Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 197

Noch einmal und immer wieder – vor allem an die FPÖ gerichtet –: Der außergerichtliche Tatausgleich ist keine beliebige, verharmlosende Reaktion auf ein Strafverhalten. Er dient nicht, wie Sie immer wieder mutmaßen und wie es auch Ihre Abgeordnete Partik-Pablé in einem Artikel behauptet hat, der Entlastung der Kriminalstatistik, und er ist auch keine augenzwinkernde Verniedlichung eines strafrechtlichen Deliktes zu einem Kavaliersdelikt. Genau das Gegenteil war und ist vielmehr unserer Fraktion wichtig, vor allem auch im Hinblick auf den Bereich der familiären Gewalt.

Daß die Strafe mit dem außergerichtlichen Tatausgleich nicht zu einem Round-Table-Gespräch verkommt, wie Sie behaupten, müßten Sie eigentlich wissen, und ich behaupte, Sie wissen es auch. Sie müßten eigentlich auch wissen – und ich sage es noch einmal und immer wieder –, daß der außergerichtliche Tatausgleich nicht gegen den Willen der Opfer durchgeführt werden kann, wie Sie behaupten.

Was Sie wollen, ist, die Umsetzung dieses Gesetzes zu verschleppen. Aber die praktischen Erfahrungen sind ohnedies glaubhafter als diese ideologisch motivierte Polemik, und die Erfahrungen haben gezeigt, daß der außergerichtliche Tatausgleich eine engagierte Maßnahme zur Förderung des sozialen Friedens ist.

Die praktischen Erfahrungen, die in den vergangen Jahren in Österreich mit dieser Form der Konfliktregelung gemacht worden sind, sind auch ausreichend wissenschaftlich begleitet und ausreichend evaluiert. Sie haben sich als so positiv erwiesen, daß wir es als sinnvoll und zielführend erachten, sie nun auch gesetzlich zu verankern.

Aber für Sie von den Freiheitlichen zählen offensichtlich nicht einmal Argumente von Expertinnen und Experten, wenn sie Ihnen nicht in den Kram passen. Man kann Ihnen noch so oft die Studien aufzählen und die Ergebnisse nennen, für Sie ist das nicht von Bedeutung. Wenn uns etwa der Verein für Bewährungshilfe, der ja mit diesem Modellversuch betraut war und bei dem auch ein eigener Bereich, eine eigene Geschäftsstelle für Konfliktregelung eingerichtet werden soll, gesagt hat, daß über 80 000 Menschen die Möglichkeit einer Wiedergutmachung durch den außergerichtlichen Tatausgleich in Anspruch genommen haben, dann bedeutet das für Sie nichts.

Es zählt für Sie auch nicht, daß Studien belegen, daß 84 Prozent der Opfer am außergerichtlichen Tatausgleich teilnehmen wollen, und es zählt offensichtlich auch nicht, daß die Expertinnen und Experten uns gesagt haben, daß 84 Prozent der Opfer, die am außergerichtlichen Tatausgleich teilgenommen haben, "sehr zufrieden" oder "eher zufrieden" waren und nur ein ganz geringer Prozentsatz, nämlich 8 Prozent, "unzufrieden" war.

Wir haben schon gehört, daß die Rückfallshäufigkeit beim außergerichtlichen Tatausgleich wesentlich geringer als bei gerichtlichen Verurteilungen ist. Schließlich ist der außergerichtliche Tatausgleich bei 90 Prozent der Jugendlichen und 70 Prozent der Erwachsenen gelungen. Damit ist auch die Chance auf ein gutes Zusammenleben in der Zukunft gestiegen.

Meine Damen und Herren! Der außergerichtliche Tatausgleich ist also nicht nur eine Reaktion auf ein Defizitverhalten. Er setzt nicht nur beim Fehlverhalten der Täter an, sondern aktiviert auch deren positive Fähigkeiten zugunsten von Opfer und Gesellschaft. In diesem Sinne befürwortet meine Fraktion die Gesetzesvorlage auch als einen weiteren Beitrag zur Entwicklung einer neuen Konfliktkultur in unserem Lande. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Madl. – Bitte.

22.31

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Auch wenn Sie von den Sozialdemokraten und ebenso von der ÖVP noch hundertmal dasselbe nachbeten, was Ihre Ausschußvorsitzende und Ihr Klubobmann Ihnen vielleicht vorformuliert haben: Dadurch wird die Sache auch nicht wahrer!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite