Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 29

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Warum grenzen Sie hier jene Kinder aus, die nach Ihrer Definition eben keinen "sonderpädagogischen Förderungsbedarf" haben? – Allein diese beiden Worte sagen ja alles über Ihr Menschenbild. Wer entscheidet darüber, ob ein Kind integriert werden darf oder nicht? Entscheiden das die Fachleute, die sich ihre Klassen herrichten, oder ist das ein grundrechtlicher, ein menschenrechtlicher Anspruch?

Daher kann ich nur sagen: In diesem Punkt haben Sie sich deutlich entlarvt, denn hier haben Sie ein durchaus positives Ziel so dargestellt, daß erkennbar wurde, daß Sie ein die Menschenwürde der Kinder nicht respektierendes Menschenbild verbergen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

In diesem Sinne möchte ich auch dem Kollegen Krüger ausdrücklich widersprechen. Das ist keine Frage von Gleichmacherei, das ist keine Frage von gleichen Begabungen und Anlagen, sondern eine Frage der gleichen Menschenwürde, das ist eine Frage von Chancengleichheit. Das bedeutet, daß man jene, die möglicherweise, wenn man sie nicht fördern würde, weniger Chancen im Leben hätten, sich selbst durchzusetzen, mehr fördern muß.

Ein zweiter Aspekt, der überhaupt keine Erwähnung findet in diesem Paket: Wo bleibt die Reform hinsichtlich Lehrerausbildung, wo bleibt auch nur ein Ansatz, ein Hauch einer Dienstrechtsreform im Bereich der Lehrer, wo es nach wie vor zentrifugierende Effekte gibt? Das fehlt völlig!

In diesem Sinne meine ich, daß dieses Konvolut an Entwürfen zwar interessant zu studieren ist, eigentlich aber nur den falschen Anschein erwecken soll, daß Reformen stattfinden. Ich schließe meine Rede nochmals mit dem Sprichwort, Frau Bundesministerin: Am Abend wird der Faule fleißig. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

11.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte, Frau Kollegin.

11.09

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖVP kann stolz darauf sein, ihre Erfolgsbilanz, die sie 1988 für sich erstellt hat, bis heute aufrechtzuerhalten. In der Erfolgsbilanz der XVIII. GP ist als "Erfolg" der ÖVP angeführt: Keine Integration geistig behinderter Kinder in der AHS. Sinnvolle Integration behinderter Kinder in die Volks- und Sonderschule.

Frau Ministerin! Diesen Weg, den Sie in der XVIII. GP für sich und Ihre ÖVP festgeschrieben haben, halten Sie mit allen Mitteln aufrecht. Und Ihr Gesetzentwurf zeigt, daß Sie die Rechte behinderter Kinder mit Füßen treten und Menschenrechte weiterhin auf das Gröbste verletzen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schaffenrath. )

Sie werden doch wohl nicht annehmen, daß sich behinderte Menschen sowie die Eltern behinderter Kinder und engagierte Sonderschullehrerinnen und Sonderschullehrer weiterhin von Ihnen täuschen lassen! § 15 Abs. 3 Ihres Gesetzentwurfes sagt ganz konkret, was Sie von Integration halten, indem Sie dort festschreiben – ich zitiere –: "Im Rahmen der sozialen Integration ist Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Möglichkeit eine der Hauptschule entsprechende Bildung zu vermitteln."

Allein dieser Satz ist weiterhin eine klare Absage der Integration in der AHS. Behinderte Kinder kommen im AHS-Bereich nicht vor. § 15 Abs. 3 enthält die klare Aussage, daß Sie sich, indem Sie "im Rahmen der Möglichkeiten" schreiben, nach wie vor das Recht herausnehmen, zu bestimmen, wer in Integrationsklassen gehen darf beziehungsweise wer nicht. – Frau Ministerin! Das ist unmenschlich, das ist eine Menschenrechtsverletzung! Nehmen Sie das bitte endlich einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Nehmen Sie auch zur Kenntnis, daß Sie im AHS-Bereich zwar jetzt festlegen, daß die Schülerhöchstzahl von behinderten Kindern mindestens fünf betragen muß, um überhaupt eine Integrationsklasse installieren zu können. Was Sie jedoch nicht festgeschrieben


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