6359/I-BR BR
6359 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus
über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Mai 2001 betreffend eine Europäische
Charta der Regional - oder Minderheitensprachen samt Erklärungen
Österreich gehört derzeit keinem völkerrechtlichen Instrument zum Schutz von
Regional - und Minderheitensprachen an.
Die Arbeiten an der Europäischen Charta der Regional - und Minderheitensprachen
gehen insbesondere auf initiativen der parlamentarischen Versammlung des Europarats und
der ständigen Konferenz der Kommunal - und Regionalbehörden Europas zurück. Ein Ad -
hoc - Sachverständigenausschuss für Regional - oder Minderheitensprachen erstellte nach
längeren Vorarbeiten für das Ministerkomitee des Europarates den endgültigen Wortlaut der
Charta.
Der Hauptzweck der Charta ist kultureller Natur. Er soll die Regional - oder
Minderheitensprachen als einen bedrohten Aspekt des europäischen Kulturlebens schützen
und fördern. Aus diesem Grund enthält er nicht nur ein Diskriminierungsverbot hinsichtlich
der Benutzung dieser Sprachen, sondern sieht auch Maßnahmen vor, die die positive
Unterstützung für diese Sprachen anbieten: Es geht darum, im Rahmen des Zumutbaren
und Möglichen die Benutzung der Regional - oder Minderheitensprachen im Bildungswesen
und in den Medien sicherzustellen und ihre Benutzung im Justiz - und Verwaltungsbereich, im
Wirtschafts - und Soziallaben sowie bei kulturellen Tätigkeiten zu erlauben bzw. zu fördern.
Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzesändernd bzw. gesetzesergänzend; er
hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden oder verfassungs -
ergänzenden Bestimmungen. Sein Inhalt ist im innerstaatlichen Bereich nicht unmittelbar
anwendbar. Der Nationalrat hat daher anläßlich der Beschlussfassung im Gegenstand im
S‘nne des Art. 50 Abs. 2 B - VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von
Gesetzen zu erfüllen ist.
Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt
werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz
B - VG erforderlich.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am
21. Mai 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates vom 10. Mai 2001 gemäß Art. 50
Abs. 1 zweiter Satz B - VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen1 und
2. gegen den Beschluss des Nationalrates, den vorliegenden Staatsvertrag gemäß Art. 50
Abs. 2 B - VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.