18.39

Bundesrat Mag. Bernhard Ruf (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, ob freiwillig oder unfreiwillig, hier im Saal und vor den Bildschirmen! Semper reformanda, also stets zu reformieren, habe ich in Anlehnung an das Zweite Vatikanum bei einer der letzten Sitzungen unser Schulwesen und unsere Bildungspolitik genannt. Im Gegensatz zur schmollenden, von Neid und Angst lebenden und unser Land und seine Schulen schlechtredenden FPÖ (Zwischenruf bei der FPÖ) reformieren wir es als aktive, verantwortungsvolle und liefernde Regierungsparteien.

Die heute vorliegende Schulrechtsnovelle ist ein wirklich wichtiger Schritt für mehr Chancengerechtigkeit, für mehr Sicherheit und für bessere Unterstützung an unseren Schulen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Hat schon einen Grund ...!) Dabei trifft diese Novelle zwei Kernbereiche: 

Punkt eins, die Suspendierungsbegleitung: Kinder und Jugendliche, die suspendiert werden, brauchen eine gute Begleitung und eine strukturierte Unterstützung bei der Reintegration. Dabei kommt eine besondere Bedeutung den Eltern und Erziehungsberechtigten zu, daneben auch der Schulsozialarbeit und der Kinder- und Jugendhilfe. Die Hauptverantwortung für die Erziehung der Kinder liegt aber nach wie vor bei den Eltern, für die Schule gibt es ja nur eine Mitwirkungspflicht an der Erziehung, und ich bin überzeugt davon, dass wir Eltern viel mehr in Verantwortung bringen müssen. Dazu werden auch die Perspektivengespräche beitragen, die mit jenen Schülerinnen und Schülern geführt werden sollen, die die Schule vorzeitig verlassen. Diese Gespräche sollen Gründe für den Schulabbruch klären, Feedback ermöglichen und – ganz wichtig – auch Alternativen aufzeigen.

Apropos Perspektiven: Es ist auch eine Frage der Perspektive, warum wir heutzutage Suspendierungen und Schulverweise beziehungsweise -abbrüche haben. Ich weise wie in der Debatte zur Dringlichen Anfrage an Minister Wiederkehr wieder darauf hin, dass sich der Medienkonsum der Jugendlichen dramatisch verändert und verschärft hat. Das belegt unter anderem eine Studie, die gestern in Oberösterreich von der Bildungslandesrätin und dem Bildungsdirektor gemeinsam mit dem Market-Institut präsentiert wurde. Gaming spielt für immer mehr Jugendliche eine immer größere Rolle und beschäftigt sie bis spät in die Nacht, das Mobiltelefon ist der ständige Begleiter der Jugendlichen. Das ist nur eine der Herausforderungen der Schule von heute, die es notwendig macht, für bessere Rahmenbedingungen, für strukturierte Begleitmaßnahmen zu sorgen – und das machen wir nicht nur mit dem schon beschlossenen Handyverbot, das machen wir auch jetzt und hier mit diesem Gesetz. Dieses Gesetz sorgt dafür, dass Schule ein Ort ist, an dem wir Werte wie Gleichstellung und Freiheit vermitteln und individuelle Entfaltung ermöglichen.

Damit wären wir beim zweiten Schwerpunkt dieser Novelle, dem Kopftuchverbot für Schülerinnen unter 14 Jahren: Ja, das ist ein Gesetz, das eine Gratwanderung zwischen Religionsfreiheit und gesellschaftlicher Freiheit bedeutet, aber im Gegensatz zu Kreuzen in den Klassen und dem Tragen religiöser Symbole greift das Kopftuch in die individuelle Entwicklung von pubertierenden Mädchen ein. Es ist gekoppelt an die Geschlechtsreife, es ist gekoppelt an patriarchale Strukturen, es ist gekoppelt an Fremdbestimmung durch Religionsgelehrte. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Kerschler [SPÖ/Stmk.].) 

Ja, auch wir haben patriarchale Strukturen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen; ich denke wieder an den Begriff Mädchen, der Frauen von Geburt an verkleinert und neutralisiert. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].) Das Kopftuch aber übt den Druck der männerdominierten Familien auf das weibliche Individuum, auf den heranwachsenden Menschen direkt aus, und deshalb ist es umso wichtiger, dass wir an unseren Schulen jungen Frauen einen Raum bieten, in dem sie sich ohne äußeren Druck in Freiheit entwickeln können. 

Wir haben im Vergleich zum letzten Anlauf das Gesetz verbessert: Diesmal wurde der Begriff Kopftuch nach islamischer Tradition eindeutig definiert, die Altersgrenze und der Geltungsbereich dieses Gesetzes wurden präzise und klar geregelt: Es gilt im Schulunterricht, in Schulgebäuden und auch in Schulsportstätten. Es gilt nicht nur an öffentlichen Schulen, sondern natürlich auch an Privatschulen.

Das Kopftuchverbot ist auch ein Zeichen gegen wachsenden Extremismus, der meint, Menschen bevormunden zu können, der in patriarchaler Selbstüberschätzung meint, zu freizügige Girlgroups mit bedingten Haftstrafen auf Staats- und Religionslinie bringen zu können. Das ist gerade diese Woche der Band Manifest in der Türkei passiert. Das Kopftuchverbot für Schülerinnen unter 14 Jahren soll hingegen ein Manifest für ein faires, gleichberechtigtes Miteinander sein und soll die jungen, heranwachsenden Frauen in ihrer Entwicklung schützen. 

Mein herzlicher Dank gilt hier unserem Minister Wiederkehr – ein herzliches Dankeschön – und auch unserer Ministerin Claudia Plakolm für den unermüdlichen Einsatz und die Weiterentwicklung dieses wichtigen Gesetzes. 

Ich danke aber vor allem allen Pädagoginnen und Pädagogen, die nicht nur diese Gesetze mit Leben füllen werden, sondern täglich durch ihren Mammuteinsatz von Zeit und Energie bewerkstelligen, dass unsere Zukunft, unsere Kinder und unsere nächsten Generationen, eine Zukunft haben, und zwar eine erfüllte und erfüllende Zukunft. Deshalb wünsche ich allen im Schulwesen Tätigen, allen Schülerinnen und Schülern, allen Österreicherinnen und Österreichern und vor allem euch, liebe Republikmitverantwortlichen, friedvolle, freudvolle, liebevolle Weihnachtsfeiertage, Zeit für Familie, für Regeneration, für Rekreation. Möge das neue Jahr 2026 von Gesundheit, von Lebensfreude, von Mut und Zuversicht erfüllt sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie des Bundesrates Kober [FPÖ/Stmk.] und der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

18.46

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile es ihr.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.