10.13
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Si tacuisses, philosophus mansisses! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Da wir das Gleiche studiert haben, Herr Obmann Kickl, kennen Sie den Spruch sicherlich. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben! Ich komme leider nicht umhin, Sie zu enttäuschen, wenn Sie hier diese zehn Punkte zum Anlass nehmen, um Lösungen zu präsentieren. Diese zehn Punkte zeugen von Unwissen und sie zeugen wohl auch vom Unvermögen, den rechtlichen Rahmen gut abzustecken und zu wissen, was überhaupt möglich ist.
Stellen wir fest: Gewalt ist kein Kavaliersdelikt, und zwar ungeachtet dessen, von wem sie ausgeht, und Femizide sind Auswüchse einer besitzergreifenden patriarchalen Gesellschaftsstruktur, die es aufzubrechen gilt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Da gibt es zweifelsohne Handlungsbedarf und dafür haben Sie sich nie stark gemacht. Während mein Beileid tatsächlich allen Angehörigen der Opfer gilt, missbrauchen Sie hier einige der Fälle, um Angst zu schüren, ohne darauf Antworten zu haben.
Sie haben vorhin einen Faktencheck gefordert, den liefere ich Ihnen gerne.
Ihre zehn Vorschläge sind schlicht unseriös. (Abg. Deimek: ... Faktencheck!) Wieso? – Sie müssen die Hoffnung, die Sie machen, eigentlich recht schnell in Enttäuschung umwandeln, denn das, was Sie fordern, ist rechtlich schlicht unmöglich. (Abg. Kickl: Aha!) – Ist es! Österreich hat völkerrechtliche und unionsrechtliche Verpflichtungen (Abg. Kickl: Was ist denn das für eine Körperschaft?), die Sie, egal, wie laut und wie oft Sie hier poltern, nicht einfach aushebeln können. (Abg. Kickl: Ich habe gedacht, wir sind die Gesetzgeber!) Das ist unser unionsrechtlicher und internationaler Rahmen.
Zum Zweiten: Politisch sind Ihre Vorschläge auch nicht sinnvoll, Herr Klubobmann Kickl! Es braucht nämlich bessere Koordination – das wissen wir –, bessere Kommunikation und auch bessere Kooperation zwischen all diesen staatlichen Stellen, bei denen die Schrauben, die heute schon mehrmals erwähnt worden sind, zu drehen sind, und das in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, mit den ausländischen Communities. (Abg. Kickl: ... weiß nicht, was das ist!) Natürlich braucht es genauso einen ordentlichen Gewaltschutz, echte Prävention und auch Aufklärung und vor allem Ressourcen für die Aufklärung, Investition in diese. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Da sind wir dran. Es ist aber ein Versäumnis von Ihnen und findet sich auch in den zehn Punkten nicht wieder. (Beifall bei den Grünen.)
Fakt ist – und auch das ist mir wichtig, hier einmal festzustellen –: Mit Verschärfungen im Fremdenrecht kann man keine Straftaten ahnden. (Abg. Amesbauer: Wenn sie nicht hereinkommen ...!) Das sollten Sie als ehemaliger Innenminister wissen und es sollte hier unter den Parlamentariern des Hohen Hauses eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, das als Wissen vorauszusetzen. (Zwischenruf des Abg. Deimek. – Abg. Strasser: ... Blödsinn!)
Ein Zweites: Mit dem Abbau von Menschen- und Flüchtlingsrechten kann man auch keine Straftaten verhindern. Jede und jeder, der das verneint, verneint die Statistik, verneint die Forschung, verneint jegliche Datenlage, die wir dazu haben (Abg. Deimek: Schauen Sie einmal auf einen Flughafen und schauen Sie sich die Grenzkontrollen an! Dann müssen Sie nicht so viel sprechen!), und verneint auch das, was die Vereine, die tatsächlich in diesem Bereich arbeiten, tagtäglich aus ihrer Praxis, aus ihrer Erfahrung uns, nämlich der Politik, als Handlungsauftrag referieren.
All das übersehen Sie. Ich empfinde das als ein fast schon trotziges Verneinen von Fakten und Kausalitäten. Und ja, ich kann mich dem anschließen: Es ist unvernünftig, unverantwortlich, und ja, ich halte das auch für gefährlich, weil diese zehn Punkte von Ihnen nämlich genau gar nichts bringen. Aber gut, nutzen wir die Debatte, um festzuhalten, was es braucht, was sinnvoll ist und was wir tun können!
Innenpolitisch müssen wir zweifelsohne an den heute schon mehrmals erwähnten Schrauben drehen. (Abg. Kickl: Sind alle locker!) Hier ist ganz, ganz wichtig festzuhalten, dass Asyl in Österreich keine Gnade ist. Es ist ein Menschenrecht. Es ist etwas, worauf unser Rechtsstaat beruht. (Abg. Deimek: Es fängt mit der Einreise an ...!) Solange wir diesen haben, wird es keine Gnade sein, sondern ein Recht bleiben. (Beifall bei den Grünen.)
Außenpolitisch besteht zweifelsohne die Notwendigkeit zu einer weltweiten Zusammenarbeit. Die UNO-Konferenz findet gerade statt, ich weiß nicht, ob Sie das verfolgen. (Abg. Kickl: Ja, ja!) Natürlich braucht es da eine bessere Kooperation und Koordination. Ohne diese werden wir als Österreich, als Europa diese Herausforderungen nicht bewältigen können. (Abg. Kickl: Die Menschen in Steinhaus sitzen gebannt vor dem Fernseher!) Was ist dabei – um auch das festzustellen – der rechtliche Rahmen? Humanität und Ordnung, gleichzeitig, beides geht sich aus. (Abg. Belakowitsch: Humanität ...!) Das eine funktioniert ohne das andere auch nicht.
In einem gebe ich Ihnen recht, eines stimmt nämlich tatsächlich: Die Zahl der Menschen, die gezwungen sind, ihr Zuhause zu verlassen und sich auf den Weg zu machen, steigt alarmierend und kontinuierlich. (Abg. Belakowitsch: Die Zeit ist um! – Abg. Zanger: Aus!) Nur Frieden, tatsächlich nur Frieden kann diesen Trend stoppen (Abg. Deimek: Ich finde es lässig, dass ...!), nicht nur Frieden, sondern auch Nahrung, Bildung, Empowerment für Frauen, aber vor allem auch Perspektiven. Das sind Dinge, mit denen Sie sich gar nicht beschäftigen. (Abg. Zanger: Schlusssatz!) Wir haben Kriege. Wir haben eine hohe Komplexität an globalen Herausforderungen, in denen sich Migrationsbewegungen abspielen. (Abg. Deimek: Ich freue mich schon auf Kaineder!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen, Frau Abgeordnete!
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (fortsetzend): Auf all diese Fragen haben Sie keine Antworten und deswegen ist Ihr Zehnpunkteplan eine herbe Täuschung und Enttäuschung.
Ich bin sehr froh, dass es uns gelingt, abseits der FPÖ, eine sachliche, besonnene Debatte darüber zu führen, was es braucht – was Menschen auf der Flucht brauchen und was es in Österreich braucht, um Sicherheit zu garantieren. (Abg. Kickl: Nur zusammenbringen tut ihr nichts! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich fürchte, mit Ihren Beiträgen wird das aber schlicht nicht möglich sein. Insofern: Gut, dass es die Möglichkeit für andere Ausführungen gibt, schlecht für Sie, weil Sie da sozusagen keinen Beitrag leisten können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch, Deimek und Zanger.) – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)
10.20
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.