RN/9

13.27

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal! Ich hoffe, Sie sind mir jetzt nicht böse, wenn ich wieder auf die Tagesordnungspunkte zurückkomme. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, danke!)

Wir beraten ja heute mehrere Gesetzesänderungen und auf den ersten Blick mag das auch etwas technisch wirken, nämlich die Anpassung der Gewerbeordnung und des Emissionsschutzgesetzes für Kesselanlagen. Hinter diesen technischen Bestimmungen verbirgt sich aber eine grundsätzliche Frage, die uns als Gesetzgeber:in immer wieder beschäftigt: Wie ernst nehmen wir den Schutz der Umwelt, die Rechte der Öffentlichkeit und auch die Vorgaben des europäischen Rechtes? 

Konkret geht es in den vorliegenden Entwürfen darum, anerkannten Umweltorganisationen den Zugang zu Gerichten zu ermöglichen, nämlich auch dann, wenn sie im Genehmigungsverfahren selbst nicht beteiligt waren, und auch noch zu sagen, dass das natürlich nicht missbräuchlich oder unredlich erfolgen darf. Damit setzen wir nun endlich um – 2 Minuten vor 12, so hat es der Kollege auch genannt –, was der Europäische Gerichtshof seit Jahren klar einfordert, nämlich:

Erstens, die Ausweitung des Beschwerderechtes anerkannter Umweltorganisationen auch dann – und da komme ich später noch dazu –, wenn in der ersten Instanz keine Einwendungen erhoben werden. 

Zweitens, auch die Möglichkeit, in sogenannten minderschweren Fällen Beschwerde bis zum Verwaltungsgerichtshof zu erheben. 

Drittens, die Klarstellung, dass Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bis hin auch zu einer Betriebssperre künftig auch dann zulässig sind, wenn eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt und nicht nur der Menschen besteht. 

Aus grüner Sicht ist das ein richtiger, ein notwendiger Schritt. Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird gestärkt, Rechtsschutzlücken werden geschlossen und die Behörden erhalten klare Instrumente zum Schutz der Umwelt. (Beifall bei den Grünen.)

Warum das so wichtig ist, möchte ich anhand eines konkreten Beispiels aus meinem Heimatbundesland Oberösterreich illustrieren: 

Es geht um den geplanten Einsatz einer zentralen Kesselanlage in einem großen und auch energieintensiven Industriebetrieb der Faser- und Grundstoffindustrie. In diesem Betrieb wird seit den späten Achtzigerjahren ein Wirbelschichtkessel betrieben. Nach drei Jahrzehnten – jeder kann das nachvollziehen –, nach 30 Jahren ist dieser Kessel tatsächlich am Ende seiner technischen Nutzung angekommen und muss oder kann erneuert werden. Umweltschutzorganisationen übernehmen hier - - Jetzt bin ich falsch (im Manuskript blätternd) – genau. 

Geplant ist der Einsatz einer neuen leistungsfähigen Anlage, die moderner, effizienter und auch emissionsärmer sein soll. Das Ziel ist unter anderem, fossile Energieträger weiter zu reduzieren, die Abwärme besser zu nutzen und belastete Abluftströme aus der Produktion noch einmal energetisch zu verwerten. Das ist grundsätzlich legitim und ökologisch auch absolut sinnvoll. 

Gleichzeitig zeigt dieses Projekt aber sehr deutlich, warum starke Verfahrensrechte und ein wirksamer Rechtsschutz notwendig sind. Mit der neuen Anlage steigt die Brennstoffwärmeleistung deutlich, nämlich auf über 100 Megawatt. Es nimmt dadurch auch der Einsatz gefährlicher und nicht gefährlicher Abfälle zu. Damit werden die Schwellenwerte der Umweltverträglichkeitsprüfung überschritten. Somit ist auch die Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend notwendig. Und genau da wird jetzt sichtbar, worum es bei den heutigen Gesetzesänderungen geht. Solche Verfahren sind nämlich maximal komplex, technisch extrem anspruchsvoll und für Bürgerinnen und Bürger schwer durchschaubar.

Jetzt komme ich zu der Rolle der Umweltorganisationen: Es ist tatsächlich in der Realität oft so, dass Bürger:innen vielleicht davon erfahren, dass eine Änderung stattfinden soll, aber kommuniziert wird diese oft erst nach der ersten Verhandlung, bei der Sachen besprochen werden, und dann fragen sich die Bürger:innen: Wie muss das funktionieren? Wie kann das funktionieren? Wie sind die Gesetze dahinter? Jede einzelne Bürgerin, jeder einzelne Bürger müsste zum Experten werden, und das ist oft gar nicht möglich. Genau da können jetzt die Umweltorganisationen einsteigen, nämlich mit ihrer Expertise. 

Ich verteufel da - - Es tut mir leid, wenn ich jetzt noch einmal ganz kurz auf den Kollegen Karacsony zurückkommen muss: Die Umweltorganisationen sind nicht böse, die sind hilfreich. Sie liefern Expertise und unterstützen uns als Bevölkerung. (Beifall bei den Grünen und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Das war eben bis jetzt nicht möglich, dass die Umweltorganisationen, wenn sie später dazu gerufen werden, einsteigen, und das war europarechtswidrig. Das wird jetzt geändert. 

Wenn wir diese Anpassung heute nicht beschließen würden – das wurde auch von Kollegen Matznetter schon ausgeführt –, würde uns ein Vertragsverletzungsverfahren drohen. Das wollen wir alle nicht. Es geht aber nicht nur um das. Es geht vor allen Dingen auch um unsere Glaubwürdigkeit. Wollen wir Umweltrecht nur am Papier haben oder wollen wir es auch tatsächlich durchsetzbar machen? (Beifall der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].)

Gerade bei großen Industrieprojekten wie diesem, das ich kurz angerissen habe, zeigt es sich, dass moderne Industriepolitik und ein starker Umweltschutz kein Widerspruch sind. Aber: Wir brauchen dafür klare Regeln, wir brauchen transparente Verfahren und die Möglichkeit, Entscheidungen auch noch einmal überprüfen zu lassen, auch dann, wenn Umweltinteressen nicht von Beginn an ausreichend berücksichtigt worden sind. 

Die vorliegenden Änderungen stärken genau das. Sie verbessern den Rechtsschutz, sie stärken die Rolle der Umweltorganisationen und sie geben den Behörden mehr Klarheit bei der Gefahrenabwehr. Aus grüner Sicht – ich muss es wohl kaum sagen – ist das ein längst überfälliger Schritt in Richtung rechtsstaatlicher und ökologischer Verantwortung. Deshalb werden wir natürlich zustimmen, für einen wirksamen Umweltschutz, für Rechtssicherheit und für die konsequente Umsetzung europäischen Rechts. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.34

Präsident Peter Samt: Zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Mag. Elisabeth Zehetner. Ich erteile es ihr.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.