RN/14

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. November 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU – Polizeikooperationsgesetz, das Polizeikooperationsgesetz, das PNR-Gesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Grenzkontrollgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden (Zweites EU-Informationssysteme-Anpassungsgesetz) (255 d.B. und 282 d.B. sowie 11719/BR d.B.)

Präsident Peter Samt: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Ich bitte um seinen Bericht. 

RN/15

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 20. November 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU – Polizeikooperationsgesetz, das Polizeikooperationsgesetz, das PNR-Gesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Grenzkontrollgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Herzlichen Dank.

Präsident Peter Samt: Ich danke für den Bericht.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Guggenberger. Ich erteile es ihm. 

RN/16

10.16

Bundesrat Andreas Guggenberger (FPÖ, Wien): Danke, Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen und Zuseher und Zuhörer via Livestream oder hier im Saal! Die Zielsetzung eines verstärkten Informationsaustauschs im Sicherheitsbereich ist sehr begrüßenswert und auch notwendig. Gegen diesen würden wir uns nicht verwehren. Zu kritisieren ist allerdings hierbei, dass fortan das Etias-Zentralsystem Reisebewilligungen erteilt, ohne dass der jeweilige Nationalstaat in diese Entscheidung einwirkt. Lediglich im Falle, dass Sicherheitsbedenken auftreten, wird dem EU-Mitgliedstaat die Entscheidung übertragen. 

Bedauerlicherweise wird zudem ergänzend zu den Anpassungsbestimmungen einiges Beiwerk geschaffen, welches sehr kritisch zu sehen ist. Der Hauptkritikpunkt an diesem Gesetzentwurf besteht in der Änderung, wonach künftig die Visumspflicht für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Saisonniertätigkeit in Österreich entfällt. Begründet wird dies damit, dass diese eh Reisegenehmigungen über die Etias brauchen. Auch die sehr unkorrekt gehaltene Bewilligung von Reisegenehmigungen aus sogenannten humanitären Gründen ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Das kann als Vehikel zur weiteren Migration angesehen werden, und da sind wir dagegen. 

Noch einmal kurz zusammengefasst, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen werden: Die Verordnung sieht nur vor, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union ausnahmsweise eine Entscheidung treffen kann. Die Vorprüfung und Hauptentscheidung liegt beim Zentralsystem der EU. Österreich darf nur eingreifen, wenn die EU uns informiert, und das passiert nur bei Sicherheitsbedenken. Andere entscheiden zuvor, ob wir überhaupt eine Letztentscheidung treffen dürfen. Das ist kein souveräner Entscheidungsprozess, sondern ein einfaches Restrecht. 

Darüber hinaus gibt die EU-Verordnung eine Kannbestimmung für humanitäre Reisegenehmigungen, und was macht Österreich daraus? – Eine Mussbestimmung. Das Ergebnis ist einfach ein neues Einfallstor für Migration, das wir freiwillig öffnen. Das ist nicht: Nichts aus der Hand geben!, sondern eine aktive Attraktivierung für illegale Einwanderung. (Beifall bei der FPÖ.)

10.19

Präsident Peter Samt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. Ich erteile es ihm.

RN/17

10.19

Bundesrat Christoph Stillebacher (ÖVP, Tirol): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher – haben wir zurzeit keine da, aber –, liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wie mein Vorredner schon betont hat, beraten wir heute über das Zweite EU-Informationssysteme-Anpassungsgesetz – eine Regierungsvorlage, die für die Sicherheit Österreichs und die Stabilität unseres Schengenraumes von fundamentaler Bedeutung ist. 

Wir leben in einer stark vernetzten Welt und diese Vernetzung bringt neben enormen Chancen auch Risiken mit sich. Diese Risiken, seien es Terrorismus, organisierte Kriminalität oder Schlepperei, machen vor einer Staatsgrenze eben keinen Halt. Man kann dieser Bedrohung nur wirksam entgegenwirken, indem wir als europäische Gemeinschaft ebenso vernetzt handeln. Genau das ist der Kern der heutigen Debatte: die Umsetzung des Europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystems, kurz Etias, sowie die Vernetzung europäischer Informationssysteme. Diese Maßnahmen sind unser Schutzschild für eine geordnete Migration und eine starke innere Sicherheit. 

Da es anscheinend nicht allen hier bewusst ist, warum wir dieses Gesetzespaket brauchen, darf ich nochmals mit Fakten dem einen oder der anderen hier weiterhelfen. Diese Fakten sind unbestreitbar. Derzeit können rund 1,4 Milliarden Menschen aus etwa 60 Ländern visumsfrei in die EU einreisen. Über diese Reisende lagen beim Überschreiten der Außengrenze des Schengenraums kaum bis keine Informationen vor.

Meine Damen und Herren! Das ist eine konkrete Sicherheitslücke in der Europäischen Union, die wir nicht länger hinnehmen dürfen. Mit Etias schließen wir eben diese Lücke. Künftig müssen visumbefreite Drittstaatsangehörige vor Reiseantritt eine Reisegenehmigung beantragen. Ihre Daten werden vollautomatisiert mit den Datenbanken von Europol, Interpol sowie allen bestehenden und künftigen EU-Sicherheitssystemen abgeglichen. Wir erfahren also, bevor jemand an unserer Grenze steht, wer einreisen möchte und ob ein Risiko – etwa im Hinblick auf illegale Migration, öffentliche Sicherheit oder Terrorismus – besteht. Das ist ein entscheidender Paradigmenwechsel. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Sicherheit wird dort verstärkt, wo sie am meisten bringt, und das ist vor der Grenze. Hierzu benötigt es das richtige Handwerkszeug für unsere Polizei. Damit Etias und alle anderen Sicherheitssysteme funktionieren, müssen sie miteinander sprechen können. Und die Interoperabilität unserer EU-Informationssysteme ist das digitale Fundament dafür. Diese Vernetzung bedeutet, dass es keine nationalen Insellösungen mehr gibt. Durch das europäische Suchportal und das gemeinsame biometrische Abgleichssystem ermöglichen wir unseren Behörden den schnellen und gleichzeitigen Zugriff auf alle relevanten Daten. Es gibt keine Chance für Identitätsbetrüger mehr, die mit verschiedenen Namen unterschiedliche, also getrennte Systeme täuschen können. Hier greift der Mehrfachidentitätsdetektor, der die konkrete Identifizierung sicherstellt. Und es gibt keine unnötigen Verzögerungen mehr, die die Ermittlungen gegen Kriminelle behindern. 

Wir machen unsere Polizei und unsere Sicherheitsbehörden besser, schneller und handlungsfähiger. Wir geben damit unseren Beamtinnen und Beamten, der Fremdenpolizei und der Kriminalpolizei endlich jene modernen Handwerkszeuge in die Hand, die sie für ihre tägliche gelebte Arbeit brauchen, um die Sicherheit der Bevölkerung zu garantieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Guggenberger, ich darf Ihnen da auch widersprechen. Die Kompetenz bleibt hier in Österreich. Wir haben die gleiche Debatte auch im Nationalrat schon gehabt, und es ist jetzt auch hier in diesem Saal die Behauptung aufgestellt worden, wir würden unsere Gesetze und die Kompetenz an Brüssel abgeben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist nicht nur sachlich falsch, es ist schlichtweg illusorisch und dient rein nur zur Verunsicherung. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].)

Ich darf das auch ganz klar begründen: Erstens: Die technische Abwicklung von Etias erfolgt zwar über europäische Systeme – das nennt man effizient –, aber die behördliche Entscheidungshoheit bleibt national. Und unsere nationale Etias-Stelle, die im Innenministerium eingerichtet wird, entscheidet über Genehmigungen und prüft jeden Einzelfall manuell, sofern es nötig ist. Österreich verliert keine Kompetenz, sondern gewinnt ein modernes Werkzeug. 

Zweitens, zur humanitären Ausnahme: Die Europäische Union sieht in der Tat vor, dass in besonderen Fällen Reisegenehmigungen aus humanitären Gründen erteilt werden können. Diese Ausnahmen sind überprüfbar, dokumentiert und auch einklagbar. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Und wer entscheidet das?) – Das Innenministerium, bitte. Durch Etias erkennen wir die Risiken eben früher, genauer und umfassender als bisher. Eine zivilisierte Gesellschaft muss solche Ausnahmen vorsehen. Und die Behauptung, dies sei ein Gold-Plating – Migrationsöffnung –, ist irreal und schürt nur Ängste. 

Drittens, zur Saisonarbeit: Die Visumspflicht für Saisonarbeitskräfte wird im Zuge dieser Umsetzung entfallen. Ja, das ist keine Sicherheitslücke, sondern eine Deregulierung, die die legale, benötigte Arbeitsmigration erleichtert, ohne die Kontrolle zu verlieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Fischer [SPÖ/NÖ].)

Meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte! Es ist naiv, zu glauben, ein einzelner Mitgliedstaat könne Herausforderungen wie Terrorismus, Schlepperei oder internationale Kriminalität im Alleingang lösen. Unsere Gegner operieren bereits grenzüberschreitend – und daher müssen wir es eben auch tun. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz ist ein klares Bekenntnis zu einer modernen Sicherheitsarchitektur. Das Gesetz ist ein klares Bekenntnis zur Ordnung, zur Sicherheit und zu einem handlungsfähigen Europa. Wir stärken unsere Grenzkontrollen, unsere Terrorismusbekämpfung und unseren Kampf gegen illegale Migration. Die österreichische Bundesregierung setzt hier ein klares Zeichen und schützt ihre Bevölkerung konsequent, modern und europäisch vernetzt. Ich lade Sie alle ein, diesen Schritt für ein sicheres Österreich mitzutragen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.27

Präsident Peter Samt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Werner Gradwohl. Ich erteile es ihm.

RN/18

10.27

Bundesrat Werner Gradwohl (FPÖ, Steiermark): Danke, Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegen im Bundesrat! Geschätzte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen via Livestream! Heute liegt uns ein Gesetz vor, das als einfache technische Anpassung bezeichnet wird. Doch jeder, der es ehrlich prüft, sieht: Dieses Gesetz nimmt unserem Land ein weiteres Stück Selbstständigkeit. (Bundesrat Reisinger [SPÖ/OÖ]: Es wird nicht richtiger, wenn man das wiederholt!) Kern des Gesetzes ist ein neues EU-System, bei dem ein Computer entscheidet, wer einreisen darf, und nicht mehr das Mitgliedsland selbst. Österreich darf nur dann mitreden, wenn das Zentralsystem konkrete Sicherheitsbedenken meldet. – So sieht kein Mitspracherecht aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Sicherheit darf man nicht aus der Hand geben, schon gar nicht an einen Computer in Brüssel. Gerade in einer Zeit, in der Menschen illegal nach Europa kommen, Schlepperbanden aktiv sind und das Asylsystem überlastet ist, brauchen wir mehr eigene Kontrolle. Dieses Gesetz schwächt unsere Möglichkeit, selbst zu entscheiden. 

Ein weiterer Punkt ist die Abschaffung oder starke Lockerung der Regeln für Saisonarbeiter aus dem Ausland. Damit fallen wichtige Prüfungen weg, ob sie wirklich jene sind, die sie angeben, zu sein, oder ob es Sicherheitsbedenken gibt. Wer Kontrollen abbaut, erhöht die Gefahr von Missbrauch. Das trifft Beschäftigte, Betriebe und die Sicherheit unseres Landes. 

Besonders bedenklich ist auch, dass sogenannte menschliche Reiseerlaubnisse ausgeweitet werden sollen. Wir wissen aus Erfahrung: Was als Ausnahme beginnt, wird schnell zur Regel. 

Und nun kommt ein weiterer Vorschlag aus Brüssel: Frau Ursula von der Leyen will einen eigenen EU-Geheimdienst errichten. Wir lehnen das klar ab. Ein Geheimdienst ist eine der wichtigsten Schutzstellen eines Staates. Er wehrt Spione ab, schützt vor Anschlägen und sorgt dafür, dass unser Land sicher bleibt. So etwas darf niemals nach Brüssel wandern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wer das fordert, will mehr Macht über die Staaten, nicht mehr Schutz für die Menschen. Ein Land, das seinen Geheimdienst aus der Hand gibt, gibt seine Freiheit aus der Hand. Solange die Freiheitliche Partei hier vertreten ist, wird es dafür keine Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.) 

Oft versucht man, uns Freiheitliche mit Geschichten aus der Vergangenheit anzugreifen, doch klar ist eines: Die ÖVP hat das damalige Amt viele Jahre verantwortet, lange bevor die FPÖ in der Regierung war. Wir haben Missstände aufgezeigt und behoben. (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Lauter Einzelfälle!)

Dieses Gesetz bedeutet weniger österreichische Kontrolle, mehr Entscheidungen durch die EU, mehr Unsicherheit, weniger Schutz für unser Land, und das alles wird als technische Änderung dargestellt. Wir sagen klar: Österreich muss selbst entscheiden, wer einreist. Österreich braucht volle Kontrolle über die eigenen Sicherheitsstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Computer in Brüssel kann keine Verantwortung übernehmen, darum lehnen wir dieses Gesetz ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Aus diesem Grund bringe ich hier jetzt folgenden Entschließungsantrag ein:

RN/18.1

Entschließungsantrag 

der Mitglieder des Bundesrates Werner Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend klare „Absage an die Pläne zu einem EU-Geheimdienst“

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden Antrag:

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich in der Europäischen Union mit voller Kraft und Deutlichkeit gegen den Plan eines EU-Geheimdienstes zu stellen.


Ich ersuche um Ihre Zustimmung im Interesse Österreichs. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.32

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/18.2

TOP1 Unselbständiger Entschließungsantrag: Absage an EU-Geheimdienstpläne von Werner Gradwohl

Präsident Peter Samt: Der von den Bundesräten Werner Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Absage an EU-Geheimdienstpläne“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile es ihm.

RN/19

10.32

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Danke, Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich wiederhole es gerne vor allem für die FPÖ noch einmal: Es geht hier unter diesem Tagesordnungspunkt um die Anpassung unterschiedlichster Materiengesetze an EU-Vorgaben. – So weit, so gut. (Vizepräsident Ruprecht übernimmt den Vorsitz.)

Der Fokus ist verstärkt auf die polizeiliche Zusammenarbeit vor allem international gerichtet, und zwar deshalb, weil auch die polizeiliche Arbeit in der Vergangenheit immer komplexer geworden ist, weil die internationale Kriminalität, wie wir wissen, auch vor Grenzen keinen Halt macht. Und wenn Kriminalität Grenzen überschreitet, muss logischerweise auch die Kriminalitätsbekämpfung Grenzen überschreiten. Oder anders gesagt: Um diesen Phänomenen begegnen zu können, braucht es eine umfassende, grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit, und zwar in Form der Vernetzung von Sicherheitsdatenbanken und der Einführung eines neuen europäischen Reiseinformationssystems.

Diese Vernetzung von Datensystemen, wie etwa das Schengener Informationssystem, das Visa-Informationssystem oder das Fingerabdruck-Informationssystem, ist vor allem technischer Natur und hat ein Ziel, nämlich die verlässliche Identifizierung von Personen. Warum? – Weil wir als Staat Österreich wissen wollen, mit wem wir es zu tun haben – so einfach ist es –, und zwar nicht erst, wenn sich diese Personen bei uns aufhalten, sondern bevor sie bei uns einreisen. Dieser Datenaustausch ist eine wichtige Maßnahme, die unsere Sicherheit erhöht. Sie erhöht unsere Sicherheit! Es ist eine wichtige Maßnahme zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität, von Schlepperei, von Terrorismus und von illegaler Migration. 

Ich freue mich, dass es hier so einen breiten Konsens gibt. Leider ist die FPÖ als einzige Fraktion hier im Parlament nicht dabei – das ist wenig überraschend, aber dafür umso mehr bezeichnend. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

10.35

Vizepräsident Günther Ruprecht: Vielen Dank, Herr Kollege.

Zu Wort gemeldet hat sich wieder unser Bundesminister Gerhard Karner. Ich erteile es ihm.

RN/20

10.35

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! Zweites EU-Informationssysteme-Anpassungsgesetz, Interoperabilität – eines der furchtbarsten Worte, die es überhaupt gibt, ganz schwer auszusprechen und technisch unglaublich kompliziert –, aber, und darum melde ich mich auch zu Wort, es ist ein enorm wichtiges Gesetz, das Sie heute hier beschließen, weil es der Polizei, der Kriminalpolizei, den Nachrichtendiensten ein Handwerkszeug gibt, und wir müssen unserer Polizei dieses Handwerkszeug auch geben.

Herr Bundesrat Reisinger und auch Herr Bundesrat Stillebacher haben sehr genau erklärt, worum es letztendlich dabei geht. Ich meine, wir haben heute zu Beginn, in der Aktuellen Stunde, sehr intensiv, auch kritisch, aber durchaus sachlich über das Thema Abschiebungen und auch über die Polizei debattiert. Und ja, natürlich bin ich als Innenminister politisch verantwortlich, aber ich kann das eben nur tun, Verantwortung tragen, wenn unsere Polizei auch ihrer Verantwortung nachkommen kann, das heißt, das Handwerkszeug hat, um Kriminalität zu bekämpfen, national, aber auch international.

Daher hat das Parlament, auch Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte, wichtige Maßnahmen gesetzt. Das Thema Gefährderüberwachung: viele Jahre diskutiert, jetzt umgesetzt und beschlossen, weil sich die Zeit weitergedreht hat. Neue Formen der Kriminalität sind entstanden, und da ist es doch notwendig, essenziell, dass wir unseren Polizistinnen und Polizisten, gerade auch bei der Kriminalpolizei, jenes Handwerkszeug in die Hand geben, das sie auch benötigen. Ich bin davon überzeugt, dass alle Kolleginnen und Kollegen – und da sind hier herinnen auch einige, vor allem die, die bei der Polizei sind – das auch wissen. Eurodac-Informationssystem, Schengener Informationssystem, jetzt Aufbau von Etias – das ist so notwendig, damit man eben illegale Migration verhindern kann, damit man Terror abwehren kann. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist essenziell, und ich verstehe absolut die Ablehnung gegenüber supranationalen Nachrichtendiensten oder Ähnlichem, ja, auch die Ablehnung von mir dazu ist vorhanden, aber wir brauchen die Zusammenarbeit. Terror findet grenzüberschreitend statt, Schlepperei findet grenzüberschreitend statt. Daher ist dieser Datenaustausch so essenziell.

Ich bin deshalb auch stolz darauf, was im Bereich des Nachrichtendienstes durch internationale Vernetzung, durch internationale Zusammenarbeit gelungen ist. Ein Anschlag auf das Taylor-Swift-Konzert konnte dadurch verhindert werden – nicht weil wir uns abschotten, sondern weil wir die Polizei international zusammenarbeiten lassen, zusammenarbeiten lassen müssen. Reden Sie bitte mit unseren Kolleginnen und Kollegen in der Kriminalpolizei, im Nachrichtendienst und vielen anderen Bereichen. Das geht letztendlich nur miteinander. 

Daher ersuche ich Sie noch einmal eindringlich, und vielleicht sind da nicht alle Informationen zur Gänze durchgedrungen – vielleicht reden Sie ein bisschen mit der Polizei, Sie sind ja dankenswerterweise immer wieder intensiv in Kontakt mit der Polizei –: Geben wir unserer Polizei dieses Handwerkszeug, das sie benötigt, in die Hand, damit sie das tun kann, was sie tun will, nämlich für die Sicherheit der Bevölkerung, für die Sicherheit in Europa zu sorgen! – Vielen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

10.39

Vizepräsident Günther Ruprecht: Danke schön, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile es ihr.

RN/21

10.39

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier im Raum und vor den Bildschirmen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es von den Vorrednern und vom Herrn Minister schon gehört: Das Gesetz hat sehr viele technische, rechtliche und sicherheitspolitische Dimensionen. Das wurde von meinen Vorrednern auch ausführlich ausgeführt. Aber manchmal ist es so, dass Zahlen und Paragrafen nicht annähernd so gut erklärt werden können wie an einem persönlichen Erlebnis, und das ist mir kürzlich passiert. 

Ich war bei der Buchhändlerin meines Vertrauens, es geht auf Weihnachten zu, und sie erzählte mir, ihr Sohn lebt in Oxford mit seiner Lebensgefährtin, die eine Menschenrechtsanwältin aus Südamerika ist, einen Daueraufenthaltstitel für Großbritannien hat und beruflich durch die halbe Welt reist.

Jedoch wird jede dieser Reisen in den Schengenraum für sie zu einem persönlichen Hindernislauf. Vor jedem Vortrag, vor jedem beruflichen Austausch im Schengenraum und sogar vor dem ganz banalen Wunsch, jetzt zu Weihnachten zur Familie an den Attersee zu reisen, steht ein Berg von Formularen, vergehen Wochen des Wartens, herrscht Unklarheit, ob der Antrag rechtzeitig bearbeitet wird. Und dann kommt die Challenge am Flughafen: Kommt man durch? Fehlt noch etwas? Wird ein kleiner formaler Fehler die ganze Reise verhindern? – Für sie und für viele Menschen wie sie fühlt sich das manchmal an, als würde man, um die Familie zu besuchen, durch ein Nadelöhr durchmüssen. 

Diese Erfahrung zeigt, wie wichtig es ist, europäische Regeln nicht nur technisch klug, sondern auch menschlich nachvollziehbar zu gestalten – und genau da setzen die neuen Systeme an. Sie sollen nämlich auch solche Situationen vermeiden, Reisen planbarer und transparenter und vor allem auch stressfreier machen.

Ich möchte mich jetzt hier auf jenen Aspekt des Gesetzes konzentrieren, der für Österreich besonders spürbar ist, nämlich den Bereich des Tourismus, wo es spürbar wird für Gäste, Betriebe, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – die Kollegen, die vor mir gesprochen haben, haben den sicherheitspolitischen Aspekt ja sehr ausreichend beleuchtet. 

Visumbefreite Gäste, zum Beispiel aus Ländern wie Kanada, den USA oder Japan, beantragen künftig vor der Reise eine Onlinereisegenehmigung. Das bedeutet weniger Unsicherheiten und mehr Verlässlichkeit für alle Beteiligten, denn Probleme werden früh erkannt – und nicht so, wie ich es gerade gesagt habe, nämlich wenn man dann am Flughafen steht.

Es gibt zukünftig auch weniger Bürokratie für Saisonarbeitskräfte: Die Visumpflicht für visumbefreite Drittstaatsangehörige, die bis zu 90 Tage als Saisonarbeitskräfte arbeiten, entfällt. Das erleichtert auch den Betrieben, von jenen in den Skigebieten bis hin zu den Thermenhotels, die Personalplanung enorm. So können Arbeitskräfte zukünftig schneller eingesetzt werden und Abläufe werden klarer und auch unbürokratischer.

Das Ganze stärkt auch das Vertrauen in den Reiseverkehr – das wurde heute auch schon mehrfach gesagt –: Gefälschte Identitäten können tatsächlich schneller erkannt werden, und das schützt Gäste und auch Unternehmen gleichermaßen, sichert den Schengenraum und ist die Grundlage für einen grenzüberschreitenden Tourismus.

Um noch einmal auf die Flughäfen zu sprechen zu kommen: Schnellere Abfertigung, weniger Wartezeiten, reibungslosere Einreiseprozesse – das ist ein Vorteil für alle, die Österreich als Urlaubsland besuchen. Komfort und Sicherheit schließen einander so nicht mehr aus. Das Gesetz bringt viele technische Verbesserungen – das wurde schon gesagt –, aber vor allem bringt es aus meiner Perspektive auch sehr viele praktische Vorteile. 

Um die grüne Sicht noch einmal kurz zu beleuchten: Offenheit und Sicherheit gehören zusammen, und diese Novelle verbindet beides – modern, europäisch und praxistauglich. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP und SPÖ.)

10.43

Vizepräsident Günther Ruprecht: Vielen Dank, Frau Kollegin.

Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

RN/22

Abstimmung

Vizepräsident Günther Ruprecht: Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

RN/22.1

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

RN/22.2

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Werner Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Absage an EU-Geheimdienstpläne“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.