12.04

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehbild­schirmen! Ja, es geht heute um einen Bericht gemäß dem Gesetz über die Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik, und zwar für das Jahr 2020 und das erste Quartal 2021. Konkret geht es um die Finanzierung vor allem der Kurzarbeit.

Jetzt kann man über den Bericht eigentlich nichts Schlechtes sagen. Die Frage ist aller­dings: Wie geht es weiter, vor allem auch mit der Kurzarbeit, Herr Bundesminister? Wir wissen es nicht. – Gut, der Bundesminister hat Wichtigeres zu tun. (Abg. Michael Ham­mer: ... verständlich!) – Ja, das ist für Sie verständlich, ich glaube es schon. Machen Sie dem Minister ruhig die Mauer! Er muss sich ja nicht dafür interessieren, was im Parla­ment diskutiert wird. – Das ist sozusagen der Respekt vor dem Hohen Haus, aber aus Sicht der ÖVP muss es ja keinen geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, meine Damen und Herren, die Frage wird also sein: Wie geht es auf dem österrei­chischen Arbeitsmarkt weiter? Wir haben in diesem Land immer noch weit über 400 000 Arbeitslose und in etwa noch einmal so viele, die sich derzeit immer noch in Kurzarbeit befinden. Das Kurzarbeitsmodell während der Coronazeit hat sich natürlich bewährt, allerdings sehen wir schon seit einiger Zeit, dass es jetzt nach wie vor sehr viele Mitarbeiter in Kurzarbeit in Branchen gibt, die von Corona nicht mehr betroffen sind. Da stelle ich mir jetzt die Frage: Wie wird man mit diesen Menschen, die sozusagen auch nicht wissen, wie ihre berufliche Zukunft aussehen wird, weiter umgehen?

Auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass der Herr Bundesminister selbst im Ausschuss wenig darüber preisgegeben hat, wie lang die Kurzarbeit jetzt noch laufen wird, ob sie verlängert wird und, wenn ja, wie lange sie verlängert wird, wie das aus­schauen wird, welches Modell es geben wird, mit wie viel denn die Bürger, die Arbeit­nehmer rechnen können, wenn sie weiterhin in Kurzarbeit sein müssen.

All das, all diese Antworten sind Sie uns in Wahrheit schuldig geblieben. Noch eines draufgesetzt hat dann aber der Wirtschaftsbund, der nämlich kurz vor der Ausschuss­sitzung sein neues Arbeitslosengeldmodell präsentiert hat, das nichts anderes bedeutet als einen weiteren Sozialabbau.

Man hat mit diesen völlig falschen Maßnahmen, die im Zuge der Coronakrise von dieser schwarz-grünen Bundesregierung gesetzt wurden, Dutzende, Tausende, Abertausende Menschen in die Arbeitslosigkeit getrieben, und jetzt macht man diese Opfer der Krise noch einmal zu Opfern, indem man sagt, die sollen jetzt einfach weniger Arbeitslosen­geld kriegen – wenn es nach der ÖVP geht, nach dem ÖVP-Wirtschaftsbund, der in­nerhalb dieser ÖVP-Fraktion ja nicht wenig maßgeblich ist. Im Ausschuss für Arbeit und Soziales ist die Hälfte der ÖVP-Abgeordneten Mitglied im Wirtschaftsbund, meine Da­men und Herren! Das heißt, das sind genau jene Vertreter, die dieses Modell wollen, ein Modell, gemäß dem das Arbeitslosengeld, das in Österreich ohnehin im europäischen Vergleich relativ gering ist, noch einmal gesenkt werden soll, dessen Laufzeit verkürzt werden soll und dann auch noch eine Abschaffung des Sondernotstands erfolgen soll und, um dem Ganzen noch eines draufzusetzen, die Zuverdienstgrenze auf null gesetzt werden soll. Das heißt, wenn Sie in Arbeitslosigkeit sind, dürfen Sie nicht einmal mehr geringfügig dazuarbeiten – was im Übrigen immer wichtig war, um auch einen Kontakt zum Arbeitsmarkt zu behalten. Das will die ÖVP jetzt auch noch streichen.

Dies ist ein Modell des Sozialabbaus, ein Modell, das die Opfer noch einmal die Krise bezahlen lassen möchte – und das, meine Damen und Herren, das, Herr Bundesminis­ter, wird es mit uns nicht geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, Herr Bundesminister, sind es aber auch schuldig geblieben, auch im Ausschuss, sich davon zu distanzieren. Wir haben einen diesbezüglichen Antrag gestellt – der Herr Bundesminister hat es nicht gemacht. Die ÖVP hat diesen im Ausschuss vertagt, sprich schubladisiert, weil Sie sich auch gar nicht vom Wirtschaftsbund distanzieren möchten.

Wissen Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, wenn man ein bisschen in die Ge­schichte zurückschaut, dann kann man feststellen, dass es in den Dreißigerjahren, kon­kret 1933, so war, dass damals auch die Christlichsoziale Partei die sogenannte Aus­steuerung bei über 200 000 Arbeitslosen vorgenommen hat. Diesen hat man von heute auf morgen das Arbeitslosengeld gestrichen, und man hat dann auch die Armut, die Delogierung, die Kälte, die Obdachlosigkeit, den Hunger in Kauf genommen. All das ha­ben wir schon einmal erlebt. In diese Richtung wollen Sie jetzt wieder gehen, und der Minister ist nicht in der Lage, sich von einem solchen Modell – das Arbeitslosengeld weiter zu reduzieren – zu distanzieren, und das ist schäbig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

12.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.