Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 31

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Anträgen auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen stellt? – Diese Frage ist klar mit einem Nein zu beantworten. Es wird wohl aufgrund der Koalitionsabsprache nicht so sein. Auch dann, wenn der eine oder andere Abgeordnete einer Regierungspartei der Meinung wäre, es bedürfe eines Untersuchungsausschusses etwa gegen einen Innenminister, würde er wohl mit seiner Meinung doch nicht zum Zug kommen. Oder wird befürchtet, es gäbe eine Flut von gemeinsamen Anträgen Heide Schmidt, Jörg Haider betreffend die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen? (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Von einer Flut würde aber überhaupt nicht die Rede sein können, denn nach der Meinung der Oppositionsparteien sollte ja dieses Recht beschränkt werden. Und was, wenn es so wäre?

Es gäbe durchaus einen Kompromiß, Hohes Haus, und ich bedauere, daß nicht einmal versucht wurde, diesen Kompromißweg zu beschreiten. Die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen sollte ein Minderheitsrecht sein, die Fortführung des Untersuchungsausschusses ein Mehrheitsrecht. Das wäre die Bremse und eine Sicherstellung, daß der Untersuchungsausschuß ordnungsgemäß abläuft. Aber es ist nicht so, und es wird daher für die Oppositionsparteien vermehrt die Notwendigkeit bestehen, die bisherigen Kontrollrechte anzuwenden.

Wenn man diesen Hintergrund und die tatsächliche Situation kombiniert, nämlich den von mir zitierten Grundkonsens, und weiß, was an diesem Tag geschehen wird, so bleibt der Verdacht haften, daß es sich hier um ein Maßnahmengesetz handelt, ein Maßnahmengesetz deswegen, weil – ich verweise zum Beispiel auch auf den Zweiten Präsidenten Dr. Neisser – durchaus anerkannt wird, daß das Einsetzen von Untersuchungsausschüssen ein Minderheitsrecht sein soll, nur jetzt soll es kein Minderheitsrecht sein. Da ist auch die Meinung von zwei Politikern aus den Regierungsparteien, die meinen, man könne zu diesem Zeitpunkt und bei der derzeitigen Haltung der Opposition – "der Opposition", also Einzahl (Abg. Dr. Graf: Es gibt ja nur die FPÖ als Opposition!); so die APA-Meldung und die damalige Tagespresse nach der entsprechenden Ausschußsitzung – dieser dieses Instrument jetzt nicht in die Hand geben.

Meine Damen und Herren! Wenn ich dieses Motiv mit dem soeben Gesagten kombiniere, verstärkt sich der Eindruck, daß es sich hier um ein Maßnahmengesetz handelt, beträchtlich. Aber es handelt sich leider um noch viel mehr: Angesichts dieser Motive handelt es sich auch um ein Minderheitsstrafgesetz. Ich möchte mich nicht zum Sprecher anderer Gruppen hier im Hause machen, aber objektiv betrachtet ist es nicht nur ein Minderheitsstrafgesetz, sondern es kommt noch dazu, daß unter "Opposition" zwei Gruppen verstanden werden, denen man vielleicht schon aufgrund ihrer Stärke nicht unbedingt vorwerfen kann, Oppositionsmittel exzessive gebraucht zu haben. – Mitgefangen, mitgehangen, wenn man Opposition ist, an die Adresse der Grünen und Liberalen gesagt.

Ich halte es für einen Rückschritt in unserem Parlamentarismus, daß wir nach der Diskussion, die über die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen stattgefunden hat, dennoch dabei bleiben wollen, das heißt, die Mehrheit dieses Hauses dabei bleiben wird, daß dies ein Mehrheitsrecht bleibt. Das entspricht weder der österreichischen Tradition im Diskussionsstand noch dem beschworenen Grundkonsens, und es entspricht, meine Damen und Herren, nicht dem europäischen Standard. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

11.30

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! "Wenn Abgeordnete in Untersuchungsausschüssen sich als Ankläger und Richter in einer Person gebärden, wo bleibt da das Fairneßprinzip, die Waffengleichheit des Rechtsstaates?" – Diese Worte stammen von unserem Altbundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger, und zwar aus dem Jahre 1983.

Die Gründe für diese Erklärung waren klar: Oppositionspolitiker hatten in den letzten Jahren Untersuchungsausschüsse als willkommenes Mittel für ihre eigene Profilierung betrachtet, bisweilen auf Kosten rechtsstaatlicher Grundsätze.


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