20.35

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Mit dem Be­schluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes haben wir am 8. Juli 2021 die Klima- und Energiewende definitiv eingeläutet. Beim 25-seitigen Abänderungsantrag zur Regie­rungs­vorlage – Kollege Hammer, du hast es gerade angesprochen – ist ein redaktio­neller Fehler passiert, den wir heute richtigstellen wollen. Das gibt uns beziehungsweise mir auch die Gelegenheit, ganz kurz über die Energiepolitik zu sprechen.

Ja, wir, die SPÖ, stehen ganz klar zum Ziel der Energiewende für Österreich und somit zu 100 Prozent bilanzieller Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie, die SPÖ steht aber vor allem auch für eine faire und gerechte Ausgestaltung der Energiewende (Beifall bei der SPÖ – Abg. Kassegger: Das ist euch aber nicht gelungen, gell Alois? Das ist euch nicht gelungen! – Zwischenruf des Abg. Rauch), denn die Energiewende ist auch eine soziale Frage. (Abg. Rauch: Ja, die können sich die Leute nicht mehr leisten, die Ökostrompauschale! 26 Prozent!)

Mein Hauptaugenmerk war und ist, dass der notwendige Ausbau von Ökostrom zu kei­nem Zeitpunkt zulasten der einkommensschwachen Haushalte stattfinden darf. Wir sind mit dem Anspruch in die EAG-Verhandlungen gegangen, den sozialen Aspekt auch in das Gesetzespapier zu bekommen (Abg. Rauch: Und seid gescheitert!), die soziale Handschrift ganz deutlich und ganz klar erkennbar zu machen. (Abg. Rauch: Und ihr seid gescheitert! Wie kann man als SPÖ so scheitern?)

Diese Arbeit war erfolgreich: Neben den Personen, die von der GIS befreit und somit auch automatisch von den Ökostromkosten befreit sind, haben wir die Kosten auch für alle armutsgefährdeten Haushalte (Abg. Rauch: Erhöht!), und das sind 1,2 Millionen Personen, mit 75 Euro im Jahr gedeckelt. (Abg. Rauch: Erhöht habt ihr sie!) Damit zahlen sie trotz steigenden Ökostromausbaus weniger an Abgaben. (Beifall bei der SPÖ.)

Im EAG haben wir somit auch treffsichere Lösungen für das Sicherheitsnetz für ein­kommensschwache Bürgerinnen und Bürger geschaffen. (Abg. Rauch: Ihr seid sozial gescheitert!) Nun stellt sich aber ein ganz anderes Problem dar: Die Energiepreise – du, lieber Lukas, hast es angesprochen – sind in den letzten Monaten zu rekordverdächtigen Höchstständen angestiegen und haben sich zu den Preisen der ganz normalen End­kundinnen und Endkunden durchgeschlagen. Das wird sehr, sehr dramatisch, wie sich die Preise jetzt entwickelt haben.

Die Großhandelspreise für Strom und Gas haben sich binnen Jahresfrist in etwa ver­dreifacht. Noch merkt man diesen Anstieg nicht auf der Energierechnung, aber laut E‑Control soll das spätestens im Winter sehr, sehr spürbar werden. In ganz Europa wird darüber diskutiert, wie man vor dem Winter die teils dramatischen Preisanstiege verhindern oder zumindest abmildern kann, nur in Österreich ist die Regierung zurzeit auf Tauchstation, was dieses Problem anbelangt. (Abg. Haubner: Das stimmt ja nicht!) Vielleicht liegt es ja daran, dass sich der Herr Finanzminister schon über die steigenden Einnahmen bei der Mehrwertsteuer freut. Wenn die Haushaltspreise wie die Großhandelspreise steigen, sind das nämlich gleich einmal mehr als 100 Millionen Euro an Mehreinnahmen für den Finanzminister durch die Mehrwertsteuer.

Dass die Regierung bei sozialen Auswirkungen aber nicht so flott ist, haben wir ja auch schon in der Coronakrise gesehen, als seitens der SPÖ Druck auf die Regierung gekom­men ist, den drohenden Abschaltungen von Strom und Gas entgegenzuwirken. Diese wurden dann auch Gott sei Dank ausgeglichen, und das wurde auch dementsprechend beschlossen. Wenn aber schon die Regierung keine Ideen hat: Wir haben eine Idee, geschätzten Kolleginnen und Kollegen. (Abg. Haubner: Oje, das wird teuer!) Wir brauchen Maßnahmen, die, so glauben wir, jetzt sehr, sehr rasch wirken müssen. (Abg. Rauch: Was habt ihr gekriegt fürs Zustimmen? Was war der Preis von euch?) Zum Beispiel ist eine Soforthilfe von 500 Euro pro Kunden zu beschließen, die es den Bürgerinnen und Bürgern möglich macht, ohne Angst in den kommenden Winter zu gehen, oder wir drehen befristet an der Steuerschraube und reduzieren die Abgaben auf Energie. Einfach nur abzukassieren geht sich einfach nicht mehr aus. (Abg. Rauch: Da habt ihr mitgestimmt!)

Das alles sind jetzt keine weltfremden Forderungen, lieber Kollege, sondern sogar die EU-Kommission (Abg. Kassegger: Ihr habt ja überall mitgestimmt!), die sonst nicht unbedingt für ihre soziale Ader bekannt ist, hat schon letztes Wochenende zugestanden, dass die Regierungen etwas gegen die steigenden Preise machen müssen.

Neben den kurzfristig wirksamen Maßnahmen müssen wir uns gleichzeitig auch grund­legende Fragen zum Strommarktmodell stellen. Wie sinnvoll ist der aktuelle Preisbil­dungsmechanismus? Wie sinnvoll ist es, dass Strom zigmal gehandelt wird, bis er endgültig beim Verbraucher ankommt? Was ist uns die sichere und leistbare Versorgung mit Energie wert?

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am heutigen Tag sind es genau 77 Tage, seit wir das EAG hier im Hohen Haus beschlossen haben. Laut den Worten der Bundesregierung war es der große Wurf. Was aber geschah bisher? – Wir haben nach jahrlangen Streite­reien der Koalitionsparteien – zuerst Türkis-Blau, dann Türkis-Grün – mit unserer Stim­me die Zweidrittelmehrheit ermöglicht, weil uns neben der sozialen Komponente auch immer wichtig war (Abg. Rauch: Die nicht vorhanden ist! Die soziale Komponente ist nicht vorhanden!), der Energiebranche Sicherheit zu gewähren und dass neue Green Jobs geschaffen werden können, aber jetzt ist es an der Zeit, endlich Taten zu setzen. Was ist mit den ausständigen Verordnungen innerhalb des Bundesministeriums pas­siert? Was ist der Letztstand bei der Notifizierung durch die Europäische Kommission? Wir fordern da ganz klare Information und Transparenz ein.

Es warten aber noch weitere bedeutende Gesetzesvorhaben auf die Umsetzung. Wo bleibt zum Beispiel das Energieeffizienzgesetz? Wo bleibt das für heuer geplante Erneu­erbaren-Wärme-Gesetz? Wo bleibt das grüne Gaspaket?

Geschätzte Damen und Herren! Mehr in die Zukunft und weniger in die Imagepflege investieren! Mein Schwerpunkt wäre eine mutige Klima- und Energiepolitik. Ich lade alle dazu ein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.