11.58

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Werte Kollegen! Herr Bun­deskanzler! Jetzt hätte ich fast: Sehr geehrter Herr Außenminister!, gesagt, denn wir kennen uns ja schon länger. Als Außenminister sind Sie für mich als außenpolitischer Sprecher meiner Fraktion zuständig gewesen. Sie haben jetzt ein neues Amt übernom­men, nämlich jenes des Bundeskanzlers.

Wir haben heute schon viel über Treue, über bedingungslose Treue gehört. Kollegin Rendi-Wagner hat auch erwähnt, dass man, wenn man es übertreibt, bei der blinden Treue sei, und dann ist es wenig verantwortungsvoll, solche Ämter zu übernehmen. Sie sind natürlich ein begnadeter außenpolitischer Geigenspieler – Sie spielen perfekt Geige, um das einmal anhand eines bildlichen Vergleichs zu erwähnen –, aber das, was Sie spielen, die Stücke, die Sie spielen, gefallen mir und den Freiheitlichen teilweise nicht. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt wechseln Sie in das Dirigentenamt. Die Frage ist: Sind Sie auch in der Lage, dieses Orchester zu dirigieren? Oder die noch viel spannendere Frage: Sind Sie überhaupt der Dirigent, oder gibt es da jemanden – oder mehrere –, der Sie dirigiert? Nach Ihren ersten Stellungnahmen gestern und heute muss man den Eindruck gewinnen, dass es doch ein System dahinter gibt, das türkise System, das Sie dirigiert, und dass Sie nicht der Dirigent sind. Das ist natürlich traurig. Jeder, der nach diesem Skandal erwartet hat, dass sich vom Zugang her, vom System her irgendetwas ändert, dass das türkise System in sich geht und einmal nachdenkt: Haben wir vielleicht doch etwas falsch gemacht, sollen wir nicht doch den Platz freigeben?, wurde enttäuscht.

Sie erwähnen immer die Wahlerfolge: Die Bürger haben uns gewählt! – Das stimmt schon, aber Sie sollten auch erwähnen, und das kommt ja jetzt immer mehr ans Tages­licht, wie Sie zu diesen Wahlerfolgen gekommen sind, und sich die Frage stellen, ob das alles lauter war. Da spreche ich gar nicht von den massiven Wahlkampfkosten­über­schreitungen. Jetzt sagt man einfach: Na ja, das ist ein Kavaliersdelikt! – Nein, ist es nicht! Das ist ja total unfair den anderen gegenüber. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Jetzt kommt ans Tageslicht, wie Sie Umfragen fälschen und so weiter und so fort. Ich möchte da dem allfälligen Strafverfahren gar nicht zu weit vorgreifen, aber da muss man sich schon die Frage des neuen Stils, der jetzt ans Tageslicht kommt, stellen. Jeder, der einen Stilwechsel erwartet hat, muss bitter enttäuscht sein. Es wird sich gar nichts ändern, das türkise System wird weitertun und wird versuchen, damit durchzukommen.

Jetzt gibt es einen neuen Außenminister, Ihren Nachfolger, auch ein Karrierediplomat mit einer exzellenten diplomatischen Karriere, also durchaus ein Fachmann, der aber Außenpolitik, das haben Sie, der neue Bundeskanzler, schon gesagt – da werden wir unseren Weg weiter fortsetzen! –, so wie bisher, ohne irgendwelche Änderungen, betrei­ben will.

Da sind wir schon beim Thema Außenpolitik: Das wollen wir Freiheitliche nicht, dass Sie den Weg unverändert fortsetzen, so wie bisher. Wir wollen nicht, dass Sie Dinge in Brüssel beschließen und dann in Österreich genau das Gegenteil davon kommunizieren, was in den letzten Jahren unter der Führung des Altkanzlers, aber auch unter Ihnen als Außenminister gemacht wurde. Sie stimmen in Brüssel der Aufnahme von Schulden in Milliardenhöhe zu, in Österreich erzählen Sie dann, Sie sind gegen eine Schuldenunion. Sie stimmen in Brüssel Migrationspakten zu, in Österreich erzählen Sie dann: Wir werden unsere Grenzen schützen und alles tun, um die europäischen Grenzen zu schützen.

Diese Divergenz zwischen dem, was Sie in Brüssel machen und hier den Österreiche­rinnen und Österreichern erzählen, ist, wenn Sie so weitermachen, nicht unbedingt glaubwürdig. Ich glaube, Sie und der türkise Sektor generell haben nicht nur in der Außenpolitik, sondern auch in vielen anderen Fragen – auch in der Steuer- und Wirt­schaftspolitik und in der Migrationspolitik – ein grundsätzliches Glaubwürdigkeits­prob­lem.

Sie haben natürlich auch ein persönliches Glaubwürdigkeitsproblem – Kollege Leichtfried hat ja die Tafel schon hochgehalten –, und da spreche ich alle Minister an, die hier sitzen: Sie schwören vor zwei Tagen hoch und heilig, nur dann Minister bleiben zu wollen, wenn Sebastian Kurz Bundeskanzler ist – Herr Bundeskanzler Schallenberg schaut jetzt nicht aus wie Sebastian Kurz –, der ist es dann nicht mehr und Sie sagen: Na, macht nichts, wir bleiben aber trotzdem!

Glauben Sie, dass die Menschen großes Vertrauen in Sie haben, wenn Sie derart agieren? Ich glaube das nicht. Also unser Vertrauen in Sie, und zwar in die gesamte Bundesregierung, ist zutiefst erschüttert, deswegen werden wir auch einen entsprechen­den Misstrauensantrag stellen. In Wahrheit wäre das Beste für das Land, wenn die gesamte Bundesregierung diesen Schritt zur Seite macht. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.04

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.