Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 27

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Erstens war das keine europäische Aktion, die in irgendeiner Weise mit dem Entstehen des Amsterdam-Vertrages zusammenhängt, sondern das war ein Manöver, das Frankreich allein und national auf dem Gebiet der Slowakei durchführen wollte.

Zweitens ist für die Bewilligung der Durchfuhr von Kriegsmaterial das Innenministerium alleine zuständig. Die Bewilligung liegt im Ermessen der Behörde, und es sind dazu Stellungnahmen einzuholen. Die Stellungnahmen des Außenministeriums und des Verteidigungsministeriums waren positiv. Wir sind für die Erteilung einer Bewilligung eingetreten, weil unserer Meinung nach auch keinerlei neutralitätsrechtliche Bedenken dem entgegengestanden sind. Weder waren ein Krisenfall noch ein Krisengebiet angesprochen. Man hätte das ohne weiteres machen können.

Diese Auffassung wird übrigens auch von sehr prominenten Neutralitätstheoretikern geteilt. Ich darf etwa Professor Rotter nennen, der wirklich unverdächtig ist und in der "Presse" folgendes geschrieben hat: "Ich sehe aus neutralitätspolitischer Sicht jedenfalls nicht den Schatten eines Grundes, ein solches Ansuchen abzulehnen. Das ist sicherlich kein Neutralitätsproblem." – Soweit ich informiert bin, hat es aber keine Ablehnung dieses Ansuchens gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Scheibner, ich bitte um Ihre Zusatzfrage.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Es hat keine Antwort gegeben auf das Ansuchen, aber jedenfalls handelt es sich dabei um eine weitere Blamage Österreichs in diesen Bereichen. Das geht sogar so weit, daß etwa die belgische Regierung ein Problem damit hat, ihr Regierungsflugzeug, das zwar ein ziviles Flugzeug ist, aber beim Militär angemeldet ist, bei einem Staatsbesuch nach Österreich zu bringen.

Deshalb lautet meine Frage, Herr Außenminister: Welche Maßnahmen werden Sie innerhalb der Bundesregierung treffen, um eine einheitliche Vorgangsweise bei künftigen Genehmigungsansuchen zu erreichen, etwa in der Art, daß man jährliche fixe Kontingente für derartige Überflugsgenehmigungen für Mitgliedsländer der Europäischen Union schafft?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Soweit ich informiert bin, hat es nie ein Problem damit gegeben, daß bei einem Staatsbesuch ein Regierungsflugzeug nicht landen konnte. Nach meinen Informationen hat es da nie ein Problem gegeben, weil auch bekanntlich alle deutschen Minister mit Flugzeugen der Luftwaffe und der Bundeswehr einreisen. Diesbezüglich hat es also noch nie Probleme gegeben.

Ich glaube, daß es klug ist, wenn man da eine gemeinsame Vorgangsweise entwickelt. Ich werde in diesem Sinn auch den Bundeskanzler informieren.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Spindelegger, bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Vizekanzler! In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage einer europäischen Zielsetzung einer zukünftigen Sicherheitspolitik. Da es darüber offenbar unterschiedliche Auffassungen gab, frage ich Sie: Gibt es seitens Österreichs eine Zielsetzung in Richtung einer europäischen Sicherheitspolitik?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir haben den Amsterdam-Vertrag gemeinsam ratifiziert, es geht auch gar nicht anders, und wir haben hier im Hohen Haus dankenswerterweise eine große Zustimmung dazu gefunden. Wir haben auch beim Treffen der Westeuropäischen Union in Rhodos im Mai dieses Jahres eine gemeinsame Erklärung abgegeben, die folgendermaßen lautet:


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