23.03

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Ich würde am Anfang ganz gern die Geschichte wieder richtigstellen, da Frau Kollegin Maurer hier seit Wochen erzählt, die Grünen hätten das Minderheitsrecht für die Einsetzung eines Untersuchungsausschus­ses erkämpft. (Abg. Martin Graf: Die glauben das auch noch!) – Die glauben das auch noch, Herr Kollege Graf. (Abg. Martin Graf: Die glauben das wirklich!) – Die glauben das wirklich, ja, und das ist sehr irritierend, weil ich damals als Verhandler der NEOS dabei­gesessen bin.

Es waren damals drei Oppositionsparteien, die dafür gekämpft haben, dass der Untersu­chungsausschuss ein Minderheitsrecht wird. Das war die FPÖ – damals war der Verhandlungsführer Gernot Darmann –, es war Dieter Brosz von den Grünen und von den NEOS war es ich. Wir haben das zu dritt erkämpft, mit ganz, ganz vielen – mit Hun­derttausenden – Menschen, die damals beim Hypo-Untersuchungsausschuss gefordert haben, dass der Untersuchungsausschuss endlich ein Minderheitsrecht wird.

Es kann sein, dass der eine oder andere mehr dazu beigetragen hat. Wenn es die Grü­nen für sich reklamieren, würde ich aufpassen, denn wenn es jemand bei den Grünen durchgesetzt hat, dann war es Peter Pilz. Auf ihn im Nachhinein in dem Ausmaß stolz zu sein, müsste man sich überlegen. Wir haben es jedenfalls gemeinsam durchgesetzt. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

Wenn Sie der Meinung sind, es waren die Grünen, dann, muss ich Ihnen sagen, haben Sie sehr lang gebraucht, nämlich offensichtlich so lang, bis wir als NEOS ins Parlament gekommen sind. Vielleicht war auch das der Auslöser, dass es dann funktioniert hat. Es waren jedenfalls nicht die Grünen allein, sondern drei Oppositionsparteien gemeinsam. (Beifall bei den NEOS.)

Nach dem, was Kollege Fürlinger gesagt hat, ist die Frage ja, wie lange die Nibelungen­treue der Grünen zum Koalitionspartner noch hält und wie lange die Grünen diesen Treueschwur noch ernst nehmen, denn man muss schon hinterfragen, wie das denn jedes Mal ist, wenn etwas Neues dazukommt – Frau Kollegin Kucharowits hat es ja sehr eindrucksvoll ausgeführt: von der Bedeutung des Untersuchungsausschusses bis zur Verzögerungstaktik der ÖVP –, und wann es denn einmal genug ist.

Wenn ein Bundeskanzler in einen Untersuchungsausschuss kommt und auf Fragen so lange und ausschweifend antwortet, dass einzelne Fraktionen gar nicht mehr die Mög­lichkeit haben, Fragen zu stellen, dann ist es aus meiner Sicht so, dass eine Partei, die für gelebten Parlamentarismus eintritt, eine Partei, die einmal für parlamentarische Kon­trolle eingetreten ist, eigentlich sagen müsste: Jetzt ist Schluss, bis hierher und nicht weiter! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Sie akzeptieren das ja schon, seit Sie mit der ÖVP in Koalition sind: diesen mangelnden Respekt der ÖVP gegenüber dem Parlament, gegenüber den Institutionen. Sie akzeptie­ren, dass der Bundeskanzler der Meinung ist, unsere Verfassung sei eine juristische Spitzfindigkeit. Sie akzeptieren das Desinteresse des Bundeskanzlers an parlamentari­schen Debatten, wenn er wieder einmal dasitzt und mit dem Handy irgendetwas macht. Sie akzeptieren die Erinnerungslücken von Ministern im U-Ausschuss, die Vertagungs­orgien, und, und, und.

Ich könnte das ewig weiterführen. Das Problem ist nur: Wann ist es denn endlich einmal genug für die Grünen? – Das, was letzte Woche im Untersuchungsausschuss passiert ist, ist nämlich eine neue Dimension: Dass ein Bundeskanzler sein Recht und seine Ver­pflichtung, Auskunft zu geben, so missbraucht und so lange redet, dass einzelne Frak­tionen – und insbesondere auch Ihre Fraktion – gar nicht die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen, ist ein Tiefpunkt des Parlamentarismus. Und etwas, das ich absurd finde, ist, dass die Grünen da der ÖVP die Mauer machen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Wenn vonseiten der ÖVP die Frage gestellt wird: Herr Bundeskanzler, was war denn abgesehen von all dem, was wir im Untersuchungsausschuss untersuchen, noch so großartig an der Regierung Kurz I?, dann ist es ja offenkundig, dass das nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat. Und wenn der Herr Nationalratspräsident als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses – Herr Präsident, Sie sind ja sonst nicht zimperlich bei der Frage, welche Fragen zulässig sind – dann sagt: Selbstverständlich, die Frage ist erlaubt, der Herr Bundeskanzler darf ausführen und erzählen, wie großartig er nicht ist!, dann ist das ein Tiefpunkt in der Geschichte des Parlaments, eine Missach­tung des Parlaments; und da machen die Grünen der ÖVP wieder einmal die Mauer. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Was könnte man tun? – Man kann zwei Dinge tun, damit so etwas nicht wieder passiert. (Abg. Gödl: ... „Oasch“-Sager von der Frau Krisper! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, Herr Kollege Gödl, ich weiß nicht, wie Sie das so sehen mit der parlamentari­schen Kontrolle (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gödl), es scheint Ihnen nicht so wichtig zu sein. Ich bin der Meinung, wir könnten zwei Dinge tun, nämlich Nummer eins, Untersuchungsausschüsse endlich öffentlich machen (Zwischenrufe bei der ÖVP), da die Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, mitzuerleben, wie der Bundeskanzler das Parlament verhöhnt (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ – Uh-Rufe bei der ÖVP), und zweitens, diesen Untersuchungsausschuss verlängern.

Sie haben jetzt die Möglichkeit dazu. Sie können sich wieder rausreden: Ja, die Grünen haben irgendetwas erstritten, dass das Minderheitsrecht für die Minderheit im Parlament da ist. Es geht aber darum, wo Sie Ihre Grenze ziehen, und die Grenze müsste eigentlich dort sein, wo Ihr Koalitionspartner Ihnen das Recht nimmt, Ihre Fragen zu stellen. Wenn Sie diese Grenze nicht ziehen, müssen Sie es sich selbst und vor allem Ihren Wählerin­nen und Wählern erklären. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

23.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.