RN/11

10.02

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und via Livestream! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist ein extrem schwieriges Thema; ich habe leider nur 5 Minuten und ich möchte jetzt nicht darauf einsteigen, das Ganze populistisch zu diskutieren. Ich möchte eigentlich damit anfangen, dass Sie, Herr Minister, gesagt haben, aus Ihrer Sicht sollte Asylpolitik konsequent, hart, gerecht sein und vor Missbrauch schützen.

Ich führe an, aus meiner Sicht heißt konsequente Asylpolitik Folgendes: Menschenrechte einhalten – als Nummer eins –, den Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention gewähren und den Rechtsstaat leben, und das ohne Ausnahme. (Beifall bei den Grünen.) Daran, und das muss ich leider sagen, scheitert es in der Gegenwart unter der aktuellen Regierung. Abschiebungen nach Syrien oder Afghanistan zu fokussieren, ist aus meiner Perspektive ein sehr gefährlicher Fokus; und das Ganze dann noch als wesentlichen Bestandteil einer konsequenten Asylpolitik darzustellen, ist aus meiner Sicht auch maximal kontraproduktiv.

Selbstverständlich sind auch Rückführungen Teil eines funktionierenden Asylwesens, insbesondere bei Straftätern oder gar Personen mit terroristischem Hintergrund. Aber – und dieses Aber schreibe ich jetzt ganz groß – in diesem Zuge verhandelt man nicht mit Unrechtsregimen, und das ist nicht meine Erfindung, sondern auch das Deutsche Institut für Menschenrechte führt das ganz klar aus. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Mit wem würdest das dann verhandeln? Mit wem verhandelst du dann?)

Das war ein Empfang einer Delegation der Taliban, um technische Dinge abzuklären; das habe ich heute das erste Mal gehört. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner.) Ich möchte Sie ganz ehrlich fragen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und auch an Sie, liebe Zuseherinnen und Zuseher, gerichtet: Haben Sie in den Medien eine Unterscheidung zwischen technisch und diplomatisch festgestellt? – Ich zumindest nicht.

Um noch etwas ganz kurz anzumerken: Die Taliban konnten nur auf Einladung nach Österreich reisen. Das ist nämlich nicht so einfach visafrei möglich, sondern da muss eine Einladung ausgesprochen werden. Wenn man Taliban-Terroristen einlädt, ist das für mich schon (beide Hände hebend und mit den Handflächen nach außen hin- und herschwenkend): hm, hm, hm; na ja. (Ruf: Also sollen lieber die Mörder dableiben?! Sollen lieber die Mörder dableiben?)

Lassen Sie mich deshalb ganz kurz zur Menschenrechtslage in Afghanistan kommen, das sei hier noch einmal präzise dargestellt: 0 Prozent der Mädchen in Afghanistan, kein einziges Mädchen in Afghanistan kann eine weiterführende Schule besuchen. Das bedeutet in der Realität, es wird in Afghanistan, sofern dieses Regime weiter besteht, in Zukunft keine Ärztinnen mehr geben. Frauen und Mädchen dürfen aber nur von Ärztinnen behandelt werden. Was bedeutet das? – Frauen und Mädchen werden in Zukunft keine medizinische Versorgung mehr bekommen. Frauen dürfen weder Richterin werden, Staatsanwältin werden noch Lehrerin sein. Die UNO dokumentiert etliche schwere Menschenrechtsverletzungen innerhalb eines Jahres. 

Das bedeutet für mich schon, die Taliban anzuerkennen: sie einzuladen beziehungsweise gar mit ihnen zu verhandeln (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Jetzt wird’s immer absurder!); das heißt, die Unterdrückung von Frauen anzuerkennen – und das, wo in diesen Tagen die Kampagne (auf den Button an ihrem Revers mit der Aufschrift „Stoppt Gewalt an Frauen“ deutend) 16 Tage gegen Gewalt an Frauen in Österreich ganz großgeschrieben wird. Ist das ein Zugang? – Ich finde: nein. (Beifall bei den Grünen. – Ruf: Da lassen wir lieber die Mörder da, nicht?)

Rechtsstaatlichkeit – und das fand ich ganz interessant – ist kein Buffet; da kann ich mir nicht das nehmen, was mir schmeckt, das geht so nicht. Sich nur die Teile des Rechtes rauszunehmen, die zu dem Zeitpunkt günstig sind, das funktioniert nicht. 

Da komme ich jetzt gleich auf den Familiennachzug zu sprechen, der heute mehrfach bemüht worden ist; Kollege Fischer hat es gesagt. Durch den Stopp des Familiennachzugs produzieren wir nämlich zusätzliches Leid. Ja, die Kinder und Frauen sind momentan vielleicht nicht in Österreich, wir verschieben aber das Problem, denn je länger die Familien getrennt sind – was nach der EMRK übrigens völkerrechtswidrig ist –, desto größer wird das Problem, wenn die Menschen dann in Österreich sind. Das muss ich leider sagen, und das zeigt auch meine 30-jährige Erfahrung.

Ich komme schon zum Ende: Was aus unserer Sicht wirklich konsequent ist: klare Entscheidungen bei Straftätern, aber rechtsstaatlich; keine Deals mit Unrechtsregimen, auch keine Einladungen zur Klärung technischer Dinge; Menschenrechte wahren, auch wenn es schwierig ist; und Familien schützen und auf keinen Fall zerstören.

Konsequenz ist nicht Härte, Konsequenz ist Menschlichkeit mit Haltung. Wenn Österreich beginnt, die Menschenrechte für innenpolitische Effekte zu verbiegen, verlieren wir nicht an Sicherheit, wir verlieren an Glaubwürdigkeit. 

Ich betone es noch einmal, für uns Grüne heißt konsequente Asylpolitik: ein funktionierender Rechtsstaat, eine klare Haltung zu Unrechtsregimen und ein unerschütterliches Bekenntnis zu Menschenwürde und zu Menschenrechten. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie der Bundesrätin Schwarz-Fuchs [ÖVP/Vbg.].)

10.08

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch. Ich erteile es ihr.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.