19.45

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich glaube, es ist zweifellos so, dass der Tourismus, die Gastronomie, die Veranstaltungsbranche und unsere Freizeitbetriebe am härtesten von der Coronapandemie in den letzten 16 Mo­naten getroffen waren.

Es war für uns alle ein sehr befreiendes Gefühl, am 19. Mai alle Branchen gleichzeitig wieder öffnen zu können. Ich kann mich vor allem auch an sehr viele, sehr kritische Stimmen aus den Reihen des Hohen Hauses erinnern, die gesagt haben, das werde niemals funktionieren, das sei fahrlässig und verantwortungslos. De facto haben wir bei einer sehr, sehr niedrigen Inzidenz geöffnet und über die Wochen der Öffnungen gese­hen, dass die Infektionszahlen weiter nach unten gehen. Das zeigt schon, dass vor allem das Einführen und Kontrollieren der 3G-Regel für uns das zentrale Element ist.

Anders als andere Länder – und da gebe ich Herrn Abgeordneten Hauser recht – haben wir nicht einfach nur geöffnet und dann wieder zugeschaut, wie die Zahlen nach oben gehen, sondern ein zentrales Sicherheitselement beibehalten. Getestet, geimpft oder genesen ist der Zutritt quasi zu allen sozialen Einrichtungen, zu allen Möglichkeiten, wo man sich treffen kann, wo man auch miteinander feiert, wo man den Urlaub verbringt, um maximale Sicherheit zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit 1. Juli, also vor relativ wenigen Tagen, haben dann weitere, wirklich weitreichende Lockerungsschritte stattgefunden. Das bedeutet für uns vor allem, dass wieder Großver­anstaltungen abgehalten werden, dass Kunst und Kultur wieder in unserem Land zurück sind – und das ist auch das ganz zentrale Signal an den Städtetourismus. Dort leben die Betreiber vor allem von den Frequenzen durch Sportveranstaltungen, durch Kunst und Kulturereignisse. All das ist in Österreich wieder möglich, und dass das jetzt schon seit Monaten geplant wurde, ist durchaus auch dem Veranstalterschutzschirm zu verdanken.

Wir haben nie zu 100 Prozent sagen können, wie die Infektionslage in drei, vier, fünf Monaten sein wird, aber wir haben der Veranstalterbranche, Kunst und Kultur, den Mes­sen und Kongressen ein Instrument in die Hand gegeben, das wirklich für Planungssi­cherheit sorgt: Sie können sich sicher sein  da auch jetzt beispielsweise über das Frequency-Festival diskutiert wird und eine mögliche Absage vonseiten der Stadt in Aus­sicht gestellt worden ist –, dass all das, was an nicht stornierbaren Kosten anfällt, über den Veranstalterschutzschirm abgedeckt wird. Das gibt einer gesamten Branche, die wirklich besonders hart getroffen ist, maximale Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum vorliegenden Tourismusbericht ist zu sagen, dass das Jahr 2020 wirklich katastro­phale Auswirkungen auf die gesamte Branche hatte. Die Anzahl der Gäste hat sich nahe­zu halbiert. Der Höchstwert der Nächtigungen war im Jahr 2019 bei rund 150 Millionen Nächtigungen in Österreich. Mit dem Jahr 2020 sind wir de facto wieder auf das Niveau der Siebzigerjahre zurückgefallen. Besonders schmerzhaft war der Ausfall der Winter­saison 2020/2021.

Ich muss ein paar Wortmeldungen korrigieren, vor allem jene von Herrn Abgeordneten Hauser. Sie können sich vielleicht nicht mehr an die Diskussion erinnern, aber die Skilifte in Österreich hatten offen, und es war richtig, die Skilifte offen zu halten, denn vor allem für die Einheimischen, für die Menschen in den Regionen war das wirklich eine hervorra­gende Gelegenheit, zumindest diese wunderbaren Einrichtungen zu nutzen. An dieser Stelle ergeht ein großes Dankeschön an die Seilbahnwirtschaft, die diese Entscheidun­gen auch mitgetragen und entsprechend unterstützt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Hörl erhebt sich von seinem Sitzplatz und verbeugt sich.)

Was im Jahr 2020 besonders bemerkenswert war: Zum einen haben sehr, sehr viele Österreicherinnen und Österreicher den Urlaub im eigenen Land verbracht, haben durchaus auch den Aufruf zu Urlaub in Österreich befolgt und gesehen, dass Österreich ein sehr sicheres, aber vor allem qualitativ hochwertiges Urlaubsland ist. Was wir auch gesehen haben, ist, dass sich die Buchungsdauer der Gäste durchaus verlängert hat. Während vor allem Österreicher in den letzten Jahren meistens Wochenendtrips im ei­genen Land gebucht haben, war die Urlaubsdauer im Jahr 2020 mit einem Durchschnitt von 3,9 Nächten ähnlich hoch wie im Jahr 2007. Wir hoffen auf jeden Fall, dass wir diesen Trend weiter fortsetzen können.

Als Folge der Pandemie hat es klarerweise auch einen wirklich großen Einbruch im Be­reich der Beschäftigung gegeben. Nur noch 180 000 unselbstständig Beschäftigte waren im Bereich der Beherbergung und der Gastronomie tätig, um 42 000 weniger als im Vorjahr. Gerade für diese Branche war die Kurzarbeit ein unverzichtbares Instrument. Wir konnten dauerhaft und nachhaltig 120 000 Arbeitsplätze über die Kurzarbeit retten und eben auch absichern – an dieser Stelle ein großes Dankeschön an Arbeitsminister Martin Kocher für die hervorragende Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

Ganz entscheidend war für uns im letzten Jahr unser Testprogramm Sichere Gastfreund­schaft. Seit 1. Juli 2020 haben wir in ganz Österreich Mitarbeitern im Tourismus, in der Gastronomie und im gesamten Tourismusbereich wöchentlich PCR-Tests anbieten kön­nen. Dieses Programm hat sich sehr großer Beliebtheit erfreut. Es war für viele ein Ele­ment der Werbung und vor allem im Ausland ein Aushängeschild, sodass Gäste ent­sprechend gebucht haben. Die derzeitige Teststrategie ist wichtig und richtig und wird massiv davor schützen, dass die Deltavariante zu einer besorgniserregenden Infektions­lage führt.

Ganz kurz zum Ausblick: Wir haben den Comebackprozess vor einigen Monaten ge­startet. Da geht es um die aktuelle Situation. Was braucht die Städtehotellerie, was brau­chen die besonders betroffenen Branchen für die nächsten Monate? Da konnten wir einige der Forderungen aus dem Comebackprozess umsetzen, beispielsweise auch die Verlängerung der Kurzarbeit, die Verlängerung des Ausfallbonus und eben auch des an die jetzigen Gegebenheiten angepassten Fixkostenzuschusses. Das war für die gesam­te Reisebranche etwas ganz Entscheidendes und Wichtiges.

Wir gehen davon aus – das sind die aktuellen Prognosen des Wifo, und in diesem Punkt muss ich Herrn Abgeordneten Hauser wieder widersprechen –, dass es für die Sommer­saison 2021 insgesamt um rund 20 Prozent mehr Übernachtungen geben wird als im Jahr 2020. Wer sich erinnern kann, wie erfolgreich die Ferienhotellerie im letzten Jahr war, kann sich ungefähr vorstellen, dass wir durchaus sehr positiv auf die nächsten Mo­nate blicken können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben uns in den letzten Monaten im Comebackprozess mit vier zentralen Hand­lungsfeldern und -themen und strukturellen Fragen des Tourismus in Österreich mit der gesamten Branche und mit vielen Expertinnen und Experten auseinandergesetzt. Das Hauptthema, das uns aktuell umtreibt, ist der touristische Arbeitsmarkt. Er war auch schon vor der Krise mit sehr vielen Herausforderungen verbunden. Anders, als das viele immer wieder gebetsmühlenartig wiederholen, ist das nicht den schlechten Arbeitsbedin­gungen oder einem Unwillen der Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter oder der Unternehme­rinnen und Unternehmer geschuldet. Der Tourismus war jahrzehntelang der Jobmotor in Österreich schlechthin. Wir haben im Tourismus in den letzten Jahren bis zur Corona­pandemie 40 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen können. Daraus hat sich natürlich ein Mitarbeitermangel und vor allem auch ein Fachkräftemangel ergeben.

Genau dieses Thema und dieses Problem greifen wir jetzt im Comebackprozess ge­meinsam mit Arbeitsminister Martin Kocher auf, der ja bereits eine Änderung der Ziel­vorgaben an das AMS übermittelt und auch eine Arbeitsmarktreform in Aussicht gestellt hat. Wir werden das Thema nachhaltig angehen, für nachhaltige Lösungen für die ge­samte Branche sorgen.

Das zweite ganz wichtige Thema, mit dem wir uns befassen, sind die Finanzierung und die Eigenkapitalausstattung im Tourismus, Finanzierungselemente und damit auch -instrumente – dafür und für die hervorragende Zusammenarbeit ein großes Dankeschön an Finanzminister Gernot Blümel.

Was uns zentral umtreibt, ist die Frage: Was erwarten sich die Gäste in Zukunft vom Urlaubsland, vom Kongressland, vom Geschäfts- und Reiseland Österreich? Das ist eine ganz zentrale Frage für die Österreichwerbung, die wir im Zuge dieses Comebackpro­zesses neu aufgestellt haben. Die Österreichwerbung wird ein zentrales Instrument dafür sein, dass wir Österreich in den nächsten Jahren als Tourismusland wieder dorthin bringen, wo es hingehört, und zwar an die Weltspitze. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.54

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Obernosterer – auf dem Weg zum Rednerpult in Rich­tung Bundesministerin Köstinger –: Jetzt hab ich nichts mehr zu sagen!)