RN/17

10.19

Bundesrat Christoph Stillebacher (ÖVP, Tirol): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher – haben wir zurzeit keine da, aber –, liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wie mein Vorredner schon betont hat, beraten wir heute über das Zweite EU-Informationssysteme-Anpassungsgesetz – eine Regierungsvorlage, die für die Sicherheit Österreichs und die Stabilität unseres Schengenraumes von fundamentaler Bedeutung ist. 

Wir leben in einer stark vernetzten Welt und diese Vernetzung bringt neben enormen Chancen auch Risiken mit sich. Diese Risiken, seien es Terrorismus, organisierte Kriminalität oder Schlepperei, machen vor einer Staatsgrenze eben keinen Halt. Man kann dieser Bedrohung nur wirksam entgegenwirken, indem wir als europäische Gemeinschaft ebenso vernetzt handeln. Genau das ist der Kern der heutigen Debatte: die Umsetzung des Europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystems, kurz Etias, sowie die Vernetzung europäischer Informationssysteme. Diese Maßnahmen sind unser Schutzschild für eine geordnete Migration und eine starke innere Sicherheit. 

Da es anscheinend nicht allen hier bewusst ist, warum wir dieses Gesetzespaket brauchen, darf ich nochmals mit Fakten dem einen oder der anderen hier weiterhelfen. Diese Fakten sind unbestreitbar. Derzeit können rund 1,4 Milliarden Menschen aus etwa 60 Ländern visumsfrei in die EU einreisen. Über diese Reisende lagen beim Überschreiten der Außengrenze des Schengenraums kaum bis keine Informationen vor.

Meine Damen und Herren! Das ist eine konkrete Sicherheitslücke in der Europäischen Union, die wir nicht länger hinnehmen dürfen. Mit Etias schließen wir eben diese Lücke. Künftig müssen visumbefreite Drittstaatsangehörige vor Reiseantritt eine Reisegenehmigung beantragen. Ihre Daten werden vollautomatisiert mit den Datenbanken von Europol, Interpol sowie allen bestehenden und künftigen EU-Sicherheitssystemen abgeglichen. Wir erfahren also, bevor jemand an unserer Grenze steht, wer einreisen möchte und ob ein Risiko – etwa im Hinblick auf illegale Migration, öffentliche Sicherheit oder Terrorismus – besteht. Das ist ein entscheidender Paradigmenwechsel. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Sicherheit wird dort verstärkt, wo sie am meisten bringt, und das ist vor der Grenze. Hierzu benötigt es das richtige Handwerkszeug für unsere Polizei. Damit Etias und alle anderen Sicherheitssysteme funktionieren, müssen sie miteinander sprechen können. Und die Interoperabilität unserer EU-Informationssysteme ist das digitale Fundament dafür. Diese Vernetzung bedeutet, dass es keine nationalen Insellösungen mehr gibt. Durch das europäische Suchportal und das gemeinsame biometrische Abgleichssystem ermöglichen wir unseren Behörden den schnellen und gleichzeitigen Zugriff auf alle relevanten Daten. Es gibt keine Chance für Identitätsbetrüger mehr, die mit verschiedenen Namen unterschiedliche, also getrennte Systeme täuschen können. Hier greift der Mehrfachidentitätsdetektor, der die konkrete Identifizierung sicherstellt. Und es gibt keine unnötigen Verzögerungen mehr, die die Ermittlungen gegen Kriminelle behindern. 

Wir machen unsere Polizei und unsere Sicherheitsbehörden besser, schneller und handlungsfähiger. Wir geben damit unseren Beamtinnen und Beamten, der Fremdenpolizei und der Kriminalpolizei endlich jene modernen Handwerkszeuge in die Hand, die sie für ihre tägliche gelebte Arbeit brauchen, um die Sicherheit der Bevölkerung zu garantieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Guggenberger, ich darf Ihnen da auch widersprechen. Die Kompetenz bleibt hier in Österreich. Wir haben die gleiche Debatte auch im Nationalrat schon gehabt, und es ist jetzt auch hier in diesem Saal die Behauptung aufgestellt worden, wir würden unsere Gesetze und die Kompetenz an Brüssel abgeben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist nicht nur sachlich falsch, es ist schlichtweg illusorisch und dient rein nur zur Verunsicherung. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].)

Ich darf das auch ganz klar begründen: Erstens: Die technische Abwicklung von Etias erfolgt zwar über europäische Systeme – das nennt man effizient –, aber die behördliche Entscheidungshoheit bleibt national. Und unsere nationale Etias-Stelle, die im Innenministerium eingerichtet wird, entscheidet über Genehmigungen und prüft jeden Einzelfall manuell, sofern es nötig ist. Österreich verliert keine Kompetenz, sondern gewinnt ein modernes Werkzeug. 

Zweitens, zur humanitären Ausnahme: Die Europäische Union sieht in der Tat vor, dass in besonderen Fällen Reisegenehmigungen aus humanitären Gründen erteilt werden können. Diese Ausnahmen sind überprüfbar, dokumentiert und auch einklagbar. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Und wer entscheidet das?) – Das Innenministerium, bitte. Durch Etias erkennen wir die Risiken eben früher, genauer und umfassender als bisher. Eine zivilisierte Gesellschaft muss solche Ausnahmen vorsehen. Und die Behauptung, dies sei ein Gold-Plating – Migrationsöffnung –, ist irreal und schürt nur Ängste. 

Drittens, zur Saisonarbeit: Die Visumspflicht für Saisonarbeitskräfte wird im Zuge dieser Umsetzung entfallen. Ja, das ist keine Sicherheitslücke, sondern eine Deregulierung, die die legale, benötigte Arbeitsmigration erleichtert, ohne die Kontrolle zu verlieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Fischer [SPÖ/NÖ].)

Meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte! Es ist naiv, zu glauben, ein einzelner Mitgliedstaat könne Herausforderungen wie Terrorismus, Schlepperei oder internationale Kriminalität im Alleingang lösen. Unsere Gegner operieren bereits grenzüberschreitend – und daher müssen wir es eben auch tun. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz ist ein klares Bekenntnis zu einer modernen Sicherheitsarchitektur. Das Gesetz ist ein klares Bekenntnis zur Ordnung, zur Sicherheit und zu einem handlungsfähigen Europa. Wir stärken unsere Grenzkontrollen, unsere Terrorismusbekämpfung und unseren Kampf gegen illegale Migration. Die österreichische Bundesregierung setzt hier ein klares Zeichen und schützt ihre Bevölkerung konsequent, modern und europäisch vernetzt. Ich lade Sie alle ein, diesen Schritt für ein sicheres Österreich mitzutragen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.27

Präsident Peter Samt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Werner Gradwohl. Ich erteile es ihm.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.