10.58

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Kollege Karlheinz Kopf, wenn ich Ihnen oder dir zuhöre, wenn ich Peter Haubner zuhöre, dann schwanke ich jetzt immer: Natürlich müsst ihr das Budget schönreden, aber das ist schon an der Grenze der Realitätsverweigerung und des Realitätsverlustes, was hier teilweise vorgebracht wird. Ich werde später darauf nä­her eingehen, aber zunächst zum Herrn Bundesminister.

Herr Bundesminister, ich habe so das Gefühl, Finanzminister ist nicht so wirklich Ihres. Sie haben dafür keine Passion. Ich glaube, dass Kulturminister im Bundeskanzleramt viel eher Ihres war als Finanzminister. Das kommt mir sehr stark so vor. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben auch einige drastische strategische Fehleinschätzungen durchklingen lassen. Ich möchte jetzt nicht – tue ich aber – Ihre Einschätzung von vor wenigen Wochen: Die Pandemie ist vorbei!, bemühen – eine totale Fehleinschätzung. Ich möchte auch nicht Ihre Fehleinschätzung bemühen, dass die ökosoziale Steuerreform keine Gießkannen­reform sei. – Selbstverständlich! Kollege Hammer hat das 2 Minuten nach Ihnen bestä­tigt. Jeder Einzelne bekommt da einen Fixbetrag nach irgendwie nicht nachvollziehbaren Kriterien. Selbstverständlich ist es eine große Gießkannenumverteilungsmaschinerie, bei der Sie vorher den Menschen 500 Millionen Euro wegnehmen und dann 1,2 Milliar­den Euro nach nicht nachvollziehbaren Grundlagen verteilen.

Kollege Fuchs hat schon gesagt, da gibt es dann den Fall, dass man in derselben Straße in Häusern mit ungerader Nummer 130 Euro bekommt und in Häusern mit gerader Num­mer 100 Euro. Also all das hat ja nichts mit einer strukturierten, strategischen Wirt­schafts- und Steuerpolitik zu tun – bei aller Liebe und allem Verständnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Ihre nächste Fehleinschätzung, die Sie vor 5 Minuten getroffen haben: „Die Impfung wirkt“, also dieses Herstellen einer Kausalität zwischen dem Gesamtwohlergehen des Staates und der Tatsache, ob jemand geimpft ist oder nicht. „Die Impfung wirkt“ zu sagen und daraus verschiedene Dinge abzuleiten, da widerspricht Ihnen sogar Kollegin Schramböck, die heute Gesundheitsminister Mückstein sozusagen ausrichten lässt, er solle sich gefälligst auch um die Bestellung von Medikamenten – in ausreichendem Ma­ße – bemühen (Beifall des Abg. Lausch) und nicht alles in Richtung Impfung schieben. Da würde ich an Ihrer Stelle ein bisschen mehr mit Frau Kollegin Schramböck kommu­nizieren. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das Budget ist ja immer auch das Spiegelbild der gesamten Wirtschafts- und Standort­politik, und da haben wir schon gehört: Alles ist gut! – Nichts ist gut!

Kollege Kopf, es ist schon richtig, dass die Bürger jetzt teilweise mehr in der Brieftasche haben, aber das ist in derselben Millisekunde weg: durch explodierende Gaspreise, ex­plodierende Strompreise, explodierende Spritpreise, explodierende Baukosten, explo­dierende Erzeugerpreise. Das ist in derselben Hundertstelsekunde weg, und verantwort­lich dafür sind unter anderem auch Sie (in Richtung ÖVP) mit Ihrer chaotischen, von hohen planwirtschaftlichen Komponenten geprägten Wirtschaftspolitik.

Ich bin verwundert über die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP, für die jetzt auf einmal der Staat alles richten kann. Bis hin zur ganzen Klimapolitik ist das doch ein permanentes planwirtschaftliches Einmischen des Staates in die freie Wirtschaft. Man muss wirklich sagen: Die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP hat sich als Wirtschaftspartei verabschie­det. Jetzt gilt: Der Staat richtet alles und lenkt alles. Bei den Grünen verstehe ich das ja, aber bei der ÖVP fehlt mir da völlig das Verständnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Es sind ein paar ganz, ganz üble Dinge am Horizont zu sehen – selbstverständlich sind Sie mit Ihrer Wirtschafts- und Standortpolitik der letzten Jahre dafür verantwortlich –, und das verursacht dem Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Holzmann, schlaf­lose Nächte – das kann ich teilen –, Herrn Finanzminister Blümel offensichtlich nicht: Da kann eine galoppierende Inflation kommen. Der jetzige Verbraucherpreisindex von 3 Prozent mag zwar klein ausschauen, aber wir alle wissen, der Verbraucherpreisindex hinkt immer um vier bis sechs Monate nach. Also die Inflation wird deutlich steigen. Wiederum: Da haben die Menschen dann zwar mehr im Börserl, aber von der Kaufkraft her ist es dann weniger.

Das Inflationsrisiko wird ja in Ihrem Budget völlig ignoriert. Die Wirtschaftswachstums­prognosen, Wifo, all das ist schön und gut, aber all diese Risikoszenarien werden völlig ignoriert. Das vorliegende Budget ist viel zu optimistisch. Wobei: Wir reden von einem Budget, das bereits ein Defizit von unfassbaren 12 Milliarden Euro plant; aber selbst das ist noch optimistisch. Wenn Sie sagen, dass das heurige Budget etwas besser ausge­fallen ist als geplant, muss ich sagen: Der Plan war minus 35 Milliarden Euro. Das ist eine unfassbar große Zahl.

Der Schweizer Nationalratspräsident war heute hier, und Peter Haubner hat gesagt, wir haben mit der Schweiz viel gemeinsam. Ja, wir haben viel gemeinsam: Wir haben tüch­tige Menschen mit einer guten Ausbildung, die sich ihr Leben im Wirtschaftsbereich selbstständig finanzieren wollen und erwirtschaften wollen, aber dann sind wir mit den Gemeinsamkeiten schon fertig, denn wenn Sie die Zahlen, die Sie hier mit diesem Bud­get vorlegen, mit den Schweizer Zahlen vergleichen, dann ist das, muss ich sagen, ein anderer Kosmos, was die Lohnnebenkosten betrifft, was die Staatsverschuldung betrifft, was die Defizite betrifft und so weiter. Also da sind wir schon in der Nähe des Reali­tätsverlustes.

Noch einmal – und damit möchte ich schließen –: Das Budget ist ein Spiegelbild der Wirtschafts- und Standortpolitik. Und in den wesentlichen Dingen, in den wesentlichen Handlungsfeldern haben Sie gänzlich versagt. Sie hätten die Coronakrise selbstver­ständlich auch als Chance nutzen können, Sie hätten die Coronakrise für ehrliche, weit­reichende Strukturreformen, für Kammerreformen nutzen können. Nichts haben Sie ge­macht! Sie hätten die Coronakrise für einen sinnvollen, effektiven und effizienten Bü­rokratieabbau nutzen können. Nichts haben Sie gemacht! Im Gegenteil, wir haben heute schon gehört, die ganze Konstruktion der CO2-Steuer, Kollege Fuchs hat es gesagt, ist ein Bürokratiemonster. Sie hätten die Krise für eine ehrliche Steuer- und Abgabenreduk­tion nutzen können. Wir haben viel zu hohe Lohnnebenkosten. Sie schaffen es ja nicht einmal, die kalte Progression abzuschaffen.

Ein paar Taschenspielertricks wie das Kürzen der Familienlastenausgleichsfondsbeiträ­ge, wodurch dann gleichzeitig dem Familienlastenausgleichsfonds Milliarden an Schul­den beschert werden und das wieder vom Budget querfinanziert werden muss, sind kei­ne ehrliche Steuer- und Abgabenreform. Sie hätten die Krise für eine ehrliche Verwal­tungsreform im Sinne einer Weiterentwicklung der Verwaltung hin zu einer Verwaltung als Diener des Bürgers nutzen können. Was machen Sie? – Genau das Gegenteil, die Verwaltung mutiert mittlerweile immer mehr zu einem Kontroll- und Strafapparat der Bun­desregierung.

Sie hätten Elemente der direkten Demokratie einführen können. Nichts haben Sie ge­macht! Sie hätten, was die Ausgaben betrifft, sich an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Treffgenauigkeit orientieren können. Nichts von dem haben Sie gemacht! Sie verwenden die große Gießkanne: Geld ist abgeschafft, jeder kriegt mehr. – Ja, aber woher? Das müssen Sie doch vorher den Bürgerinnen und Bürgern, den Steu­erzahlern wegnehmen!

Das Ganze hat ein Ausmaß erreicht, das für uns Freiheitliche als echte Wirtschaftspartei nicht mehr akzeptabel ist. Das ist ein riesengroßer Umverteilungsmechanismus. Der Herr Finanzminister sagt, das Tollste am jetzigen Budget ist: Ich habe mir 5 Milliarden Euro als Verfügungsmittel gesichert. 5 Milliarden – das ist das Volumen einer großen Steuerreform! –, über die der Herr Finanzminister jetzt nach freien Stücken verfügt. – Also so geht es ja bitte wirklich nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Am Ende wird die Frage stehen: Wer zahlt die ganze Rechnung? Wer zahlt die explo­dierenden Defizite? Wer zahlt die Schulden? Wer zahlt die Ausgaben nach dem Motto: Geld ist abgeschafft!? – Ja selbstverständlich zahlen das am Ende der Kleine, die Bür­gerinnen und Bürger, der Kleinunternehmer, der Mittelstand – nicht die Großkonzerne, die haben da Schlupflöcher. Wir bewegen uns auch mit diesem Budget genau in diese Richtung, und ich möchte jetzt hier nicht die Kassandra sein, aber es verursacht auch mir schlaflose Nächte, nicht nur dem Nationalbankgouverneur Prof. Holzmann. Wenn wir so weitertun, dann wird das ganz, ganz böse enden!

Ich sehe überhaupt keine positive strukturelle Entwicklung, keine positiven Signale in diesem Budget. Ich sehe ein Weiterwurschteln der vergangenen zwei, drei Jahre. Irgend­wann ist dann aber die Grenze erreicht und irgendwann wird es dann richtig unange­nehm werden, und das wollen wir nicht. Es hätte heute die Möglichkeit gegeben, viele dieser negativen Entwicklungen zu stoppen und zu verhindern. Sie haben das verab­säumt und Sie werden dann, wenn sozusagen der Zahltag kommt, die volle Verantwor­tung dafür übernehmen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.07

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.