Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 39

Damit Sie wissen: Es handelt sich – und wir haben ja riesige Kunstschätze – nur um ein Zehntelprozent eines Prozentes der Objekte, also um eine Menge, die einfach eine Quantité négligeable, eine vernachlässigbare Größe ist. Wir werden dadurch nicht ärmer, sondern wir werden dadurch letztlich reicher.

Ich freue mich auch, daß wir dieses Gesetz im Ausschuß durch die Zusammenarbeit aller Fraktionen so beschließen konnten, daß wir zu einem Zeitpunkt, der jetzt bald naht, mit diesem Gesetz und mit dieser Rückgabe dieser Bilder als Muster in der Welt dastehen, denn, meine Damen und Herren, es sind ja nicht nur Österreicher betroffen, nicht nur österreichische Kunstgalerien und Museen und die Republik Österreich, sondern Raubgut gibt es in ganz Europa. Am 30. November findet in Washington eine internationale Konferenz statt, bei der zwei Tage lang unter dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit die Fragen des herrenlosen Gutes, des Raubgutes diskutiert werden. Elisabeth Gehrer ist dort eingeladen, aber nicht, um sich anzuhören, was andere uns sagen, sondern um dort das Modell, das wir gefunden haben, vorzustellen. Das ist gut für die Republik! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird immer wieder die Frage gestellt: Ja gibt es denn immer neue Objekte? – Ja, es gibt immer neue Objekte, die gefunden werden. Wir haben in den Ausschußberatungen von Frau Minister Gehrer gehört, daß erst 30 Prozent der Bestände unserer Kunstsammlungen gesichtet und darauf geprüft wurden, ob sie rechtes Gut für uns sind oder unrechtes Gut. Daher wird diese Kommission, wird dieses Verfahren – so nehme ich an – in nächster Zeit immer wieder Dinge hervorbringen, und es wird dem Nationalrat darüber berichtet werden.

Meine Damen und Herren! Gerechtigkeit ist universell. Gerechtigkeit ist gerade auch diesem Hohen Haus eine besondere Aufgabe. Es gibt immer wieder Menschen, die sagen: Ist denn nie ein Ende? Wann ist denn endlich ein Ende mit diesen Sachen? – Ich sage Ihnen das, was ich Ihnen schon zu Beginn gesagt habe: Jeder Generation ist die Auseinandersetzung mit den Folgen des Holocaust erneut und immer wieder aufgetragen, und es wird aus meiner Sicht nie ein Ende geben, diesem unglaublichen und einmaligen Verbrechen gerecht zu werden.

Ich sage aber am Schluß ein Weiteres: Auch anderen ist Unrecht geschehen nach dem Zweiten Weltkrieg  – in der Folge des NS-Terrors, aber auch in der Folge des kommunistischen Terrors –, es gab Vertriebene, Enteignete, Beraubte, unabhängig von persönlicher Schuld, unabhängig von persönlicher Verantwortung. Auch da muß Recht Recht bleiben, kann Unrecht durch Zeitablauf nicht zu Recht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

10.36

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Ich stimme meinem Vorredner natürlich grundsätzlich zu in seinen Aussagen, die er hier zu diesem so heiklen und sensiblen, aber auch sehr wichtigen Thema getätigt hat. Ich denke aber, wir sollten das alles nicht zu ahistorisch in einem bestimmten Punkt betrachten. Bei aller Freude über diese Gesetzesvorlage, darüber, daß es hier ein einheitliches Auftreten gibt, daß es eine einheitliche Initiative gibt, daß das hier auf breiten Konsens gestoßen ist und daß wir hier wirklich versuchen wollen, über die Grenzen des Landes hinaus ein Symbol zu setzen und einen wichtigen Schritt zu tätigen, muß man doch die Frage stellen: Warum das alles erst nach mehr als 50 Jahren?

Es ist eine wichtige Frage, die natürlich im Zusammenhang steht mit der Aufarbeitung dessen, was es damals alles an Unrecht gab, was es damals an Schicksalen, an Opfern, an Unterdrückung, an Vernichtung gegeben hat. Es wird ein Thema sein, das noch Generationen beschäftigt, aber es muß auch uns beschäftigen und die Generationen danach, warum es in der Zeit nach 1945, knapp nach 1945, so schwer war, Schritte zu setzen, die es erst ermöglicht haben, Jahrzehnte später etwas zu tun. Das ist etwas, mit dem wir uns meiner Auffassung nach auseinandersetzen sollten.


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