11.56
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, natürlich, wenn man über Europa redet, kann man über Oberösterreich reden, es ist ja ein Teil davon. Eines ist aber schon klar: Der Standort Oberösterreich, der ein guter ist – ich habe auch Unternehmen besucht und finde es großartig –, wird nur weiter funktionieren, wenn Europa zusammenhält und wenn Europa funktioniert. Deswegen möchte ich darauf aufmerksam machen, wie es Kollegin Gamon schon gemacht hat – ja, es gibt eine neue Generation von Politikerinnen und Politikern, die sich um das große Ganze kümmern –, dass es mehrere Plätze auf der Welt gibt, an denen es aktuelle Krisen gibt, rund um den Erdball. Wenn ich zum Beispiel China anspreche: Evergrande – da bricht möglicherweise ein Immobiliengigant zusammen. Im Südpazifik haben wir gesehen, wie es auf einmal zu großen Auseinandersetzungen zwischen den USA und Frankreich, also Europa, kommt. Über Afghanistan wurde auch schon gesprochen. Was aber heißt das alles für uns?
Thierry Breton, der Binnenmarktkommissar, hat gesagt, er möchte jetzt gar nicht mehr mit den Vereinigten Staaten über künftige Handelsabkommen verhandeln. Das soll jetzt zurückgesetzt werden. Das ist für uns ein Problem. Was heißt denn das? Sind die Amerikaner noch unsere Freunde oder sind sie es nicht? Sie sind jedenfalls unsere Partner, aber unsere Freunde, das sind wir in Europa, und wir werden auch diesen Standort – egal wo in Europa – nur halten können, wenn wir das gemeinsam tun.
Der nächste Punkt betrifft die Lieferketten: Auch da sind wir darauf aufmerksam gemacht worden, dass, wenn die Lieferketten nicht funktionieren, auch unsere Wirtschaft nicht funktioniert. Selbstverständlich freue ich mich auch, wenn Infineon neue Produkte herstellt, aber das allein wird nicht reichen. Auch die europäische Chipindustrie wird nur funktionieren, wenn sie europäisch aufgebaut ist. Einer der größten Chipproduzenten heute ist TSMC, aus Taiwan. Die Taiwan Chipindustrie ist natürlich mit staatlichem Geld subventioniert worden und ist heute mit ungefähr 30 Prozent Rendite eines der erfolgreichsten Unternehmen. Frau von der Leyen hat richtigerweise in ihrer Rede zum Stand der Union darauf aufmerksam gemacht, dass wir gemeinsam forschen müssen, dass wir gemeinsam eine Chipproduktion aufbauen werden müssen. Da funktionieren die nationalen Lösungen natürlich überhaupt nicht mehr. Deswegen kann ich auch das Wort von der nationalen Souveränität nicht mehr hören. Es gibt keine nationale Souveränität. Es gibt eine europäische Souveränität, aber auch nur dann, wenn wir zusammenhalten. Dann haben wir eine Chance, dass man auf Augenhöhe mit uns spricht. Wir werden ja sehen, was jetzt mit Amerika passiert. Wir werden aber auch sehen, was mit China passiert.
Auf eines möchte ich Sie (in Richtung Bundesministerin Edtstadler) aufmerksam machen, und da Sie ja auch gern Bücher lesen, habe ich Ihnen eines mitgebracht: „Die ewige Supermacht“ – dringende Leseempfehlung. (Der Redner hält das genannte Buch von Michael Schuman in die Höhe.) Was Sie in diesem Buch lernen können, ist, dass gerade heute auch die kommunistische Führung und Xi Jinping mehr historisches Bewusstsein haben, als ich das in der europäischen Gemeinschaft sehe. Warum? – Weil Xi Jinping verstanden hat, dass er die Tradition Chinas weiterführen wird und will, und die Tradition Chinas heißt, dass man zum Sohn unter dem Himmel hinkommen und sich verneigen muss. Das hat über Jahrhunderte funktioniert. Über Jahrhunderte sind die Europäer hingefahren, wollten handeln und mussten das dann zu deren Bedingungen tun. Erst ein böser Krieg, der Opiumkrieg, hat das beendet. Heute sind die Chinesen wieder so stark.
Xi Jinping spricht auch davon, dass er sich auch in der Tradition des Konfuzius sieht, dass er sich in der Tradition der starken chinesischen Kaiser sieht. Was heißt das? – Das heißt, dass wir mit ihm verhandeln werden. Einer der Mitarbeiter des Herrn Xi hat kürzlich gesagt, es gibt große Staaten und es gibt kleine Staaten. Jeder, der zuhört, versteht, was das heißt: Die großen Staaten müssen wir akzeptieren, die kleinen brauchen wir nicht. – Wir als Europa sind groß, wir als Österreich sind klein. Daraus muss ja ganz logisch folgen, was das heißt.
Das Nächste ist natürlich Innovation. Es ist auch schon richtigerweise über Forschung gesprochen worden. Forschung heißt aber: gemeinsam. Wir müssen gerade – Frau von der Leyen hat es in ihrer Rede auch gesagt – im Bereich der Chipproduktion gemeinsame Forschung aufstellen. Auch das hat Kollegin Gamon richtigerweise angesprochen: Der ganz wesentliche Vorteil des Wirtschaftsstandorts Europa ist, dass wir ein Rechtsstaat sind.
Ich habe Ihnen noch ein Buch mitgebracht (das Buch „Post-Communist Mafia State: The Case of Hungary“ von Bálint Magyar in die Höhe haltend), denn der Sommer war lang: „Post-Communist Mafia State“ – ein solcher ist laut Meinung von Bálint Magyar Ungarn. Er ist ein ehemaliger Minister, der da genau erklärt, wie aus Ungarn nach dem Kommunismus aus einer postkommunistischen Demokratie ein Mafiastate geworden ist. Wir dürfen, Frau Bundesministerin, es nicht dulden, dass es so etwas innerhalb der europäischen Gemeinschaft gibt, denn wenn wir das dulden, dann heißt das, dass alle die Vorteile, die Europa ausmachen, auf einmal weg sind. Deswegen ist es keine unfaire Behandlung Ungarns. Wofür Fairness? Für einen Mafiastaat? – Na hoffentlich nicht!
Wir werden dann noch im Rahmen der Ibizadebatte darüber sprechen: Es sind übrigens auch ein paar interessante Punkte enthalten, woran man sieht: Ui, möglicherweise bewegt sich Österreich auch in diese Richtung. Davor möchte ich dringend warnen. Für ein gemeinsames Europa, für ein rechtsstaatliches, demokratisches Europa! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.01
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen. – Danke, Frau Ministerin.