14.02
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister, wir diskutieren hier heute die gesetzlichen Grundlagen zum grünen Pass, und das, was Sie im Gesetzentwurf hier einbringen und auch was Sie jetzt in Ihrer Rede angesprochen haben, ist leider erschreckend wenig. Die wesentlichen Fragen im Zusammenhang mit dem grünen Pass, nämlich die datenschutzrechtlichen Fragen, wurden weder von Ihnen jetzt thematisiert, noch ist im Gesetz irgendetwas diesbezüglich zu lesen. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)
Es steht nicht drin, wie das mit der Datenspeicherung funktionieren soll; es steht nicht drin, wie garantiert ist, dass solche sensiblen Gesundheitsdaten nicht irgendjemand bekommt, der sie nicht bekommen sollte; es steht nicht drin, welche Daten man als Kontrolleur überhaupt sehen kann. All diese Fragen sind nicht geregelt.
Da Kollege Smolle vorhin in Bezug auf eine Begriffsdefinition, glaube ich, gesagt hat, „da denkt der Gesetzgeber wirklich breit“, muss ich sagen: Das Problem ist, der Gesetzgeber denkt in Bezug auf diese datenschutzrechtlichen Fragen gar nicht, denn was wir heute machen, ist, dass Sie eine umfassende Verordnungsermächtigung kriegen, einen umfassenden Blankoscheck, diese Dinge hier alle selbst zu regeln.
Herr Bundesminister, es liegt nicht an Ihnen, dass ich da skeptisch bin, es liegt eher an Ihrem Vorgänger, denn in den letzten 15 Monaten haben wir immer dann, wenn wir Verordnungsermächtigungen an den Gesundheitsminister gegeben haben, gemerkt, dass Ihr Vorgänger sich eben nicht im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt hat, sondern meistens weit über das Ziel hinausgeschossen ist, und das halte ich für schlecht.
Ich halte auch die Art und Weise, wie wir als Parlament da grundsätzlich agieren, für demokratiepolitisch bedenklich, denn was wir seit 15 Monaten tun, ist, dass wir uns gar nicht mehr für Dinge entscheiden. Wir geben einen sehr großzügigen Rahmen vor und sagen: Bitte, liebe Bundesregierung, regelt das selbst! – Das halte ich für ein selbstbewusstes Parlament für nicht sonderlich intelligent. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)
Aber trotzdem, Herr Bundesminister – und Kollege Loacker hat es schon angesprochen –, bekommen Sie heute hier einen Vertrauensvorschuss von uns. Herr Bundesminister, mit dem Vertrauen ist es ja immer so, dass es sich dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird. Sie haben jetzt den Vorteil, dass diese Situation für Sie noch nicht hat passieren können, weil Sie erst kurz im Amt sind.
Dementsprechend – erstens – bekommen Sie von uns den Vertrauensvorschuss, und zweitens: Sie bekommen ihn deswegen, weil wir doch überzeugt davon sind, dass der grüne Pass etwas Positives sein kann, dass er das Mittel dafür sein kann, dass wir unsere fundamentalen Grundfreiheiten zurückbekommen, und das nicht nur deswegen, weil das nach 15 Monaten dringend notwendig wäre und wir uns alle danach sehnen, sondern vor allem weil es verfassungsrechtlich geboten ist, dass wir den Menschen die Grundfreiheiten auch entsprechend zurückgeben. (Beifall bei den NEOS.)
Mit diesem Vertrauensvorschuss, Herr Bundesminister, erwarten wir aber auch, dass Sie diese ganzen Bedenken, die wir hier schon angesprochen haben, die Datenschutzexpertinnen und -experten angesprochen haben, die der Datenschutzrat angesprochen hat, sehr ernst nehmen, dass Sie die Zivilgesellschaft einbinden, dass Sie vor allem in die Vorbereitung des Systems die entsprechenden Expertinnen und Experten einbinden und schauen, dass Sie ein System erarbeiten, bei dem eben klar ist, dass die Daten sicher sind.
Sie müssen ein System gewährleisten, in dem das Datenschutzniveau so hoch ist, dass nicht die Gefahr besteht, dass irgendjemand, wenn er den grünen Pass kontrolliert, danach herauslesen kann, was denn irgendwie meine Gesundheitsdaten sind. Das Einzige, das jemand, der das kontrolliert, herauslesen können muss, ist, ob ich ins Wirtshaus darf oder nicht – mehr nicht. Auf gar keinen Fall darf für den irgendeine zusätzliche Information herauslesbar sein, und darum müssen Sie sich auch entsprechend kümmern! (Beifall bei den NEOS.)
Damit Sie sich, Herr Bundesminister, auch entsprechend darum kümmern können, bringe ich auch noch folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Datenschutz beim Grünen Pass“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird dazu aufgefordert, bei der Erstellung jeder Verordnung, die ein Nachweissystem über eine geringe epidemiologische Gefahr regelt, Datenschutzexpert_innen und im Bereich des Datenschutz tätige NGOs beizuziehen.“
*****
Herr Bundesminister, nutzen Sie diesen Vertrauensvorschuss! Ziehen Sie die entsprechenden Expertinnen und Experten bei und schaffen Sie ein System, bei dem alle unsere sensiblen Gesundheitsdaten auch sicher sind! (Beifall bei den NEOS.)
14.06
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Datenschutz beim Grünen Pass
eingebracht im Zuge der Debatte in der 101. Sitzung des Nationalrats über – TOP 1
Die Novellierung des COVID-19-Maßnahmengesetzes gibt dem BMSGPK weitreichende Verordnungsermächtigungen. So soll der BMSGPK per Verordnung ein System festlegen können, mit dem Nachweise für eine geringe epidemiologische Gefahr einer Person erbracht werden können. Dieses System, medial auch als "Grüner Pass" bezeichnet, soll in weiterer Folge die epidemiologisch unbedenkliche Ausübung zahl-reicher Tätigkeiten ermöglichen. In diesem Zusammenhang stellen sich vielschichtige datenschutzrechtliche Fragen, denen bei der Novellierung nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Die datenschutzrechtlich hochwertige Umsetzung des "Grünen Pass" ist jedoch essentiell. Auch die Wirtschaftskammer und Datenschützer haben an der Vorgehensweise der Regierung Kritik geübt (https://orf.at/stories/3211082/). So forderte etwa der Datenschützer Thomas Lohninger von der NGO epicenter.works die Regelungen über Zutrittsnachweise in Gesetzen, und nicht, wie von der Regierung vorgesehen, in Verordnungen zu regeln.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird dazu aufgefordert, bei der Erstellung jeder Verordnung, die ein Nachweissystem über eine geringe epidemiologische Gefahr regelt, Datenschutzexpert_innen und im Bereich des Datenschutz tätige NGOs beizuziehen.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte sehr.