraler Staat alles zu unterlassen hat, was eine der kriegsführenden Parteien bevorzugt oder benachteiligt, das ist eine ganz klare Definition. (Beifall bei der FPÖ.)
Diese Definition sollten wir uns einmal näher überlegen: Es geht auch darum, nicht letale Ausrüstung oder Lebensmittel zu schicken – das wurde von Kollegen Matznetter schon erwähnt –, denn das bedeutet ja, dass die eine kriegsführende Partei die Lebensmittel und die Traktoren einspart und um dieses Geld zum Beispiel Waffen kauft.
Wenn man sich das überlegt, kommt man – ähnlich wie bei einem fairen Schiedsrichter – zu dem Ergebnis, dass man Neutralität so auslegen muss. Ein Schiedsrichter hat die Aufgabe, die Spieler zu beurteilen und zu entscheiden, wann ein Foul gemacht wurde und wann nicht, und eben nicht, wie das mehrere Vorredner gemacht haben, sich zu überlegen, wie das moralisch zu sehen ist, mit erhobenem Zeigefinger: Ist dieser Spieler einer, der seine Familie besser oder schlechter behandelt, und gegen Letzteren pfeife ich dann. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!) – Ja, das kann ich Ihnen dann noch weiter ausführen. Auf jeden Fall darf ein Schiedsrichter eines nicht tun, nämlich sich selbst am Spiel beteiligen und zum Beispiel den Fußball in die eine oder in die andere Richtung schicken. (Zwischenruf des Bundesrates Himmer [ÖVP/W].)
Wenn man sich das überlegt – und ich habe gehört, dass alle gegen diesen Nato-Beitritt sind –, stelle ich einmal fest: In Ihren Redebeiträgen hier sind Sie gegen den Nato-Beitritt, aber Ihre Parteien sind anderer Meinung, die sind nämlich dafür. (Ruf bei der ÖVP: Scheibner ist dafür!) Also da muss man sich Ihre Handlungen und nicht Ihre Redebeiträge hier anschauen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Wie kommst du da drauf?)
Erklären Sie mir das einmal: Wir sind nicht in der Nato, sagen Sie, aber da gibt es einen Militäreinsatz im Kosovo, da sind österreichische Truppen unter Nato-Kommando. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Wir sind nicht in der Nato!) Wie kann ein neutraler Staat eine Militäreinheit in Einsätze schicken, die unter dem Kommando eines fremden Militärbündnisses ist? Erklären Sie mir das einmal, das würde mich interessieren! Aber kommen Sie nicht mit der UNO-Resolution, die es gegeben hat, denn diese UNO-Resolution hat ja nur das Gewaltverbot aufgehoben. Das heißt, Österreich hätte dann ja durchaus an dieser Militäraktion teilnehmen können, dann hätten wir aber vorher die Neutralität ablegen müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist der entscheidende Punkt. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Aber beim Rest der Welt sind wir damit ganz gut ...!)
Vielleicht noch zu Scheibner und Haider: Das ist natürlich richtig, und das ist meiner Meinung nach auch durchaus legitim gewesen. Diese Frage der Neutralität kann und soll man diskutieren. Es ist nicht etwas, das uns Österreichern aufoktroyiert worden ist, es ist nicht etwas, das wir machen mussten, um den Staatsvertrag zu bekommen – dafür hat wahrscheinlich der Tod Josef Stalins eine wesentlich größere Bedeutung gehabt –, sondern Österreich hat das frei gewählt. Natürlich könnten wir diese Neutralität auch ablegen. Nur: Dann machen Sie es bitte ehrlich! Dann gehen Sie raus und sagen: In Ordnung, wir wollen diese Einsätze haben (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Sie reden immer davon – wir nicht!), wir diskutieren die Vorteile und die Nachteile!, und dann machen Sie aber eine Volksabstimmung über das Thema! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich sage aber, Sie wissen schon, warum Sie das nicht machen werden, sondern eine schleichende Aushöhlung betreiben, mit dem Ergebnis, dass das nie entschieden wird, aber Österreich dann eben irgendwann in der Nato drinnen ist. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Verfassungsgesetz! ...!)
Zur SPÖ wollte ich sagen: Die SPÖ sagt, wir brauchen eine Wehrhaftigkeit. – Da gebe ich Ihnen recht, da haben Sie zu 100 Prozent recht, die würden wir dringend brauchen. Vielleicht sollten Sie dann aber einmal diese pazifistische und gesellschaftszersetzende Politik überdenken, die nämlich ebenfalls ein Problem für die Wehrhaftigkeit ist. Es wird nicht ausreichen, Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie heute mit Rekrutinnen oder Rekruten zu tun haben, dann werden Sie feststellen, dass die sagen: Zivildienst ist mir zu lang, ich mache das halt, aber eigentlich lehne ich das ab, denn wenn ich Waffen sehe, dann weiß ich nicht! – Da brauchen Sie erst einmal zwei, drei Wochen, um solche Menschen überhaupt irgendwie wieder auf den Boden der Realität herunterzubekommen. (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Was, Zivildienst ist schlecht, oder wie?)
Besonders interessant ist dann natürlich die Haltung der Grünen, die meinen, die Neutralität steht auf der Seite des Rechts und man kann sich da ohne Weiteres gemeinsam verteidigen – und dann ist man aber neutral. Das kann man nur noch als so eine Art Rosinenpickerei bezeichnen: Man ist dann neutral, wenn es einem passt, wenn aber Böse auftreten, dann ist das anders. Ich bin also neutral, wenn es für die Guten ist, und wenn es für die Bösen ist, dann bin ich nicht mehr neutral – und wann etwas gut oder böse ist, das entscheiden Sie! (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Noch einmal, dass wir es verstehen! Jetzt redest du dich in einen Wirbel hinein!) Das ist immer das System gewesen. Also ich sage, da muss man schon ganz oben im woken Elfenbeinturm leben, um das wirklich ernst zu nehmen (Beifall bei der FPÖ) oder einen Sinn in dieser grünen Politik zu sehen, eine Schlussfolgerung daraus zu ziehen.
Zuerst sind Sie fanatisch für den Frieden, die Jugendlichen müssen pazifistisch erzogen werden, dann wollen Sie wieder eine Aufrüstung des Militärs haben. Da fällt mir eine grüne Politikerin ein, die mir einmal gesagt hat: Wenn es wirklich zu einem Krieg kommt, dann setze ich mich mit einer Kerze vor den ersten Panzer! (Heiterkeit des Abgeordneten Spanring [FPÖ/NÖ]. – Heiterkeit des Redners.) – Ja, ich meine, sie kann das ja ohne Weiteres sagen, weil sie das eh nicht macht. Das ist ja nur eine Floskel, um sozusagen wieder mit dem erhobenen Zeigefinger dazustehen (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ]: ... immer wieder!) und, wie die Grünen eben sind, klarzumachen: Wenn wir kommen, dann betritt sozusagen eine erhöhte moralische Legitimität den Raum (Beifall bei der FPÖ), und dann schaut alles etwas anders aus.
Interessant ist auch die NEOS-Linie: Wie gesagt, natürlich kann man die Meinung vertreten, dass diese Neutralitätsfrage überdacht werden soll – die Frage ist, was Österreich mehr und was weniger Vorteile bringt –, allerdings unter demokratischen Verhältnissen. Das heißt, es ist klarzustellen, dass die Neutralität eine Grundnorm der Verfassung ist und so wie die anderen Grundnormen natürlich nur über eine Volksabstimmung abgelegt werden kann. Die Frage ist aber: Warum wird diese Fragen dauernd schon von gewissen Juristen vordiskutiert? Warum wird dauernd darauf hingewiesen, dass man keine Volksabstimmung machen müsste? Aber Sie betreiben nicht den Bruch der Neutralität – warum wird das dann dauernd andiskutiert, immer mit dem Ergebnis, dass keine Volksabstimmung notwendig ist?
Die „Neutralität schützt uns nicht“, wurde gesagt. – Da bin ich entschieden anderer Meinung. Die Neutralität ist natürlich keine hundertprozentige Garantie gegen einen Angriff. Es hat ja immer wieder Angriffe auf neutrale Staaten gegeben, allerdings sehr wenige. Belgien, das angegriffen wurde, wird üblicherweise erwähnt – aber das hat auch zu einer Kriegserklärung nahezu der gesamten Welt gegen den Angreifer geführt; also diese Vorgangsweise, wie das durchgeführt wurde, wird nicht sehr zur Nachahmung anleiten. Der Angriff auf einen neutralen Staat, ein offener militärischer Angriff ist ein derartiger Tabubruch in unserer Welt, dass das eine gewaltige Hürde darstellt, so etwas durchzuführen, und das ist natürlich ein großer Schutz. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Genau, aber was hat Russland gemacht? Was hat Russland davon abgehalten oder nicht abgehalten, die Ukraine anzugreifen? – Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: Ja, genau!) – Ja, die Ukraine, die Sie immer als Beispiel vorbringen, war ja nicht neutral, die hat um eine Nato-Mitgliedschaft angesucht. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Ah, deswegen ist das passiert! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wichtig ist dann vielleicht auch noch eine Sache, die mir besonders nahegeht: Das ist diese Sky-Shield-Diskussion, die vonseiten der ÖVP gekommen ist. (Ruf bei der ÖVP: Ah!) Das würde mich jetzt einmal interessieren: Wir haben beim Bundesheer keine Ausrüstung, die Fahrzeuge sind nicht fahrtauglich, man musste und muss noch immer Marschbewegungen zu Fuß durchführen, es mangelt hinten und vorne. Sky Shield wird uns 8 Milliarden Euro kosten – das sind die neuesten Schätzungen – und ist natürlich mit der Neutralität nicht vereinbar. Frau Kollegin, Sie können jetzt auch sagen, wir beteiligen uns zwar nicht an der Armee, aber an einer Flotte und zahlen da ein, jetzt beteiligen wir uns an einem Raketen-Shield. Natürlich darf ein neutraler Staat nicht gemeinsam mit anderen Staaten Verteidigungssysteme errichten. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Und was macht die Schweiz? – Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ]: Die Schweiz auch nicht?)
Es ist immer gut, sich da vorher etwas einzuarbeiten. Aber jetzt erklären Sie mir einmal: Wovor soll uns dieses Sky-Shield-System schützen? Da hätte ich jetzt gerne einmal eine Antwort. (Bundesrätin Herunter [ÖVP/Stmk.]: Luftangriffe!) Wenn es zu einem großen Konflikt kommt – wir haben ja gehört, Russland will die Nato angreifen, es kommt zu einem großen Konflikt –, dann wird das (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Was würden denn Sie tun?), das sagen alle Planspiele, relativ schnell eskalieren, und dann gibt es sowieso einen massiven Einsatz von Fernwaffen und dann wird dieses System völlig überlastet sein und nichts bringen. Gut, das ist einmal - - (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Ja, aber was würden Sie tun?) – Ja, das kann ich Ihnen sagen. (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Bitte!) – Also Sky Shield würde ich nicht bauen, sondern ich würde diese Geldmittel in andere Ausrüstungsgegenstände und andere Assets des Bundesheeres investieren. (Ruf bei der ÖVP: Also das Gleiche für mehr Geld kaufen!) Hilft uns Sky Shield gegen einen Angriff von Russland? – Das einmal nicht. Die Neutralität würde aber dazu führen, dass wir wahrscheinlich in einem solchen großen Krieg überhaupt nicht angegriffen werden. (Ruf bei der ÖVP: Ah! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Wir sind ja eh neutral!) Es ist das also entschieden vorzuziehen.
Sky Shield hat aber dann einen Sinn, wenn die Nato-Staaten davon ausgehen, dass sie von sogenannten Schurkenstaaten attackiert werden würden. Das heißt, der Iran oder Nordkorea greifen hier mit einzelnen Raketen an, dagegen wäre das wirksam. Das heißt, Sie gehen also davon aus, dass der Iran oder Nordkorea Raketen auf Österreich abschießt. Dann würde uns dieses System in diesem Sonderfall helfen, Frau Kollegin. Das stimmt aber nicht, denn diese Rakete müsste ja über Nato-Gebiet fliegen – oder wie kommt die hier nach Österreich? Erklären Sie mir das! (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das wäre eine interessante Frage. Es geht um 8 Milliarden Euro, und Sie sagen, wir brauchen das. (Beifall bei der FPÖ.)
Sowie diese Rakete Nato-Gebiet erreicht, wird sie sowieso bekämpft, denn die Nato-Staaten, die ja auch den Zielort nicht kennen, werden die nicht drüberfliegen lassen – also ist auch dieser Fall für uns nicht interessant. (Bundesrätin Deutsch [NEOS/W]: Ich habe nie darüber gesprochen, Herr Kollege! ...!)
Jetzt habe ich nachgedacht und einen Einsatzfall gefunden, bei dem Sky Shield uns als Österreichern helfen würde: Es könnte uns nämlich die Schweiz als Nachbarland angreifen. Das wäre der einzige denkbare Fall: wenn aus der Schweiz Marschflugkörper oder große Drohnen oder anderes eingesetzt werden – in Richtung NEOS. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Jetzt sage ich: Die Schweizer waren ja vor zwei Tagen hier, die machen einen ganz friedlichen Eindruck. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Ich kenne auch Schweizer, und ich glaube nicht, dass wir von denen aktiv bedroht werden. Und wenn ein Umsturz in der Schweiz geschehen würde, hätten wir, glaube ich, lange genug Zeit, um zu reagieren. Das heißt, Sky Shield ist für uns völlig sinnlos. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Das ist Ihre Meinung, Herr Kollege!) Da geht es um 8 Milliarden Euro, die dem Bundesheer fehlen, die wir benötigen würden.
Jetzt sage ich Ihnen noch den eigentlichen Grund, warum trotzdem der Druck da ist, dieses System zu errichten: Da gibt es eine gewisse Schicht von Österreichern, das sind Diplomaten, hohe Militärs, EU-Politiker, die es natürlich nicht gerne sehen, wenn man da gedrängt wird, wenn man dann nicht eingeladen wird, wenn man nicht dabei ist und nicht auf der Seite der Guten ist – und dann sagt man: Gut, dann stimmen wir da zu!
Sky Shield bringt Österreich genau null. Das ist eine völlig sinnlose Geldverschwendung, während wir andererseits keine Geldmittel haben.
Das heißt – weil Sie gefragt haben: Was würden Sie machen? –, ich würde diese Geldmittel in einige andere Projekte stecken, zum Beispiel in der Landesverteidigung. Wo liegen die Bedrohungen? – Die Bedrohungen liegen eher in anderen Bereichen, zum Beispiel darin, dass irgendwann beim nächsten Krieg wieder die nächsten 100 000 vor der Grenze stehen und sagen werden: Asyl!, und Sie wieder nichts zustande bringen werden und sie wieder durchlassen werden. Das ist meine Befürchtung. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Aber die Asylzahlen sind schon rückläufig?)
Wenn man in die Wiener Schulen schaut und sich einmal diese demografische Entwicklung überlegt, dann wird, glaube ich, klar, dass wir da einige Probleme haben werden, die so in einer Generation auf uns zukommen werden, wenn Zuwanderer aus islamischen oder afrikanischen Staaten dann die Mehrheit sein werden und die Mehrheitsbevölkerung eine ähnliche Zusammensetzung haben wird wie im Libanon. Ich wüsste da also einige Zwecke, für die diese Geldmittel besser eingesetzt wären. Das Bundesheer sollte sich auf niederschwellige Konflikte in der Umgebung vorbereiten, da wären die Geldmittel besser aufgehoben.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss (Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: Das ist gut!): Die Neutralität hat Vor- und Nachteile. Ein großer Irrtum, der dauernd in den Raum gestellt wird, ist, dass die geostrategische Lage sich geändert hätte. Das sehe ich nicht so. Es geht eigentlich darum, dass der Konflikt zwischen Russland und der Nato, den es im Kalten Krieg gab, in dieser Form weitergeht. Es hat dazwischen eine gewisse Pause gegeben, aber nur eine kurze. Im Prinzip geht dieser Konflikt zwischen den jeweiligen Bündnissystemen weiter.
Es hat sich also wenig geändert. Die Bruchlinie ist sozusagen um einige Kilometer verschoben worden – dorthin, wo der Konflikt jetzt stattfindet –, aber ansonsten ist das die nächste Runde eines alten Spiels.
Österreich ist mit der Neutralität im Kalten Krieg gut gefahren, und das wissen die Österreicherinnen und Österreicher. Wir haben damals diese neutrale Linie mit viel mehr Selbstbewusstsein gefahren. Es war für Österreich eine gute Zeit. Die Neutralität hat sich bewährt, und wir sollten sie beibehalten. (Beifall bei der FPÖ.)
18.12
Vizepräsident Günther Ruprecht: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Kollege Andreas Arthur Spanring, ich erteile es dir.
RN/100
18.12
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vizepräsident, vielen Dank für die Worterteilung! Herr Staatssekretär! Kollegen im Bundesrat! Das Schöne ist, wenn man eine Dringliche Anfrage begründet: Man hat nachher noch einmal die Möglichkeit, herauszugehen und zu reden. Die Redezeit ist in diesem Fall zwar begrenzt, aber diese Möglichkeit muss man natürlich nutzen, weil heute schon auch vieles gefallen ist, über das ich sage: Das kann man nicht einfach so unbeantwortet im Raum stehen lassen. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
RN/100.1
Was sehr positiv war – und jetzt fange ich wieder einmal mit etwas Positivem an –, war die Art Ihrer Anfragebeantwortung. Erstens einmal waren Sie in Ihrer Rede, bevor Sie zur Beantwortung gekommen sind, sachlich und neutral, Herr Staatssekretär. Wenn ich das mit dem Auftritt von Stocker beim letzten Mal (Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: Der war gut!) vergleiche, der hier einfach nur einen Kasperl heruntergerissen hat und eines Bundeskanzlers unwürdig war (Beifall bei der FPÖ – Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Na, na, na!), nämlich 15 oder 16 Minuten polemisch war, dann muss ich sagen, das war heute etwas ganz anderes. Dafür sage ich einmal Danke. (Ruf: Mimimi!) – Genau, mimimi, richtig.
Herr Kollege Himmer, du hast, so wie auch Kollege Schmid, das Problem des Nato-Beitritts und dass die FPÖ damals einen Nato-Beitritt gefordert hat, angesprochen, und ich sage dir: Ja, das war so, das stimmt. Das war 1998. Das war zu einer Zeit, als die Nato ein Friedensbündnis war. Nach 1999 aber, als eben der – und jetzt kommt es – völkerrechtswidrige Angriff, bei dem auch Deutschland dabei war, auf Ex-Jugoslawien – nämlich ohne UN-Mandat – stattgefunden hat, ab diesem Zeitpunkt war die Nato kein Verteidigungsbündnis mehr, sondern ein Angriffsbündnis. Das ist der Grund, warum wir davor dafür waren. (Beifall bei der FPÖ.)
Man kann ja in der Politik gescheiter werden. Das hätte ich mir von euch in der Coronapolitik gewünscht. (Rufe bei der ÖVP: Das wünschen wir uns von euch!) Es war aber nicht so, sondern ihr habt drei Jahre lang ein und denselben Blödsinn fortgeführt, weil ihr von oben gesteuert wart und weil da viel Geld verschoben wurde. Das ist der Fall! Wir aber sind gescheiter geworden und wir wissen, dass das heute angesichts eines Militärbündnisses, eines Angriffsbündnisses sicher nicht mehr der richtige Weg wäre. Deshalb ist uns die Neutralität auch so wichtig, und wir wollen auch nicht, dass sich das ändert.
Ich will zum Thema Änderungen auch nur Folgendes sagen: Es war auch die FPÖ, die vor 1992 die Partei war, die immer für eine gemeinsame europäische Wirtschaftsunion war. Wir waren das! Da waren die SPÖ und die ÖVP noch weit weg davon. Erst ab 1992, ab dem Maastrichter Vertrag, mit dem aus einer gemeinsamen Wirtschaftsunion eine politische Union geworden ist – und wir den ganzen Blödsinn, der von der EU kommt, heute miterleben müssen –, ab diesem Zeitpunkt haben wir gesagt: Da wollen wir nicht mitspielen! – Auch da hat sich unsere Einstellung geändert, und das darf auch sein, wenn es gut ist und wenn es für die Österreicher gut ist. Ihr macht es leider immer genau in die andere Richtung: Ihr setzt immer jene Sachen um, die für die Österreicher schlecht sind. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich glaube, es war Herr – damals – Kanzler Nehammer, der gesagt hat, die Neutralität wurde uns aufgezwungen. Das ist natürlich ein kompletter Schwachsinn.
Auch Herr Kollege Himmer hat in seiner Rede gesagt, der Krieg in der Ukraine ist etwas anderes als alle anderen Kriege, denn die Ukraine ist „in unserer erweiterten Nachbarschaft“. Dann frage ich Sie: Was war dann in den 1990er-Jahren oder in den 2000er-Jahren mit der Jugoslawienkrise? Warum hat sich da dann Österreich richtigerweise herausgehalten, nicht nur zu dem Zeitpunkt, als diese intern stattfand, sondern auch danach, als Deutschland – Joschka Fischer übrigens, von den Grünen, den Kriegstreibern Nummer eins, das darf man auch nie vergessen – den völkerrechtswidrigen Angriff mitgemacht hat? (Beifall bei der FPÖ.)
Auch da hat sich Österreich neutral verhalten. Ebenso 1968 – weil das auch immer bemüht wird – beim sowjetischen Einmarsch in die Tschechoslowakei. Österreich hat sich damals bewusst zurückgehalten und neutral verhalten. Das Bundesheer war alarmiert, ist aber nicht an die Grenze gegangen. Es hat keine öffentliche Verurteilung der Sowjets gegeben. Flüchtlinge wurden humanitär aufgenommen – genau das ist ja auch heute der Fall –, ohne dass man politisch Partei genommen hat. Der damalige Bundeskanzler Klaus betonte: Österreich ist neutral! – Sogar der ORF wurde ausdrücklich angewiesen, dass diese Position Österreichs öffentlich so zu kommunizieren ist.
Jetzt zur Aussage von Herrn Matznetter, der heute eine interessante Aussage gemacht hat, nämlich – was hat er gesagt? –: Wenn jemand angreift oder angegriffen wird, dann „kann man nicht neutral sein“. – Meine Damen und Herren, jetzt frage ich Sie: Wann sollte man denn dann neutral sein? Wann, wenn nicht dann, wenn jemand angegriffen wird? Dafür gibt es ja die Neutralität! – Also Sie haben vielleicht die Neutralität nicht verstanden. (Beifall bei der FPÖ.)
Und ja, ich gebe Ihnen recht – danke auch für das schöne Bild; ich habe gar nicht gewusst, dass es das auch in gemalter Version gibt; ich glaube, es war kein Foto, oder? –, mag sein, der Hofknicks war vielleicht auch nicht gescheit. Das war halt von einer Dame bei ihrer Hochzeit, da war Putin eingeladen (Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ) – ja, das war so! –, und das war zu einer Zeit, als alle beste Verbindungen zu Putin gesucht haben. Schauen Sie (jeweils ein entsprechendes Foto in die Höhe haltend): ein Bild, auf dem zu sehen ist, wie Frau Edtstadler ganz stolz neben Herrn Putin geht – und schauen Sie sich auch das Facebook-Posting dazu an! –; Herr Fischer, lächelnd und freundschaftlich mit Herrn Putin; Herr Leitl von der Wirtschaftskammer, voller Freude mit Herrn Putin (Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: Aber ihr habt einen Freundschaftsvertrag, oder?) – zum Freundschaftsvertrag komme ich gleich, Frau Kollegin –; und noch einmal ist da Herr Fischer mit Putin; da ist Herr Van der Bellen mit Putin; da zwei gute Freunde, Herr Schüssel und Putin; da ist Schüssel mit Putin gerade Ski fahren (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Aber, Andreas, es kniet keiner! Es kniet keiner!); und da ist Herr Kurz mit Putin. (Beifall bei der FPÖ. –Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Es kniet keiner!)
Also, meine Damen und Herren, Sie alle haben in dieser Zeit versucht, gute Kontakte zu Putin zu haben, und das war ja zu der damaligen Zeit auch in Ordnung, das werfe ich Ihnen nicht vor.
Das unterscheidet übrigens die FPÖ von den NEOS, von denen der Vorwurf gekommen ist: Ich kann mit Sicherheit sagen: In der FPÖ ist niemals russisches Geld angekommen. (Ruf bei der ÖVP: Wie willst du das wissen?!) NEOS, die Haselsteiner-Partie, ihr seid finanziert worden, und da wird wahrscheinlich sehr viel Geld von den Russen bei euch in der Partei unterwegs sein. Auch das ist ein Unterschied. (Beifall bei der FPÖ.)
So viel zum Thema Freundschaftsvertrag. Und da der Zwischenruf aus der ÖVP gekommen ist – besser könnte es gar nicht sein –: Ich weiß, ihr habt zwar keinen Freundschaftsvertrag, aber ich glaube, ihr habt einen Sponsoringvertrag, oder? (Ruf bei der ÖVP: Mit wem?) – Mit der Raiffeisen-Bank (Ruf bei der ÖVP: Nein!), mit dem Giebelkreuz. Es wundert mich, dass nicht jeder von euch da heroben (auf seine linke Brustseite weisend) das Giebelkreuz tragen muss. So sollte es sein. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.] und Miesenberger [ÖVP/OÖ].) Und die Raiffeisen-Bank International ist nach wie vor in Russland und macht Geschäfte! Dazu habe ich heute von der ÖVP gar nichts gehört. (Beifall bei der FPÖ.) Warum denn so leise? Das ist der Freundschaftsvertrag der ÖVP mit Russland, der heute noch immer unterhalten wird! Es gibt keinen Freundschaftsvertrag mehr von uns, und das tut ihnen weh. (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ].)
Ich sage auch eines ganz deutlich: Sie versuchen immer wieder, uns eine Russlandnähe und irgendetwas zu unterstellen, wir wären Putins Freunde oder Sonstiges. Nein! Wir wissen auch, dass das, was dort passiert, nicht in Ordnung ist. Es geht uns nicht darum, die Russen, den Putin oder sonst irgendjemanden – ich glaube, es wird auch nicht besser werden, wenn einmal ein Nachfolger von ihm kommt – reinzuwaschen. Nur muss man so ehrlich sein und den Dreck ein bisschen gleichmäßiger verteilen. Und Sie alle sind da auch nicht unschuldig daran! (Beifall bei der FPÖ.)
18.21
RN/101
Vizepräsident Günther Ruprecht: Herr Kollege Spanring! Ich habe jetzt in der Debatte einige Dynamik zugelassen, habe versucht, einige Handzeichen nicht zu sehen und zu interpretieren; aber den Bundeskanzler mit einem bekannten Puppenspiel aus Österreich zu vergleichen, ist, glaube ich, unseres Hauses nicht würdig. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) Es war der „Kasperl“. Herr Kollege Spanring, deswegen erteile ich dir einen Ordnungsruf. (Neuerlicher Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)
Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
RN/102
Vizepräsident Günther Ruprecht: Es liegt ein Entschließungsantrag der Bundesräte Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rückbesinnung auf eine aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik“ vor.
RN/102.1
Dazu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.
Ich gehe daher so vor.
Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe – nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge – mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um deutliche Wortmeldungen.
Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Kolar geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)
Vizepräsident Günther Ruprecht: Die Stimmabgabe ist beendet.
Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
RN/103
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor.)
RN/104
Vizepräsident Günther Ruprecht: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und begrüße wieder unsere Bundesministerin und ehemalige Kollegin im Bundesrat Korinna Schumann. Herzlich willkommen wieder zurück! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
RN/104.1
Ich gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 57 abgegebenen Stimmen 15 „Ja“-Stimmen und 42 „Nein“-Stimmen.
Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.
RN/104.2
Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:
Amhof;
Bernard;
Gradwohl, Guggenberger;
Jäckel;
Karacsony, Kober, Kofler;
Partl, Pröller;
Repolust;
Samt, Spanring, Steinmaurer;
Theuermann.
Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arpa, Auer-Stüger;
Beer;
Deutsch;
Ebner, Eder-Gitschthaler;
Fischer, Forster;
Geieregger, Gfrerer, Göll, Gruber-Pruner;
Hauschildt-Buschberger, Herunter, Himmer, Hutter;
Jagl;
Kittl, Kolar;
Lassnig;
Matznetter, Mertel, Miesenberger, Muthsam;
Neurauter;
Peterl, Prügl;
Reisinger, Ruf, Ruprecht;
Schmid Daniel, Schmid Thomas, Schwarz-Fuchs, Schweiger, Stark, Stillebacher, Stotter;
Thoma, Tiefnig, Trinkl, Wanner, Weber.