Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 130

Wenn man sich die Pressemeldungen ansieht, dann wird immer deutlicher, daß in der nächsten Zeit operative Schritte vorgesehen sind, um ein gutes Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität mit all ihren Nebenwirkungen zu ermöglichen.

Den "Salzburger Nachrichten" vom 16. Juni ist zu entnehmen, daß in Deutschland der Ratifizierung dieses Protokolls ein monatelanger Rechtsstreit vorausgegangen ist. Kay Nehm, der deutsche Generalbundesanwalt, bezeichnete diese strafrechtliche Immunität für Exekutivbeamte in einem Gutachten als Anachronismus und wies zurück, daß man ohne diese Immunität durch Klagsfluten lahmgelegt werden könnte. Sogar der deutsche Völkerrechtler Jochen Frowein äußerte Zweifel, ob die Immunität mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sei, da dem Bürger dadurch jede Beschwerdemöglichkeit genommen werde.

In einem weiteren Presseartikel erklärte sogar der deutsche Innenminister Kanther, eine Notwendigkeit für diese Immunität bestehe nicht und man habe sich dem Wunsch der EU beugen müssen. - Auch hier ist wieder erkennbar, daß das Recht bereits von der EU ausgeht und von den nationalen Staaten nicht mehr vollzogen werden kann.

Aber ich möchte trotzdem aus einem Artikel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mit dem Titel "Braucht EUROPOL die Immunität?" vom 20. Jänner 1998 zitieren:

"Zum einem privilegiert das Protokoll Europa und seine Bediensteten steuerlich. Solche Bevorzugungen internationaler Organisationen lassen sich vor dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit im Sinne gleicher Besteuerung kaum rechtfertigen, werden aber seit langem schon schulterzuckend hingenommen. Wirklich prekär ist dagegen, daß EUROPOL Immunität von der Gerichtsbarkeit genießt und seine Vermögensbestände, Liegenschaften und Guthaben von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung und sonstigen Form des Zugriffs frei sind. Auch die Archive sind dem Protokoll zufolge unverletzlich. Organe und Personal von EUROPOL genießen ,Immunität von jeglicher Gerichtsbarkeit hinsichtlich der von ihnen in Ausübung ihres Amtes vorgenommenen mündlichen und schriftlichen Äußerungen sowie Handlungen' (Artikel 8 des Protokolls)."

Ich glaube, daß sich da eine Polizei über dem Staat entwickelt, was für Österreich sicherlich nicht gut ist. Es wäre sicherlich eine längere Debatte notwendig gewesen, auch mit Experten, um darüber Einigkeit erzielen zu können. Eine solche Regelung, glauben die Freiheitlichen, ist verfassungsrechtlich und demokratiepolitisch äußerst bedenklich. Außerdem wird damit die Souveränität Österreichs untergraben. Deshalb werden wir dieser Vorlage keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. - Bitte.

16.51

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es stimmt: Am 16. Dezember des vergangenen Jahres hat der Nationalrat das EUROPOL-Übereinkommen hier beschlossen. Es war bedauerlich, daß der zweite Teil dieses Übereinkommens, nämlich das Protokoll des EUROPOL-Übereinkommens, nicht diskutiert und beschlossen werden konnte. Wenn Kollege Lafer meint, daß es aus ihm unerklärlichen Gründen damals nicht möglich war, diese beiden wirklich zusammengehörenden Teile des Übereinkommens zu beschließen, dann muß ich ihm sagen: Der ausschließliche Grund, warum das nicht möglich war, Kollege Lafer, liegt bei Ihrer Fraktion. (Abg. Kiss: Das weiß er ja nicht mehr!)

Sie haben es abgelehnt, im Ausschuß über den zweiten Teil, über das Protokoll zum EUROPOL-Übereinkommen, zu diskutieren, weil es nach Ihrer Auffassung erst kurz vor der Ausschußsitzung den Fraktionen zugestellt worden ist. Wir haben auf Ihre Einwände Rücksicht genommen und haben es am 16. Dezember nicht hier im Hause behandelt. (Abg. Aumayr: Das ist aber eine Ausrede! Wann nehmen denn Sie auf unsere Fraktion Rücksicht?) Das ist keine Ausrede, das sind Fakten! Wir haben auf Sie Rücksicht genommen, aber Sie sind anscheinend gar


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