11.14

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist es endlich so weit: Das Tierschutzvolksbegehren ist im Parlament angekom­men. Ich habe lange mit mir gerungen, wie viel Kritik heute angebracht ist, weil es ja eigentlich ein Tag der Freude für den Tierschutz ist, denn ich gebe Ihnen, Kollege Eßl, recht: Es gibt noch sehr viel Diskussionsbedarf, wenn es um den Bereich Tierschutz geht.

Ich hoffe, dass es das Tierschutzvolksbegehren geschafft hat, den notwendigen Druck auf politischer Ebene auszuüben. Tierschutz sollte auch immer überparteilich sein. Tierschutz hat viele Facetten, wenn es um Tierheime geht, die sich täglich zahlreicher Notfälle annehmen, aber noch mehr gilt das für die Vereine und deren Mitglieder, die tagtäglich aufopfernd für Tiere unterwegs sind, Menschen, die völlig selbstlos, nur aus Interesse am Schutz anderer Lebewesen handeln.

Trotzdem ist gerade der Tierschutz ein Bereich, bei dem leider immer mehr Menschen oder Menschen von Haus aus genervt sind, wenn man erklären möchte, worum es eigentlich geht. Daher bin ich ehrlich gesagt sehr froh über diese Initiative, die es ermöglicht, Tierschutz mehr Gewicht zu geben, denn leider ist die Situation in sehr vielen Bereichen den sonst so hochgesteckten Standards in Österreich noch immer nicht gerecht geworden – siehe allein den Begriff der Nutztierhaltung, bei dem man durchaus schon einmal über die Begrifflichkeit diskutieren kann. Da liegt auch abseits von Voll­spaltenböden, Ferkelkastration oder der Situation für die männlichen Kücken noch eini­ges im Argen.

Wo man aber eigentlich relativ rasch Maßnahmen ergreifen könnte – Deutschland ist uns da schon Riesenschritte voraus –, ist dort, wo es zum Beispiel um die In-Ei-Erken­nung geht, und wenn es Deutschland schaffen kann, seinen Handel umzustellen und tatsächlich ab 2022 oder 2024 kein männliches Kücken mehr töten zu müssen, dann wird Österreich da wohl auch aufschließen können. Es wird vielleicht kein Vorreiter mehr sein, aber zumindest aufschließen können.

Das ist gerade beim Punkt Ei eigentlich schade, weil Österreich bei der Eikennzeichnung 2004 eine Vorreiterrolle eingenommen hat, und es uns gelingen muss, Österreich in diesem Bereich auch zukunftsfit zu machen, auch für den Handel – Stichwort Konsum­verhalten. Rund ein Drittel der Eier, die in Österreich verbraucht werden – 1,8 Milliarden sind es jährlich –, sind ein sogenannter anonymer Rohstoff. Das heißt, es besteht über­haupt keine Transparenz, wenn es um die Herkunft geht, wenn es um die tierschutz­gerechte Haltung geht. Leider stammt eben ein Großteil dieser verarbeiteten Eier immer noch aus einer Käfig- oder einer Bodenhaltung. Dabei muss eben seit 2004 in Österreich auf jeder Verpackung stehen, wie die Henne gehalten wurde, es ist also im Idealfall relativ leicht, sein Biofreilandei rasch zu erkennen. Da hat Österreich genau das ge­schafft und die Vorreiterrolle übernommen, also kann uns das auch bei der In-Ei-Erken­nung gelingen.

Die Kennzeichnung von verarbeiteten Eiern zum Vorteil der Tiere als auch der Konsu­menten fehlt, dabei wäre sie eben auch gerade für die Landwirtschaft wichtig, denn das Gebot, wenn es um den Schutz der Landwirtschaft geht, heißt ebenfalls: Investition in die Nachhaltigkeit. Eine nachhaltige Umwelt- und Landwirtschaftspolitik ist eben auch eine tierschutzgerechte Politik, diese kann aber auch nicht ohne ausreichend finanzielle Mittel, die gerecht und effizient verteilt werden, umgesetzt werden.

Gerade bei einem Thema, bei dem es auch um das Leben künftiger Generationen geht, muss mehr getan werden. Der weltweite Handel mit Lebensmitteln nimmt weiterhin rasant zu. Sich hier schützend vor österreichische Qualität und österreichische Produkte zu stellen schafft also nicht nur die notwendige Transparenz, sondern es ist auch unsere Verantwortung, wenn es um Tierschutzstandards oder eben Konsumenteninformation geht, den Lebensmittelproduzenten auch zur Seite zu stehen, weil das für ihre Existenz wichtig ist.

Nahrungsmittel werden billiger, die Herstellung wird aber nicht nachhaltiger. Die Verän­derung kostet Geld, aber es geht um Existenzen. Ob das gelingen wird, ist die Frage, auf die wir politisch Antworten geben müssen.

Ja, die Liste im Bereich Tierschutz wäre noch sehr, sehr, sehr lange, und gerade auf euch, liebe Grüne, ruht wahnsinnig viel Hoffnung von zahlreichen Vereinen, die sich wirklich erwarten, dass da etwas weitergeht, dass da etwas getan wird. Es gab 15 An­träge, die leider alle vertagt oder im Plenum abgelehnt wurden. Tierschutz darf aber kein Bereich mehr sein, bei dem Entscheidungen aufgeschoben werden, bei dem Entschei­dungen als nicht wichtig erachtet oder bei irgendwelchen hundertsten Round-Table-Gesprächen vertagt werden. Tierschutz sollte kein Bereich mehr sein, bei dem es eben reicht, einmal im Jahr irgendeinen Preis zu vergeben, und danach ist wieder alles gut und bleibt alles wie gehabt.

Wir leben in einer Zeit des systemischen Wandels. Viele, viele Menschen haben sich zu dem Tierschutzvolksbegehren bekannt, über 400 000 Menschen haben ihre Stimme ab­gegeben, haben ihr Ja zu mehr Tierwohl, zu mehr Tierschutz gegeben, und es wird Zeit, auch endlich politisch Antworten zu liefern und zu handeln.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Ich danke heute allen Menschen in Österreich, die sich tagtäglich für den Tierschutz engagieren, denen das ein Anliegen ist. Ich danke jeder Einzelnen/jedem Einzelnen, die/der ihre/seine Unterschrift gegeben hat. Und ich danke vor allem dem Initiator des Tierschutzvolksbegehrens und freue mich, wenn da jetzt einiges vorangeht. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

11.20