Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 58

Die SPÖ/ÖVP-Koalition hat die Entwicklung der Lehrberufe im Nationalen Aktionsplan festgelegt und ihr große Bedeutung zugeordnet. Aus dem Sozialministerium wurde sogar verkündet, daß die Arbeitsgruppen nach Pfingsten umgehend Maßnahmen präsentieren werden, um das Problem der Lehrberufe endlich einmal auszuräumen. Das einzige jedoch, was bisher präsentiert worden ist, sind Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Koalitionspartnern, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Abg. Dr. Feurstein: Nein, das ist nicht wahr!) Wenn man im Wirtschaftsausschuß dabei ist, hört man, daß sich Minister Farnleitner darauf ausredet, daß im Sozialministerium nichts weitergeht. Und wenn man im Sozialausschuß sitzt, hört man, daß im Wirtschaftsbereich nichts weitergeht.

Meine Damen und Herren! Das ist meiner Meinung nach ein Thema, von dem heute zu sagen ist: Wir stehen nicht mehr fünf Minuten vor, sondern bereits fünf Minuten nach zwölf. Die Maßnahmen aus diesem Gesetzentwurf sind nach unserem Dafürhalten nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die tiefergehenden, strukturellen Gründe dafür, daß das Lehrstellenangebot noch immer so gering ist, bleiben nach wie vor unbehandelt. Dennoch werden wir dieser Gesetzesvorlage zustimmen, meine Damen und Herren! Dieses Gesetz dient zwar dazu, Regierungsversäumnisse zu reparieren, aber es liegt doch im Interesse der Lehrlinge, der Arbeitnehmer.

Was ich außerdem kritisieren muß, ist, daß durch dieses Gesetz die Tendenz verstärkt wird, daß die Wirtschaft Ausbildungsmöglichkeiten nur noch zur Verfügung stellt, wenn diese entsprechend hoch gefördert werden. Auch das ist sicherlich nicht der richtige Weg. Ich mache diesen Zustand nicht einmal der Wirtschaft direkt zum Vorwurf, sondern sage: Das ist ein Versäumnis der großen Koalition. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Uns Freiheitlichen ist klar: Die Lehrlinge sind die Facharbeiter von morgen. Ich glaube nicht, daß es im Interesse unserer Wirtschaft wäre, wenn ein zukünftiger Facharbeitermangel in Österreich sozusagen nur durch Import minderqualifizierter ausländischer Facharbeiter auszugleichen wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. - Bitte, Frau Abgeordnete.

21.12

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Diskussion der letzten zwei oder zweieinhalb Stunden nachvollzieht, kann man feststellen, daß eigentlich nur Negatives über die Arbeit der Regierung gesagt wurde. Wenn ich daran denke, wie Österreich international hinsichtlich der Arbeitslosenrate dasteht, so muß ich sagen, daß die Arbeit der Regierung nicht so negativ sein kann, wie Sie von der Opposition sie kritisieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das fängt schon bei Kollegin Haidlmayr an, wenn sie neuerlich sagt, daß die geschützten Werkstätten alle schlecht wären und wir integrative Arbeitsplätze bräuchten. Frau Kollegin Haidlmayr - sie ist jetzt nicht da, vielleicht hört Sie mich trotzdem! Integrative Arbeitsplätze sind gut und schön, wenn sie zur Verfügung stehen. Wenn sie aber nicht zur Verfügung stehen, dann ist es sehr gut, daß es geschützte Werkstätten gibt, weil ja die Behinderten von der Ausgleichstaxe, die bezahlt werden muß, nichts bekommen. Die Behinderten wollen arbeiten, und in den geschützten Werkstätten können sie arbeiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Damit sind wir schon beim zweiten Punkt. Der Arbeitsmarkt braucht jetzt - wie schon in den letzten Jahren - qualifizierte Arbeitskräfte. Niemand mit schlechter oder geringer Qualifikation hat derzeit Chancen, sich überhaupt bewerben zu können. Wenn jetzt eine Möglichkeit geschaffen wird, daß Personen mit persönlichen Vermittlungshemmnissen - das heißt, wenn sie physisch oder psychisch behindert sind - vielleicht doch den Weg in die duale Ausbildung schaffen, und zwar über den Bereich der sogenannten Vorlehre, dann kann das doch bitte nicht so schlecht sein, wie Sie es hier und heute immer wieder dargestellt haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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