RN/3

Aktuelle Stunde

„Konsequente Asylpolitik: Abschiebungen von verurteilten Straftätern und illegal Aufhältigen nach Afghanistan und Syrien“

Präsident Peter Samt: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde, und ich begrüße dazu Herrn Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner recht herzlich in unserer Runde! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Nach einer ersten Stellungnahme des Herrn Bundesministers, die 10 Minuten nicht überschreiten soll, kommt je eine Rednerin beziehungsweise ein Redner pro Fraktion zu Wort, dessen beziehungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann erfolgt eventuell eine zweite Stellungnahme des Herrn Bundesministers, die 5 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je ein Redner der Fraktion sowie anschließend je eine Wortmeldung der Bundesräte ohne Fraktion mit jeweils einer 5-minütigen Redezeit.

Für eine erste Stellungnahme zu Wort gemeldet ist nun der Herr Bundesminister für Inneres. Ich erteile es ihm und weise noch einmal darauf hin, dass seine Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten sollte.

RN/4

9.02

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident, vielen herzlichen Dank! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und werte Zuseher! Einen wunderschönen guten Morgen! Ich bedanke mich sehr herzlich für die Möglichkeit, dieses Thema, das Sie auch kurz angesprochen haben, nämlich konsequente, harte, aber letztendlich gerechte Asyl- und Migrationspolitik mit dem Schwerpunkt Abschiebungen und Rückführungen, heute in diesem Plenum zu debattieren, und auch für die Möglichkeit, jetzt einige einleitende Worte dazu zu sagen, eine einleitende Stellungnahme dazu abzugeben.

Was bedeutet aus meiner Sicht konsequent, hart und damit gerecht? – Das heißt aus meiner Sicht, dass wir das Asylsystem vor Missbrauch und Überlastung schützen. Warum? – Damit die Bevölkerung in unserem Land entlastet wird und wir auch die Möglichkeit haben – wenn das System eben nicht überlastet ist, nicht missbraucht wird –, jenen zu helfen, die auch tatsächlich unsere Hilfe benötigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wird das gemacht? Was ist aus meiner Sicht, aus unserer Sicht hier notwendig? Was ist hier zu tun? Ich bin davon überzeugt, das ist keine einzelne Maßnahme, die dafür notwendig ist, sondern es ist immer ein Bündel, es sind mehrere Maßnahmen, die getroffen werden müssen und auch schon getroffen worden sind.

Zunächst einmal polizeiliche Maßnahmen, die getroffen wurden: im Bereich des Grenzschutzes, des Außengrenzschutzes, einerseits an der EU-Außengrenze, wo zuletzt auch Fortschritte gemacht wurden, wenn ich an die bulgarisch-türkische Grenze denke, die ich mir im Sommer dieses Jahres gemeinsam mit Polizeikräften angesehen habe, oder auch an der finnisch-russischen Grenze als EU-Außengrenze; aber auch die weitere Professionalisierung der Binnengrenzkontrollen, die in vielen europäischen Ländern eben notwendig sind. Ich erinnere daher an die sogenannte Operation Fox, wo österreichische Polizisten gemeinsam mit ungarischen Polizisten im Vorfeld sozusagen kontrollieren, um Schlepper konsequent aus dem Verkehr zu ziehen. – Wie gesagt, polizeiliche Maßnahmen.

Der zweite Punkt ist das klare Ziel, das System vor Missbrauch zu schützen. Auch dazu seien beispielhaft einige Maßnahmen skizziert: die Sachleistungskarte, die in den Bundesbetreuungseinrichtungen flächendeckend eingeführt wurde und mittlerweile dankenswerterweise auch in vielen Bundesländern umgesetzt ist, damit eben Bundesbetreuung und Länderbetreuung aus einem Guss kommen und Missbrauch verhindert wird; Arbeitspflicht – ebenfalls eingeführt in der Bundesbetreuung und in vielen Bereichen der Landesbetreuung – und – auch um Missbrauch zu verhindern, vor allem auch Sozialleistungsmissbrauch zu verhindern – auch polizeiliche Maßnahmen wie zuletzt fremdenpolizeiliche Planquadrate am Hauptbahnhof oder davor auch schon am Westbahnhof. – So viel nur beispielhaft angeführt zum zweiten Punkt.

Zum dritten Thema: Überlastung verhindern, also die Überlastung des Systems verhindern. Da war eine der ganz entscheidenden und wesentlichen Maßnahmen, die wir als neue Bundesregierung gesetzt haben, eine der ersten ganz konsequenten Umsetzungen, der Stopp des Familiennachzugs, das Aussetzen des Familiennachzugs. Wir haben jetzt Zahlen zum Vergleich: Vor zwei Jahren, im Oktober 2023, hatten wir rund 1 400 Personen, die über den Familiennachzug nach Österreich gekommen sind, im Oktober dieses Jahres waren es neun. Das führt eben zu einer massiven Entlastung. 

Der vierte Bereich an Maßnahmen, die wir gesetzt haben – und weitere werden setzen müssen –, umfasst eben das Thema Abschiebungen und Außerlandesbringungen, allesamt mit dem klaren Ziel, und auch das ist im Regierungsprogramm klar formuliert und auch ausgesprochen, illegale Migration gegen null zu drängen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) 

Es ist ein Bündel an Maßnahmen, die dieses Ziel verfolgen, und ich weiß – das zeigen ja auch die aktuellen Zahlen und ich werde auch einige Zahlen nennen –, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber noch immer nicht zufrieden sein können. Wir haben den richtigen Weg eingeschlagen, müssen aber letztendlich in diesem Bereich – das ist mir bewusst, das ist uns bewusst – noch einen weiten Weg gehen.

Einige Zahlen dazu, um das auch zu untermauern, dass man die Wegrichtung sozusagen gefunden hat: Im November 2022, also vor drei Jahren, gab es im Burgenland – ich erwähne das Burgenland, weil, und die Burgenländerinnen und Burgenländer wissen es, das jene Grenze war, die von illegaler Migration am meisten belastet war – knapp 9 000 Aufgriffe – 9 000 Aufgriffe an illegaler Migration vor drei Jahren! Heuer, im November dieses Jahres, waren es knapp 100! Von 9 000 auf 100, das ist eine massive Reduktion! Wenn man sich den Wochenvergleich ansieht: letzte Woche 21 Aufgriffe, vor drei Jahren in derselben Woche 800 Aufgriffe! Das bedeutet eben eine Entlastung, gerade für die Bevölkerung vor Ort, so auch für die Bevölkerung im Burgenland. 

Auch die Zahl der Asylanträge ist in diesem Zeitraum entsprechend zurückgegangen, vor allem – und das ist auch wichtig für die Entlastung des Systems – die Zahl der sogenannten originären, der neuen Anträge ist massiv zurückgegangen. Wir haben jetzt den niedrigsten Wert seit rund fünf Jahren. Immer noch zu hoch, immer noch zu viel, aber das ist für uns Auftrag, auch hart in dieser Richtung weiterzuarbeiten: illegale Migration zu verhindern, die Bevölkerung zu entlasten, Missbrauch zu verhindern, damit jenen geholfen werden kann, die unsere Hilfe auch tatsächlich benötigen! (Beifall bei der ÖVP.)

Damit komme ich jetzt ganz konkret auch zu jenem Thema, das heute im Mittelpunkt dieser Aktuellen Stunde steht. Es war mir nur wichtig, diesen breiten Bogen zu spannen, weil es eben nicht eine Einzelmaßnahme ist, die in diesem Bereich wichtig und notwendig ist, sondern weil es ein Maßnahmenmix ist, der da gesetzt werden muss und musste.

Zu den Abschiebungen und den Außerlandesbringungen: Im Jahr 2024 wurden 13 500 Menschen außer Landes gebracht, weil sie entweder illegal aufhältig waren oder straffällig geworden sind. Das sind im Schnitt 35 Menschen pro Tag, die Österreich verlassen mussten. Diese Zahl geht in der medialen Debatte oft unter, weil sehr oft über Einzelfälle diskutiert wird und wurde, aber es ist notwendig, dies zu erwähnen, weil das harter, konsequenter Arbeit des zuständigen Amtes, nämlich des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, bedarf.

In diesem Jahr stehen wir bei knapp 12 900 Außerlandesbringungen. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Wie viele Afghanen, wie viele Syrer?) 52 Prozent davon sind eigenständig ausgereist, sozusagen vor Abschiebung, 48 Prozent davon durch Abschiebungen, wobei die eigenständige Ausreise immer klar den Vorzug vor der zwangsweisen Abschiebung bekommt, weil sie für die Steuerzahler auch deutlich günstiger ist. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Woher kommen die?)

Der Schwerpunkt bei den Abschiebungen liegt klar bei den Straffälligen, und in diesem Jahr waren rund 50 Prozent der zwangsweise Abgeschobenen Straftäter; auch ein klarer Fokus, den die Behörden hier als Ziel gesetzt haben.

Damit komme ich zu einem ganz konkreten Schwerpunkt, der auch in dieser Aktuellen Stunde angeführt ist, nämlich dass es – und das ist besonders wichtig in diesem Zusammenhang – erstmals seit diesem Sommer auch wieder direkte Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien gibt, Kabul und Damaskus. Wir sind das erste und das einzige europäische Land, das das auf diesem Weg auch durchführt. Im Dezember des letzten Jahres – der Sturz des Assad-Regimes – habe ich angeordnet, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm vorzubereiten. Und das ist passiert und das passiert auch laufend und ganz konsequent. Als Teil davon war ich eben auch mit der damaligen deutschen Innenministerin vor Ort in Damaskus in Syrien, um mit dem syrischen Innenminister direkt konkrete Gespräche zu führen, um auch Heimreisezertifikate ausstellen lassen zu können. Und das hat eben dazu geführt, dass erstmals seit 15 Jahren in diesem Sommer wieder aus Österreich direkt nach Syrien abgeschoben werden konnte. Wir sind da das einzige europäische Land und müssen da vom Einzelfall in den Regelfall übergehen, und das ist auch das klare Ziel dieser Abschiebepolitik. 

Ja, mir ist völlig bewusst – und das haben Sie auch in der medialen Debatte mitverfolgt –, für die einen ist das zu viel – das soll man nicht tun, das darf man nicht tun, man muss auch wissen, wo sich derjenige, der abgeschoben wurde, dann aufhält; aber das halte ich für völlig überzogen – und für die anderen ist es viel zu wenig. Ich halte es für richtig und notwendig, dass wir es tun. Und wenn wir nur mit einer einzigen Abschiebung eine Straftat, ein Verbrechen verhindert haben, dann war sie richtig und notwendig.

Zweitens: Es ist ein enorm wichtiges Signal, dass Straftäter, verurteilte Straftäter, in ihre Heimat, auch nach Syrien und Afghanistan, abgeschoben werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Vielleicht noch einige wenige Zahlen dazu: weil ich gesagt habe, im Dezember letzten Jahres habe ich ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm in Auftrag gegeben: In diesem Zusammenhang hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mehr als 9 600 Aberkennungsverfahren eingeleitet. Warum? – Weil es im Asylgesetz so vorgesehen ist. Wenn sich die Situation im Herkunftsland ändert, dann ist es Aufgabe der Behörde, das auch neu zu beurteilen. Und das tun die Behörden jetzt eben. Jetzt ist klarer Fokus: Priorität bei den verurteilten Straftätern und danach jene, die eben kein Recht auf Aufenthalt mehr haben.

Aber – und das will ich an dieser Stelle auch in aller Deutlichkeit klarstellen, weil auch das Teil einer harten, konsequenten, aber fairen und gerechten Asylpolitik ist –: Mit mir wird es keine Massendeportationen geben! Es leben in diesem Land 100 000 Syrerinnen und Syrer. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Wie viele?) Viele davon sind wertvoller, wichtiger Teil unserer Gesellschaft geworden, und genau diese werden auch keine Angst haben müssen, abgeschoben zu werden, dafür stehe ich auch, in einem Rechtsstaat. (Beifall bei der ÖVP, bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].) 

Ich glaube, es ist auch notwendig, immer wieder klar und deutlich zu sagen: Straftäter, verurteilte Straftäter, illegal Aufhältige, ja, die müssen abgeschoben werden, aber für die Durchführung von Massendeportationen, wie sie manche haben wollen, bin ich nicht zu haben und das darf in einem Rechtsstaat nie passieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Das war das Thema Syrien, nun noch einige Worte zu Afghanistan, auch in diesem Zusammenhang hat es durchaus kontroverse Diskussionen gegeben, weil es technische Gespräche von österreichischen Behörden in Kabul, aber auch von afghanischen Behörden in Österreich gegeben hat; keine diplomatischen Gespräche, aber technische Gespräche, damit es eben möglich wird, Heimreisezertifikate auszustellen und auch nach Afghanistan Straftäter abzuschieben. Das ist im Wesentlichen letztendlich über Istanbul erfolgt, weil es eben auch in diesem Fall diese technischen Gespräche gegeben hat. Und diese Gespräche werden fortgesetzt, damit es auch weitere Abschiebungen geben wird, auch Richtung Afghanistan; auch hier mit dem klaren Schwerpunkt: verurteilte Straftäter, so, wie es in einem Rechtsstaat eben üblich ist. 

Das ist unsere Aufgabe und das ist unsere Verantwortung, und dazu bekenne ich mich und dazu bekennen sich auch unsere Behörden. 

Ich komme schon zum Schluss, ich möchte nur noch das wiederholen, was ich zu Beginn gesagt habe: konsequente, harte, aber faire und gerechte Asylpolitik. Das heißt, vor Missbrauch schützen, Überlastung verhindern, damit jenen geholfen werden kann, die tatsächlich unsere Hilfe benötigen. Und daher werden wir ganz konsequent diesen eingeschlagenen Weg – bei aller Kritik, von der einen Seite, der es zu viel ist, von der anderen Seite, der es zu wenig ist – auf dem Boden des Rechtsstaates, wie es sich in einem liberalen Rechtsstaat gehört, auch ganz konsequent fortsetzen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.16

Präsident Peter Samt: Ich danke dem Herrn Bundesminister. 

Nun ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm und mache darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte schön.

RN/5

9.17

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Ich denke, die Österreicherinnen und Österreicher haben das Recht, von der Politik zu erwarten, dass ihr Werte- und Rechtssystem, das Werte- und Rechtssystem der Österreicherinnen und Österreicher, verteidigt wird. Und in diesem Zusammenhang sind Maßnahmen wie die Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan der Gipfel eines Maßnahmenpakets oder der Gipfel einer Politik, die darauf abzielt, unser Werte- und unser Rechtssystem zu verteidigen. 

Bei diesen Abschiebungen handelt es sich ja nicht um Personen, die die Sonntagszeitung gefladert haben oder die nicht gegrüßt haben, sondern hier handelt es sich ja tatsächlich um massive Straftaten von Menschen, die eben unser System, unser Wertesystem, unsere Haltungen hier mit Füßen getreten haben. 

An dieser Stelle darf ich erwähnen – das wissen eigentlich ohnehin alle –, dass Österreich eine sehr gute Tradition als Asylland hat und dass viele Menschen, die hier um Asyl angesucht haben, tolle Österreicherinnen und Österreicher geworden sind. 

Wir alle kennen aus der Geschichte die Wellen, in denen Menschen nach Österreich gekommen sind, mit der Ungarnkrise, mit der Tschechienkrise 1968 oder auch in den Neunzigerjahren, als der Jugoslawienkrieg in unserer Nachbarschaft ausgebrochen ist. Ich will gar nicht anfangen, hier die vielen Österreicherinnen und Österreicher aufzuzählen, die wir diesen Wellen zu verdanken haben, die ganz, ganz wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft geworden sind.

Es scheint aber auch so zu sein, dass die Ethnien, die bei diesen Wellen gekommen sind, unserem Wertesystem wohl auch etwas näher waren, als das eben zum Teil bei Syrern und Afghanen der Fall sein mag. Das heißt jetzt aber natürlich nicht, dass es nicht auch unter diesen Menschen sehr, sehr viele sehr, sehr anständige Menschen gibt, die auch bereits sehr, sehr wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft geworden sind.

Ich möchte in dem Zusammenhang aber auch sagen, dass zu unserem Wertesystem eben auch die Religionsfreiheit gehört. Ich glaube, dass das in einer liberalen Demokratie ein sehr zentrales Element ist. Es ist schon viel passiert im Namen von Religionen: viel Gutes, aber leider auch viel sehr Schlechtes. Ich persönlich muss sagen: Mir fällt es nicht schwer, vor jeder Religion Respekt zu haben, und ich muss auch sagen, ich brauche es auch für meine Meinungsfreiheit nicht, beispielsweise mich über den Propheten lustig zu machen oder solche Dinge zu äußern, weil ich glaube, dass man sich zwischen den Religionen mit Respekt begegnen kann und dass auch der Respekt zwischen den Religionen wichtig ist und auch einen elementaren Beitrag für den Frieden darstellt. 

Mir ist es darüber hinaus wichtig, bei diesem Gesamtbogen auch die Verantwortung für die Generationen zu sehen, weil ich glaube, dass wir, wenn wir festlegen, in welchem Land wir leben, dann natürlich auch für Generationen denken. Ich selber habe eine 27-jährige Tochter, einen 25-jährigen Sohn, und auch die wollen wieder Kinder bekommen. Ich hoffe, ich erlebe diese Enkelkinder, und dann möchte ich, dass diese auch in einem Land aufwachsen, das dieses Wertesystem hat, das in diesem Wertesystem eingebunden ist. 

Wenn ich das Thema Religionsfreiheit in dem Zusammenhang erwähnt habe, dann möchte ich Folgendes sagen: Wenn man so im Laufe des Jahres durch Wien geht, ist man sich an bestimmten Stellen nicht immer ganz sicher, ob man in einem kulturell christlichen Land lebt, aber wenn man jetzt wieder durch die Straßen geht, dann ist es wieder sehr christlich, weil eigentlich überall ein Christkindlmarkt ist, es bereits sehr weihnachtlich wird und man diese Tradition, die wir haben, spürt und man auch diese Verbundenheit mit den christlichen Wurzeln Europas und Österreichs spürt. Und da leben ja auch alle mit, nicht? – Also es haben eigentlich auch immer alle, die in unser Land gekommen sind und hier die Sprache gelernt haben, das Wertesystem übernommen haben und sich mit Arbeit als aktive Mitglieder in diese Gesellschaft eingebracht haben, begonnen, unsere christlichen Feiertage mitzufeiern und diese Traditionen mitzuerleben. Ich glaube, dazu können wir uns auch bekennen. 

Ich halte es für ganz, ganz wichtig, dass wir uns auch zu unseren Traditionen und auch zu unseren Wurzeln bekennen, und daher finde ich es auch wichtig, dass wir uns dazu bekennen, dass das Kreuz im Schulzimmer bleiben soll, weil wir als Österreicherinnen und Österreicher das Recht haben, zu unseren Werten und zu unseren kulturellen Identitäten zu stehen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir gegenüber anderen Kulturen nicht tolerant sind, und das hat nichts damit zu tun, dass man gegenüber anderen Religionen nicht tolerant ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der FPÖ.)

Wenn ich hier den Bogen vielleicht etwas weit gespannt habe, weil die Ausgangssituation ja die war: Abschiebungen nach Afghanistan, Abschiebungen nach Syrien, dann eben aus dem Grund, weil Politik ja in einem Gesamtzusammenhang zu sehen ist, und diese Wehrhaftigkeit der Demokratie und diese Wehrhaftigkeit, die wir bei der Verteidigung unserer Werte brauchen, eben viele, viele Facetten hat – das beginnt im Kindergarten, das geht weiter über die Schule, das geht in viele Bereiche der Gesellschaft hinein. Niemand ist perfekt, überall kann irgendwo irgendetwas passieren. Wir sind nicht immer alle brav (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]) – auch das gilt für die Österreicherinnen und Österreicher genauso wie für welche, die in unser Land kommen –, aber es gibt einfach Grenzen, bei denen dann, wenn diese überschritten werden, wir als Österreicherinnen und Österreicher nicht die Verantwortung haben, uns Gedanken darüber zu machen, ob es jetzt dem Herrn in Afghanistan oder in Syrien dann auch wirklich gut geht und ob er nach der vollbrachten Straftat in Österreich auch gut angekommen ist und dort ein feines Leben fortsetzen kann. 

Das ist nicht unsere Verantwortung, das wurde auch von unserem Bundeskanzler mit der Null-Toleranz-Politik angesprochen, das ist auch die Ziellinie, die unser Bundesminister für Inneres klar vorgegeben hat, und daher unterstützen wir als ÖVP-Fraktion natürlich ganz entschieden diese Linie. (Beifall bei der ÖVP.)

9.25

Präsident Peter Samt: Ich danke für die Ausführungen. 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. – Ich erteile ihm dieses.

RN/6

9.26

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Als Sicherheitssprecher der SPÖ darf ich zum Thema der Aktuellen Stunde zuallererst Grundsätzliches festhalten: Wir – da sind wir uns hoffentlich einig und es sollten sich auch alle angesprochen fühlen – stehen für Menschlichkeit und wir stehen für Ordnung. Das schließt einander nicht aus – im Gegenteil, es bedingt einander. Und unsere Werteformel, wenn man das so sagen darf, ist klar: Wer Asyl braucht, hat einen Anspruch darauf. Das ist ein Menschenrecht, und es liegt in unserer Verantwortung, dieses Menschenrecht auch zuzusprechen. Gleichzeitig müssen wir uns aber in dieser herausfordernden Frage auch zugestehen, dass wir in Österreich nicht alle Flüchtlinge und alle Menschen aufnehmen können, denn Integration muss mit Migration Schritt halten können, sonst überfordert uns das schlichtweg. 

Unser Ziel ist auch, alles zu tun, was notwendig ist, um illegale Migration zu unterbinden; wir wollen illegale Migration auch stoppen. Mit Asylverfahren an der EU-Außengrenze wollen wir klare Perspektiven für die Menschen, die dort ankommen, schaffen. Dort soll sich nämlich entscheiden, ob ein Asylgrund vorliegt oder ob die Person ins Herkunftsland zurückkehren muss. Österreich hat keine europäischen Außengrenzen, deshalb ist es aus unserer Sicht auch unabdingbar, dass wir mit unseren EU-Partnern an der Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, kurz Geas, arbeiten. 

Und eines ist für uns und auch die Regierung klar: Wenn jemand eine schwere Straftat begeht, ist der Rechtsstaat gefordert, das heißt, Strafe absitzen und dann bitte das Land verlassen. So ist die Rechtslage und so wollen wir das auch umsetzen. Wer unsere Regeln bricht und integrationsunwillig ist, ist eben nicht willkommen – Punkt. Wir wollen hinschauen, wo es Probleme gibt, und wir wollen diese Probleme ansprechen und auch lösen. 

Das grenzt uns sehr wesentlich von der FPÖ ab. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Gott sei Dank! Ich habe schon Angst gehabt, dass wir was gemeinsam haben!) Die FPÖ ist nicht Teil der Lösung und sie hat auch kein Interesse, Lösungen zu suchen. Das sehen wir vor allem dort, wo die FPÖ mitregiert, zum Beispiel in Oberösterreich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Und das lässt sich auch ganz leicht erklären, denn diese Politik ist der Nährboden für die Politik der FPÖ. Die FPÖ fordert zwar zu Recht, dass sich Menschen integrieren sollen, sie tut aber alles, um diese Integration zu erschweren, wenn nicht sogar unmöglich zu machen. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Also ein so ein Schmarrn!) Ich komme gleich mit einem Beispiel: Sie streicht etwa Deutschkurse (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das ist auch nicht unsere Aufgabe! Das ist nicht unsere Aufgabe! Integration ist eine Bringschuld und keine Holschuld! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]) und beklagt gleichzeitig mangelnde Deutschkenntnisse bei den Fremden und fehlenden Integrationswillen. Das ist an Doppelbödigkeit nicht mehr zu überbieten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Reisingers Märchenstunde!)

Weil wir immer – das wird ja heute auch wieder kommen – vom vermeintlichen Superstar Herbert Kickl sprechen, weil über ihn gesprochen wird: Schauen wir uns doch die Fakten an, der Vergleich macht ganz einfach sicher! Herbert Kickl hatte seine Chance als Innenminister, aber wer sich seine Bilanz anschaut, wird sehr enttäuscht sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W]. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Herbert Kickl ist es gelungen, in Österreich den Verfassungsschutz zu zerstören. Wir waren jahrelang von internationalen Informationen abgeschnitten. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Reisingers Märchenstunde! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Seine Pferde für eine berittene Polizei hatten keinen einzigen Einsatz, sie kosteten die Steuerzahler aber 2,4 Millionen Euro. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Richtig, dank euch!)

Herbert Kickl verdoppelte sein Kabinett von 18 auf 37 Mitarbeiter. Das kostete rund 4 Millionen Euro pro Jahr, fast doppelt so viel wie das Kabinett in der Vorgängerregierung. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Der ist ein Schaumschläger sondergleichen!)

Die Werbeausgaben wurden mehr als verdoppelt. Herbert Kickl hat in einem halben Jahr rund 300 000 Euro für externe Berater ausgegeben. Er hat sich eine Fantasieuniform anfertigen lassen (Bundesrat Repolust [FPÖ/Stmk.]: Das ist überhaupt nicht das Thema!), und er hat im Bundesministerium einen blauen Teppich ausrollen lassen. – Wow, das ist doch eine Riesenbilanz. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Mein Resümee: Kickl war der teuerste Innenminister.

Um auch Fakten über seine Abschiebequoten zu schaffen, noch ein paar Zahlen – zum Teil hat sie auch der Herr Bundesminister schon erwähnt (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Die Brüder Reisinger sind die Gebrüder Grimm der Neuzeit! Ist ja unfassbar!) –: Unter ihm wurden 2018 rund 4 700 Personen zwangsweise außer Landes gebracht. Von diesen 4 700 wurden aber 60 Prozent innerhalb Europas sozusagen wieder zurückgebracht. 2024, also nicht mehr unter Minister Kickl, wurden rund 6 400 Personen zwangsweise abgeschossen und im ersten Halbjahr 2025 waren es sogar schon rund 3 800. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Abgeschossen, wirklich, Herr Kollege?)

So sieht eben die Realität aus. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Abgeschossen!) Diese Regierung ist aktiv; diese Regierung ist bemüht und hat in wenigen Monaten ihrer Amtszeit mehr für die Sicherheit Österreichs getan als Herbert Kickl in seiner gesamten Amtszeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Abgeschossen! Ich bin entsetzt von dieser Wortwahl! Ich bin entsetzt!)

Diese Regierung hat das Waffenrecht verschärft (Zwischenruf des Bundesrates Repolust [FPÖ/Stmk.]); diese Regierung hat die Gefährderüberwachung beschlossen; diese Regierung hat den nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen verabschiedet; und diese Regierung will das strengste und modernste Sexualstrafrecht vorlegen. – Diese Bilanz kann sich im Gegensatz zu jener von Herbert Kickl sehen lassen. (Heiterkeit des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].)

Ich danke der Bundesregierung; ich danke Ihnen und euch für die Aufmerksamkeit. – Danke.

9.33

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrat Sandra Jäckel. Ich erteile es ihr.

RN/7

9.33

Bundesrätin Sandra Jäckel (FPÖ, Vorarlberg): Vielen Dank, Herr Präsident! Werter Herr Innenminister! Werte Kollegen im Bundesrat! Liebe Zuseher und Zuhörer hier im Plenarsaal und via Livestream! Kollege Reisinger, danke für dieses Weihnachtsmärchen! Ich möchte Sie daran erinnern: Die Stadt Wien streicht laut Stadtrat Hacker Deutschkurse für Flüchtlinge. (Rufe bei der FPÖ: Oh!) Räumen Sie also erst einmal in Ihren eigenen Reihen auf! (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir aber zum eigentlichen Thema! Herr Innenminister, eines kann man Ihnen wahrlich nicht vorwerfen: mangelnden Mut. Wer sich in dieser politischen Lage ernsthaft hierherstellt und den Titel „Konsequente Asylpolitik: Abschiebungen von verurteilten Straftätern und illegal Aufhältigen nach Afghanistan und Syrien“ verteidigen möchte, der braucht entweder außergewöhnliche Courage (Zwischenruf des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk.]) oder – wie sagt man so schön? – ein bemerkenswert dickes Fell. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich erinnere mich gut, Herr Innenminister: Vor einem Jahr habe ich hier meine Rede halten dürfen. Auch damals waren Sie, Herr Innenminister, hier bei uns im Plenarsaal, und auch damals schon ging es um die Sicherheit. Mir war damals schon klar: Diese Richtung stimmt nicht. – Heute, ein Jahr später, muss ich sagen: Es stimmt nicht nur die Richtung nicht, es stimmt einfach gar nichts mehr. 

Ich möchte diese Aktuelle Stunde nutzen, um das klar und deutlich anzusprechen: Der Schutz unserer Bevölkerung ist kein Wunschprogramm, sondern eine staatliche Verpflichtung. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, Herr Innenminister, verkünden in den einseitigen Medien: Österreich führt als einziges Land Europas Abschiebungen nach Syrien durch. Doch es steht einfach schon fest und ist festgeschrieben: Ohne die beharrliche Konsequenz und die konsequente Haltung der FPÖ wäre dieser Schritt von Ihnen niemals gesetzt worden. (Beifall bei der FPÖ.)

Gleichzeitig aber zeigt die Realität ein völlig anderes Bild als das, was Sie, Herr Innenminister, täglich verkünden: Bis Oktober wurden 921 Familiennachzugsanträge bewilligt, knapp 60 Prozent für Afghanen und Syrer. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Na geh!) Das sind weit mehr als die Handvoll Abschiebungen, die Sie groß bejubeln. In Ihren Reden fehlen auch jedes Mal die Zahlen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir über konsequente Abschiebungen sprechen, dann sollten wir auch die Fakten nennen: Heuer wurden bislang genau zwei Personen nach Afghanistan und mit Stand 6. November drei Personen nach Syrien abgeschoben. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Gratuliere!) In diesem Tempo würden wir, um allein die rund 50 000 in Österreich aufhältigen afghanischen Staatsangehörigen rückzuführen, rund 750 000 Tage benötigen; das entspricht etwa 2 083 Jahren. (Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: ... einfach nicht aufgepasst!)

Von einer tatsächlichen Konsequenz kann daher keine Rede sein, es bleibt bei symbolischen Einzelfällen, die medial von Ihnen und Ihrer Regierung groß inszeniert werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Vom behaupteten Stopp des Familiennachzugs kann also keine Rede sein. Die Zahlen sind nämlich eindeutig: 75 Prozent der afghanischen Anträge wurden positiv entschieden, bei Syrern 21 Prozent. Afghaninnen erhalten seit dem EuGH-Urteil noch leichter Asyl und wechseln zunehmend vom subsidiären Schutz in den Asylstatus. (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ]: Ist ja richtig! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner.) – Das habe ich gesagt: Afghaninnen.

Während uns die Märchen erzählt werden, Österreich setze auf strenge Rückführungen und europäische Lösungen, erleben unsere Bürger hier etwas ganz anderes: mehr Illegale, mehr Gewalt und mehr Kriminalität. Mittlerweile tägliche Messerattacken, sexuelle Übergriffe, Überlastung von Schulen, Krankenhäusern und Sozialsystemen belegen das jeden Tag aufs Neue. (Beifall bei der FPÖ.)

Darum sage ich, Österreich braucht kein weiteres Gerede, sondern echte Grenzsicherung, sofortige Abschiebungen und den politischen Mut, endlich die eigene Bevölkerung zu schützen, statt sie weiter zu belügen und zu gefährden. (Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: Genau das hat es unter Kickl nicht gegeben! Genau das!)

Genau in dieser Situation mit steigender Gewalt, wachsender Illegalität und explodierender Belastung fehlen uns Tausende Polizisten. – Herr Innenminister, wie soll ein Staat Recht durchsetzen, wenn ihm die Exekutive dafür fehlt? Was Sie, Herr Innenminister, in dieser Zeit angerichtet haben, ist ein Freibrief für Unsicherheit, ein Anschlag auf die Einsatzfähigkeit der Polizei und ein Warnsignal für alle Polizisten, dass sie nicht erwarten dürfen, dass Ihre Politik sie schützt.

Ich spreche heute über die Realität und keine PR-Gags, denn diese Realität bei uns in Österreich ist düster. Warum ist denn die Lage so katastrophal? Warum steht die Polizei vor einem Kollaps, warum kehren die Menschen diesem Beruf den Rücken zu und warum verliert dieses Land Sicherheitskräfte? (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Antwort ist sehr simpel, aber auch erschütternd: weil die Bundesregierung und Sie als Innenminister die Polizei hängen lassen – rund 500 Austritte, Kürzung der Ausbildungsplätze, 400 gestrichene Kursplätze mit Stand September 2025, obwohl die Bewerber schon in Verfahren waren, sechs geschlossene Bildungszentren, jedes Jahr zusätzliche Pensionierungen und freiwillige Abgänge – die Tendenz ist natürlich steigend.

Das ist keine Entwicklung, die vom Himmel fällt, das ist das Ergebnis falscher Prioritäten (Bundesminister Karner: Pensionierungen?) und politischer Arroganz und das Ergebnis von Realitätsverweigerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Warum gehen die Leute? – Weil sie keine Wertschätzung verspüren, keine Planungssicherheit haben, weil sie einer Überlastung ausgesetzt sind, die unzumutbar ist, weil die Politik ihnen öffentlich applaudiert, aber hinter ihrem Rücken die Mittel kürzt, und weil Sie, Herr Innenminister, lieber lächeln und PR-Fotos machen, als sich mit dieser Realität auseinanderzusetzen. „Kaffee mit Karner“, das ist die neue Propaganda, ÖVP via Instagram. – Ja, das Problem ist nur, mit Kaffee löst man keinen Personalnotstand, mit PR-Gags stoppt man keine Gewalt und man schützt dabei auch nicht die Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie zeigt sich das Versagen in der Praxis? – Ja, Personalnot, eine tickende Zeitbombe; Dienststellen arbeiten seit Monaten über ihrer Belastungsgrenze; die Mindesteinsatzstärke kann vielerorts nur durch systemierte Überstunden gehalten werden. Ja, und dann kürzen Sie uns die Überstunden und wollen uns noch ein neues Dienstzeitmodell als gut verkaufen! Wie soll denn das gehen? Wie soll eine Dienststelle funktionieren, wenn das Personal fehlt und man den Bediensteten gleichzeitig verbieten will, Überstunden zu machen? Die klare ÖVP-Konsequenz: Dienststellen werden zugesperrt oder es wird einfach zusammengelegt. Einsätze bleiben liegen und können somit unmittelbar nicht abgearbeitet werden. 

Zweites Beispiel aus Vorarlberg – für mich wieder das perfekte Beispiel für das Märchen der ÖVP –: Wir haben uns unlängst bei einer Ausmusterungs- und Angelobungsfeier in Vorarlberg getroffen, und bei der dortigen Festrede - - (Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner ) – Haben wir nicht, wir haben kein Foto gemacht. – Bei der dortigen Festrede zeigte sich nicht etwa die Wahrheit, sondern ganz offen die übliche ÖVP-Blenderei: ein Versuch, den Menschen politische Show als Realität zu verkaufen. Nach außen verkündet man immer wieder stolz Personalhöchststände, doch jeder weiß: Hinter den Kulissen herrschen Mangel, Überlastung und Stillstand. (Beifall bei der FPÖ.) Diese Regierung verkauft Schlagzeilen, aber keine Lösungen. 

Dann verkauft man in Vorarlberg den höchsten Frauenanteil – ein schönes Schlagwort, aber was ist mit Schwangerschaft, Teilzeit und Karenz? Auch das wird einfach nicht mitbedacht. 

Ein weiteres Detail aus Vorarlberg: schnelle Interventionskräfte. Die SIG ist das Paradebeispiel einer katastrophalen Prioritätensetzung: teure Spezialausbildung, enorme Anforderungen an die Bewerber – wir haben aber zu wenige Bewerber; Fahrzeuge und Ausrüstungen wurden teuer angeschafft; 24/7-Stundenbetrieb, das kann man jedoch nicht umsetzen, da keine Kollegen da sind; keine zusätzlichen Ausbildungskurse, keine Aufstockung. Wichtig ist: Der Polizeichor wurde installiert. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].)

Meine Damen und Herren, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Österreich braucht keinen Kaffee mit Karner. Österreich braucht keine künstlich geschönten Pressemitteilungen. Österreich braucht endlich eine Sicherheitspolitik mit Rückgrat. Dazu gehört auch eine klare, umfassende Rückführungspolitik, echte Remigration statt endloser Ausreden; denn eines ist klar: Wenn dieses Land wieder echte Sicherheit will, dann braucht es Mut, Konsequenz und einen Innenminister, wie Herbert Kickl es war. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Bravo! – Zwischenrufe der Bundesrätin Prügl [ÖVP/OÖ] sowie des Bundesrates Schwindsackl [ÖVP/Stmk.].) Wer Österreich sicherer machen will, muss der Polizei den Rücken stärken, nicht brechen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk.] – Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner. Heiterkeit der Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ].) 

9.43

Präsident Peter Samt: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Stark. Ich erteile ihm dieses.

RN/8

9.44

Bundesrat Sebastian Stark, BA MSc (ÖVP, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Innenminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Österreich ist Vorreiter – als erstes Land in Europa wird nach Syrien und auch nach Afghanistan abgeschoben. Medial ist dazu Folgendes zu lesen, als Reaktion auf die Asylzahlen der ersten drei Quartale 2025 – Wortlaut –: „Dabei zeigt sich: Die Zahlen brechen komplett ein.“

Was sind also diese Zahlen, über die so geschrieben wird? – Im Vergleich zum Vorjahr minus 32 Prozent bei den Asylanträgen, 5 275 neue Asylanträge, aber mehr als 9 000 eingeleitete Asylaberkennungsverfahren nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien. Die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen hat darüber hinaus neue Maßnahmen zur freiwilligen Ausreise umgesetzt. 1 350 Rückkehrberatungen haben stattgefunden und 662 Syrer sind freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt. Von Jänner bis September 2025 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl 10 463 Abschiebungen durchgeführt. 5 516 Ausreisen erfolgten eigenständig, 4 947 zwangsweise. – (Der Redner atmet geräuschvoll aus.) Soweit zu den Zahlen. 

Das alles, wie es unser Innenminister Gerhard Karner festgehalten hat, ist kein Grund zum Jubeln, aber ein Auftrag, an dem Weg, illegale Migration durch breite Maßnahmen gegen null zu drängen, dranzubleiben. Das ist ein Weg, der auf Zustimmung stößt. 

Bei einer Anfrage des Budgetdienstes an den verantwortlichen FPÖ-Landesrat in der Steiermark hinsichtlich Einsparungen im Zusammenhang mit der Zahl an Personen in Grundversorgung kommt folgende Antwort von ihm: Aufgrund der sinkenden Antragszahlen 2025 und der Einführung der Sachleistungskarten wird von einer Einsparung von rund 24,8 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr ausgegangen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben es also schwarz auf weiß, schriftlich von einem FPÖ-Landesrat. Die Migrationswende, von der Herbert Kickl nur träumen konnte, gelingt Gerhard Karner. Apropos träumen – da können wir gleich beim Thema bleiben –: Einem der abgeschobenen Afghanen wurde 2018 bereits der Schutzstatus aberkannt. Wissen Sie, wer damals noch Innenminister war? –Anscheinend war dieser auch im Land der Träume. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ. – Heiterkeit des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk.].)

Damit aber zurück zur ehrlichen Antwort des besagten steirischen Landesrates: Schön, dass dort, wo sich die FPÖ vor der ehrlichen Arbeit für Land und Leute nicht wegkicklt, auch direkt die Maßnahmen, Ideen und die Arbeit der Volkspartei, insbesondere unseres Innenministers Gerhard Karner, gelobt werden. Da hatte man wohl ein Rendezvous mit der Realität. 

Apropos Realität: Klar ist, dass Probleme im Bereich der illegalen Migration bestehen, dass Innenminister Gerhard Karner diese Probleme aber weitaus besser lösen kann, als es Herbert Kickl als Innenminister konnte und jetzt in Regierungsverantwortung anscheinend nicht wollte. Klar ist, dass viele, die Asyl suchen, arbeiten gehen, Deutsch lernen und sich an unsere Regeln halten – und damit auch willkommen sind. Klar ist, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind und diesen auch weiter verfolgen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

9.47

Präsident Peter Samt: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christian Fischer. Ich erteile es ihm.

RN/9

9.48

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Zuseherinnen und Zuseher! Asyl und Migration sind Themen, bei denen populistische Parolen immer schnell zur Hand sind, Österreich braucht aber keine Schlagworte. Österreich braucht verantwortungsvolle Politik, die Sicherheit schafft, Menschlichkeit wahrt und der Realität ins Auge blickt. Genau darüber reden wir heute. 

Für uns ist eines unverrückbar: Wer Schutz braucht, hat ein Recht darauf. Gleichzeitig müssen Integration und Zuzug Schritt halten. Das ist nicht nur vernünftig, das erwarten die Menschen in unserem Land. 

Wir wollen irreguläre Migration herunterfahren und ein System schaffen, das klar und berechenbar ist. Mit Asylverfahren an den EU-Außengrenzen entsteht genau diese Klarheit. Dort muss entschieden werden, ob Schutz gewährt wird oder eine Rückkehr erfolgt. Das verhindert lebensgefährliche Routen und sorgt für Ordnung statt Chaos. Österreich hat keine EU-Außengrenze, deshalb setzen wir konsequent auf die Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, denn nur ein solidarisches Europa wird diese Herausforderung langfristig bewältigen. 

Eines ist für uns ganz selbstverständlich: Wer schwere Straftaten begeht, muss unser Land verlassen. Wer in Österreich Schutz bekommt, muss sich integrieren und nach unseren Gesetzen leben. Und genau an diesem Punkt zeigt sich, wer Lösungen liefert und wer nur mit dem Finger auf andere zeigt. Ausgerechnet jene, die heute am lautesten schreien, hatten selbst Verantwortung, und sie haben sie nicht genutzt. Innenminister Kickl hatte alle Möglichkeiten, und was bleibt als seine Bilanz? – 2018 wurden rund 4 700 Menschen zwangsweise außer Landes gebracht. Bei rund 60 Prozent davon waren es innereuropäische Rückführungen, nicht in jene Herkunftsländer, hinsichtlich derer die FPÖ heute besonders laut Forderungen erhebt. Zum Vergleich: Allein im ersten Halbjahr 2025 wurden fast 3 200 Abschiebungen durchgeführt. 

Wer also groß von Sicherheit spricht, muss erklären, warum in der eigenen Amtszeit so wenig passiert ist, dafür aber umso mehr Steuergeld verbrannt wurde: ein aufgeblähtes Kabinett (Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von der FPÖ – Bundesrätin Jäckel [FPÖ/Vbg.]: Also bitte, Sie sind ...!), Millionen für eine nie einsatzfähige Reiterstaffel, horrende Werbe- und Beratungskosten, statt wirksamer Sicherheitsarbeit gab es Fantasieuniformen, Showpolitik und teure Inszenierungen. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Das hat Österreich keinen Funken sicherer gemacht, aber viel gekostet. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Haben Sie vom Kollegen Reisinger abgeschrieben? Habt ihr gemeinsam die Rede geschrieben, kann das sein?) – Kollege Spanring, die Wahrheit tut weh, aber bitte zuhören! (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, überhaupt nicht, das ist ja nicht die Wahrheit! Wenn es die Wahrheit wäre – ja!)

Zur Aussetzung des Familiennachzugs: Österreich ist ein hilfsbereites Land. Wir haben über viele Jahre hinweg besonders viel getragen, aber wir können nicht jedes Jahr an unsere Grenzen gehen, während sich andere konsequent aus der Verantwortung stehlen, allen voran Kickls Freund Orbán, der in Brüssel die Hand für EU-Gelder aufhält, aber im Asylsystem keinen Beitrag leistet und damit Österreich massiv schadet. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Dem müsst ihr dankbar sein für den Schutz der Außengrenze, der europäischen! Ich würde nur Danke sagen an deiner Stelle! Nur Danke sagen, mehr brauchst du nicht machen!) Statt diesem falschen Freund, Kollege Spanring, klare Worte zu sagen, buckelt die FPÖ vor Orbán und lebt von Problemen, während wir Lösungen liefern. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Darum senden wir ein deutliches Signal an Europa: Eine faire Asylpolitik braucht echte Verantwortungsteilung. Damit Integration wieder Schritt halten kann, haben wir den Familiennachzug befristet ausgesetzt. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Befristet ausgesetzt!) Die Wirkung zeigt sich bereits: Im Oktober gab es nur neun Einreisen, großteils Kinder, die hier ihre einzigen Familienangehörigen haben. 

Unser Auftrag ist klar: ein Österreich, das Menschlichkeit mit Ordnung verbindet, Sicherheit garantiert und klare Entscheidungen trifft. Im Zuge dessen ist auch zu hinterfragen, wie Prozesse effizienter gestaltet und Verfahren rascher abgeschlossen werden können. Wir brauchen keine einfachen Parolen, sondern verantwortungsvolle Politik für unser Land und für unsere Menschen.

Zum Schluss möchte ich allen Polizistinnen und Polizisten Danke sagen, die tagtäglich für unsere Sicherheit im Einsatz stehen. 

Besonders freut es mich, dass wir in meiner Heimatgemeinde Sankt Veit an der Gölsen die Polizeiinspektion neu eröffnet haben. Danke für die gute Zusammenarbeit, Herr Innenminister, bitte meinen Dank auch Landespolizeidirektor Popp auszurichten. Mit dieser modernen Polizeiinspektion setzen wir ein starkes Zeichen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in unserer Region. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

9.53

Präsident Peter Samt: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Guggenberger. Ich erteile es ihm. 

RN/10

9.53

Bundesrat Andreas Guggenberger (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuschauer und Zuhörer im Livestream und hier im Saal! Was man bis jetzt gehört hat: Vor allem wird hier vonseiten der SPÖ und auch von der ÖVP auf Herbert Kickl als Bundesminister losgegangen. (Ruf bei der SPÖ: Oh!) Dazu sollte man sich aber einige Zahlen – wirkliche Zahlen – anschauen. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].) Im Jahre 2018, als Herbert Kickl Bundesminister war, hat es 13 400 Asylanträge gegeben. Das war an sich eine Trendumkehr zum Vorjahr, zu 2017, als es noch fast 25 000 Asylanträge gegeben hat. Die Zahl der Asylanträge hat sich dann in den Perioden danach ziemlich erhöht, und zwar waren wir 2020 bei rund 15 000, dann kamen schon an die 40 000, und den Höchststand bei der Zahl an Asylanträgen hatten wir unter Ihnen, Herr Bundesminister, mit 112 000 im Jahr 2022. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Boah!)

Danach kam es wieder zu einer Reduzierung, und 2025 haben wir bis Ende Oktober rund 14 325 Asylanträge. Wenn ich mir dazu die Vergleichszahlen anschaue: Im Jahr 2018 sind rund 4 700 Leute abgeschoben worden. (Bundesminister Karner: Mehr sogar!) – Bitte? Mehr sogar? Das ist die offizielle Zahl, die ich aus den Statistiken des Bundesministeriums für Inneres herausgelesen habe. (Heiterkeit des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]. – Bundesminister Karner: Ich red’ schon nicht mehr drein, Entschuldigung!)

Dann ist die Zahl der Abschiebungen hinuntergegangen; bis jetzt, 2024, waren es rund 5 792 Abschiebungen. Zu diesen Abschiebungen muss man auch sagen – weil Sie immer gesagt haben, dass Kickl 60 Prozent in EU-Länder abgeschoben hat –: Laut EMN-Bericht 2024 wurde das noch gesteigert, denn da waren es schon 70 Prozent, die in EU-Länder abgeschoben worden sind. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ] – in Richtung Bundesrat Fischer [SPÖ/NÖ] –: Herr Fischer, das geht an Ihre Adresse, zuhören! – Bundesrat Fischer [SPÖ/NÖ]: Reden wir nachher!) Wenn man sich jetzt die Abschiebungen pro Tag anschaut – Sie haben von 35 Abschiebungen pro Tag gesprochen –: Im Jahr 2024 haben Sie das nicht erreicht, da waren es 16. Von den Abschiebungen im Fremdenwesen waren insgesamt über 5 500, also 53 Prozent, eigenständige Ausreisen und 4 947 zwangsweise – das war im Jahr 2025. Bei den Abschiebungen sind 50 Prozent der Personen strafrechtlich verurteilt, 717 sind Dublin-Überstellungen gewesen und der Rest ist halt abgeschoben worden.

Schon Ihr Vorgänger Karl Nehammer hat wie Sie einen Rückkehr- und Abschiebeplan präsentiert, der im Endeffekt, was das Inhaltliche betrifft, durchaus sehr unseren Vorstellungen entsprechen würde – nur sind das reine Lippenbekenntnisse und die Umsetzung fehlt komplett. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man sich die Kriminalstatistik von 2024 anschaut: Es gab in Österreich 335 911 Tatverdächtige, davon waren 178 836 österreichische Staatsbürger – also alle österreichischen Staatsbürger, auch die mit Migrationshintergrund –, und 157 058 ausländische Tatverdächtige, was einem Anteil von fast 47 Prozent entspricht. Darunter fallen in erster Linie – ohne österreichische Staatsbürgerschaft – die Rumänen mit über 18 900 Anzeigen, bei einer rumänischen Bevölkerung ohne österreichische Staatsbürgerschaft von 155 000, die Deutschen mit 13 631, von denen es rund 240 000 Staatsbürger in Österreich gibt, und die Syrer mit 11 867 bei nur 50 000 in Österreich wohnenden Syrern.

Bei der Jugendkriminalität ist ein deutlicher Anstieg bei den 10- bis 14-Jährigen zu sehen; da hat es seit 2020 fast eine Verdoppelung gegeben. 48 Prozent davon sind ausländische Staatsbürger; auffällig: sehr viele syrische Jugendliche. Die Anzeigen mit syrischen Staatsbürgern als Tatverdächtige sind im Vergleich zum Vorjahr in diesem Bereich um 35 Prozent angestiegen. Wenn ich mir das jetzt anschaue, einen Vergleich zu je 1 000 Einwohnern in Österreich mache: Österreich hat rund 9,2 Millionen Einwohner, der Gesamtindex pro 1 000 Einwohner ist 36,5. Nehme ich jetzt die Tatverdächtigen, die keine Staatsbürgerschaft haben, habe ich pro 1 000 Einwohnern 88,5 Tatverdächtige. Das ist schon eine ziemliche Diskrepanz.

Ganz zum Schluss, weil es immer heißt, die FPÖ und vor allem Herr Bundesminister Kickl sei schuld an dieser ganzen Misere: Ich nehme an, einige von Ihnen hier herinnen wissen (Bundesrat Fischer [SPÖ/NÖ]: Herr Präsident, Zeit, bitte!), wer seit 2000 Innenminister der Republik war: Das war ein Herr Ernst Strasser, ein Herr Günther Platter, eine Frau Maria Fekter, eine Frau Johanna Mikl-Leitner ...

Präsident Peter Samt: Herr Kollege, bitte zum Schluss zu kommen!

Bundesrat Andreas Guggenberger (fortsetzend): ... rauf, rauf, rauf. Im Endeffekt: Herbert Kickl war eineinhalb Jahre Innenminister, und in den restlichen 25 Jahren waren alles ÖVP-Innenminister, die das Ganze vergeigt haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner.)

10.02

Präsident Peter Samt: Ich möchte kurz die Gelegenheit nutzen, einen Gast zu begrüßen: Herr Vizepräsident außer Dienst Hubert Koller ist bei uns im Haus – herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrat Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile es ihr.

RN/11

10.02

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und via Livestream! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist ein extrem schwieriges Thema; ich habe leider nur 5 Minuten und ich möchte jetzt nicht darauf einsteigen, das Ganze populistisch zu diskutieren. Ich möchte eigentlich damit anfangen, dass Sie, Herr Minister, gesagt haben, aus Ihrer Sicht sollte Asylpolitik konsequent, hart, gerecht sein und vor Missbrauch schützen.

Ich führe an, aus meiner Sicht heißt konsequente Asylpolitik Folgendes: Menschenrechte einhalten – als Nummer eins –, den Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention gewähren und den Rechtsstaat leben, und das ohne Ausnahme. (Beifall bei den Grünen.) Daran, und das muss ich leider sagen, scheitert es in der Gegenwart unter der aktuellen Regierung. Abschiebungen nach Syrien oder Afghanistan zu fokussieren, ist aus meiner Perspektive ein sehr gefährlicher Fokus; und das Ganze dann noch als wesentlichen Bestandteil einer konsequenten Asylpolitik darzustellen, ist aus meiner Sicht auch maximal kontraproduktiv.

Selbstverständlich sind auch Rückführungen Teil eines funktionierenden Asylwesens, insbesondere bei Straftätern oder gar Personen mit terroristischem Hintergrund. Aber – und dieses Aber schreibe ich jetzt ganz groß – in diesem Zuge verhandelt man nicht mit Unrechtsregimen, und das ist nicht meine Erfindung, sondern auch das Deutsche Institut für Menschenrechte führt das ganz klar aus. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Mit wem würdest das dann verhandeln? Mit wem verhandelst du dann?)

Das war ein Empfang einer Delegation der Taliban, um technische Dinge abzuklären; das habe ich heute das erste Mal gehört. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner.) Ich möchte Sie ganz ehrlich fragen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und auch an Sie, liebe Zuseherinnen und Zuseher, gerichtet: Haben Sie in den Medien eine Unterscheidung zwischen technisch und diplomatisch festgestellt? – Ich zumindest nicht.

Um noch etwas ganz kurz anzumerken: Die Taliban konnten nur auf Einladung nach Österreich reisen. Das ist nämlich nicht so einfach visafrei möglich, sondern da muss eine Einladung ausgesprochen werden. Wenn man Taliban-Terroristen einlädt, ist das für mich schon (beide Hände hebend und mit den Handflächen nach außen hin- und herschwenkend): hm, hm, hm; na ja. (Ruf: Also sollen lieber die Mörder dableiben?! Sollen lieber die Mörder dableiben?)

Lassen Sie mich deshalb ganz kurz zur Menschenrechtslage in Afghanistan kommen, das sei hier noch einmal präzise dargestellt: 0 Prozent der Mädchen in Afghanistan, kein einziges Mädchen in Afghanistan kann eine weiterführende Schule besuchen. Das bedeutet in der Realität, es wird in Afghanistan, sofern dieses Regime weiter besteht, in Zukunft keine Ärztinnen mehr geben. Frauen und Mädchen dürfen aber nur von Ärztinnen behandelt werden. Was bedeutet das? – Frauen und Mädchen werden in Zukunft keine medizinische Versorgung mehr bekommen. Frauen dürfen weder Richterin werden, Staatsanwältin werden noch Lehrerin sein. Die UNO dokumentiert etliche schwere Menschenrechtsverletzungen innerhalb eines Jahres. 

Das bedeutet für mich schon, die Taliban anzuerkennen: sie einzuladen beziehungsweise gar mit ihnen zu verhandeln (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Jetzt wird’s immer absurder!); das heißt, die Unterdrückung von Frauen anzuerkennen – und das, wo in diesen Tagen die Kampagne (auf den Button an ihrem Revers mit der Aufschrift „Stoppt Gewalt an Frauen“ deutend) 16 Tage gegen Gewalt an Frauen in Österreich ganz großgeschrieben wird. Ist das ein Zugang? – Ich finde: nein. (Beifall bei den Grünen. – Ruf: Da lassen wir lieber die Mörder da, nicht?)

Rechtsstaatlichkeit – und das fand ich ganz interessant – ist kein Buffet; da kann ich mir nicht das nehmen, was mir schmeckt, das geht so nicht. Sich nur die Teile des Rechtes rauszunehmen, die zu dem Zeitpunkt günstig sind, das funktioniert nicht. 

Da komme ich jetzt gleich auf den Familiennachzug zu sprechen, der heute mehrfach bemüht worden ist; Kollege Fischer hat es gesagt. Durch den Stopp des Familiennachzugs produzieren wir nämlich zusätzliches Leid. Ja, die Kinder und Frauen sind momentan vielleicht nicht in Österreich, wir verschieben aber das Problem, denn je länger die Familien getrennt sind – was nach der EMRK übrigens völkerrechtswidrig ist –, desto größer wird das Problem, wenn die Menschen dann in Österreich sind. Das muss ich leider sagen, und das zeigt auch meine 30-jährige Erfahrung.

Ich komme schon zum Ende: Was aus unserer Sicht wirklich konsequent ist: klare Entscheidungen bei Straftätern, aber rechtsstaatlich; keine Deals mit Unrechtsregimen, auch keine Einladungen zur Klärung technischer Dinge; Menschenrechte wahren, auch wenn es schwierig ist; und Familien schützen und auf keinen Fall zerstören.

Konsequenz ist nicht Härte, Konsequenz ist Menschlichkeit mit Haltung. Wenn Österreich beginnt, die Menschenrechte für innenpolitische Effekte zu verbiegen, verlieren wir nicht an Sicherheit, wir verlieren an Glaubwürdigkeit. 

Ich betone es noch einmal, für uns Grüne heißt konsequente Asylpolitik: ein funktionierender Rechtsstaat, eine klare Haltung zu Unrechtsregimen und ein unerschütterliches Bekenntnis zu Menschenwürde und zu Menschenrechten. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie der Bundesrätin Schwarz-Fuchs [ÖVP/Vbg.].)

10.08

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch. Ich erteile es ihr.

RN/12

10.08

Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Raum und auch via Livestream! Wenn wir über Asylpolitik und Sicherheit sprechen, dann sprechen wir über Verantwortung: Verantwortung für die Menschen in Österreich und Verantwortung dafür, dass wir als Rechtsstaat auch glaubwürdig bleiben. In den letzten Monaten hat es konsequente Schritte gegeben; und ja, es stimmt – ich möchte das auch einmal ganz klar benennen –: Wer hier Straftaten begeht, darf nicht erwarten, dauerhaft in Österreich bleiben zu können; wer sich nicht an die Gesetze hält, muss mit Konsequenzen rechnen. (Beifall der Bundesrätin Geieregger [ÖVP/NÖ].)

Konsequenz heißt aber auch nicht, etwas zu versprechen, was dann rechtlich oder praktisch vielleicht keinen Bestand hat. Konsequenz heißt, das zu tun, was rechtsstaatlich hält: vor den Gerichten und auch vor unserem eigenen Anspruch an einen funktionierenden Rechtsstaat, und zwar heute, morgen und auch übermorgen.

Rückführungen sollen stattfinden, wenn sie rechtlich möglich sind. Genauso wichtig ist aber auch die andere Seite der Asylpolitik, und die kommt in der Debatte oftmals einfach zu kurz: Menschen, die legal hier sind, müssen auch so rasch wie möglich integriert werden. Ein funktionierender Rechtsstaat fördert diejenigen, die sich integrieren und ihren Beitrag leisten wollen, er setzt aber auch klare Grenzen dort, wo diese Bereitschaft fehlt.

Genau deshalb müssen wir all jenen, die sich hier legal aufhalten und Teil dieser Gesellschaft sein möchten, von Beginn an die richtigen Rahmenbedingungen geben, denn wer arbeiten kann, wer sich einbringt, wer in unsere Gesellschaft aufgenommen wird und seinen Platz darin findet, schafft ja am Ende des Tages auch mehr Sicherheit – trägt einen kleinen Teil dazu bei – und nicht weniger. 

Klar ist auch, wir wollen und brauchen schnellere Verfahren. Straftäter sollen ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Wir wollen, dass Österreich zusammen mit Europa wieder dort ankommt, wo Rückführungen – wir sprechen heute vor allem von Afghanistan und von Syrien – unter rechtsstaatlichen Bedingungen einfach dauerhaft möglich sind. Das ist notwendig. 

Weil es mir persönlich ein Anliegen ist, möchte ich aber schon auch sagen, dass bei dem Ganzen wichtig ist, dass die Bewertung der Lage in den Herkunftsländern schon jedes Mal aufs Neue relevant ist. Die EMRK ist stabil, die Menschenrechtslagen in manchen Ländern sind es nicht. Was heute eine Rückführung möglich macht, kann und muss morgen neu bewertet werden. Aber auch umgekehrt: Wo es heute nicht möglich ist, ist es das vielleicht morgen schon und kann durchgeführt werden. Das ist die Pflicht eines Rechtsstaats, dass er seine Entscheidungen nicht nach Stimmung, sondern auf Fakten basierend und Grund- und Menschenrechte wahrend trifft. 

Konsequente Asylpolitik – ich habe heute schon viel von Konsequenz gesprochen – heißt, schneller entscheiden, sauber vollziehen und über unsere eigenen Grenzen hinweg gemeinsam europäisch denken. Wir brauchen in der Asylpolitik keine Schlagzeilen, wir brauchen kein lautes Geschrei. Was wir brauchen, ist Verlässlichkeit und konsequente Arbeit, national wie auch auf europäischer Ebene. Wir brauchen keine täglichen Debatten über das, was theoretisch möglich wäre, sondern konkrete Verbesserungen bei dem, was heute schon möglich ist, und daran arbeiten wir. Wenn wir das tun und uns daran halten, dann schaffen wir am Ende des Tages auch mehr Sicherheit in Österreich, vielleicht nicht mit Überschriften und nicht mit großen Versprechen, aber dafür mit rechtsstaatlicher Stringenz. 

Klar ist: Es ist durchaus wichtig, klare Kante zu zeigen und Grenzen aufzuzeigen, wo es nun einmal aus Sicherheitsaspekten notwendig ist, aber wir dürfen dabei auch nicht die Grundrechte, die unseren Staat und unser Europa definieren, infrage stellen oder gar aufgeben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von SPÖ und Grünen.)

10.12

Präsident Peter Samt: Nach Erledigung der Rednerliste ist die Aktuelle Stunde nun beendet.