18.07

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Wertes Hohes Haus! Liebe Zuschauer und liebe Zuschauerinnen zu Hause! Vor meinem Einzug in dieses Haus hätte ich mir zumindest nicht vorgestellt, dass so etwas, was heute – jetzt gleich – hier passiert, tatsächlich passieren kann oder dass so etwas möglich ist.

Worum geht es? – Nicht einer, sondern zwei aufrechte Beschlüsse, die wir hier in diesem Haus getroffen haben, werden von dieser Bundesregierung ganz einfach ignoriert. Zwei­mal hat der österreichische Nationalrat beschlossen, dass das Pestizid Glyphosat in Ös­terreich verboten werden soll. (Ruf bei der ÖVP: Die Kommission ...!) Das waren klare, mit Mehrheit getroffene Beschlüsse. Und warum? – Auch das ist ganz klar: Weil das Pestizid Glyphosat höchstwahrscheinlich bei Menschen krebserregend wirkt. Das ist von der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, bestätigt.

Dieses höchstwahrscheinlich krebserregende Gift ist aber das meistverwendete Pestizid in der Landwirtschaft, und durch das Spritzen in der Landwirtschaft nehmen wir das Gly­phosat dann über die Lebensmittel in unseren Körper auf. Das führt zu der Situation, dass drei von zehn Österreichern beziehungsweise Österreicherinnen mittlerweile Gly­phosat im Urin haben. Selbst in der Muttermilch wurde Glyphosat nachgewiesen. Vor diesem Glyphosat, vor diesem Pflanzengift können wir uns nicht anders schützen, als das Verbot zu fordern. Das ist auch dringend notwendig! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: ... Blamage!)

Aufgrund dieser Situation wehren sich auch immer mehr und mehr Menschen gegen Glyphosat und wollen, dass in Österreich der Verbrauch eingestellt wird.

Zweimal wurde es beschlossen! Nachdem es hier in diesen Reihen vergessen wurde, erwähne ich es noch einmal: Zum ersten Mal wurde das Glyphosatverbot am 2. Juli 2019 mit den Stimmen von SPÖ, von FPÖ, von NEOS und damals noch Liste Pilz beschlos­sen. Dann hat sich die von Kanzler Kurz geführte schwarz-blaue Bundesregierung in der Luft zerrissen, der Ibizaskandal ist passiert, und es kam in dieser Gesetzgebungsperio­de – in dieser Gesetzgebungsperiode! – nochmals zu einem aufrechten Beschluss: am 11. Dezember 2019, und zwar mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ, NEOS und nun auch den Grünen – falls ihr vergessen habt, dass ihr noch in dieser Periode mitgestimmt habt! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser zweite Antrag war glasklar! Was er gefordert hat, war glasklar: Er hat die Regierung aufgefordert, das Glyphosatverbot einzuleiten.

Aber was ist passiert? (Abg. Strasser: Die SPÖ hat diesen Antrag nicht ...!) – Die Regie­rung hat gesagt: Parlamentsbeschluss hin oder her!, und hat es ganz einfach ignoriert. (Abg. Strasser: Die SPÖ hat diesen Antrag nicht nach Brüssel geschickt!)

Und an dieser Stelle zitiere ich ein Video, das ich damals zu dieser Zeit gemacht habe, weil der Titel doch sehr gut passt, nämlich: „Wie die ÖVP“ am Beispiel Glyphosat „das Parlament verarscht!“, um es in dieser Deutlichkeit auch ... (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich ersuche Sie, das zurückzunehmen, andernfalls erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Ruf bei der ÖVP: Die ist ja immer so, Frau Präsidentin!)

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (fortsetzend): Ich habe aus dem Video zitiert und nicht selbst die Aussage getätigt.

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, wir haben auch die Regelung, dass wir es nicht zitieren! Da gibt es auch klare Beschlüsse aus der Präsidiale, die alle Fraktionen mittragen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (fortsetzend): Dann muss man manchmal die Dinge aber trotzdem so beim Namen nennen (Ruf bei der ÖVP: Ordnungsruf!), und dann werde ich diesen Ordnungsruf in Kauf nehmen, denn um das noch einmal auf den Punkt zu bringen (Öh-Rufe bei der ÖVP): Unerhört ist, dass Parlamentsbeschlüsse in diesem Haus ignoriert werden! Unerhört ist, dass, wenn hier Mehrheiten glasklare Aussagen treffen, Sie sie ganz einfach nicht ... (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)