22.22

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich hoffe, mir gelingt nach der Vorrednerin wieder eine leichte Stimmungsaufhellung. (Hei­terkeit bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen mitteilen, dass es mit Sicherheit nicht so war, dass wir da unter Druck geraten sind, sondern wir haben ganz solide eine EU-Richtlinie abgearbeitet. Wir hatten ein solches Gesetz ja schon, das Unternehmensreorganisationsgesetz, das aber kein großer Burner war. Wir haben, glaube ich, nur etwa 50 Fälle im Jahr gehabt, und jetzt haben wir es EU-weit harmonisiert. Wir haben jetzt EU-weit dafür gesorgt, dass es ein Verfahren gibt, das vorinsolvenzlich ist. Wenn eine Insolvenz absehbar ist, dann gibt es Möglichkeiten, das Unternehmen ein bisschen unter Schutz zu stellen. Es ist nicht so intensiv, wie es in Amerika im Chapter-11-Verfahren ist, aber dennoch ist es möglich, bereits in dieser Situation Forderungen zu kürzen. Es sollen schlichtweg Liquidationen vermieden werden.

Ich darf ein paar Punkte anführen: Es ist ein Restrukturierungsverfahren nur für Unter­nehmer. Es ist die Vorlage eines Restrukturierungsplans mit einer Laufzeit notwendig. Es gibt die Einteilung der Gläubiger in Gläubigerklassen, und die Mehrheit der Gläubiger in den jeweiligen Klassen muss nach Köpfen und Geldsumme zustimmen. Alle Restruk­turierungsmaßnahmen, auch der Verkauf des gesamten Unternehmens, sind möglich. Es gibt eine sechsmonatige Vollstreckungssperre und das Unternehmen bleibt in Eigen­verwaltung, es wird aber ein Beauftragter zur Seite gestellt.

Richtig ist, dass wir da die Möglichkeit eines kürzeren Abschöpfungsverfahrens mit drei Jahren vorgesehen haben. Ich glaube, dass es für die Unternehmer insofern richtig ist, denn es gibt jene redlichen Unternehmer, meine Damen und Herren, die auch einmal unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten. Das ist ein Faktum, das gibt es. Denen soll geholfen werden und die sollen auch bei einem möglichen Neustart, meine Damen und Herren, nicht ewig und drei Tage mit dem Klumpfuß der Schulden herumlaufen und hi­nuntergezogen werden. Wir müssen ihnen diese Chance geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, die Richtlinie hat diese Verkürzung nur für Unternehmer zwin­gend vorgesehen. Die Ausweitung auf Verbraucher unter Hinweis auf Covid-19 ist mit fünf Jahren befristet gewesen. Die Krokodilstränen der Sozialdemokraten über die dies­bezügliche Entscheidung der Koalition können vielleicht anhand der vorgegebenen Fak­ten ein bisschen eingefangen und getrocknet werden. Wir haben uns diese dreijährige Evaluierung dafür aus einem ganz einfachen Grund vorgenommen, meine Damen und Herren: Es herrscht in der Politik ein wenig die Tendenz, dass Schulden mit einem Feder­strich vernichtet werden sollen. Schulden sind aber irgendwann entstanden und es gibt nicht nur den Schuldner, nein, es gibt auch den Gläubiger. Jetzt kann man natürlich – wie auch schon ein sozialdemokratischer Bundeskanzler einmal gesagt hat: die Banken werden ihren Beitrag leisten müssen! – sagen, dass die bösen Banken jene sind, welche die Gläubiger sind, und diese gehören sowieso immer förderungsgekürzt. Ich sage dazu nur: Die werden es sich überlegen, wie sie mit der Kreditvergabe weitermachen werden, und da werden auch die Privaten viel mehr darunter leiden als die Unternehmen.

Meine Damen und Herren! Es sind aber nicht nur Banken, es sind Handwerksunterneh­men, kleine Handwerker, die Dienstleistungen erbracht haben, es sind Händler, die ver­kauft haben, die durch diese rapide Entschuldung durch Federstrich einen Einnahmen­entfall haben. Ich warne davor, meine Damen und Herren, dass wir immer nur an den Schuldner denken. Wir denken natürlich nur an den redlichen Schuldner, aber ich sage Ihnen auch, es gibt nicht nur diesen.

Wir haben mittlerweile einen Wust an bankenrechtlichen Regelungen geschaffen, den­ken Sie an die Basel-Richtlinien, denken Sie an ganz tolle Gesetze, die wir hier gemacht haben, wie die Änderung des Verbraucherkreditgesetzes und des Hypothekar- und Im­mobilienkreditgesetzes – unfallfrei ausgesprochen (Beifall des Abg. Minnich) –, und wenn man all diese Regeln zusammennimmt, ist es heute schon aus altersdiskriminie­renden Gründen nicht mehr möglich, einem über 50-Jährigen einen Kredit für eine Hypo­thek zu geben, aber das haben wir natürlich hier herinnen beschließen müssen. Die Banken, die die einzelnen Grundstücke nicht mehr unterlegen dürfen, werden ohnehin keine Kredite mehr an Private vergeben, wenn ihre Schulden mit einem Federstrich nach drei Jahren gestrichen werden.

Wir können dieses Gesetz probieren, meine Damen und Herren, aber ich werde auch nicht aufhören, daran zu denken, dass es auf der anderen Seite des Regenbogens – wenn wir schon einmal bildlich bleiben – jenen gibt, der vorher das Geld geborgt oder die Leistung erbracht hat. Auch an den müssen wir denken. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, danke ich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

22.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte.