RN/89

16.29

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Zuerst einmal ein Danke für den Versuch, zu erklären, was unter Neutralität zu verstehen ist. 

Ich glaube Ihnen, dass Sie es theoretisch wissen, aber das Handeln dieser Regierung und vor allem dieser Außenministerin ist nicht im Sinne der Neutralität und vor allem nicht im Interesse der Österreicher. 

Obwohl 82 Prozent der Österreicher klar für eine glaubwürdige und wehrhafte Neutralität sind, ist Ihre Haltung widersprüchlich: Einerseits wird – wie jetzt auch bei der Beantwortung – betont, man würde als neutraler Vermittler wirken, aber andererseits ergreifen Sie gleichzeitig immer klar einseitig Partei, und Sie stehen auch hinter den EU-Maßnahmen und hinter den Sanktionen und haben Österreich damit in einen Wirtschaftskrieg getrieben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ziel, Russland zu schädigen, wurde nicht erreicht – beziehungsweise nicht so, wie Sie es sich vorgestellt haben –, aber Österreich und die Österreicher leiden sehr stark unter diesen Sanktionen mit dieser Teuerungswelle gerade im Energie- und Lebensmittelbereich und mit einer Inflation von 4 Prozent. Man hat das Gefühl, dass Ihnen unsere Neutralität gleichgültig ist. Sie haben ein vollkommen anderes Verständnis von Neutralität. Die Bundesregierung hat das Prinzip der Neutralität aufgegeben. Das Bekenntnis zur Neutralität ist ein leeres Lippenbekenntnis, eine Beruhigungspille für die Bevölkerung.

Geschätzte Damen und Herren, nur gelebte Neutralität sichert Österreich Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung. Sie müssen aus den Fehlern, die Sie begangen haben, lernen! Sie haben mit dem Steuergeld – Herr Kollege Spanring hat es auch schon erwähnt –, das ist einfach klar, Waffen mitfinanziert und damit Österreich in einen Konflikt hineingezogen. Diese Bundesregierung hat den bewährten Weg der Neutralität verlassen und nähert sich immer mehr an ein Militärbündnis – an die Nato –, die längst keine Verteidigungsallianz mehr ist, an. Das will vor allem die große Mehrheit der Österreicher nicht. 

Das aktuelle Verhalten von Außenministerin Meinl-Reisinger in Sachen Ukraine zeigt: Anstatt die Neutralität im Sinne der Österreicher zu leben und zu vertreten und zu verteidigen, spielt sie sich immer mehr als Nato-Botschafterin auf und verteilt noch dazu Millionen von Steuergeld ans Ausland. Das ist keine echte Vermittlerrolle, wie wir sie wollen, und es fehlen diplomatische Initiativen zu einer Friedenssicherung. Während unsere Bürger daheim unter Rekordpreisen leiden und das auch sehr viel Geld kostet, gibt es einfach das Problem, dass der Wohlstand immer geringer wird – und der Herr Bundeskanzler schaut nur zu, anstatt Frau Meinl-Reisinger in die Schranken zu weisen. 

Europa darf sich nicht weiter in eine Eskalationsspirale hineintreiben lassen, die zu einem kalten oder sogar in einen Weltkrieg führen wird. Der Bundeskanzler wollte einerseits – das ist auch sehr interessant und spannend – immer wieder Putin zu Friedensverhandlungen nach Wien – das haben Sie auch erwähnt – einladen, aber dann gibt es andererseits Aussagen der – Entschuldigung! – Nato-Beate – so wird sie ja von den Österreichern genannt (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Von Ihnen! Sie nennen sie so!) –, wonach sie Präsident Putin von den österreichischen Behörden verhaften lassen will, sobald er österreichischen Boden betritt. Also so weit weg sind wir davon, ein neutraler Staat zu sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Anstatt sich als neutraler Staat als Austragungsort von Friedenskonferenzen – wie jetzt Ungarn, sprich Budapest – zumindest einmal ins Spiel zu bringen (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Eh schon wieder abgesagt!), tanzt Ihre Außenministerin mit einer Ukrainetracht um die Welt (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Besser als ...!), und es gibt vom Bundeskanzler wieder keine Maßregelung oder Reaktionen auf diese Provokation der NEOS-Chefin. 

Die österreichische Neutralität ist der beste Schutz vor Eskalation, und Österreichs Aufgabe wäre es – vor allem jene des Herrn Bundeskanzlers und der österreichischen Außenministerin –, unsere Neutralität zu bewahren und Friedensbemühungen aktiv zu unterstützen und nicht nur noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].)

Geschätzte Damen und Herren! Die Neutralität ist laut vielen Umfrageergebnissen ein stark verankertes Element der nationalen Identität und wird von den Österreichern als Garant der politischen Stabilität und innergesellschaftlichen Harmonie gesehen. Die Sanktionen gegen Russland werden auch als Verletzung der österreichischen Neutralität kritisiert. Ein neutrales Land hätte sich als Vermittler im Konflikt positionieren und sich das Vertrauen beider Konfliktparteien verschaffen können, wodurch Diplomatie und vor allem Frieden möglich gewesen wäre. Weder die EU noch Österreich haben sich in Friedensgesprächen im Nahen Osten oder im Ukrainekonflikt starkgemacht. 

Die Neutralität ist historisch gewachsen, rechtlich fest verankert und nach wie vor notwendig, um eine unabhängige, friedensorientierte Außenpolitik Österreichs zu gewährleisten. Daher ist es höchste Zeit, Babler, Stocker und Meinl-Reisinger daran zu erinnern, dass Österreich neutral ist. 

Die gelebte Neutralität ist notwendiger denn je! Die immerwährende Neutralität ist ein Begriff, mit der Sicherheit verbunden wird, etwas Positives, etwas Gutes, etwas Wertvolles, und sie ist untrennbar mit unserer Heimat Österreich verbunden. (Beifall bei der FPÖ.)

Die immerwährende Neutralität war und ist die Basis für die Unterzeichnung des Staatsvertrags und wir haben damit die Freiheit und unsere Souveränität zurückbekommen. Gerade mit dem Beginn des Ukrainekrieges sind viele Grundsätze der Neutralität verloren gegangen: Österreich beteiligt sich an der Finanzierung von Waffenlieferungen; es werden Sanktionen mitgetragen, die nicht zu einer Beendigung des Konfliktes beitragen; Militärtransporte werden von einem Nato-Staat durch den anderen durchgeführt – am Ende kommen sie in der Ukraine an –; schließlich wird über Sky Shield diskutiert, über den Vertrag, und eine verstärkte Kooperation und eine Annäherung an die Nato vorbereitet.

Daher bringen ich, Kollege Spanring und weitere Bundesräte folgenden Entschließungsantrag ein:

RN/89.1

Entschließungsantrag 

der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rückbesinnung auf eine aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich klar zur österreichischen Neutralität zu bekennen und aktive Friedens- und Neutralitätspolitik auf internationaler und EU-Ebene zu betreiben.“


Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.36

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/89.2

Unselbständiger Entschließungsantrag: Rückbesinnung auf eine aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik von Andreas Arthur Spanring

Präsident Peter Samt: Der von den Bundesräten Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Rückbesinnung auf eine aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile es ihm.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.