Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 140. Sitzung / Seite 231

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Das Wort erhält als Erster der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier. 5 Minuten Redezeit ist gewünscht. – Bitte.

 


21.14.11

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man mit den Menschen über den § 14 Postgesetz diskutiert, dann fragen sich diese: Was haben sich die Parteien im Nationalrat eigent­lich gedacht, als diese Bestimmung beschlossen worden ist? – Oder anders ausge­drückt, sie haben mich gefragt: Seid ihr eigentlich verrückt geworden?

Warum? – Die Frage ist ja berechtigt. Zum einen gibt es eine Strafbestimmung, die jetzt mit der Novelle zum Postgesetz sogar noch verschärft wurde: Wer bis zum 30. Ju­ni 2006 nicht die Schließfachanlage im Format 32,5 x 3 cm laut ÖNORM anbringt, unterliegt einer Strafsanktion von 30 000 €.

Jetzt kann man natürlich sagen, den Einzelnen trifft es ja nicht, es trifft die Wohnungs­eigentümer-Gemeinschaft. Werte Kolleginnen und Kollegen! Das stimmt auch nicht. Im Gesetz hat man nämlich vergessen zu definieren, was als Gebäude zu verstehen ist. Da man angenommen hat, dass unter Gebäude ein Gebäude mit mehr als vier Wohn­einheiten zu verstehen ist, und nicht hinterfragt hat, warum, stehen wir heute vor der Situation, dass auch Ein- und Zweifamilienhäuser darunter fallen.

Ich habe mir vergleichbare Strafbestimmungen in anderen Gesetzen angesehen. Im Lebensmittelgesetz – oder jetzt Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzge­setz – haben wir Bestimmungen, die besagen, dass es für jemanden, der verdorbene Lebensmittel – das heißt, stinkende Lebensmittel – in Verkehr bringt, eine Höchststrafe von zirka 7 200 € gibt.

Wenn jemand nach dem Datenschutzgesetz illegal Daten übermittelt, beträgt die Höchststrafe zirka 7 200 €. Wenn jemand aber diese Normschließfachanlage nicht an­bringt, beträgt die Höchststrafe 30 000 €.

Warum eigentlich? Will man damit den Wettbewerb erzwingen, nachdem kurz vorher – vor dem Jahre 2003 – der Oberste Gerichtshof in Österreich die Zustellpraxis mit der sicheren Zustellung begründet hatte?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe diese Regelung in dieser Form nicht ein und kann sie namens meiner Fraktion auch nicht akzeptieren. Es hat eine sehr heftige öffentliche Diskussion gegeben, insbesondere zu diesen Normschließfach­anlagen im Format 32,5 x 3 cm.

Ich wohne in einer Siedlung, in der die Schließfachanlage für alle – auch für die priva­ten Dienstanbieter – zugänglich ist, im Format 27,5 x 2,9 cm. Jeder hat Zugang zu die­ser Schließfachanlage. Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes müssen wir unsere Schließfachanlage herausreißen und an der Grundstücksgrenze neu installieren.

Das ist nämlich das nächste Problem: Es ist derzeit bei Neubauten in einer Siedlung nicht mehr zulässig, Schließfachanlagen direkt in den Hausbereich zu integrieren. Auf Grund der Formulierung dieses Gesetzes müssen Sie an die Grundstücksgrenze ge­hen, was wiederum heißt: Wenn Sie im dritten Stock eines Hauses wohnen und es bis­her immer gewohnt waren, in der Früh im Bademantel hinunterzugehen und die Zei­tung zu holen, dann wird das nicht mehr möglich sein, denn Sie werden 100 oder 200 Meter gehen müssen, bis Sie zur Fachanlage an der Grundstücksgrenze kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich frage mich wirklich: Was haben sich die Herren im Verkehrsministerium überlegt?

Ein anderes Beispiel, weil nach mir mein Salzburger Kollege Peter Haubner redet: Es gibt das Salzburger Altstadterhaltungsgesetz. Das verbietet bestimmte bauliche Maß-


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