RN/86

11. Punkt bis 13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (293 d.B. und 339 d.B. sowie 11756/BR d.B.)

Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert wird (DokuG-Novelle 2025) (296 d.B. und 341 d.B. sowie 11757/BR d.B.)

Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (607/A und 342 d.B. sowie 11758/BR d.B.)

Vizepräsident Günther Ruprecht: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 11 bis 13, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 11 bis 13 ist Herr Bundesrat Martin Peterl. – Ich bitte um die Berichte.

RN/87

Berichterstatter Martin Peterl: Sehr geehrter Präsident! Frau Staatssekretärin! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird. 

Der Bericht dazu liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme daher zur Antragstellung:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Außerdem bringe ich den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert wird. 

Der Bericht dazu liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme daher zur Antragstellung:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird. 

Der Bericht dazu liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme daher zur Antragstellung:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Günther Ruprecht: Vielen Dank für den Bericht. Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Werner Gradwohl. Ich erteile dieses.

RN/88

15.29

Bundesrat Werner Gradwohl (FPÖ, Steiermark): Danke, Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Geschätzte Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen via Livestream! Was wir heute beraten, ist keine Reform, es ist ein Symptom: Es ist ein Symptom dafür, dass diese Bundesregierung glaubt, man könne die Realität im Gesundheitswesen mit Preisbändern, Datenmeldungen und Verordnungen aus den Ministerien beherrschen.

Beginnen wir bei der Medikamentenvorsorge: Seit Jahren hören wir dieselbe Erzählung, alles sei unter Kontrolle, man müsse nur die Preise drücken. Die Realität in den Ländern spricht eine andere Sprache: Apotheken melden Engpässe, Spitäler müssen Therapien umstellen, Ärztinnen und Ärzte stehen vor ihren Patienten und sagen: Dieses Medikament gibt es nicht. Und was ist die Antwort der Bundesregierung? – Ein weiteres Preisband, noch mehr Preisdruck, noch weniger Versorgungssicherheit. Ein Medikament, das es nicht gibt, wäre auch dann nichts wert, wenn es billig wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Währenddessen werden Monat für Monat Medikamente vom Markt genommen, weil sie sich nicht mehr rechnen. Gleichzeitig lagern 80 bis 90 Prozent der weltweiten Wirkstoffproduktion in Asien. Das ist keine Strategie, das ist Abhängigkeit. Und während man hier spart, werden Impfstoffe im Wert von Hunderten Millionen Euro vernichtet. Den Menschen fehlt es an Medikamenten, aber Geld wird verbrannt. 

Genau diese Logik setzt sich beim zweiten Gesetz fort. Man nennt es Digitalisierung, in Wahrheit ist es Bürokratisierung. Binnen weniger Werktage wird ein Gesetz durchgepeitscht, das tief in die sensibelsten Gesundheitsdaten der Menschen eingreift. Datenschutzrat, Justizministerium, Länder, Ärztekammer, alle sagen: So geht das nicht! (Beifall bei der FPÖ), und die Regierung hört nicht zu. 

Ab 1. Jänner 2026 soll alles gelten – ohne fertige Schnittstellen, ohne Tests, ohne Schulungen. Wenn das scheitert, wird nicht das Ministerium die Verantwortung tragen, sondern die Länder, die Ärzte und die Patienten. Besonders hart trifft es die Wahlärztinnen und Wahlärzte, die gerade in den Regionen Versorgung sichern. 

Gleiche Pflichten, keine Infrastruktur, keine Finanzierung. So behandelt man keine Partner, so behandelt man Problemfälle. Gesundheitsdaten sind hochsensibel, doch niemand weiß genau, wer verantwortlich ist, wer haftet, wer schützt. Das ist kein Vertrauen schaffendes System, das ist ein Risiko. 

Sehr geehrte Damen und Herren, der Bundesrat ist kein Abnickgremium, auch wenn viele hier im Saal das so handhaben. Er ist die Stimme der Länder. (Beifall bei der FPÖ.) Und aus dieser Verantwortung heraus sagen wir heute: So nicht! Nicht bei der Medikamentenversorgung, nicht bei der Digitalisierung, nicht auf Kosten der Menschen draußen im Land! 

An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen für die Zusammenarbeit, die Kooperation bedanken und wünsche dem gesamten Bundesrat und allen, die hier sind, auch den Bediensteten des Parlaments, frohe Weihnachten und ein erfolgreiches neues Jahr 2026! Auf weitere gute Zusammenarbeit! (Beifall bei der FPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

15.34

Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Gabriele Kolar zu Wort. Ich erteile es ihr.

RN/89

15.34

Bundesrätin Gabriele Kolar (SPÖ, Steiermark): Geschätzter Herr Vizepräsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Lieber Herr Kollege Gradwohl! Wir sind zwar beide aus der Steiermark; es ist naturgemäß, dass wir verschiedener Meinung sind, aber trotzdem verstehen wir uns am Ende des Tages immer wieder gut, gell? Das ist auch, glaube ich, wichtig. Man kann ja verschiedener Meinung sein. (Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von der FPÖ.)

Ich möchte zu zwei Beschlüssen beziehungsweise Gesetzesänderungen hier heute sprechen, und zwar zur Dokumentation im Gesundheitswesen und zum Gesundheitstelematikgesetz. 

Gerade in vielen Regionen – das ist mein Zugang zu dieser Dokumentation – erleben Menschen heute lange Wartezeiten. Sie warten oft Wochen auf einen Termin oder müssen weite Wege auf sich nehmen, weil es zu wenige Kassenstellen gibt. Das heißt, wir, meine Partei, die Sozialdemokratie, möchten in erster Linie viele, viele Kassenärzte haben, damit nicht das Geldbörsl entscheidet, ob wir gesundheitlich gut versorgt sind, sondern wir eine gute Gesundheitsversorgung durch Kassenärzte haben. Und das soll auch aufrechterhalten bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir Wartezeiten abbauen wollen, und darauf läuft dieses Gesetz hinaus, müssen wir zuerst verstehen, wo sie entstehen. Im Spitalsbereich, wie wir alle wissen, gibt es diese Daten seit Jahren, im niedergelassenen Bereich fehlt diese Übersicht bisher. Mit der bundesweit einheitlichen Diagnosencodierung ab 2026 wird sichtbar, wo besonders viele Menschen Hilfe brauchen, welche Erkrankungen zunehmen und wo Ordinationen an ihre Grenzen kommen. Diese Informationen sind die Grundlage dafür, Kassenstellen gezielt dort zu schaffen, wo Wartezeiten heute am längsten sind, nicht nach Gefühl, sondern auf Basis klarer Fakten. 

Dieses Gesetz hilft, regionale Unterschiede sichtbar zu machen, wo der Anteil älterer Menschen steigt oder wo chronische Erkrankungen zunehmen und wo zusätzliche Angebote notwendig sind. 

Ganz wichtig ist für uns auch die Entlastung der Praxen. Lange Wartezeiten entstehen auch dann, wenn Ärztinnen und Ärzte überlastet sind. Deshalb setzt dieses Gesetz auf Vereinfachung. Die Dokumentation erfolgt über bestehende Systeme, ist klar geregelt und auf das notwendige Maß begrenzt. Dort – und das ist ganz wichtig –, wo der Aufwand unzumutbar wäre, sind Ausnahmen vorgesehen. So bleibt mehr Zeit für Gespräche, Betreuung und gute Medizin, und es wird weniger Zeit auf Bürokratie verwendet. 

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat, dieses Bundesgesetz ist ein wichtiger Schritt, um Wartezeiten zu verkürzen und die Versorgung in unseren Regionen zu stärken. Es schafft Klarheit, ermöglicht bessere Planung und führt zu gerechten Entscheidungen im Interesse der Menschen. 

Aber wer krank ist, braucht nicht nur medizinische Hilfe, sondern auch die Gewissheit, dass wichtige Informationen da sind, wenn man sie braucht – und damit komme ich zum zweiten Teil meiner Rede, nämlich zum Gesundheitstelematikgesetz. 

Die elektronische Gesundheitsakte Elga ist für viele Patientinnen und Patienten heute die einzige zentrale Sammelstelle ihrer medizinischen Befunde. Genau deshalb ist die derzeitige Regelung, wonach diese Daten nach zehn Jahren gelöscht werden, aus medizinischer Sicht nicht mehr nachvollziehbar. Chronische Erkrankungen enden nicht nach zehn Jahren, seltene Krankheiten verschwinden nicht, und komplexe Krankheitsgeschichten lassen sich nicht neu erfinden, wenn Informationen verloren gehen. 

Mit dieser Gesetzesänderung schaffen wir Kontinuität. Wir sorgen dafür, dass medizinische Behandlungen auf Wissen aufbauen können, nicht auf Lücken. Ja, wir verlängern die Speicherfrist. Aber das tun wir – und das ist ganz wichtig – nicht auf Kosten des Datenschutzes, denn Elga bleibt ein System der Freiwilligkeit und der Selbstbestimmung. Jede und jeder kann aussteigen, jede und jeder kann einzelne Befunde löschen, und jede Nutzung ist transparent und nachvollziehbar. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ].)

Datenschutz heißt nicht Verhinderung, Datenschutz heißt Kontrolle durch die Patientinnen und Patienten selbst. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, mir ist wichtig, dass Menschen im Krankheitsfall nicht das Gefühl haben, dass ihre Geschichte einfach verschwindet. Gesundheitsdaten sind keine Zahlen, sie stehen für Erfahrung, für Behandlungen und für Vertrauen. Ich finde, ein gutes Gesundheitssystem löscht nicht, was Menschen Sicherheit gibt.

Darum bitte ich heute auch in Richtung Freiheitliche Partei darum, diesen Gesetzen zuzustimmen. Es ist ja so, dass ich beim Thema Digitalisierung heute schlauer geworden bin, denn Frau Bundesrätin Steiner-Wieser hat heute folgenden Satz gesagt – sogar zweimal –: Es geht nicht um die Digitalisierung, sondern um die Wahlfreiheit. – Diese Wahlfreiheit haben wir bei Elga, also bitte stimmen Sie dem zu! (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Abschließend möchte ich als Steirerin aber heute hier noch meinen Dank aussprechen – meinen Dank dem geschätzten Herrn Präsidenten Peter Samt für seine wirklich großartige Führung dieses Amtes des Präsidenten des Bundesrates! Ich habe erst heute gemerkt, wie viel du geleistet hast. Ich habe mir gedacht: Na ja, da bleibt dir aber keine Frau, wenn du so viel unterwegs bist! – aber es war ja nur ein halbes Jahr (Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von der FPÖ), jetzt kümmerst du dich also wieder zu Hause um die Deinen. Jedenfalls möchte ich dir vielen herzlichen Dank sagen, und ich glaube, ich spreche für alle Mitglieder des Bundesrates, vor allem für die Steirerinnen und Steirer: Danke für deine Präsidentschaft, du hast die Steiermark wirklich würdig vertreten! (Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie bei der FPÖ.)

Ich möchte mich aber auch bei einem zweiten Steirer bedanken, nämlich bei jenem Steirer, dem ersten Vizepräsidenten, der hinter mir sitzt: Lieber Günther, du bist sowieso ein Schatz! Darf ich das jetzt so sagen? (Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP und Grünen und Beifall bei der SPÖ sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP und Grünen.) Er ist wirklich einer, der verbindet, einer, der sich kümmert, einer, der so ein Sir ist. Danke, lieber Günther, für deine Vizepräsidentschaft, und wie gesagt, du bist ein Schatz! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP, FPÖ und Grünen. – Vizepräsident Ruprecht wirft der Rednerin eine Kusshand zu.)

Wir haben noch einen zweiten Vizepräsidenten, nämlich den von der Sozialdemokratie: Lieber Michael Wanner, du bist zwar kein Steirer, aber (Ruf bei der FPÖ: Fast! – Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Fängt auch mit S an!) – bitte? (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Das Bundesland fängt auch mit S an!) – ja! – du hast einen anderen Bezug zur Steiermark, und der ist ganz besonders wichtig. Michael Wanners Lieblingsbier ist nämlich das Murauer Weißbier. (Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von SPÖ und FPÖ.) Deshalb nehmen wir dich auch in der Steiermark auf. Danke für deine Vorsitzführung! (Allgemeiner Beifall.)

Alles Gute! Alles Gute euch allen! Ein gesegnetes, fröhliches Weihnachtsfest! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP und FPÖ.)

15.43

Vizepräsident Günther Ruprecht: Danke schön.

In dem Fall darf ich auch schmeicheln, Frau Landtagspräsidentin außer Dienst! (In Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz begebenden Bundesrätin Kolar [SPÖ/Stmk.]:) Ich glaube, du bist Schriftführerin. (Allgemeine Heiterkeit. – Heiterkeit des Vizepräsidenten.) Das ist die Macht der Gewohnheit. (Bundesrätin Kolar [SPÖ/Stmk.] – auf dem Weg zum Platz neben dem Vizepräsidenten –: Danke, Günther!)  Sehr gerne.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger und ich erteile dieses.

RN/90

15.43

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Vielen Dank, Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier bei uns und via Livestream! Es ist jetzt schon sehr viel gesagt worden und ich glaube, wir kennen uns eh alle aus, worum es geht. Ich möchte es aber trotzdem noch einmal betonen: Wie lange Gesundheitsdaten in Elga gespeichert werden, ist eine politische Entscheidung, die unmittelbare Auswirkung auf die Versorgung hat. Die vorliegende Novelle trägt dieser Verantwortung Rechnung und schafft die Grundlage für mehr Kontinuität im Gesundheitssystem.

Aus unserer grünen Perspektive ist dabei ganz klar: Digitalisierung im Gesundheitswesen darf kein Selbstzweck sein. Sie muss in erster Linie den Menschen dienen, die Versorgung verbessern und die Sicherheit sowie auch die Selbstbestimmung stärken. Und genau daran ist diese Novelle auch zu messen.

Wir haben es schon gehört, Kern der Änderung ist die Verlängerung der Speicherfrist für Elga-Gesundheitsdaten, nämlich von zehn auf unglaubliche 30 Jahre – das mag sich sehr lange anhören, aber aus medizinischer Sicht ist diese Zehnjahresfrist tatsächlich zu kurz. Das betrifft insbesondere auch chronische Erkrankungen, komplexe Krankheitsverläufe, seltene Diagnosen. Genau dabei ist es nämlich wichtig, auch die Vorgeschichte zu kennen, um gut behandeln zu können. 

Vielleicht illustriere ich es auch noch einmal kurz an einem Beispiel: Wenn jemand im jungen Alter, sagen wir mit Anfang 30, an einer Autoimmunerkrankung erkrankt, behandelt wird und die Krankheit gut im Griff hat und dann plötzlich elf Jahre später – ich sage jetzt bewusst: elf Jahre später – diese Krankheit wieder ausbricht, dann ist es sehr schwierig, festzustellen, was im Vorfeld an Behandlung gemacht worden ist, welches Medikament gut gewirkt hat. Man müsste alles wiederholen, obwohl das eigentlich Dinge sind, die man schon irgendwann festgestellt hat. Jetzt mag die eine oder der andere sagen: Ja, aber man kann ja die Patientin fragen. – Nein. Also ich erinnere mich tatsächlich nicht mehr daran, wie ich vor zehn Jahren untersucht worden bin. Ich habe das neulich in der Praxis wieder festgestellt. Wir haben ein ganz tolles System, das alle MR-Untersuchungen speichert. Ich bin kürzlich – genau, jetzt weiß ich schon wieder – bei einer MR gewesen – das erläutere ich jetzt nicht näher –, und dann habe ich diese Daten eingesehen und bin draufgekommen: Oh, vor sieben Jahren habe ich ja schon einmal dieselbe Untersuchung gemacht! Mir war es gar nicht mehr bewusst, ich habe es meinem Arzt auch gar nicht erzählt und ich entschuldige mich für die 200 Euro an Kosten, aber es ist dabei eh etwas anderes herausgekommen. – Das sind so kleine Beispiele, die zeigen, weshalb das schon ganz wichtig ist, dass man genau solche Sachen auch gespeichert hat. Denn wer druckt sich irgendein MR-Bild aus? MR-Bilder hat es früher auf CD gegeben, kaum einen Laptop hat noch ein CD-Laufwerk – also wie gesagt: eine gute Sache. 

Dabei dürfen wir aber nicht außer Acht lassen, dass, wenn Daten 30 Jahre gespeichert werden, auch eine ganz, ganz hohe Datensicherheit vorhanden sein muss. Kollegin Kolar hat es auch schon gesagt, ein Opt-out ist bei Elga immer möglich. Das ist also eine komplett freiwillige Geschichte. Wir können das löschen. Niemand muss seine Befunde dort gespeichert haben, wenn er es nicht will, aber es sind bis jetzt tatsächlich nur sehr wenige Patientinnen und Patienten, die sich für ein vollkommenes Opt-out entschieden haben.

Weil auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens, die Schnelligkeit vom Kollegen von der FPÖ kritisiert worden ist: Das wird deshalb gemacht, weil genau jetzt nämlich die zehn Jahre um sind. Und was würde passieren, wenn wir das jetzt nicht beschließen? – Dann sind die Daten nächstes Jahr weg, und dann ist genau das Problem da, über das ich gerade geredet habe.

Vielleicht noch ganz kurz für diejenigen von Ihnen, die nicht im Ausschuss gewesen sind: Wir werden der Elga-Sache natürlich zustimmen. Wo wir nicht mitkönnen, ist der neue TOP 12. Da geht es um die einheitliche Diagnosencodierung, die eine sehr gute Sache ist, keine Frage, bei der es aber gewisse Ausnahmen für Wahlärzt:innen geben wird. Es wurde gesagt, das betrifft die mit weniger als 300 Patient:innen, was in dem Falle nicht ganz stimmt. Ich habe im Ausschuss nachgefragt: Das ist im Ärztegesetz quasi so geregelt, und die Grenze von 300 Patient:innen ist deshalb erfunden worden, damit man erkennen kann, dass es sich um Ärzt:innen handelt, die relativ wenig Patient:innen haben und oftmals nicht über die Schnittstelle verfügen, also sozusagen keine E-Cards stecken können. Ich denke aber, wenn wir so etwas machen, dann muss das für alle Ärzt:innen gelten, und deshalb werden wir da nicht mitgehen können.

Ich lasse jetzt noch ein bisschen etwas zum Reden für die mir nachfolgenden Redner:innen über. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie des Bundesrates Ebner [ÖVP/OÖ].)

15.49

Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich erteile dir dieses.

RN/91

15.49

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätztes Präsidium! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Alle, die jetzt um diese Zeit noch zuhören beziehungsweise zusehen! Danke, Frau Kollegin, ja, ich werde zu diesen Tagesordnungspunkten auch noch meine eigenen Worte und Sichtweisen vorbringen.

Vorerst möchte ich vielleicht noch auf Kollegen Gradwohl – jetzt nicht mehr ausführlich – replizieren. Ja, Frau Kollegin Kolar, es stimmt, wir sind da nicht einer Meinung – Regierungsparteien und FPÖ –, aber sich hier herauszustellen und wirklich mit, ich möchte sagen, alten Erzählungen und Zahlen die Menschen in Österreich zu verunsichern und Angst zu verbreiten, ich denke, das ist schon gerade beim Thema Gesundheitswesen wirklich etwas fahrlässig. Aber lassen Sie mich vielleicht da einiges erläutern.

Geschätzte Damen und Herren, stellen Sie sich vor, Sie kommen mit einem medizinischen Notfall in eine Ordination, möglicherweise nicht in Ihre Hausarztordination, dort ist kaum bekannt, welche Diagnosen Sie vor 10, 15 oder 20 Jahren hatten. Befunde sind nicht vorhanden – wie die Frau Kollegin schon ausgeführt hat –, selber kann man sich nicht mehr daran erinnern, Therapien sind kaum bekannt, und trotzdem muss der Arzt oder die Ärztin eine schnelle und sichere Entscheidung treffen. Solche und ähnliche Situationen gibt es tagtäglich in unserem Gesundheitswesen. Eine schnelle und richtige Entscheidung kann im Notfall lebensrettend für die Patienten sein. Genau das wollen wir heute mit dem Gesetzesvorhaben verbessern, nämlich eine bessere Übersicht, mehr Sicherheit und bessere Grundlagen für medizinische und vor allem gesundheitspolitische Entscheidungen erreichen.

Beginnen möchte ich mit der Diagnosecodierung im niedergelassenen Bereich, eben für Kassenärzte, aber künftig auch für Wahlärzte. Sie ist kein Selbstzweck, aber auch kein Kontrollinstrument, sondern wirklich ein Werkzeug für eine bessere Planung im Gesundheitsbereich.

Da möchte ich hier an dieser Stelle schon – ich glaube, gut passend – auch sagen: Ärztinnen und Ärzte leisten tagtäglich, egal ob im niedergelassenen Bereich oder auch in den Spitälern, hervorragende Arbeit, und das, wie wir wissen, oft unter massivem und großem Druck. Daher hier an dieser Stelle ein großes Danke! (Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Was wir aber heute gemeinsam möglich machen, ist ein Werkzeug, das diese Arbeit strukturiert sichtbar macht und gesundheitspolitisch nutzbar macht. Die Einführung der Diagnosecodierung ist ein großer Schritt, nämlich die vielen Informationen, die wir bereits über das Gesundheitssystem und im Gesundheitswesen haben, endlich auch nutzbar zu machen und damit auch gezielt steuern zu können. Wir können erkennen, wo chronische Erkrankungen zunehmen, wo Versorgungsangebote fehlen und wo Prävention verstärkt genutzt werden muss, denn es ist wichtig, die Ressourcen dorthin zu lenken, wo sie tatsächlich auch gebraucht werden. Das ist verantwortliche Gesundheitspolitik Marke Bundesregierung.

Für die Ärztinnen und Ärzte bedeutet sie langfristig Entlastung, sie macht künftig eine bessere Patientenlenkung möglich, führt zu weniger Überlastung einzelner Regionen, gerade im Spitalsbereich, und es ist dadurch auch eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Bereich und den Spitälern möglich. Die Codierung erfolgt nach internationalen Standards, ist in ganz Europa üblich, und die Ärztinnen und Ärzte werden durch ein modernes Tool technisch unterstützt, um den zusätzlichen Aufwand so gering wie möglich zu halten.

Was bedeutet das für die Patientinnen und Patienten? – Es bedeutet eine gezielte und sichere Versorgung, genau das wird mit den besseren Daten möglich. Anmerken möchte ich schon auch: Die Daten sind anonymisiert, sie sind pseudonymisiert, und es wird wirklich alles unter strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben verarbeitet.

Der zweite wesentliche Punkt ist die Verlängerung der Elga-Speicherfrist von 10 auf 30 Jahre. Wir wissen, Krankheitsverläufe, besonders von chronischen oder seltenen Erkrankungen, dauern oft Jahrzehnte, und die Ärztinnen und Ärzte können dann fundierter entscheiden, Doppeluntersuchungen können vermieden werden und auch im Notfall stehen dann entscheidende Informationen zur Verfügung. Das ist jetzt kein technisches Detail, sondern wirklich ein klarer Vorteil für die medizinische Praxis.

Elga ist für viele das einzige vollständige Archiv ihrer Gesundheitsgeschichte, und ich möchte das hier nochmals betonen, weil das wichtig ist und auch so sein wird: Die Kontrolle bleibt vollständig beim Patienten selbst. Es gibt eine Opt-out-Möglichkeit und die Löschung einzelner Befunde ist möglich; die Datensouveränität ist, wie gesagt, auch gegeben.

Der dritte und letzte Punkt dieser Novelle betrifft die Verlängerung der Preisbandregelung im Arzneimittelbereich. Ich denke, in einem Satz zusammengefasst, das ermöglicht weiterhin einen verantwortungsvollen Ausgleich zwischen leistbaren Medikamenten und Versorgungssicherheit. Kollege Gradwohl von der FPÖ hat behauptet, dass mit dieser Verlängerung die Versorgungssicherheit von Arzneimitteln nicht mehr gegeben ist. Gerade die Vorgängerregierung mit ÖVP und Grünen hat einige Maßnahmen beschlossen, bei denen es darum gegangen ist, die Medikamentenversorgung sicherzustellen. Gerade aus der Zeit der Coronapandemie wissen wir, wie das teilweise ausgesehen hat. Durch eine stärkere Unterstützung der Produktion, aber auch durch die verpflichtende Lagerung von Medikamenten im Großhandel ist es jetzt möglich, dass die Medikamente gut verfügbar sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Zusammengefasst haben alle drei Maßnahmen ein gemeinsames Ziel: Sie stärken unser Gesundheitssystem, sie unterstützen unsere Ärztinnen und Ärzte bei ihrer täglichen Arbeit und verbessern die Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind uns alle einig, wir brauchen eine Weiterentwicklung im Gesundheitsbereich. Die Bundesregierung arbeitet intensiv an einem Aufschwung im Gesundheitswesen, ob wir – wie heute – die digitalen Patientenwege stärken oder wir mehr Gesundheitszentren für wohnortnahe Versorgung, besonders am Land, schaffen. Wir bauen die psychische Gesundheitsversorgung aus und setzen künftig mehr auf Präventionsmaßnahmen in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Vorsorge.

Entgegen der FPÖ, die hier im Haus bekanntlich alles besonders schlechtredet, die sich davor scheut, Verantwortung zu übernehmen, übernehmen wir als Bundesregierung, aber auch als ÖVP Verantwortung für dieses Land und arbeiten für seine Menschen. Daher freue ich mich, dass wir mit den Beschlüssen beim Aufschwung Österreichs wieder ein Stück weitergekommen sind. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

15.57

Vizepräsident Günther Ruprecht: In der Debatte zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig. – Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, bitte.

RN/92

15.57

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Ulrike Königsberger-Ludwig: Danke, Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! Liebe Besucherinnen und Besucher! Ich möchte vielleicht auch damit beginnen, dass diese Maßnahmen, die wir vorgelegt haben und die Sie heute beschließen werden, keineswegs nur technisch oder bürokratisch sind – wie wir heute schon gehört haben –, sondern ich bin wirklich überzeugt davon, dass diese Maßnahmen einen zentralen Beitrag leisten werden, unser Gesundheitssystem noch ein bisschen gerechter zu machen, es auch moderner zu machen und es auch zukunftsfähiger zu machen. Wir sind davon überzeugt, dass unser Gesundheitssystem Reformen braucht, und unser Gesundheitssystem braucht nicht Reformen aus politischem Kalkül heraus, sondern aus Verantwortungsgefühl heraus. (Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Wir wollen mit allen Änderungen und allen Reformen, die wir beschließen möchten und an denen wir auch arbeiten, eines stärken: Wir wollen das solidarische öffentliche Gesundheitssystem stärken, geschätzte Damen und Herren, und dafür braucht es einfach Reformen. Es braucht auch Reformen im Bereich der Digitalisierung, wenn wir die Digitalisierung in der Medizin, wenn wir die Fortschritte, die es in der Medizin gibt, gut für die Menschen nützen möchten. Deshalb setzen wir auch heute diese Schritte, die wir jetzt diskutieren und im Anschluss dann auch beschließen werden.

Wir müssen nämlich – ich habe das beim vorigen Punkt schon gesagt, möchte es aber noch einmal wirklich betonen – gerade im Bereich der Daten einen längst fälligen Schritt in Richtung Zukunft gehen. Österreich ist da wirklich – unter Anführungszeichen – im „Blindflug“ unterwegs, und wir werden mit diesen Maßnahmen, die wir beschließen, wirklich bessere Daten bekommen, um das Gesundheitswesen gut steuern und gut planen zu können.

Ich möchte auch da betonen: Auch das ist kein Selbstzweck. Es geht bei der Planung im Gesundheitswesen, bei der Steuerung im Gesundheitswesen, bei der Begleitung der Patient:innen durch das Gesundheitswesen immer darum, dass die Menschen bestmöglich, wohnortnah und am besten kassenfinanziert ihre Versorgung bekommen. Das ist das Ziel aller Reformen, die wir gemeinsam umsetzen werden, und Daten sind dabei eine ganz, ganz wichtige Ressource, geschätzte Damen und Herren Bundesräte. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Das DokuG-Gesetz, das wir jetzt behandeln und beschließen werden, ist ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg dorthin, um planen und steuern zu können. Eines möchte ich schon auch betonen, weil heute von Herrn Bundesrat Gradwohl angesprochen worden ist, dass es so rasch geht und dass es nicht ordentlich diskutiert wurde: Dieses Gesetz ist kein ganz neues Gesetz, es wurde bereits 2023 intensiv im Parlament diskutiert. Wir beschließen heute auch eine Verschiebung – beziehungsweise ein Nicht-ganz-Scharfstellen, sage ich jetzt einmal – auf Juli 2026, und wir haben mit dieser Novelle wirklich Verbesserungen für Ärztinnen und Ärzte umgesetzt.

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten intensiv mit den Ärztinnen und Ärzten diskutiert, um die Diagnosencodierung anwender:innenfreundlich zu machen, weil ich überzeugt bin, wir davon überzeugt sind, dass Daten natürlich individuell nutzen sollen, aber auch den Menschen nutzen sollen, die im Gesundheitssystem arbeiten. Wenn man als Arzt, Ärztin mit guten Daten arbeiten kann, ist auch die Versorgung von Menschen einfacher. Ich sage jetzt nur, wir arbeiten ja auch intensiv an einer Patient-Summary bei Elga, und ich glaube, das wird wirklich ein ganz, ganz wichtiger Baustein sein, damit Ärztinnen, Ärzte noch besser mit den Daten umgehen können. 

Ja, die Diagnosencodierung ist ein wichtiger Baustein in Richtung guter Planung, guter Steuerung, und wir haben das wie gesagt intensiv mit Ärztinnen und Ärzten diskutiert. Bereits im Jahr 2023 wurden im Parlament alle datenschutzrechtlichen Bedenken ausgeräumt, und jetzt haben wir es wieder prüfen lassen. Die datenschutzrechtlichen Bedenken, die immer wieder in den Raum gestellt werden, sollten eigentlich hintangehalten werden. Die Daten sind anonymisiert, und wir können garantieren, dass die Daten nur so verwendet werden, wie es tatsächlich dem Datenschutz entspricht; ich glaube schon, dass das ganz, ganz wichtig ist. Jetzt wiederhole ich mich, aber ich möchte es noch einmal sagen: Es ist wichtig für die Planung und Steuerung, damit wir die Versorgung gut in die Regionen bringen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.) 

Die Diagnosencodierung erfolgt unter ganz klaren Bedingungen – ich habe es schon gesagt –, es ist anonymisiert, und es erfolgt auf Basis internationaler Standards; auch das möchte ich betonen. Es wird immer gesagt, ICD-10 – das ist ein bisschen technisch – sei kein internationaler Standard. Nein, im Gegenteil: ICD-10, die Codierung, ist ein internationaler Standard, der in fast ganz Europa verwendet wird. Wir sind in diesem Bereich tatsächlich Nachzügler:innen und kommen jetzt mit diesem Gesetz endlich dorthin, wo viele europäische Staaten im Bereich der Diagnosencodierung schon sind. Wir haben gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten auch daran gearbeitet, dass sie das Unterstützungsprogramm Snomed gut verwenden können, dass es in den Praxen wirklich sehr, sehr anwenderfreundlich zu verwenden ist. 

Ich bin daher überzeugt davon, dass die Diagnosencodierung eine wichtige Maßnahme ist, und möchte, weil das auch von der Kollegin von den Grünen angesprochen wurde, das Thema Wahlärztinnen und Wahlärzte noch einmal ansprechen: Ja, es stimmt, wir haben jetzt alle Wahlärztinnen und Wahlärzte, die pro Jahr mehr als 300 unterschiedliche Patient:innen behandeln, in die Diagnosencodierung aufgenommen. Das ist auch dem geschuldet, dass eben in der ursprünglichen Gesetzesvorlage gestanden ist, die Wahlärztinnen und Wahlärzte seien entsprechend der Verhältnismäßigkeit in das Programm mit aufzunehmen. In intensiven Gesprächen hat man sich einmal auf die Zahl 300 geeinigt. 

Ich habe es auch im Nationalrat gesagt: Nichts in der Politik ist in Stein gemeißelt, vielleicht kann man auch in diesem Bereich weitere Fortschritte machen. Wir beginnen jetzt eben mit Wahlärztinnen und Wahlärzten, die mehr als 300 Patient:innen pro Jahr behandeln, und ich möchte schon sagen: Es ist das erste Mal, dass Wahlärztinnen und Wahlärzte überhaupt Daten einspeisen müssen. Aus unserer Sicht ist es schon ein wirklich großer Vorteil, dass wir zum ersten Mal auch Wahlärztinnen und Wahlärzte in die Diagnosencodierung mit aufnehmen. Also auch das ist ein Erfolg, an dem wir natürlich weiterarbeiten werden. (Beifall bei der SPÖ, bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP sowie der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) 

Abschließend zu diesem Thema: Wie gesagt, ich bin überzeugt davon, es ist ein wichtiger Fortschritt, um im Gesundheitswesen planen und steuern zu können, und ich möchte den Menschen wirklich die Angst nehmen, dass ihre Daten missbräuchlich verwendet werden. Es ist zum Vorteil der Menschen, weil man besser planen kann, weil man Versorgungsstrukturen besser aufbauen kann. Das ist ein wichtiger Punkt, den man im Gespräch mit den Menschen immer wieder anbringen soll.

Ich möchte noch ganz kurz zur zweiten Maßnahme, zur Speicherdauer bei Elga etwas sagen; da wurde schon viel angesprochen: Ich glaube, das ist auch eine wichtige Maßnahme. Die Elga-Speicherung wäre jetzt mit Jahresende – nach zehn Jahren – ausgelaufen. Zwei Bundesländer hätten jetzt tatsächlich beginnen müssen, ihre Daten zu löschen. Mit dieser Erweiterung, dass man die Daten 30 Jahre speichern kann, wird für Menschen, die chronische Erkrankungen haben, wirklich eine wichtige Maßnahme umgesetzt, um etwa Therapieverläufe gut sichtbar machen zu können, vor allem auch für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Soweit ich weiß, wird die Freiheitliche Partei da mitstimmen, und dafür möchte ich mich auch bedanken, weil ich wirklich glaube, dass das ein wichtiger Schritt ist, dass man für die Patient:innensicherheit und für Ärztinnen und Ärzte ein gutes Tool so in die Zukunft bringt, dass es sinnvoll angewendet werden kann. Danke dafür! 

Abschließend noch zu Elga, weil ich es auch wichtig finde, das einmal im Zusammenhang mit dieser Debatte zu sagen: Es wird immer davon gesprochen, es sei ein wichtiges Instrument und deswegen so gut, weil man die Opt-out-Möglichkeit habe. Ich möchte zu bedenken geben: Es sind – ich sage jetzt: Gott sei Dank – 97 Prozent der Menschen in Österreich an Elga angeschlossen. Also man sieht schon: Wenn man Menschen gut auf die Digitalisierungsreise mitnimmt, wenn man keine Ängste schürt, sondern den Nutzen heraushebt, dann kann man durchaus davon ausgehen, dass auch in Österreich die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Gesundheitsdaten arbeiten möchten und diese auch selber nutzbar machen wollen. Deswegen glaube ich noch immer – bei allen Schwierigkeiten von Elga –, dass Elga doch ein gutes Vorzeigeprojekt ist. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, wir stehen im Gesundheitswesen vor großen Herausforderungen, das möchte ich auch betonen. Wir haben viel Geld im System, das wir noch besser, effizienter einsetzen müssen, und – das möchte ich auch betonen – wir haben einen Reformprozess umzusetzen beziehungsweise wir haben ihn gestartet, der am Ende des Tages ein großes Ziel hat: Wir möchten das solidarische öffentliche Gesundheitssystem stärken. Ich lade wirklich alle dazu ein, auf diesem Weg mitzugehen, weil am Ende des Tages im Gesundheitssystem und in der Gesundheitspolitik der Mensch, der Patient, die Patientin im Mittelpunkt stehen soll. Deswegen: Machen wir uns im Jahr 2026 auf die Reise, um unser solidarisches Gesundheitssystem wirklich in die Zukunft zu bringen. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

16.06

Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Guggenberger. – Herr Bundesrat, du bist am Wort.

RN/93

16.07

Bundesrat Andreas Guggenberger (FPÖ, Wien): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich sage es heute einmal so, um den Weihnachtsfrieden zu wahren (Staatssekretärin Königsberger-Ludwig: Das ist sehr nett! – Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ), sonst kommen wieder zig Wortmeldungen von der linken Reichshälfte hier. (Ruf bei der SPÖ: Besser wär’s, du machst es aus Überzeugung!) – Du, meine Überzeugung brauchst du mir nicht zu erklären! 

Gut, kommen wir zum Thema Novelle für Elga: Da kann ich Ihnen versichern, das ist ein sehr guter Beschluss, er ist wichtig, und darum werde ich auch nicht viele Worte verlieren, weil wir da auf alle Fälle zustimmen werden. (Beifall der Bundesrätin Schwarz-Fuchs [ÖVP/Vbg.]. – Bundesrat Gfrerer [ÖVP/Sbg.]: Das sind einmal lobende Worte!) – Warum? (Heiterkeit des Redners.) Habt ihr lobende Worte für uns? – Kaum. (Bundesrat Gfrerer [ÖVP/Sbg.]: Immer! Immer!) Ja.

Was aber die Novelle zum Gesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen betrifft, schaut das Ganze natürlich schon vollkommen anders aus. Was uns da die Regierung als Novelle vorgelegt hat, ist keine durchdachte Reform, sondern ein überhastetes, gefährliches Experiment auf dem Rücken von Patienten und Ärzten. Diese Vorlage ist nicht beschlussreif, und das sagen nicht nur wir, das sagen der Datenschutzrat, die Datenschutzbehörde, der Österreichische Rechtsanwaltskammertag, das Justizministerium, Länder, die Ärztekammer, die Wirtschaftskammer – also alle, die sich sehr ernsthaft einmal mit dieser Materie beschäftigt haben. (Beifall bei der FPÖ.) 

Dazu gibt es auch mehrere Kritikpunkte. Erstens: Datenschutz – eine völlige Schieflage. Da geht es um höchst sensible Gesundheitsdaten, trotzdem bleibt die Verwendung der Sozialversicherungsnummer weit offen, der Personenbezug ist unklar geregelt, Verantwortlichkeiten verschwimmen – und dann wird das Ministerium noch ermächtigt, selbst per Verordnung festzulegen, welche Daten erhoben werden und wer sie bekommt. Meine Damen und Herren, das ist keine Rechtssicherheit, das ist eine Blankovollmacht. (Beifall bei der FPÖ.) Ich glaube kaum, dass aus Ihren Reihen jemandem eine Blankovollmacht in die Hand geben würde. (Beifall bei der FPÖ.) Sie können sicher sein, so etwas endet früher oder später beim Verfassungsgerichtshof. 

Zweitens: Niemand weiß, wer verantwortlich ist. Dachverband, Pseudonymisierungsstelle, Ministerium – alle werden genannt, kommen vor, aber niemand ist klar verantwortlich. Wer haftet bei Datenpannen, wer bei falschen Meldungen? Wer schützt den Arzt vor Haftungsfolgen? – Die Antwort kennen wir aus der Praxis: Am Ende bleibt alles beim einzelnen Arzt hängen. Genau so schafft man Misstrauen statt Akzeptanz. 

Drittens: eine technische Sackgasse statt eines Zukunftssystems. Europa geht in Richtung European Health Data Space mit Snomed CT und moderner bidirektionaler Infrastruktur. Wir bauen auf ICD-10 und Ambco ein Abrechnungssystem aus der Vergangenheit auf. Das Ergebnis ist absehbar: Heute teuer einführen und morgen alles noch einmal neu aufbauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist keine intelligente Digitalisierung, das ist Doppelarbeit und Steuergeldverschwendung. 

Viertens: Der Zeitplan ist völlig unrealistisch. Inkrafttreten am 1. Jänner, obwohl Schnittstellentests, Schulungen und Standards noch gar nicht existieren – das ist auch objektiv nicht machbar. Was passiert dann? – Systemausfälle, Datenfehler, Chaos in den Ordinationen. Leidtragende sind die Patienten und ein ohnehin überlastetes Gesundheitspersonal. 

Fünftens: Kostenabwälzung statt Unterstützung. Kein Finanzierungskonzept, keine Förderungen, kein Support – die Kosten für Software und Umstellung und Schulung sollen die kleinen Praxen selbst tragen, während der Nutzen bei der Verwaltung liegt. So geht man aber nicht mit den Ärztinnen und Ärzten um. Diese Vorlage bedeutet Risiko für den Patienten, Mehrbelastung für Ärzte, weniger Vertrauen ins System. 

Darum ist klar: Dieses Projekt muss gestoppt und neu aufgesetzt werden (Beifall bei der FPÖ), und zwar mit erstens klaren Datenschutzregeln, zweitens eindeutigen Verantwortlichkeiten, drittens EU-kompatibler Technik, viertens einem realistischen Zeitplan und fünftens einer fairen Finanzierung. Digitalisierung ja, aber nicht planlos, nicht zentralistisch und nicht gegen die Praxis! (Beifall bei der FPÖ.)

16.12

Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Sebastian Forstner. – Herr Bundesrat, ich erteile dir dieses.

RN/94

16.13

Bundesrat Sebastian Forstner (SPÖ, Oberösterreich): Danke für das Wort, sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Ich weiß, es ist mittlerweile schon später Abend und die Themen sind teilweise sehr ermüdend. Nichtsdestotrotz bin ich froh, dass ein Punkt noch nicht so im Detail angesprochen worden ist, nämlich die Preisbandregelung. Bei diesem Thema, glaube ich, kann es passieren, dass man – wie es bei vielen Eltern manchmal ist, wenn die Kinder krank sind und nicht das richtige Medikament zur Verfügung steht – sehr, sehr schnell wieder munter wird. Ich glaube, dieses Thema hat durchaus auch Potenzial, und deswegen möchte ich näher darauf eingehen. 

Ich stehe heute hier als Vater von zwei kleinen Kindern, und für mich ist die Frage der Arzneimittelpreise keine abstrakte Debatte, sondern sie gibt Anlass zu einer ganz konkreten Sorge, nämlich: Wie stellen wir sicher, dass unsere Kinder und alle Menschen in Österreich auch in Zukunft Zugang zu leistbaren Medikamenten haben? – Genau darum geht es nämlich bei der Verlängerung der Preisbandregelung. 

Diese Regelung ist kein Selbstzweck, sondern ein Instrument, um die Kosten im Gesundheitssystem unter Kontrolle zu halten und damit die Solidarität in unserem System zu sichern, denn eines ist klar: Wenn die Preise für Medikamente ungebremst steigen, zahlen am Ende die Versicherten, die Familien und wir alle. Das wiederum bedeutet: weniger Geld für andere wichtige Leistungen, weniger Spielraum für Prävention, weniger Sicherheit für die Zukunft. 

Warum ist das Preisband so wichtig? – Die Preisbandregelung sorgt dafür, dass Generika und Biosimilars, also wirkstoffgleiche Medikamente, nicht zu überhöhten Preisen angeboten werden. Sie schafft einen fairen Rahmen, in dem Wettbewerb möglich ist, und verhindert, dass die Sozialversicherung für identische Wirkstoffe völlig unterschiedliche Preise zahlen muss. Das ist nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern auch sozial gerecht, denn jeder Euro, den wir hier sparen, kommt den Patientinnen und den Patienten zugute – meinen Kindern, euren Kindern und am Ende des Tages allen Menschen in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Versorgungssicherheit und Planung: Ich höre oft das Argument, dass die Preisbandregelung die Versorgung gefährdet. Genau das Gegenteil ist aber der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie schafft nämlich Planungssicherheit: für die Sozialversicherung, die weiß, wie sie ihre Budgets kalkulieren kann, für die Politik, die weiß, dass die Kosten nicht explodieren, und auch für die Industrie, die sich auf stabile Rahmenbedingungen einstellen kann. Und wir brauchen diese Stabilität gerade in Zeiten, in denen die Gesundheitsausgaben steigen und die Budgets so richtig unter Druck geraten. Ohne klare Regeln riskieren wir ein System, das sich nur die Stärksten leisten können, und das darf nicht passieren. 

Als Vater sage ich Ihnen: Ich möchte, dass meine Kinder in einem Land aufwachsen, in dem Gesundheit keine Frage des Geldes ist. Die Verlängerung der Preisbandregelung ist ein Schritt, um dieses Versprechen, nämlich jenes der Versorgungssicherheit, einzuhalten. (Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir nicht irgendwann sagen müssen: Dieses Medikament oder jenes Medikament gibt es nur noch im Museum, gleich neben der E-Card! – Vielen Dank, dass wir alle zusammenhelfen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

16.16

Vizepräsident Günther Ruprecht: Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

RN/95

Abstimmung

Vizepräsident Günther Ruprecht: Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit, der Antrag ist somit angenommen.