RN/90

16.37

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Wir haben heute ja schon einige Informationen bekommen, auch Werbedurchsagen: Kollege Spanring hat darüber informiert, dass die Freiheitliche Partei am Rande des Nationalfeiertages die Neutralität feiern wird (Beifall des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ]), und ich nehme an, es wird auch Bier und Würstl und so weiter geben – ja, und Applaus und so weiter. 

Aber wenn wir schon bei der Geschichte sind, dann darf ich in dem Zusammenhang auch erwähnen, dass dieses Gesetz, das die Freiheitliche Partei so feiert, tatsächlich im Fünfundfünzigerjahr beschlossen worden ist. Wer damals allerdings nicht mitgestimmt hat, war eure Vorgängerpartei, die VDU – aber schön, dass ihr feiert, was wir beschlossen haben! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].) Selbstverständlich waren das unsere Vorgänger (Ruf bei der FPÖ: ... eure Vorgänger!) – wir waren nicht dabei –, aber historisch betrachtet waren unsere Vorgänger da dabei.

Was klar ist und was ich für die ÖVP sagen kann, ist: Wir waren neutral, wir sind neutral und wir bleiben neutral. Das ist absolut niedergeschrieben (Beifall bei der ÖVP), festgestellt und steht nicht zur Debatte! 

Kollege Spanring hat aber auch hier vom Rednerpult aus vor einem Nato-Beitritt gewarnt. Niemand hier im Raum hat einen Nato-Beitritt gefordert: der Staatssekretär nicht, die Sozialdemokratie nicht, wir nicht, die NEOS nicht. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Na ja, die NEOS schon! Also - -!) Niemand hat einen Nato-Beitritt gefordert, allerdings, wenn wir wieder ein bisschen in die Geschichte der Freiheitlichen Partei zurückgehen: Abgeordneter Herbert Scheibner hat im Nationalrat sehr wohl einen Antrag auf Aufnahme von Verhandlungen mit der Nato gestellt, um über einen möglichen Nato-Beitritt zu verhandeln. Also auch diese Geschichte möchte ich an dieser Stelle anbringen, wenn es darum geht, dass wir die Dinge hier in einem geschichtlichen Zusammenhang sehen.

Es ist davon gesprochen worden, dass der Ukrainekrieg mit vielen Konflikten in der Welt vergleichbar ist. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, das hab ich nicht gesagt!) Ich meine, wir, die wir humane Menschen sind und die wir hoffentlich alle selbstverständlich für den Frieden sind, sind natürlich über jeden Krieg entsetzt. Es ist jedes Opfer bedauerlich, egal wo auf der Welt jemand einer kriegerischen Handlung zum Opfer fällt. Geopolitisch gesehen ist es aber natürlich schon für Österreich entscheidender, was in der Ukraine, sozusagen in unserer erweiterten Nachbarschaft, passiert. Das betrifft uns natürlich von der Sicherheitslage her tatsächlich mehr als die ebenfalls bedauerlichen Auseinandersetzungen beispielsweise im Südsudan. Das ist wohl überhaupt keine Frage.

Es ist die Ähnlichkeit zwischen Schwangerschaft und Neutralität strapaziert worden. Ich meine, dass es fundamentale Unterschiede zwischen Neutralität und Schwangerschaft gibt. Der Herr Staatssekretär hat ausgeführt, dass wir, auch was beispielsweise das Thema Sky Shield betrifft, bei etwas mitzuwirken bereit sind oder etwas mitzufinanzieren bereit sind, was die europäische Sicherheit betrifft und was uns als Österreicher und Österreicherinnen, deren Land natürlich auch in diesem Europa liegt, und unsere geopolitische Sicherheitslage unmittelbar betrifft. In diesem Zusammenhang haben wir eben auch diese Zusatzvereinbarungen, die ich bei der Schwangerschaft nicht kenne, drinnen (Heiterkeit des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk.]), dass wir natürlich nicht an Kriegshandlungen teilnehmen und auf unserem Territorium natürlich auch keine militärischen Stützpunkte errichtet werden können.

Ich glaube, wir wissen alle, dass Österreich als neutrales Land über Jahrzehnte vielfach in unterschiedlichsten internationalen Organisationen sicherheitspolitisch bei friedenserhaltenden Maßnahmen immer mitdiskutiert hat und auch Bestandteil von unterschiedlichsten Organisationen ist, ob das die UNO ist, ob das die OSZE betrifft, ob das die Partnerschaft für den Frieden anbelangt.

Es ist wohl ganz klar, dass kein Widerspruch zwischen der Neutralität und einer europäischen Solidarität besteht. Bei der europäischen Solidarität geht es auch ein Stück weit um die europäischen Werte. Da möchte ich schon die Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, die ja vorgeben, dass ihnen die Werte wichtig sind, zum Nachdenken darüber anregen, dass diese europäischen Werte eben zum Beispiel auch Demokratie, Menschenrechte, Völkerrecht et cetera sind. Da verstehe ich eigentlich nicht, dass wir hier in einer politischen Bewertung zwischen Russland und der EU keinen Unterschied sehen.

Es ist vorhin vom Fraktionsobmann gesagt worden, das Wort politische Neutralität wäre irgendwie ein neuer Begriff, er wolle diese Unterscheidung hier nicht hören. Aber es ist doch wohl klar, dass mit dem, zu dem wir uns im Staatsvertrag und mit der Neutralität verpflichtet haben, nie und nimmer gemeint gewesen sein kann, dass wir in einer Auseinandersetzung in Wertefragen in Bezug auf Russland, ein totalitäres Regime, das Völkerrecht bricht und ein Nachbarland angreift, dass wir als Europäer in dieser Frage gesinnungsmäßig neutral sein müssen. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W]. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber Milliarden Euro hinschicken, das ist neutral?!)

Wobei ich Kollegen Spanring in seinen Ausführungen, was Kriege überhaupt betrifft, recht gebe, ist, dass es zumeist ältere Männer sind, die nicht selbst an den Kriegshandlungen teilnehmen und über andere Menschen entscheiden, und dass sicher viele junge Burschen, egal, auf welcher Seite sie in den Krieg ziehen, bevor sie ihr Leben aushauchen, wahrscheinlich nicht gewusst haben, wofür sie eigentlich wirklich gekämpft haben. Ich glaube, in dem Punkt sind wir uns alle einig. Und das ist auch ein Grund dafür, warum wir als Politikerinnen und Politiker wirklich immer aufgerufen sind, alles zu tun, um Kriege zu vermeiden und um Kriege zu beenden.

Es ist hier bereits angesprochen worden: Der Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine war ein Paradigmenwechsel, war ein ganz massiver Einschnitt in das sicherheitspolitische Umfeld hier in Europa. Auch bei dem Teil der Dringlichen Anfrage, der sich darauf bezieht, dass Sicherheit für Österreich natürlich auch bedeutet, dass Menschen, die in unser Land kommen und bei uns im Land vielleicht auch einen Unsicherheitsfaktor darstellen, eigentlich dann auch abgeschoben gehören. Auch diese Auffassung teile ich. Ich glaube, das ist ja auch hier vom Staatssekretär klar gesagt worden, dass wir eine konsequente Rückkehrpolitik verfolgen. Ich glaube, dass das auch ein ganz wichtiger, ein elementarer Bereich einer modernen Sicherheitspolitik ist, dass wir eine konsequente Rückkehrpolitik verfolgen. 

Ich denke, wir werden gemeinsam eine neue Verteidigungsstrategie entwickeln. Wir werden als Österreicher aktiv mitwirken, was das Politische betrifft, was das Diplomatische betrifft, sicherlich nicht, was das Militärische anbelangt, und werden in dem Sinn unseren Beitrag dafür leisten, dass Europa und damit die Welt friedlicher wird – und mögen das dann vielleicht in 70 Jahren andere feiern, dass wir das gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

16.47 

Präsident Peter Samt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. Ich erteile es ihm. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.