1673/J-BR BR
der Bundesräte Mag. Gudenus
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Schädigung der Republik Österreich durch den früheren Finanzminister
Dkfm. Lacina
Im Jahre 1988 war die Stelle des Inspizierenden der Zollämter im Bereich der
Finanzlandesdirektion für Salzburg neu zu besetzen. Das sorgfältig vorbereitete
Ausschreibungs - und Besetzungsverfahren endete mit einem eindeutigen und
nachvollziehbaren Gutachten der Ausschreibungskommission zugunsten des Bewerbers
Franz Polster. Der Leiter der damals für dieses Verfahren zuständigen Personalsektion
empfahl daraufhin dem Bundesminister für Finanzen Dkfm. Lacina, den Bewerber Franz
Polster mit der ausgeschriebenen Stelle zu betrauen.
Der Bundesminister erteilte dem Sektionsleiter jedoch die Weisung, einen laut
Gutachten der Kommission minder geeigneten Bewerber mit dieser Funktion zu
betrauen. Obwohl der Sektionsleiter den Bundesminister darauf hinwies, daß ein
Beharren auf dieser Weisung den Tatbestand des Mißbrauch der Amtsgewalt erfüllen
könnte, blieb Bundesminister Lacina bei seiner Weisung, worauf der weniger geeignete
Bewerber schließlich zum Inspizierenden der Zollämter bestellt wurde. Offenbar nahm
Bundesminister Lacina die Bedenken seines untergebenen Sektionsleiters allzu
persönlich: er legte ihm nämlich die vorzeitige Pensionierung nahe.
Der übergangene Bewerber Franz Polster nahm seine ungerechtfertigte Benachteiligung
nicht widerspruchslos hin sondern machte seinen Schaden im Wege einer
Amtshaftungsklage geltend.
In mehreren Rechtszügen durch alle Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof wurde die
rüde Vorgangsweise des ehemaligen Finanzministers immer wieder dargestellt. Der
Oberste Gerichtshof hat nunmehr den Fall mit seiner Entscheidung vom 27. August
1999,1 Ob 17/99b, endgültig entschieden. Demnach hat der Gerichtshof erkannt, daß
Bundesminister Dkfm. Lacina im vorliegenden Fall seine Befugnisse mißbraucht hat. Er
sei "aufgrund der Würdigung des gesamten Verhaltens des Ministers, insbesondere
dessen intensiver Interventionen" zur Überzeugung gelangt, der Kläger sei deshalb nicht
ernannt worden, weil sich der Minister mit seinem Wunsch nach Ernennung eines SP -
Gemeinderates nicht durchsetzen konnte. Damit war der Beweis der unsachlichen
Benachteiligung des Klägers erbracht.
Also steht, und das ist der juristische Clou der Entscheidung, einem
Schadenersatzanspruch prinzipiell nichts im Wege: Obwohl aus dem Beamten -
Dienstrechtsgesetz kein subjektives Recht eines Kandidaten auf eine bestimmte
Ernennung ableitbar ist, können "aus einer unterbliebenen Beförderung dann
Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, wenn sie auf einen Mißbrauch der
eingeräumten Befugnisse zurückzuführen" ist (1 Ob 17/99b vom 27. August 1999). Die
Bewerber sollen sich darauf verlassen können, daß die Entscheidung verfahrensrechtlich
einwandfrei fällt. Im selben Sinn äußerte sich der OGH bereits 1996 (1 Ob 45/95), als er
eine der vielen mißglückten Vorentscheidungen in diesem Verfahren aufhob.
Nach dem neuen Urteil muß nur noch festgestellt werden, wie hoch die finanziellen
Einbußen des Klägers waren und bis in die Pension sein werden. Die Differenz
gegenüber der ihm rechtswidrig vorenthaltenen Beförderung steht ihm zu, und zwar
ungeachtet der Tatsache, daß der schließlich zum Zuge gekommene Bewerber ebenfalls
gut geeignet war: Rechtswidrig war es, daß der Mitbewerber aus unsachlichen Gründen
ernannt wurde.
Die Republik Österreich wird daher dem Kläger Schadenersatz zu leisten haben und
darüber hinaus auch die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Es stellt sich die Frage,
ob und inwieweit der dafür Verantwortliche, nämlich der frühere Bundesminister Dkfm.
Lacina, dafür zur Verantwortung gezogen wird.
Die unterfertigten Bundesräte richten daher an den Bundesminister für Finanzen die
nachstehende
ANFRAGE
1. Teilen Sie die Auffassung des Obersten Gerichtshofes, daß der frühere
Bundesminister für Finanzen im vorliegenden Fall seine Befugnisse mißbraucht und
den Bewerber Franz Polster aus unsachlichen Erwägungen benachteiligt hat?
Wenn ja, welche Konsequenzen werden Sie daraus ziehen?
Wenn nein, warum nicht?
2. Trifft es zu, daß im oben dargestellten Fall nicht der Bewerber in die ausgeschriebene
Funktion berufen wurde, der von der Begutachtungskommission als der
bestgeeignete bezeichnet wurde?
3. Wie hoch sind die Verfahrenskosten, die in diesem Amtshaftungsverfahren für die
Republik Österreich bisher aufgelaufen sind?
4. Wie hoch sind die bisher aufgelaufenen Verfahrenskosten, die die Republik
Österreich dem obsiegenden Kläger Franz Polster zu ersetzen hat?
5. Ist das Bundesministerium für Finanzen in der Frage der Höhe des Schadenersatzes
bereit, mit dem Kläger zur Vermeidung weiterer Prozeßkosten eine außergerichtliche
Einigung zu erzielen?
Wenn nein, warum nicht?
6. Wie hoch ist nach Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen der finanzielle
Schaden, der dem Kläger durch die rechtswidrige Entscheidung erwachsen ist?
7. Teilen Sie noch immer die Auffassung, daß die Umstände im dargestellten Fall
geeignet sind, das Vertrauen in eine objektive Auswahl leitender Organwalter Ihres
Ressorts zu erschüttern?
Wenn ja, warum?
8. Teilen Sie die Auffassung, daß Bundesminister Dkfm. Lacina durch sein Verhalten
nicht nur das Vertrauen in die Objektivität von Personalentscheidungen geschädigt
hat, sondern darüber hinaus der Republik Österreich auch finanziellen Schaden
zugefügt hat?
Wenn ja, werden Sie diesen Schaden - nämlich die von der Republik Österreich zu
tragenden Verfahrenskosten und den Schadenersatz - bei Dkfm. Lacina geltend
machen?
Wenn ja, wann und in welcher Höhe?
Wenn nein, warum nicht?
9. Trifft es zu, daß das Bundesministerium für Finanzen beabsichtigt, gegen den
früheren Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Dr. Gabi, mit Klagen
bzw. Anzeigen vorzugehen?
Wenn ja, warum?
10.Teilen Sie die Auffassung, daß die Vergabe von Funktionen in Ihrem Ressort den an
objektive und nachvollziehbare Verfahren zu stellenden Anforderungen nur
unzureichend genügt?
Wenn nein, wie können Sie sich erklären, daß sich SPÖ und ÖVP nunmehr über die
Beseitigung der Parteibuchwirtschaft im Bundesdienst einig sind (vgl. "Die Presse"
vom 11. November 1999)?
11. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die Vergabe leitender Funktionen in
Ihrem Ressort objektiver und transparenter zu gestalten?
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