Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 48

Ich sehe sehr wohl einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Themen, denn es ist letztlich – das wissen wir alle und man kann das ruhig aussprechen – auch ein Kunstgriff, die Absetzung des Punktes 3 oder irgendeines Punktes zu beantragen, um Raum für anderes zu schaffen.

Das ist auch mein inhaltliches Problem mit dem freiheitlichen Antrag. Denn im Prinzip teile ich die Auffassung der Freiheitlichen, daß es Dinge gibt, die viel, viel dringlicher sind – nicht nur Fragen über die Ermittlungen in der Causa Briefbomben, sondern vor allem auch die Neutralitätsgefährdung durch den Herrn Verteidigungsminister im Zusammenhang mit illegalen Waffenexporten. (Rufe bei der ÖVP.) Das ist alles viel dringlicher! (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich möchte den Regierungsparteien eigentlich nicht die Freude machen, nicht über den ORF zu reden! Denn seit Jahren wird der gesamten Opposition gesagt: Es kommt die große ORF-Reform! Jetzt aber macht sich Klubobmann Khol Sorgen um die zukünftige Lebensfähigkeit des ORF und die Möglichkeiten, eine Durchrechnung der Werbezeiten einzuführen. Meine Retourfrage lautet: Warum, Herr Klubobmann Khol, warum, Herr Klubobmann Kostelka, liegen denn Oppositionsanträge betreffend eine viel umfassendere Reform des ORF seit weit mehr als einem halben Jahr im Ausschuß, ohne behandelt zu werden?

Warum sind Sie auch nicht dazu bereit, in umfassender Art und Weise über das Privatradio zu reden, und zwar im Zusammenhang mit dem Privatfernsehen, denn es gehört eigentlich in diesen Bereich? – Diese Debatte möchte ich den Regierungsparteien heute ebenfalls nicht ersparen, denn die Versäumnisse im Zusammenhang mit der Medienpolitik sollten meiner Überzeugung nach heute in aller Öffentlichkeit diskutiert werden! (Abg. Schieder: Das können Sie ruhig tun!)

Insofern möchte ich nicht, daß dieser Tagesordnungspunkt abgesetzt wird, wiewohl ich die Vorgangsweise sehr, sehr problematisch finde. Ich hätte durchaus auch die Möglichkeit gesehen, bei diesen brisanten Themen eine Erklärung eines Bundesministers als zusätzlichen Punkt der heutigen Tagesordnung zu verlangen, und ich wäre auch dafür gewesen, daß sich der Innenminister beziehungsweise – für uns prioritär – auch der Verteidigungsminister zu wirklich hundertmal aktuelleren Fragen hier im Plenum äußert. (Beifall bei den Grünen.)

11.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr erteile ich Herrn Abgeordneten Scheibner das Wort. – Bitte.

11.52

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, daß wir uns über derartige Dinge unterhalten müssen, darüber, daß Sie von den Koalitionsparteien, von den Regierungsparteien – und das ist ja signifikant für Ihre Politik – alles daransetzen, Ihren Auftrag, den Sie hier im Parlament hätten, nicht ernst, ja überhaupt nicht wahrzunehmen, nämlich das Volk, die Wähler, die Sie gewählt haben, zu vertreten, die Regierung zu kontrollieren, Gesetze zu machen, Initiativen zu setzen und nicht Erfüllungsgehilfe der Bundesregierung zu spielen, meine Damen und Herren. Genau das ist in all diesen Fällen, bis hin zu dem heute zur Debatte stehenden Antrag betreffend das Rundfunkgesetz der Fall! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn, Herr Kollege Khol, Sie stellen mit unglaublicher Dramatik dar, warum das heute und hier und jetzt beschlossen werden muß. Seit 1994, meine Damen und Herren, wissen Sie, daß das Rundfunkgesetz, daß die gesamte Medienlandschaft so, wie sie in Österreich gestaltet ist, nicht weiter zu erhalten ist. Ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg hat das Rundfunkmonopol für unzulässig erklärt. Seit fast fünf Jahren hätten Sie Zeit, über diese Dinge hier zu diskutieren. Es ist aber nichts passiert, weil Sie sich nicht einigen konnten, da Ihre parteipolitischen Interessen einer ordentlichen Lösung entgegengestanden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und jetzt bringen Sie hier, husch-pfusch, einen Antrag dazu ein, sind aber nicht in der Lage und bereit dazu, im Parlament ordentlich darüber zu diskutieren. Man könnte über diese wichtige


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite