Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 59

Es ist schlichtweg so, daß es Jugendliche gibt, die in der Entwicklung etwas später dran sind als andere, die eine verzögerte Entwicklung haben. Wenn durch die Vorlehre die Möglichkeit geschaffen wird, daß ein solcher Jugendlicher/eine solche Jugendliche mit 16 Jahren soweit ist, daß er beziehungsweise sie einen Lehrberuf antreten kann, und wenn diese Zeit auch angerechnet wird, dann kann das doch auch nicht so verkehrt und schlecht sein!

Da außerdem kritisiert wurde, daß im Zuge derartiger Ausbildungsmaßnahmen sozusagen nur erfahrene Bildungseinrichtungen zum Tragen kommen, möchte ich hier und heute sagen: Es ist das erste Mal, daß wir finanzielle Unterstützung nicht zur Investition in Maschinen, sondern für Menschen geben. Jene Bildungseinrichtungen, die Investitionen bereits getätigt haben, können sofort mit Maßnahmen starten. Andere Bildungseinrichtungen würden erst Investitionen tätigen müssen. Seitens der Bundesregierung heißt es: Investitionen für Investitionen - zu diesen Zwecken dürfen diese Geldmittel nicht verwendet werden. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. - Bitte, Herr Abgeordneter.

21.15

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ein Kompliment an die Bundesregierung: Sie hat sicherlich den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu ihrem Ziel gesetzt. - Sie haben also das Ziel erkannt. Die Frage ist nur: Haben Sie dieses Ziel auch erreicht, sind die Maßnahmen, die Sie setzen, sinnvoll, und werden sie der Zielerreichung dienen?

Sie gehen nun - nach 1997 - in den Jahren 1998 und 1999 ein zweites Mal einen sehr kostspieligen Weg, einen Weg, mit dem 4 000 Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, und das kostet in zwei Jahren pro Platz rund 500 000 S, also eine Viertelmillion Schilling pro Jahr und Platz. Frau Bundesminister! Sie gehen einen Weg der Wettbewerbsverzerrung zwischen jenen Lehrbetrieben, die ganz selbstverständlich nach wie vor junge Menschen aufnehmen, und denen, die darauf warten, was es denn da zu ernten gibt, wenn ein junger Mensch vorher eine Lehrlingsstiftung oder einen Lehrgang besucht hat, wenn man sich ein erstes Lehrjahr oder einige Schulmonate sparen kann.

Sie haben zwar erkannt, daß Jugendarbeitslosigkeit das größte Gift für eine Gesellschaft ist, sind aber trotz allem Bekenntnis zur dualen Ausbildung - wie es Nürnberger und viele andere hier immer wieder abgelegt haben - nicht wirklich dazu bereit, an einer Reform der dualen Ausbildung zu arbeiten. Sehen Sie doch ein, daß die duale Ausbildung in dieser Form jedes Jahr weniger junge Menschen in Ausbildung bringen wird!

Diese Form der dualen Ausbildung, wie Sie sie jahrzehntelang mit Kosten und Reglementierungen überfrachtet haben, wird immer weniger greifen, wenn Sie nicht den Mut haben, sie wirklich einer Reform zu unterziehen und zu verstehen, was steirische Landtagsabgeordnete - das sei Dr. Trinkl ins Stammbuch geschrieben - schon vor eineinhalb Jahren mitangedacht haben, daß wir nämlich Lehr- und Schulzeit in der dualen Ausbildung entkoppeln müssen. Das sind zwei Paar Schuhe!

Jetzt tun Sie das ja in den Modellen, die Sie vorschlagen, Frau Bundesminister! Sie entkoppeln sie bei der Lehrlingsstiftung, Sie entkoppeln sie bei den Lehrgängen, wenn Sie sagen, daß der Lehrling auch noch im Betrieb arbeiten soll. Er wird dort den Status eines Praktikanten haben und viel billiger als ein anderer Lehrling sein, für den man auch sämtliche Schulzeiten als Lehrlingsentschädigung zahlen muß.

Verstehen Sie doch einmal, daß nur diese Entkoppelung zwischen der Berufsschulzeit und der Lehrzeit den Weg dafür freimacht, die Lehre tatsächlich als neue, integrative dritte Säule der sekundären Bildungsstufe zu etablieren! Sie müssen die Berufsschulen reformieren. Dort wird teilweise gut unterrichtet, aber teilweise wird auch sozusagen der Schrott der Vergangenheit


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