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9.02
Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident, vielen herzlichen Dank! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und werte Zuseher! Einen wunderschönen guten Morgen! Ich bedanke mich sehr herzlich für die Möglichkeit, dieses Thema, das Sie auch kurz angesprochen haben, nämlich konsequente, harte, aber letztendlich gerechte Asyl- und Migrationspolitik mit dem Schwerpunkt Abschiebungen und Rückführungen, heute in diesem Plenum zu debattieren, und auch für die Möglichkeit, jetzt einige einleitende Worte dazu zu sagen, eine einleitende Stellungnahme dazu abzugeben.
Was bedeutet aus meiner Sicht konsequent, hart und damit gerecht? – Das heißt aus meiner Sicht, dass wir das Asylsystem vor Missbrauch und Überlastung schützen. Warum? – Damit die Bevölkerung in unserem Land entlastet wird und wir auch die Möglichkeit haben – wenn das System eben nicht überlastet ist, nicht missbraucht wird –, jenen zu helfen, die auch tatsächlich unsere Hilfe benötigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wird das gemacht? Was ist aus meiner Sicht, aus unserer Sicht hier notwendig? Was ist hier zu tun? Ich bin davon überzeugt, das ist keine einzelne Maßnahme, die dafür notwendig ist, sondern es ist immer ein Bündel, es sind mehrere Maßnahmen, die getroffen werden müssen und auch schon getroffen worden sind.
Zunächst einmal polizeiliche Maßnahmen, die getroffen wurden: im Bereich des Grenzschutzes, des Außengrenzschutzes, einerseits an der EU-Außengrenze, wo zuletzt auch Fortschritte gemacht wurden, wenn ich an die bulgarisch-türkische Grenze denke, die ich mir im Sommer dieses Jahres gemeinsam mit Polizeikräften angesehen habe, oder auch an der finnisch-russischen Grenze als EU-Außengrenze; aber auch die weitere Professionalisierung der Binnengrenzkontrollen, die in vielen europäischen Ländern eben notwendig sind. Ich erinnere daher an die sogenannte Operation Fox, wo österreichische Polizisten gemeinsam mit ungarischen Polizisten im Vorfeld sozusagen kontrollieren, um Schlepper konsequent aus dem Verkehr zu ziehen. – Wie gesagt, polizeiliche Maßnahmen.
Der zweite Punkt ist das klare Ziel, das System vor Missbrauch zu schützen. Auch dazu seien beispielhaft einige Maßnahmen skizziert: die Sachleistungskarte, die in den Bundesbetreuungseinrichtungen flächendeckend eingeführt wurde und mittlerweile dankenswerterweise auch in vielen Bundesländern umgesetzt ist, damit eben Bundesbetreuung und Länderbetreuung aus einem Guss kommen und Missbrauch verhindert wird; Arbeitspflicht – ebenfalls eingeführt in der Bundesbetreuung und in vielen Bereichen der Landesbetreuung – und – auch um Missbrauch zu verhindern, vor allem auch Sozialleistungsmissbrauch zu verhindern – auch polizeiliche Maßnahmen wie zuletzt fremdenpolizeiliche Planquadrate am Hauptbahnhof oder davor auch schon am Westbahnhof. – So viel nur beispielhaft angeführt zum zweiten Punkt.
Zum dritten Thema: Überlastung verhindern, also die Überlastung des Systems verhindern. Da war eine der ganz entscheidenden und wesentlichen Maßnahmen, die wir als neue Bundesregierung gesetzt haben, eine der ersten ganz konsequenten Umsetzungen, der Stopp des Familiennachzugs, das Aussetzen des Familiennachzugs. Wir haben jetzt Zahlen zum Vergleich: Vor zwei Jahren, im Oktober 2023, hatten wir rund 1 400 Personen, die über den Familiennachzug nach Österreich gekommen sind, im Oktober dieses Jahres waren es neun. Das führt eben zu einer massiven Entlastung.
Der vierte Bereich an Maßnahmen, die wir gesetzt haben – und weitere werden setzen müssen –, umfasst eben das Thema Abschiebungen und Außerlandesbringungen, allesamt mit dem klaren Ziel, und auch das ist im Regierungsprogramm klar formuliert und auch ausgesprochen, illegale Migration gegen null zu drängen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Es ist ein Bündel an Maßnahmen, die dieses Ziel verfolgen, und ich weiß – das zeigen ja auch die aktuellen Zahlen und ich werde auch einige Zahlen nennen –, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber noch immer nicht zufrieden sein können. Wir haben den richtigen Weg eingeschlagen, müssen aber letztendlich in diesem Bereich – das ist mir bewusst, das ist uns bewusst – noch einen weiten Weg gehen.
Einige Zahlen dazu, um das auch zu untermauern, dass man die Wegrichtung sozusagen gefunden hat: Im November 2022, also vor drei Jahren, gab es im Burgenland – ich erwähne das Burgenland, weil, und die Burgenländerinnen und Burgenländer wissen es, das jene Grenze war, die von illegaler Migration am meisten belastet war – knapp 9 000 Aufgriffe – 9 000 Aufgriffe an illegaler Migration vor drei Jahren! Heuer, im November dieses Jahres, waren es knapp 100! Von 9 000 auf 100, das ist eine massive Reduktion! Wenn man sich den Wochenvergleich ansieht: letzte Woche 21 Aufgriffe, vor drei Jahren in derselben Woche 800 Aufgriffe! Das bedeutet eben eine Entlastung, gerade für die Bevölkerung vor Ort, so auch für die Bevölkerung im Burgenland.
Auch die Zahl der Asylanträge ist in diesem Zeitraum entsprechend zurückgegangen, vor allem – und das ist auch wichtig für die Entlastung des Systems – die Zahl der sogenannten originären, der neuen Anträge ist massiv zurückgegangen. Wir haben jetzt den niedrigsten Wert seit rund fünf Jahren. Immer noch zu hoch, immer noch zu viel, aber das ist für uns Auftrag, auch hart in dieser Richtung weiterzuarbeiten: illegale Migration zu verhindern, die Bevölkerung zu entlasten, Missbrauch zu verhindern, damit jenen geholfen werden kann, die unsere Hilfe auch tatsächlich benötigen! (Beifall bei der ÖVP.)
Damit komme ich jetzt ganz konkret auch zu jenem Thema, das heute im Mittelpunkt dieser Aktuellen Stunde steht. Es war mir nur wichtig, diesen breiten Bogen zu spannen, weil es eben nicht eine Einzelmaßnahme ist, die in diesem Bereich wichtig und notwendig ist, sondern weil es ein Maßnahmenmix ist, der da gesetzt werden muss und musste.
Zu den Abschiebungen und den Außerlandesbringungen: Im Jahr 2024 wurden 13 500 Menschen außer Landes gebracht, weil sie entweder illegal aufhältig waren oder straffällig geworden sind. Das sind im Schnitt 35 Menschen pro Tag, die Österreich verlassen mussten. Diese Zahl geht in der medialen Debatte oft unter, weil sehr oft über Einzelfälle diskutiert wird und wurde, aber es ist notwendig, dies zu erwähnen, weil das harter, konsequenter Arbeit des zuständigen Amtes, nämlich des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, bedarf.
In diesem Jahr stehen wir bei knapp 12 900 Außerlandesbringungen. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Wie viele Afghanen, wie viele Syrer?) 52 Prozent davon sind eigenständig ausgereist, sozusagen vor Abschiebung, 48 Prozent davon durch Abschiebungen, wobei die eigenständige Ausreise immer klar den Vorzug vor der zwangsweisen Abschiebung bekommt, weil sie für die Steuerzahler auch deutlich günstiger ist. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Woher kommen die?)
Der Schwerpunkt bei den Abschiebungen liegt klar bei den Straffälligen, und in diesem Jahr waren rund 50 Prozent der zwangsweise Abgeschobenen Straftäter; auch ein klarer Fokus, den die Behörden hier als Ziel gesetzt haben.
Damit komme ich zu einem ganz konkreten Schwerpunkt, der auch in dieser Aktuellen Stunde angeführt ist, nämlich dass es – und das ist besonders wichtig in diesem Zusammenhang – erstmals seit diesem Sommer auch wieder direkte Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien gibt, Kabul und Damaskus. Wir sind das erste und das einzige europäische Land, das das auf diesem Weg auch durchführt. Im Dezember des letzten Jahres – der Sturz des Assad-Regimes – habe ich angeordnet, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm vorzubereiten. Und das ist passiert und das passiert auch laufend und ganz konsequent. Als Teil davon war ich eben auch mit der damaligen deutschen Innenministerin vor Ort in Damaskus in Syrien, um mit dem syrischen Innenminister direkt konkrete Gespräche zu führen, um auch Heimreisezertifikate ausstellen lassen zu können. Und das hat eben dazu geführt, dass erstmals seit 15 Jahren in diesem Sommer wieder aus Österreich direkt nach Syrien abgeschoben werden konnte. Wir sind da das einzige europäische Land und müssen da vom Einzelfall in den Regelfall übergehen, und das ist auch das klare Ziel dieser Abschiebepolitik.
Ja, mir ist völlig bewusst – und das haben Sie auch in der medialen Debatte mitverfolgt –, für die einen ist das zu viel – das soll man nicht tun, das darf man nicht tun, man muss auch wissen, wo sich derjenige, der abgeschoben wurde, dann aufhält; aber das halte ich für völlig überzogen – und für die anderen ist es viel zu wenig. Ich halte es für richtig und notwendig, dass wir es tun. Und wenn wir nur mit einer einzigen Abschiebung eine Straftat, ein Verbrechen verhindert haben, dann war sie richtig und notwendig.
Zweitens: Es ist ein enorm wichtiges Signal, dass Straftäter, verurteilte Straftäter, in ihre Heimat, auch nach Syrien und Afghanistan, abgeschoben werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Vielleicht noch einige wenige Zahlen dazu: weil ich gesagt habe, im Dezember letzten Jahres habe ich ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm in Auftrag gegeben: In diesem Zusammenhang hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mehr als 9 600 Aberkennungsverfahren eingeleitet. Warum? – Weil es im Asylgesetz so vorgesehen ist. Wenn sich die Situation im Herkunftsland ändert, dann ist es Aufgabe der Behörde, das auch neu zu beurteilen. Und das tun die Behörden jetzt eben. Jetzt ist klarer Fokus: Priorität bei den verurteilten Straftätern und danach jene, die eben kein Recht auf Aufenthalt mehr haben.
Aber – und das will ich an dieser Stelle auch in aller Deutlichkeit klarstellen, weil auch das Teil einer harten, konsequenten, aber fairen und gerechten Asylpolitik ist –: Mit mir wird es keine Massendeportationen geben! Es leben in diesem Land 100 000 Syrerinnen und Syrer. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Wie viele?) Viele davon sind wertvoller, wichtiger Teil unserer Gesellschaft geworden, und genau diese werden auch keine Angst haben müssen, abgeschoben zu werden, dafür stehe ich auch, in einem Rechtsstaat. (Beifall bei der ÖVP, bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Ich glaube, es ist auch notwendig, immer wieder klar und deutlich zu sagen: Straftäter, verurteilte Straftäter, illegal Aufhältige, ja, die müssen abgeschoben werden, aber für die Durchführung von Massendeportationen, wie sie manche haben wollen, bin ich nicht zu haben und das darf in einem Rechtsstaat nie passieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Das war das Thema Syrien, nun noch einige Worte zu Afghanistan, auch in diesem Zusammenhang hat es durchaus kontroverse Diskussionen gegeben, weil es technische Gespräche von österreichischen Behörden in Kabul, aber auch von afghanischen Behörden in Österreich gegeben hat; keine diplomatischen Gespräche, aber technische Gespräche, damit es eben möglich wird, Heimreisezertifikate auszustellen und auch nach Afghanistan Straftäter abzuschieben. Das ist im Wesentlichen letztendlich über Istanbul erfolgt, weil es eben auch in diesem Fall diese technischen Gespräche gegeben hat. Und diese Gespräche werden fortgesetzt, damit es auch weitere Abschiebungen geben wird, auch Richtung Afghanistan; auch hier mit dem klaren Schwerpunkt: verurteilte Straftäter, so, wie es in einem Rechtsstaat eben üblich ist.
Das ist unsere Aufgabe und das ist unsere Verantwortung, und dazu bekenne ich mich und dazu bekennen sich auch unsere Behörden.
Ich komme schon zum Schluss, ich möchte nur noch das wiederholen, was ich zu Beginn gesagt habe: konsequente, harte, aber faire und gerechte Asylpolitik. Das heißt, vor Missbrauch schützen, Überlastung verhindern, damit jenen geholfen werden kann, die tatsächlich unsere Hilfe benötigen. Und daher werden wir ganz konsequent diesen eingeschlagenen Weg – bei aller Kritik, von der einen Seite, der es zu viel ist, von der anderen Seite, der es zu wenig ist – auf dem Boden des Rechtsstaates, wie es sich in einem liberalen Rechtsstaat gehört, auch ganz konsequent fortsetzen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
9.16
Präsident Peter Samt: Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Nun ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm und mache darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte schön.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.