11.24

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ge­schätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unseres Jahrhunderts. Das wissen wir nicht erst seit dem IPCC-Re­port, dem Sonderreport, der vor wenigen Tagen erschienen ist, aber die Ergebnisse sind trotzdem alarmierend.

Die letzten 20 Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Messreihen im Jahr 1850. Die derzeitige CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist die höchste in drei Millionen Jah­ren. Und können wir die Erderhitzung nicht stoppen, dann hat das gravierende Aus­wirkungen für uns alle, egal, ob es die Ausweitung von Hitzeperioden, die schweren Niederschläge oder eben auch eine massive Trockenheit sind, all das wird zunehmen. Wir haben das speziell auch in diesem Sommer in Österreich bereits zu spüren be­kommen.

Gerade deshalb ist globales Handeln dringend notwendig, und vor allem wir, Öster­reich, müssen da vorangehen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir, die Bundesre­gierung, als einen unserer großen ersten Schritte im Jänner 2018 den Beschluss der österreichischen Klima- und Energiestrategie, die #mission 2030, auf den Weg ge­bracht haben.

Wir haben diese integrierte Klima- und Energiestrategie, die es zum ersten Mal in die­ser Form in Österreich gibt, bereits Ende Mai dieses Jahres beschlossen. Das war ei­nes der ersten Projekte, die diese Regierung in Angriff genommen hat. Allein das zeigt schon, welchen Stellenwert wir dem Klimaschutz geben. Wir haben dabei auf eine um­fassende Beteiligung der Öffentlichkeit gesetzt, unter anderem auch mit einer wissen­schaftlich begleiteten Enquete hier in diesem Haus.

Mit der Strategie haben wir die Eckpfeiler des Klimaschutzes eingeschlagen. Ziel ist es, die Emissionen bis zum Jahr 2030 um rund 36 Prozent zu senken. Die #mission 2030 wird nun Schritt für Schritt umgesetzt.

Sie, Herr Abgeordneter Rossmann, haben behauptet, in der Strategie fehlen Maßnah­men, Zeitpläne und Zuständigkeiten: Ich würde Ihnen sehr empfehlen, das beschlosse­ne Exemplar noch einmal genau durchzulesen. Genau das waren nämlich die Anre­gungen im öffentlichen Beteiligungsprozess, und das haben wir gemacht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Noch etwas ist uns gelungen: Nicht nur ich als Umwelt-/Nachhaltigkeitsministerin habe an dieser Klima- und Energiestrategie gearbeitet, sondern wir haben ressortübergreifend daran gearbeitet, und mein wich­tigster Partner war in diesem Zusammenhang Verkehrsminister Hofer.

Wir haben uns auf zwölf Leuchtturmprojekte verständigt, beginnend bei E-Mobilität über den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, über Gebäudesanierung und erneuerbare Wärme bis hin zu Biogas und Wasserstoff aus erneuerbarer Energie und anderen Technologieinnovationen.

Bis Ende des Jahres erstellen wir gemeinsam mit den Bundesländern – auch das ist ein sehr wichtiger Punkt – den Entwurf eines nationalen Energie- und Klimaplans. Ge­meinsam legen wir fest, wie unsere europäischen Energie- und Klimaziele erreicht wer­den.

Wir haben in den Bereichen Raumwärme und Mobilität als den größten Handlungsfel­dern klare Zielvorgaben definiert. Dort haben wir den größten CO2-Einsparungsbedarf, im Bereich des Verkehrs beispielsweise 7 Millionen Tonnen und im Gebäudebereich 3 Millionen Tonnen CO2.

Eine der ersten Maßnahmen – weil Sie davon gesprochen haben, dass es keine Maß­nahmen gäbe; wir haben das auch bereits umgesetzt – ist, dass wir die neue Förder­aktion Raus aus Öl aufgesetzt haben. Diese haben wir auch vorgezogen; geplant war das Jahr 2019, aber es wurde bereits vor dem Sommer damit gestartet. Das ist eine sehr konkrete Aktion, bei der jeder, der seinen Ölkessel gegen ein erneuerbares Heiz­system tauscht, vom Bund einen Bonus von 5 000 Euro bekommt. Dazu kommen noch die jeweiligen Landesförderungen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es war noch nie so attraktiv, aus Ölheizungen auszusteigen. Wir haben in Österreich noch rund 700 000 Ölheizungen, von denen viele sehr alt sind. Da wollen wir raus aus dem Öl und erneuerbaren Energieträgern den Vorrang geben.

Eines ist auch wichtig: Große Unternehmen erkennen die politischen Signale. Die OMV hat bekannt gegeben, dass sogar sie als größter Ölkonzern des Landes aus der För­derung von Ölheizungen aussteigen wird. Wir läuten damit das Ende des fossilen Zeit­alters ein! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Betreffend den Bereich der Mobilität ist es uns gelungen, ein wichtiges Paket für An­reize zum Ausbau der sauberen Mobilität auf den Weg zu bringen. Unter anderem werden wir den sogenannten Lufthunderter für saubere Autos aufheben. Dazu kommt, dass wir die Nutzung von Busspuren durch E-Fahrzeuge ermöglichen werden und ih­nen so einen Vorteil verschaffen werden.

Auch hier nehmen wir uns ein Beispiel etwa an Norwegen, wo genau diese Maßnah­men zu sehr großem Erfolg geführt haben. Die Neuzulassungsquote liegt dort bereits bei 40 Prozent, in Österreich sind wir bei 2,5 Prozent.

Ein nächster möglicher Schritt wäre beispielsweise auch die Ausnahme von der Vignet­tenpflicht. Wir wollen aber vor allem auch die Städte und die Gemeinden auffordern, dass sie E-Mobilen, sauberen Fahrzeugen den Vorzug geben und so, wie es beispiels­weise in Graz, Linz und Klagenfurt schon der Fall ist, diesen eben auch das Gratispar­ken ermöglichen.

Geschätzte Damen und Herren! Wir wollen Vorreiter sein, und das wird uns vor allem im Stromsektor gelingen. Wir wollen den Strom für den nationalen Bedarf bis zum Jahr 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie produzieren. Derzeit sind wir be­reits bei rund 70 Prozent des Stromverbrauchs – und das ganz ohne Atomstrom! Da liegen wir in Europa im Spitzenfeld. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich hoffe, Herr Abgeordneter Rossmann, Sie hören jetzt genau zu: Genau Schweden, das Sie ja immer wieder, wenn es Ihnen passt, als Beispiel nehmen, produziert nach wie vor auch Strom aus Atomenergie. – Diesen Weg werden wir auch in Zukunft nicht gehen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Aha!)

Beim Gesamtenergieverbrauch werden wir den Anteil der Erneuerbaren auf 45 Prozent ausbauen, und wir werden so die Ziele auch der Energieunion konsequent weiter ver­folgen. Österreich hat hier sehr ambitionierte Ziele, und wir werden weltweit zu den Vorreitern gehören.

Wir wollen daher auch die Ökostromförderung auf neue Beine stellen. Wir werden die Rahmenbedingungen für den beschleunigten Ausbau von erneuerbarer Energie neu und besser gestalten. Im neuen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz werden wir die Förder­effizienz verbessern und einen Fokus auf Marktprämien und Investitionsförderungen legen. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist das umfangreichste energiewirtschaftliche Gesetzesvorhaben, das Österreich in den nächsten Jahrzehnten prägen wird. Deshalb haben wir uns eben auch auf einen sehr ehrgeizigen Zeitplan geeinigt und arbeiten be­reits intensiv mit allen Stakeholdern der Energiebranche daran, das umzusetzen.

Auch bereits beschlossen und umgesetzt ist das Thema nachhaltige Beschaffung. Von allen Zielen, an deren Erreichung wir arbeiten, die wir gemeinsam mit den Ländern und den Gemeinden umsetzen wollen, ist das mit Sicherheit auch eines der ganz großen, die es auch wirklich umzusetzen gilt. Beim Klimaschutz wird nämlich vor allem der Bund, die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. Wir werden die Beschaf­fung der öffentlichen Hand nachhaltig umstellen. Wir haben dazu vor wenigen Tagen im Ministerrat den Fahrplan für diese nachhaltige öffentliche Beschaffung festgelegt und diesen konsequent entsprechend den Zielen der Klima- und Energiestrategie aus­gerichtet. Das Potenzial ist enorm, denn insgesamt investiert die öffentliche Hand 45 Milliarden Euro pro Jahr. Allein das Beispiel der EDV des Bundes zeigt, wie viel hier möglich ist.

Wenn wir die elektronische Versorgung auf Ökostrom umstellen, ersparen wir uns im Jahr 8 800 Tonnen CO2 oder umgerechnet 3,5 Millionen Tonnen Erdöl. Das ist auf je­den Fall eine sehr gute Maßnahme, mit der der Bund zeigen kann, dass wir die rich­tigen Schritte setzen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein nächster wichtiger Punkt ist die Steuerreform. Die Bundesregierung hat bereits in den Koalitionsverhandlungen festgelegt, dass es eine umfangreiche Steuerreform ge­ben wird, die 2019 erarbeitet werden und 2020 in Kraft treten soll. Schwerpunkt dieser Steuerreform wird die weitere Entlastung der Österreicherinnen und Österreicher sein. Zudem wird diese Steuerreform auch ökologische Elemente enthalten wie beispiels­weise die Streichung der Eigenstromsteuer für selbst erzeugten und verbrauchten Strom.

Wir sind in die Vorbereitungen sehr intensiv eingebunden und erarbeiten gemeinsam mit dem Finanzministerium partnerschaftlich die Grundlagen für diese Reform. Das mag vielen vielleicht ungewöhnlich erscheinen, aber wir innerhalb dieser Regierung verstehen uns in der Zusammenarbeit und nicht wie in der Vergangenheit im Gegen­einander. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zu dem von Ihnen und beispielsweise auch von Kollegen der NEOS aufgeworfenen Thema einer nationalen CO2-Steuer: Wir stehen zum Grundsatz der Entlastung, nicht der Belastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Wir kennen, glaube ich, aus der Vergangenheit schon gut genug, dass immer der einfachste Weg, jener der Steuer­erhöhung, in Österreich gewählt worden ist. Das hat uns auch dazu gebracht, dass Ös­terreich zu den Ländern mit der höchsten Steuer in Europa zählt. Ich bin überzeugt da­von (Abg. Rossmann: ... aufkommensneutral!) – hören Sie mir bitte zu, Herr Bruno Rossmann! –, dass eine CO2-Steuer im Sinne eines CO2-Mindestpreises nur auf euro­päischer Ebene wirklich sinnvoll ist. Ich stehe hier zudem in sehr engem Austausch mit meinen Kollegen, beispielsweise aus Frankreich, und wir forcieren genau die Installie­rung eines europäischen CO2-Mindestpreises bereits seit April dieses Jahres. Wir ha­ben den R20-Gipfel zum Anlass genommen, gemeinsam mit Arnold Schwarzenegger und anderen internationalen Größen im Bereich des Klimaschutzes diesbezüglich ei­nen Vorstoß zu machen und alle gemeinsam an einen Tisch zu holen. Ich bin über­zeugt davon – beispielsweise auch meine Kollegin aus Frankreich gibt uns darin recht –, dass genau das der richtige Weg für ganz Europa sein wird und nicht nur für uns hier in Österreich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Weil Sie es schon angesprochen haben: Ein weiteres wichtiges Beispiel für Maßnah­men sind die CO2-Reduktion und somit die Flottenziele für Autos bis zum Jahr 2030. Uns ist am 9. Oktober 2018 ein sehr wichtiger Verhandlungserfolg im Rat der Umwelt­minister gelungen, indem alle neu zugelassenen Pkws laut dem Vorschlag der EU-Mi­nister einen um 35 Prozent niedrigeren Ausstoß vorweisen müssen. Wir haben uns mit diesem Vorschlag gegen viele Staaten durchgesetzt, die einen deutlich weniger ambi­tionierten Weg gehen wollten. Die Bandbreite lag zwischen 20 und 50 Prozent. Ich weiß, dass gesagt wurde – auch von Ihnen –, das müsse viel höher sein, ich darf Ihnen aber auch ganz klar sagen, dass Deutschland beispielsweise am Vortag in der Person von Kanzlerin Merkel alle Staats- und Regierungschefs durchgerufen und für 30 Pro­zent plädiert hat. Unser Kompromiss ist nach 14 Stunden Verhandlung zustande ge­kommen, es ist auch Deutschland mit an Bord, so wie übrigens auch Schweden, das zu einem der ambitioniertesten Länder dieses Kontinents zählt.

Angesichts des Sonderberichtes des Weltklimarates zur globalen Erwärmung um 1,5 Grad halte ich diese Einigung für unumstößlich und extrem wichtig. Besonders wichtig ist aber auch, dass wir EU-weit gemeinsam vorgehen. Genau das gelingt uns auch mit diesen Beschlüssen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Gleiche gilt auch für unsere gemeinsame Position, was die UN-Klimakonferenz in Katowice betrifft. Als Verhandlungsführerin der EU-Staaten bei der UN-Klimakonferenz ist es mir besonders wichtig, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen und dass wir geschlossen hinter unseren vereinbarten Zielen stehen.

Bei der Klimakonferenz im Dezember wird es darum gehen, die Ziele des Übereinkom­mens von Paris mit Leben zu erfüllen, indem wir die zahlreichen Details in der Umset­zung regeln.

Kommende Woche findet in Krakau der Auftakt zu den Verhandlungen der Klimakon­ferenz statt, und Österreich hat durch den EU-Ratsvorsitz eine ganz besondere Rolle. Deshalb werde ich eine sehr umfangreiche Klimatour in Angriff nehmen, um Verbünde­te zu gewinnen. Gestern hatte ich bereits Gelegenheit, mit Premierminister Lee aus Singapur, der aktuell den Vorsitz der Asean-Staaten innehat, da auch ein gemeinsa­mes Vorgehen zwischen Europa und Asien abzustimmen.

Wir stehen vor der Situation, in der große Staaten – ich glaube, auch das müssen Sie anerkennen – aus dem Pariser Abkommen aussteigen wollen oder es beispielsweise in Zweifel ziehen. Das bereitet mir persönlich sehr viel Sorge, und es braucht wirklich ein Netzwerk von ambitionierten Ländern mit Handschlagqualität.

Österreich und Europa werden auch weiterhin Vorreiter im Klimaschutz sein, und wir werden gemeinsam mit unseren europäischen Partnern mit aller Entschlossenheit für einen ambitionierten Abschluss der UN-Klimakonferenz eintreten.

Gestatten Sie mir abschließend noch eine Bemerkung: Was mir nämlich in den letzten Tagen wirklich sehr aufstößt, sind der unsachliche politische Diskurs und die Wortwahl, die vor allem Sie an den Tag legen. Österreich beim Klimaschutz als Schandfleck zu bezeichnen, weise ich entschieden zurück! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Damit, Herr Abgeordneter, sind Sie auf einem Irrweg und Sie leugnen die Fakten. Ös­terreich liegt derzeit bei der Erreichung der 2020-Ziele zwar im Mittelfeld, aber insge­samt im Zielpfad. Länder wie Deutschland beispielsweise haben sich schon still und leise von den 2020-Zielen verabschiedet; ganz im Gegensatz zu uns. Wir haben im Vergleich zu vielen Ländern eine Klima- und Energiestrategie erst recht jetzt auf den Weg gebracht, mit verpflichtenden Zielen für einzelne Sektoren (Abg. Rossmann: Die CO2-Emissionen steigen schon an!), und wir sind Spitzenreiter im Bereich der erneuer­baren Energieträger.

Ich beziehe mich auf Ihre Aussagen von gestern, Herr Rossmann, und sage Ihnen ganz klar: Wir machen Klimaschutzpolitik mit den Menschen. Sie wollen sie gegen die Menschen machen, wir machen sie mit der Bevölkerung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Und eines sage ich Ihnen auch in aller Deutlichkeit: Wir müssen den Klimaschutz als Chance sehen, um die Energiewende voranzutreiben, um Innovationen anzuregen, als Chance für mehr Investitionen und vor allem auch für die Stärkung der Wettbewerbs­fähigkeit unserer Wirtschaft. Wir dürfen nämlich eines nicht vergessen: Die Menschen müssen beim Klimaschutz mitgenommen werden. Das muss unser gemeinsames An­liegen sein, den Menschen bewusst zu machen, dass es hier für jeden Einzelnen et­was zu tun gibt. Wir wollen den Klimaschutz zur größten Initiative und Bewegung die­ses Landes machen und nicht nur reden, sondern vor allem handeln. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.40

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Noll. – Bitte.