RN/108

17.04

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Danke schön, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ich werde es relativ kurz und schmerzlos machen. (Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von SPÖ und ÖVP.) – Nein, es ist schon spät und es ist kurz vor Weihnachten, aber ein bissel was muss ich schon dazu sagen. (Ruf: Jetzt hast viel versprochen!) – Was habe ich? (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Viel versprochen? Ja, schmerzlos. (Heiterkeit der Rednerin.)

Ich muss schon sagen, wenn man sich den Tagesordnungspunkt und den vorliegenden Gesetzentwurf anschaut, dann drängt sich einem so ein bisschen das Gefühl von einem System auf, das schon wirklich sehr viele Zahnräder hat, und da packt man jetzt noch einmal drei weitere dazu. Es ist schon so: Statt Vereinfachung, statt Finanzierung aus einer Hand, die gescheit wäre, statt Klarheit bekommen wir drei neue Fonds, drei neue Finanzströme. Zusätzlich zur bestehenden Kompetenzzersplitterung wird eine neue Kompetenz- beziehungsweise Entscheidungsebene eingeführt, die Verordnung durch die Ministerin – also eigentlich genau das Gegenteil dessen, worauf Expertinnen und Experten seit Jahren hinweisen.

Ziel des Fonds war es ja auch, zu verhindern, dass Gelder von den Krankenversicherungen weiter ungelenkt quasi an die Länder fließen. Das ist tatsächlich einer der wenigen guten Punkte an diesem Fonds. Worum geht es jetzt wirklich? – Die Beiträge, wir haben es vorhin schon von meiner Kollegin gehört, für Pensionist:innen sind heuer erhöht worden. Dadurch steigen automatisch auch die sogenannten Hebesätze, wodurch eben auch die Transfers vom Budget in Richtung Krankenversicherung erhöht werden. 

Um diese Mittel zu verwalten, werden jetzt diese drei Fonds geschaffen, einer für jede Krankenversicherung – für die ÖGK, für die SVS, für die BVAEB. In Summe reden wir von einer halben Milliarde Euro jährlich. Wie wird das Geld verteilt? – Nicht etwa nach dem tatsächlichen Bedarf, nicht nach der finanziellen Situation, auch nicht nach Versichertenzahlen, sondern entlang historischer Hebesatzregeln. Das heißt, pro Kopf bekommen die SVS und die BVAEB deutlich mehr, obwohl die ÖGK das größte Defizit hat.

Im Gesetz steht zwar schön, dass diese Mittel an Reformziele gekoppelt sein sollen, aber im ersten Jahr gehen 90 Prozent direkt an die Kassen, im zweiten 80 Prozent und alles, was dann übrig bleibt, bekommen sie sowieso spätestens Ende 2030 zurück, egal ob irgendetwas umgesetzt wurde oder nicht. Ich möchte da gerne einen – meiner Meinung nach wirklich treffenden – Vergleich machen, den mein Kollege Schallmeiner im Nationalrat vorige Woche gebracht hat: Das ist irgendwie so, wie wenn man seinen Kindern verspricht, zu Weihnachten bekommen ihr eine Playstation 5, wenn ihr gute Noten schreibt, aber eigentlich, wisst ihr was: Da habt ihr sie jetzt schon. Ich behalte mir zwar einen Controller, aber am 24. kriegt ihr den eh auch, also das passt schon.

Dann gibt es diesen Fünferbeirat, der fachlich beraten soll, aber nur zwei Mitglieder dieses Beirats müssen tatsächlich qualifiziert sein; die anderen drei können praktisch wirklich beliebige Personen sein, die Regierung kann nominieren, wen sie möchte. Selbst wenn dieser Beirat hervorragende Vorschläge macht, Frau Ministerin, Sie müssen dann gar nichts davon umsetzen, denn die Ziele und Maßnahmen werden ja per Verordnung festgelegt. Das ist unserer Meinung nach nicht Governance, das ist ein Feigenblatt. 

Zum Thema Entbürokratisierung: Den NEOS ist das immer so wichtig, sie betonen ja immer, wie wichtig der Bürokratieabbau ist, gleichzeitig sind sie mit dabei, wenn da ein weiteres komplexes Verwaltungskonstrukt entsteht: also drei Fonds, drei Geldströme, drei neue Entscheidungswege, ein Beirat und am Ende landet das Geld dort, wo es ohnehin hingehört, in der Krankenversicherung. Warum also dieser Umweg, warum die zusätzlichen Strukturen?

Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das aus einer Hand finanziert wird, das transparent ist, das Planung ermöglicht, das sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Versicherten orientiert. Dieses Gesetz führt eigentlich genau in die andere Richtung zu mehr Komplexität, mehr Zersplitterung, mehr Intransparenz.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie geben heute keine Reform frei, sondern ein Verwaltungskonstrukt, das viel kostet und wenig bringt, ein System, das vorgibt, Ordnung zu schaffen, aber am Ende nur Schichten auf ein ohnehin schon unübersichtliches System drauflegt. Das ist nicht der richtige Weg zu einer modernen, gerechten und leistungsfähigen Gesundheitsversorgung. Darum werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.09

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.