RN/73
14.50
Bundesrätin Amelie Muthsam (SPÖ, Niederösterreich): Danke schön, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und anscheinend vor allem gerade jetzt vor den Bildschirmen! Mein Vorredner hat schon es gesagt: Wir erleben heute hier das nächste Kapitel der Lieblingsstrategie der FPÖ: ein Horrorszenario nach dem anderen, große Worte, noch größere Schuldzuweisungen – und genau null Lösungen.
Wir stehen vor großen Herausforderungen, gar keine Frage. Der Unterschied ist aber, wir nehmen sie ernst. Unser Herr Bildungsminister hat es schon ausgeführt: Wir arbeiten an Lösungen und nicht an den nächsten Schlagzeilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, ihr habt sie verursacht! Ihr habt sie verursacht, das ist das Problem! – Rufe: Sch!)
Es ist jetzt auch schon sehr vieles sehr ausführlich gesagt worden, aber um noch einmal ein paar Beispiele zu nennen – erst heute beschlossen –: endlich klare und bundesweite Standards, wenn eine Suspendierung notwendig ist, damit Kinder eben nicht unbeaufsichtigt in irgendwelchen Parks landen, sondern begleitet werden, wieder Anschluss finden und vor allem nicht aus dem System fallen. Das ist Präventionsarbeit, und wir schützen so Mitschüler:innen, Lehrkräfte, aber ganz besonders auch die Zukunft dieser Jugendlichen. Dazu gibt es auch verpflichtende Perspektivengespräche nach jedem Schulabgang.
Die Deutschförderung wird künftig schulautonomer möglich sein, weil es natürlich für Lehrpersonen schwierig ist, wenn sie nicht mit den Kindern kommunizieren können. Aber genauso frustrierend ist es ja auch für die Kids, wenn sie sich auf Deutsch nicht ausreichend ausdrücken können. Wir lassen damit niemanden zurück, und das ist unser Verständnis von Verantwortung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Wir investieren auch in psychosoziale Unterstützung – wir verdoppeln die Schulpsychologiestellen –; wir bauen auch die digitale Beratung aus; wir investieren in mehr Schulsozialarbeit; wir bauen die Maßnahmen gegen Onlineradikalisierung aus und setzen stärker auf die Bewältigung von Konflikten, und zwar schon im Lehramtsstudium.
Und wenn wir heute schon so viel über Sicherheit reden, möchte ich nur auch noch einmal daran erinnern, dass wir erst kürzlich hier in diesem Saal auch das Waffengesetz verschärft haben, und ich erinnere auch gerne daran, dass die Freiheitliche Partei sich hier auf die Seite der Waffen gestellt hat (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, auf die rechtschaffenen Menschen ... Seite gestellt und ihr auf die Seite der Verbrecher!) und nicht auf die der Menschen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Es gibt ein sehr bekanntes Beispiel für ein Land, in dem das Recht, eine Waffe zu besitzen, ganz oft über den Schutz von Kindern und Jugendlichen gestellt wird, sind die USA. Und wissen Sie, was eine der häufigsten Todesursachen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das kann man nicht vergleichen, nicht einmal annähernd!) für Kinder in den USA ist? – Es ist der Tod durch Schusswaffen, und allen voran auch in der eigenen Schule. Das ist ein Zustand, den ich für kein Kind will – nicht in Österreich, nicht in den Vereinigten Staaten und nirgendwo sonst auf dieser Welt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Sie stellen sich hierher, sprechen von Verrohung, Werteverfall und tun gleichzeitig so, als kämen Homophobie, Antisemitismus oder Hass nur von außen in die Klassenzimmer. Das ist absurd, denn bevor die FPÖ mit dem Finger auf irgendwelche Kinder zeigt, sollte man vielleicht einmal in den eigenen Reihen für Ordnung sorgen. Rechtsextreme Aussagen und Handlungen kommen in der FPÖ laut Mauthausen-Komitee dauernd und auf allen Ebenen vor. Erst gestern wurde der eng mit der FPÖ verflochtene Chefredakteur des „Aula“-Magazins nicht rechtskräftig wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt. Ich erinnere da auch gern an ein gewisses Liederbuch aus Niederösterreich (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aufpassen! Frau Kollegin, ganz dünnes Eis! Das hat es nie gegeben! Du redest nur Blödsinn! Nur Blödsinn, wirklich! Das ist eine Frechheit! Das ist eine Frechheit, dass man ... überhaupt vorbringt, wenn man weiß, dass es das nie gab! ... zur SPÖ!) und an einen FPÖ-Gemeinderat ebendort und Juden und Homosexuelle als Parasiten, um nur ein paar der vielen, vielen sogenannten Einzelfälle zu nennen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Sie werfen hier jungen Menschen Homophobie vor und hetzen dann in Ihrem eigenen Papier gegen Menschen aus der LGBTQ-Community und Transpersonen. Und dann wollen ausgerechneten Sie uns erklären, wie man Kinder vor Intoleranz und Hass schützt. Ich finde es ehrlicherweise sehr löblich, wenn die FPÖ sich gegen Homophobie und Antisemitismus ausspricht, nur glaube ich Ihnen leider sehr wenig davon. Ganz ehrlich, das ist in etwa so glaubwürdig, wie wenn ein Wolf plötzlich einen veganen Würstelstand aufmacht. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ha, ha! Ha, ha!) – Das habe ich von Ihnen gelernt.
Kinder und Jugendliche dürfen hier nicht für politische Stellvertreterkriege missbraucht werden. Wer sie pauschal nach Herkunft oder Religion zu Problemfällen erklärt, sorgt nicht für Integration, sondern verhindert sie. Und deshalb setzen wir auf Unterstützung statt Stigmatisierung und darauf, dass die Schule ein Ort ist, an dem man beispielsweise lernt, wie Demokratie funktioniert (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja), und nicht ein Ort, an dem man lernt, dass manche Menschen weniger wert sind. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Genau!)
Am Ende des Tages geht es ja auch um Respekt: Respekt gegenüber Lehrerinnen und Lehrern, die jeden Tag mehr stemmen, als in ihrem Vertrag steht. Auch da möchte ich noch einmal meinen ganz ausdrücklichen Dank für diesen Einsatz sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Vom Danke haben sie nichts! ... Bedingungen!)
Der Respekt gilt auch den Schülerinnen und Schülern, die trotz vieler Herausforderungen Großes leisten können, wenn man sie lässt. (Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)
Wir kämpfen dafür, dass die Schule ein Ort ist, an dem Kinder wachsen können; die FPÖ kämpft dafür, dass Angst wächst. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, ja!) Ehrlicherweise bezweifle ich ein bisschen, dass Sie mit den Schreckensszenarien, die Sie hier malen, mehr Menschen für den Beruf als Lehrerin oder Lehrer gewinnen werden. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: 2 100 Gewalttaten, gell, Suspendierungen - woher kommt das? Das kommt nicht von uns! Das sind eure SPÖ... sind das!) Wenn wir also die Herausforderungen lösen wollen, die im Schulsystem vorherrschen – und es leugnet auch niemand, dass es da Herausforderungen gibt –, müssen wir aufhören, Kinder und Jugendliche zu dämonisieren, sie weiter in irgendwelche Ecken zu drängen.
Ich hätte mich ja wirklich gerne darüber unterhalten, wie wir unsere Schulen besser machen können, wie wir Lehrpersonen und Direktionen von Bürokratie entlasten können, wie wir dafür sorgen, dass die Bildung nicht mehr vom Geldbörsel der Eltern abhängt oder Lehrpläne dem 21. Jahrhundert gerecht werden, aber wie so oft kommt nur heiße Luft. Das nehmen wir zur Kenntnis. Mit diesem schulischen Kulturkampf wird ohnedies nur abgelenkt von all den Beschlüssen, um die wir uns hier und um die sich auch diese Bundesregierung ausdrücklich bemüht (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Sechs Tagesordnungspunkte, sehr gut! Bravo!): für echte Verbesserungen für unsere Kinder und Jugendliche in den Schulen.
Wir haben heute schon sehr viel über Weihnachten geredet, und deswegen möchte ich auch versöhnlich enden: Danke, dass Sie uns mit dieser Anfrage die Möglichkeit gegeben haben, darzulegen, welche Maßnahmen wir setzen, um Schule besser zu machen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Da habe ich aber nichts gehört! Du hast aber keine einzige Maßnahme gesagt!), und danke dafür, dass Sie uns wieder eindrucksvoll zeigen, wie gut es ist, dass das Bildungsressort in dieser Republik noch nie in Ihrer Hand war. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].)
14.57
Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrat Simone Jagl. Ich erteile es ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.