Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): - - Ihrer Kraft und sonst gar nichts. Und wissen Sie was? – Fehlende Sensibilität und mangelndes Problembewusstsein – das sind Ihre beiden Großbaustellen, Herr Bundeskanzler. Klingelt es bei Ihnen, wenn Sie diese zwei Begriffe hören? Klingelt es da bei Ihnen? (Abg. Wöginger: Jaja, genau! Bei dir läutet es den ganzen Tag! – Zwischenruf des Abg. Melchior.) Denn fehlende Sensibilität und mangelndes Problembewusstsein waren das, was Sie, Herr Blümel und Herr Nehammer mir im Mai des Jahres 2019, unmittelbar nach dem Auftauchen des Ibizavideos, vorgeworfen haben. (Abg. Wöginger: ... die Beleidigtheit ist es! – Zwischenruf des Abg. Melchior.) Dann haben Sie noch dazugesagt, dass ich als Innenminister nicht gegen mich selbst ermitteln kann, obwohl ich in keinem Moment als Verdächtiger oder als Beschuldigter geführt worden bin – ganz im Unterschied zu Ihnen, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hanger: Aber das wird noch passieren!°– Abg. Melchior: Schauen wir uns mal die SMS von dir an! Da werden wir die SMS noch sehen, dann schauen wir uns das an!)
Ja, damals müssen Sie einen unglaublichen moralischen Leidensdruck gehabt haben, unglaublich – der war so groß, dass Sie in Windeseile zum Bundespräsidenten geeilt sind und gesagt haben: Also mit so einem kann ich nicht mehr regieren, den müssen wir hinausschmeißen! (Abg. Steinacker: ... Beleidigungen ...!) Gut, ich habe Verständnis, es ist ja nicht um Sie und nicht um Herrn Blümel gegangen, sondern um einen Freiheitlichen, aber möglicherweise waren auch diese ganze Begründung und dieses moralische Gerede, das Sie damals an den Tag gelegt haben, nur eine Unwahrheit mehr in Ihrer inzwischen elendslangen Liste von Unwahrheiten. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Krisper.)
Ich sage Ihnen ganz ehrlich eines: Ich bin stolz auf dieses Entlassungsschreiben des Bundespräsidenten, weil es mir amtlich bescheinigt, dass ich niemals Teil Ihrer Familie gewesen bin – diese Bescheinigung habe ich amtlich. (Beifall bei der FPÖ.)
Jedenfalls ist das auch ein Beispiel dafür, dass die ÖVP permanent mit zweierlei Maß misst: Es gibt gute Hausdurchsuchungen, es gibt gute Enthüllungsleaks, es gibt gute Ermittlungen, Anklagen und Verurteilungen – das sind immer die, die aus Ihrer Sicht gegen die anderen gehen. Und dann gibt es natürlich schlechte Hausdurchsuchungen, schmutzige Anpatzungsleaks, ungerechtfertigte Racheaktionen in Form von Anzeigen, Ermittlungen und Verurteilungen – das ist immer dann, wenn Sie betroffen sind. Dieses Messen mit zweierlei Maß stößt der Bevölkerung zu Recht mehr und mehr auf. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie suchen Ihr Heil in einer Flucht in die Realitätsverweigerung – das haben wir heute erlebt –, in einer Flucht nach vorne, gepaart mit irgendeiner Form von Selbstmitleid. Wissen Sie was? Sie wandeln schön langsam auf den Spuren von H.-C. Strache, das kann ich Ihnen nur sagen – da ist nicht mehr viel Unterschied. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie Heiterkeit der Abg. Gabriela Schwarz.)
Für Sie besteht jedenfalls kein Grund für Selbstmitleid und Wehleidigkeit, denn diese Suppe haben Sie sich selber eingebrockt. (Ruf bei der ÖVP: Selbstmitleid, da redet der Richtige! – Abg. Wöginger: Kindesweglegung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die missliche Lage, in der Sie sich befinden – Sie und Herr Blümel und alle anderen Prominenten in Ihrer Partei –, ist nicht die Schuld eines bösen Untersuchungsausschusses von irgendwelchen geifernden Abgeordneten, über die Sie jetzt Dossiers erstellen lassen. Bitte nicht böse sein: Wenn Sie 4 Stunden Befragung im U-Ausschuss mit einer Vertrauensperson an Ihrer Seite nicht aushalten, dann sollten Sie sich fragen, ob Sie überhaupt die Belastungskapazitäten, die man als Bundeskanzler braucht, haben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Jaja!)
Das ist nicht die Schuld des Ausschusses, der hat nur seine Arbeit gemacht, und es ist auch nicht die Schuld einer angeblich parteilich agierenden Justiz. Das kann schon deshalb nicht stimmen, weil diese Staatsanwälte alle von Ihnen dorthin gebracht worden sind, wo sie jetzt die Ermittlungen führen. Nein, nein, die haben nur ihre Arbeit gemacht, sofern man sie lässt. (Abg. Wöginger: Das ist ein Verfolgungswahn! Das ist, wenn man nicht unter die Leute geht, dann wird man so wie du! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.) Es ist das logische Resultat von Selbstherrlichkeit, Machtmissbrauch und Skrupellosigkeit, über das Sie jetzt stolpern, denn das ist das Betriebssystem Ihres tiefen Staates, den Sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten errichtet haben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Vom Marathonrennen wirst narrisch!)
Ein letzter Satz: Simon Wiesenthal hat davon gesprochen, dass sein Lebensmotto Gerechtigkeit und nicht Rache ist. Sehen Sie: Gerechtigkeit und nicht Rache ist das, was jetzt bei Ihnen schlagend wird.
Ich sage Ihnen einen allerletzten Satz, Herr Bundeskanzler: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht (Abg. Wöginger: Ja, du saufst aber nichts!) – insbesondere dann, wenn er sich selbst für unzerbrechlich hält. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Jaja, genau!)
13.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Maurer. – Bitte.