Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 18

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diesen Fragen jetzt beschäftigen. Ich gehe davon aus, daß es dann konkrete Vorschläge geben wird. – Unverzüglich ist keine Maßnahme beabsichtigt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Öllinger, bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! In der Bundesrepublik Deutschland hat Bundeskanzler Kohl bei der Debatte über die dort stattfindende Steuerreform die deutschen Sozialdemokraten ziemlich arg in Verlegenheit und Argumentationsnotstand gebracht, indem er darauf verwiesen hat, daß in Österreich die Vermögensteuer abgeschafft wurde, und gemeint hat, daß sich die deutschen Sozialdemokraten diesem Beispiel doch anschließen sollten.

Herr Bundesminister! Denken Sie daran, den argumentativen Notstand der deutschen Sozialdemokraten beziehungsweise Ihren eigenen fiskalischen Notstand dadurch zu beseitigen, daß Sie in Österreich eine Vermögensteuer auf Privatvermögen – mit bestimmten Freigrenzen – einführen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie wissen, daß in Österreich erst vor wenigen Jahren die Vermögensteuer abgeschafft wurde, weil sie völlig denaturiert war; völlig denaturiert deswegen, weil niemand privates Vermögen tatsächlich angegeben hat und nur noch wenige Unternehmen – und das waren meistens die großen verstaatlichten Unternehmungen – tatsächlich Vermögensteuer bezahlt haben.

Österreich ist damals den sehr weisen Weg gegangen, eine Endbesteuerung auf Geldvermögen einzuführen, zum Beispiel die Kapitalertragsteuer. (Abg. Dr. Petrovic: Liegenschaften!) Und ich kann Ihnen sagen, daß die Kapitalertragsteuer, die KESt, sowohl auf Dividenden als auch zum Beispiel auf Sparvermögen in der Zwischenzeit viel, viel mehr an wirksamem Steueraufkommen – "wirksam" deswegen, weil nichts verheimlicht werden kann und keine Schlupflöcher und keine Falschangaben da sind – bringt als vorher die Vermögensteuer. (Abg. Dr. Petrovic: Liegenschaften!)

Was die Liegenschaften betrifft, haben wir die Grundsteuer. Man muß in aller Ruhe darüber nachdenken, wie man sozial gerecht – denn in der Zwischenzeit gibt es dank einer erfolgreichen Politik Gott sei Dank Arbeitnehmer, die sich im Burgenland, in der Steiermark oder in Oberösterreich ein Haus gebaut haben (Abg. Dr. Petrovic: Freigrenzen!) ; die will man mit einer massiven Anhebung der Grundsteuer nicht treffen – Wertgrenzen setzt und ähnliches mehr.

Ich bin jetzt schon bei Ihren Ausführungen. Nur: Der deutsche Bundeskanzler Kohl hätte dazusagen müssen: Hut ab vor den Sozialdemokraten in Österreich, die eine Endbesteuerung auf Dividenden, Aktienerlöse und Gewinnausschüttungen von Unternehmen plus Spareinlagen geschaffen haben, wodurch sie viel mehr Geld für die Finanzierung der Sozialleistungen lukrieren konnten, als das bei der Vermögensteuer der Fall gewesen wäre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Helmut Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die österreichische Wirtschaft ist notorisch eigenkapitalschwach – ein strukturelles Problem, mit dem wir uns seit Jahren auseinandersetzen. Der Generationenübergang im Betriebsvermögen kann zu einem weiteren Substanz- und damit Kapitalabfluß führen. Wie sehen Sie das Problem, und wo sehen Sie da Handlungsbedarf?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Peter! Ich gebe Ihnen recht: Die österreichische Wirtschaft – die Industrie genauso wie das Gewerbe – ist eigenkapitalschwach. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen – das wissen Sie genausogut wie ich –: die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, kein vorhandenes Handelssegment für Klein- und Mittelbetriebe, es fehlt zum Beispiel an einer einfachen, nicht sehr teuren Aktienform für


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