Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 46

20.13

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das uns jetzt vorliegt, war sicherlich dringend notwendig. Das duale Berufsausbildungssystem, das Kernstück der Berufsausbildung in Österreich überhaupt, hat in letzter Zeit zu einem großen Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bei Lehrstellen geführt.

Bezüglich der arbeitsmarktpolitischen Begleitmaßnahmen für am Arbeitsmarkt benachteiligte Jugendliche und für Jugendliche, die bisher keine Lehrstelle gefunden haben, war es nicht gerade erbauend, was die österreichische Bundesregierung da bisher aufgeführt hat. Man hat versucht, Berufsfachschulen als Ersatz für fehlende Lehrstellen einzurichten. Man hat vor Jahren schon eine Kampagne gestartet: "Karriere mit Lehre". - Gefruchtet hat es nichts, diese Kampagne hat eigentlich nichts gebracht.

Man hat eine Lehrlings-Hotline eingerichtet, was zu einem Wildwuchs an Förderungen geführt hat, denn die Gewinner dieser Förderungen waren jene Betriebe, die vorher keine Lehrlinge eingestellt haben oder solange gewartet haben, bis eine Förderung ausgeschüttet wurde, und die Lehrlinge dann im November und im Dezember eingestellt haben. Jene Betriebe, die eigentlich schon immer Lehrlinge ausgebildet haben, haben nichts davon gehabt.

Das hat in Kärnten zu folgendem geführt: Ich bin selbst in einem Betrieb beschäftigt, in dem an vier verschiedenen Standorten über 100 Lehrlinge ausgebildet werden. Es werden jedes Jahr rund 35 Lehrlinge aufgenommen, und plötzlich hat es so ausgesehen, als würde es eine Trendwende geben: Es haben sich heuer nur halb so viele Jugendliche um einen Lehrplatz beworben als die Jahre davor. Die öffentliche Diskussion hat offenbar bewirkt, daß Jugendliche beziehungsweise die Erziehungsberechtigten, die Eltern dieser Jugendlichen gar nicht mehr den Versuch gestartet haben, sich um einen Lehrplatz zu bewerben, weil sie gedacht haben: Er bekommt sowieso eine Ausbildung, wenn er weiter in eine Berufsfachschule geht, vielleicht sogar eine bessere Ausbildung als auf einem Lehrplatz. Sie haben sich also gar nicht darum bemüht.

Ich habe schon Sorge gehabt, daß sich dieser Trend, wenn jetzt nichts Gescheites zusammengebracht wird bezüglich der Berufsausbildung, noch immens verstärken wird, weil die Wirtschaft dann nur mehr Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen wird, wenn diese entsprechend hoch gefördert werden. Der ursprüngliche Text der Regierungsvorlage, wie er uns vorgelegen ist, hat im Prinzip nicht mehr ausgesagt, als daß es eine Förderung von 500 Millionen Schilling geben wird. Es hat keine Begutachtung gegeben. Die Gründe, warum das Lehrstellenangebot so niedrig ist, sind auch unerwähnt geblieben. Ich habe mir gedacht: Was soll daraus werden? Das kann man ja nur ablehnen.

Aber siehe da, man hat im letzten Moment im Ausschuß noch eine Gesamtänderung vorgelegt, was zwar sicherlich auch früher möglich gewesen wäre, aber das war nun wirklich komplexer. Meine Kollegen im Sozialausschuß und ich haben dem auch zugestimmt, weil für die Jahre 1998 und 1999 insgesamt 1,8 Millionen Schilling für die Ausbildung ... (Abg. Dr. Feurstein: Milliarden! - Abg. Tichy-Schreder: Milliarden! Sie haben "Millionen" gesagt!) Milliarden, ja. Genau sind es 800 Millionen für Lehrgänge und 1 Milliarde für Lehrlingsstiftungen.

Was mich dabei etwas irritiert, ist, daß Jugendliche mit einem positiven Schulabschluß, wenn sie einen Lehrgang besuchen, nur 2 000 S pro Monat erhalten, und jene, die einen negativen Schulabschluß haben und in die Lehrlingsstiftungen gehen, 2 985 S bekommen und wesentlich höher gefördert werden. Das paßt mir eigentlich nicht so ganz, aber mir ist es doch lieber, Frau Sozial-minister, werte Kolleginnen und Kollegen, daß Jugendliche beschäftigt, einer Ausbildung zugeführt werden, als daß sie auf der Straße stehen. Das ist auch der Grund dafür, daß wir dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben.

Daß in den Berufsschulen, die immer weniger frequentiert werden, die entsprechenden Räume zur Verfügung gestellt werden, finde ich ebenfalls sehr positiv.


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