16.28

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Liebe Claudia! Liebe ÖVP Oberöster­reich! Ich verstehe es überhaupt nicht, dass ihr so auf die FPÖ schimpft (Ruf bei der ÖVP: Na geh!), weil ihr in Oberösterreich gesagt habt: Es muss alles so bleiben, wie es ist! Ihr habt ja die Koalition mit den Blauen schon wieder ausgemacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Verdammt noch einmal, es ist Zeit aufzuwachen! Bitte wacht auf! Es ist eigentlich ein Wahnsinn und man fragt sich: Wie lange kann die Bundesregierung noch schlafen? Herr Bundesminister Faßmann, seit 1945, sagen wir 1946, haben die Schulen immer im September angefangen. Das weiß man seit 1946. Und jetzt ist man nicht in der Lage, zum Schulbeginn vernünftige Coronaregelungen für die Schüler und die Eltern zu machen. Wacht endlich auf! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Es tut mir leid, ich halte das nimmer aus! Ich halte das nimmer aus, dass es keine Klarheit im Zusammenhang mit Corona gibt. Wir haben keine Klarheit für den Schulbetrieb, wir haben keine Klarheit, was auf den Arbeitsplätzen stattfindet. Entschuldigung, da sagt Herr Kocher: Ich bin nicht zuständig!, Herr Mückstein: Ich bin nicht zuständig!, die Frau Landwirtschaftsministerin oder wie sie heißt (Heiterkeit des Abg. Michael Hammer) sagt: Das sollen die Sozialpartner machen! – Ja, wer ist in der Regierung? Die Sozial­part­ner? – Verdammt noch einmal macht endlich euren Job! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich erzähle Ihnen aus der Praxis: Ich habe diese Woche in meinem Betrieb, in dem ich tätig bin, die Regelungen auf Deutsch übersetzen sollen, damit es die Leute auch verstehen. In dem Moment, in dem ich einen Schrieb herausgegeben habe, hat mir der Minister über Nacht die Verordnung geändert, und es hat nicht mehr gepasst. Das ist die Realität, die wir derzeit in den Betrieben haben, und daher sagt auch keiner mehr etwas; wenn keiner mehr etwas sagt, dann passiert das, was jetzt der Fall ist, dass sich nämlich niemand mehr auskennt.

Ich sage es jetzt so: Wenn ihr nicht geschlafen hättet, dann hätten die Leute Vertrauen in die Bundesregierung – überall haben die Leute Vertrauen in die Regierung –, sie hät­ten Vertrauen in die Impfung und sie hätten auch Vertrauen in die notwendigen Corona­maßnahmen insgesamt. Aber natürlich: Wenn man die Leute im Unklaren lässt - - Insbesondere der Bundeskanzler kann das ja wirklich, er kann Marketing machen, aber wenn man ihn bräuchte, ist er nicht da (Abg. Michael Hammer: Was brauchst denn von ihm?), wenn man ihn bräuchte, damit er endlich einmal eine Linie macht, ist er auch nicht da. Er ist nur am Marketing interessiert und nicht an dem, was die Menschen eigentlich brauchen.

Wenn man dann schaut, wo er hingegriffen hat: Coronaapp – abgedreht (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger); wenn ich weitergehe: Ampel – abgedreht; wenn ich weiter­gehe (Zwischenruf bei der ÖVP): Tests im Dezember – nicht funktioniert; und wenn man dann zur Impfung weitergeht: die Menschen haben halt kein Vertrauen, und das kann es eigentlich nicht sein. Wenn es nicht passt, sind am Ende immer die anderen schuld: Anschober, Mückstein und wie sie alle heißen.

Königsberger-Ludwig hat Ihnen gezeigt, wie man es machen könnte, sie hat ein Instrument eingeführt, wie man die Leute informiert. (Abg. Michael Hammer: Wer ist denn das?) – Die Gesundheitslandesrätin in Niederösterreich, die das auch kann.

Übrigens, beim Zugreifen ist die ÖVP ja super: In Oberösterreich haben sie – und das sagt der Rechnungshof – beim Maskenankauf ja massiv die eigene Truppe gestärkt. Da haben sie die Masken um den doppelten Preis gekauft – das ist aufgefallen –, der ÖVP nahestehend. So geht es! Verdienen tut man daran, vielleicht ist eh etwas zurück­ge­flossen, ich weiß es nicht, und darüber hinaus haben sie jetzt Millionenspekulations­verluste im Gesundheitswesen festgestellt. Da merkt man, wenn man das Geld, das man da verhaut hat, richtig verwenden würde, für eine Impfkampagne, dann würden sich die Menschen auch impfen lassen.

Mir hat gefallen, Dr. Saxinger hat es richtig gesagt: Die Menschen brauchen Vertrauen in Ärzte. Ärztinnen und Ärzte müssen jene, die kritischer sind, ernst nehmen; wenn man sie ernst nimmt, muss man sich mit ihnen auseinandersetzen, und dafür braucht es Ärztinnen und Ärzte, die Zeit haben. Was habt ihr getan? – Ihr habt den Zugang zur Ausbildung von Ärzten reduziert, und daher bringe ich jetzt folgenden Entschließungs­antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maß­nahmen gegen den Ärztemangel in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz wird aufgefordert, eine Verdoppelung der Studienplätze in den Fächern Human- und Zahnmedizin unter der Maßgabe umzusetzen, dass diese Studienplätze daran geknüpft werden, dass Absolventinnen und Absolventen nach Abschluss der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitsbereich bzw. im Sachleistungsbereich (Kassenvertrags­stelle) für eine bestimmte Zeit tätig sind.

Gleichzeitig ist der Arztberuf generell und insbesondere der Beruf des Hausarztes aufzu­werten und Anreize für Medizinstudentinnen und -studenten sowie Ärztinnen und Ärzte zu schaffen, um diese einerseits in Österreich zu behalten und andererseits, sich zu Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern ausbilden zu lassen.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Blimlinger, Belakowitsch und Michael Hammer.)

16.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger,

Genossinnen und Genossen

betreffend Maßnahmen gegen den Ärztemangel in Österreich, eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Beate Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, betreffend „Schlechte Datenbasis, chaotisches Pandemiemanagement, niedrige Impf­quote. Was noch, Herr Minister?“ in der Sitzung des Nationalrats am

22. September 2021

Eine Umfrage der Wiener Ärztekammer und der Spitalsärztinnen und –ärzte zeigt, dass 52 Prozent dieser Berufsgruppe bereits überlegt haben, sich beruflich zu verändern, knapp ein Fünftel denkt darüber oft oder sehr oft nach. Die Regierungsfraktionen verur­sachten mit einer Verlängerung der bereits hohen Arbeitsleistung auf bis zu 55 Stunden pro Woche noch eine weitere Belastung für diese Berufsgruppe.

Um den Status Quo der ärztlichen Versorgung aufrecht zu erhalten, ist es notwendig, jährlich mindestens 1.450 Ärztinnen und Ärzte neu zu beschäftigen, derzeit sind es aber bloß 840.

Auch in den österreichischen Gemeinden herrscht ein eklatanter Mangel an Hausärzten. Schon jetzt haben 200.000 Menschen in Österreich keinen Hausarzt in der Nähe ihres Wohnsitzes – ein Problem, das sich in Zukunft verschärfen wird: in zehn Jahren sind

75 Prozent der heutigen Ärztinnen und Ärzte im pensionsreifen Alter. Ein zentrales Ziel der Gesundheitspolitik muss sein, dass jeder Bewohner und jede Bewohnerin Öster­reichs einen Hausarzt innerhalb von 10 Minuten Anreisezeit erreichen kann.

Trotz dieses eklatanten Mangels stehen für das Studienjahr 2021/22 für Human- und Zahn­medizin nur 1.740 Studienplätze zur Verfügung. Davon 740 an der Medizinischen Uni­versität Wien, 400 an der Medizinischen Universität Innsbruck, 360 an der Medizini­schen Universität Graz und 240 an der Medizinischen Fakultät der JKU Linz. Gleichzeitig gilt eine Kontingentregelung für die Vergabe von Studienplätzen im Bereich Humanmedizin, wonach nur 75 Prozent der Studienplätze Studienwerbenden mit einem Reifezeugnis aus Österreich zukommen sollen. In diesem Jahr haben sich für diese Studienplätze 17.823 Personen interessiert (d.h. zum Aufnahmeverfahren angemeldet) und sind insge­samt 12.777 Interessierte zum Aufnahmeverfahren angetreten.

Untersuchungen zeigten klar, dass gerade die Aufnahmeverfahren für Humanmedizin eine extrem sozial selektierende Wirkung haben (der Akademikeranteil der Eltern von Studierenden ist extrem hoch.). Ebenso basiert auch der Ärztemangel auf diesem extrem eingeschränkten Zugang zum Medizinstudium.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordnete nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­tenschutz wird aufgefordert, eine Verdoppelung der Studienplätze in den Fächern Human- und Zahnmedizin unter der Maßgabe umzusetzen, dass diese Studienplätze daran geknüpft werden, dass Absolventinnen und Absolventen nach Abschluss der Aus­bildung im öffentlichen Gesundheitsbereich bzw. im Sachleistungsbereich (Kassenver­tragsstelle) für eine bestimmte Zeit tätig sind.

Gleichzeitig ist der Arztberuf generell und insbesondere der Beruf des Hausarztes aufzu­werten und Anreize für Medizinstudentinnen und –studenten sowie Ärztinnen und Ärzte zu schaffen, um diese einerseits in Österreich zu behalten und andererseits, sich zu Allgemeinmedizinerinnen und –medizinern ausbilden zu lassen.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Zusammenhang mit dem Verhandlungs­gegenstand ist (Abg. Michael Hammer: Schleierhaft!) äußerst schwer herzustellen. Wir haben das letztes Mal in der Präsidiale diskutiert, und ich denke, wir sollten uns doch daran orientieren und die Entschließungsanträge mit dem Verhandlungsgegenstand einigermaßen in Zusammenhang bringen.

Er ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und soll in Verhandlung stehen.

Ich bitte aber wirklich, das nächste Mal einen Zusammenhang herzustellen; der Zusam­menhang mit dem Gegenstand ist wirklich sehr, sehr schwer zu konstruieren. (Abg. Prinz: Herr Präsident, lassen wir es gelten, sie können es nicht besser! – Abg. Martin Graf: Das ist ja die Aufgabe des Präsidenten, das zuzulassen!)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.