13.15

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Ja, ich glaube, dass es wichtig ist, bei dem, was die Bundesregierung hier als Antiter­rorpaket verkauft, zurückzudenken, wieso wir das denn heute hier diskutieren. Der Auslöser war dieses schreckliche Terrorattentat im vergangenen November. Das Schlimmste an dem ganzen Terrorattentat war nicht nur, dass mehrere Menschen sterben mussten, das Schlimmste war, dass man es hätte verhindern können. Der Attentäter war vorbestraft. Es war bekannt, dass er in radikalen Kreisen unterwegs ist. Es war bekannt, dass er Fundamentalisten aus dem Ausland getroffen hat. Es war bekannt, dass er versucht hat, Munition in der Slowakei zu kaufen. Die dortigen Behörden haben die österreichischen Behörden informiert, die österreichischen Behörden sind aber trotzdem nicht einge­schritten.

Anstatt zuerst einmal zu versuchen, sich diese Mängel im System anzuschauen, das zu untersuchen, kam dann das, was eh auch schon vom Kollegen Leichtfried angesprochen wurde: eine Schuldzuweisung. Der Herr Innenminister hat einmal gesagt: Das Justizmi­nisterium ist schuld!, dann hat man sich gegenseitig Schuld zugewiesen. Das halte ich nicht für sonderlich sinnvoll.

Es hat die Bundesregierung dann später begonnen, dieses Antiterrorpaket auszuarbei­ten, und zwar schon, bevor das Endergebnis der unabhängigen Untersuchungskommis­sion vorgelegt wurde. Es war offensichtlich dazu da, um ein wenig abzulenken. Das ma­chen Sie leider heute in einzelnen Bereichen auch. Es gibt in dem Maßnahmenpaket, das Sie vorlegen, zugegebenermaßen sinnvolle Dinge – Kollege Mahrer hat es ja schon angesprochen. Es geht um die Fallkonferenzen, es geht darum, wie man Präventivarbeit macht, wie man Deradikalisierung machen kann, und es geht auch darum, wie man es ermöglicht, dass verurteilte Straftäter, die eine bedingte Entlassung haben, auch ent­sprechend überwacht werden, damit man schauen kann, dass die eben nicht dorthin gehen, wo eine weitere Radikalisierung passieren kann.

Gleichzeitig versuchen Sie aber, mit neuen Straftatbeständen irgendwie ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Kollege Stefan hat es schon angesprochen, insbesondere geht es um den Straftatbestand der religiös motivierten Strafhandlung. Da wird ein vollkom­men überflüssiger neuer Straftatbestand geschaffen, der Dinge bestrafen soll, die alle schon längst unter Strafe stehen, und dementsprechend wird auch dieser Straftatbe­stand nicht nur keinen Terroranschlag verhindern und uns nicht beschützen, sondern er macht auch schlichtweg keinen Sinn.

Was Sie auch machen, ist, dass Sie im Zusammenhang mit dem Antiterrorpaket das Islamgesetz ändern wollen. Ich als Liberaler bin zutiefst davon überzeugt, dass wir uns in einer wehrhaften Demokratie gegen jede Strömung, die unsere Demokratie nicht ak­zeptiert, gegen jede Strömung, die unsere Art zu leben nicht akzeptiert, dass wir uns gegen all diese Strömungen wehren müssen und wir auf gar keinen Fall tolerieren dürfen, dass sie größer werden – das ganz unabhängig davon, aus welchem Eck sie kommen. Man muss aber auch klar sagen, dass der Staat die Möglichkeit haben muss – und das als Ultima Ratio –, wenn sich unter dem Deckmantel des Islams Vereine radika­lisieren, diese rasch aufzulösen.

Der Staat muss in dem Zusammenhang auch wissen, wo die entsprechenden und reli­giösen Funktionsträger tätig sind. Und ja, der Staat, wenn man davon ausgeht, dass es ein Verbot der Auslandsfinanzierung gibt, muss auch die Möglichkeit haben, das zu kon­trollieren, denn sonst ist das Verbot einigermaßen sinnlos. Wir halten das dementspre­chend für sinnvoll.

Ob das insgesamt dabei helfen wird, Terrorattentate zu verhindern, bezweifle ich sehr stark, aber es sind Maßnahmen, die grundsätzlich in anderen Bereichen helfen können und die in einer wehrhaften Demokratie, glaube ich, auch richtig sind.

Die große Frage ist: Wie schaffen wir es denn, die entsprechenden Terrorattentate zu verhindern? Wie schaffen wir es denn, gegen Terrorismus anzukämpfen? – Da ist die einzig richtige Antwort: Es geht um einen funktionierenden Verfassungsschutz, es geht um funktionierende Behörden, die ausreichende Ressourcen haben und die ihre Aufga­ben auch entsprechend wahrnehmen können.

Wir haben heute in der Früh im Geschäftsordnungsausschuss schon über die BVT-Re­form diskutiert. Ja, auch da werden Dinge verbessert. Nichtsdestotrotz fehlt aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Punkt, und das ist die begleitende parlamentarische Kon­trolle. Was vorgeschlagen wird, was wir auch morgen diskutieren werden, ist, dass eine Kontrollkommission im Nachhinein entsprechende Missstände aufklären kann. Es ist ja genauso ein Missstand gewesen, der zum Schluss zu diesem Grauen, zu diesem Atten­tat im November geführt hat. Die Informationen lagen vor, es hat sich nur irgendwie kei­ner zuständig gefühlt.

Man kann Sicherheit besser dann gewährleisten, wenn entsprechende Sicherheitsbe­hörden auch laufend kontrolliert werden können, wenn die Nachrichtendienste kontrol­liert werden können, wenn der Staatsschutz kontrolliert werden kann. Die Österreicherin­nen und Österreicher haben ein Recht auf diese Sicherheit, und sie haben ein Recht darauf, dass sie sich auf die Arbeit der Behörden verlassen können.

Das, was Sie heute vorschlagen, ist in Einzelbereichen sinnvoll. Wir werden dem auch größtenteils zustimmen, es sind aber auch Dinge drin, die eher unter dem Mascherl ÖVP-Symbolpolitik laufen. Das hätten wir nicht notwendig, denn es führt im Ergebnis leider dazu, dass die positiven Dinge ein bisschen unter den Tisch fallen. (Beifall bei den NEOS.)

13.20

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Wolfgang Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.