20.15

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ja, wir sprechen bei diesem Tagesordnungspunkt viel von Entwicklungszusammenarbeit, und wir haben das im Ausschuss bei den sogenannten Budgetverhandlungen auch schon behandelt. Heute wird von Abgeordneten der Regierungsfraktionen, vor allem von Kollegin Dzie­dzic, kaum irgendetwas an diesem Budget, an dieser Regierungsvorlage, die wir heute hier verabschieden, kritisiert, sondern es wird ständig die Opposition kritisiert. Dabei steht hier eigentlich eine Regierungsvorlage zur Abstimmung, und da hätten wir ja bei den Budgetverhandlungen das eine oder andere erreichen können.

Ich nehme jetzt einen Punkt heraus, der alleine mir schon reichen würde, um das Budget überhaupt abzulehnen, und zwar die Streichung der Schulden des Sudan. Ich darf erin­nern: Das ist in der Regierungsvorlage festgeschrieben worden, und man reagiert in den Verhandlungen gar nicht darauf, dass es dort mittlerweile zu einem Militärputsch gekom­men ist und dort Menschen umgebracht werden, Oppositionelle eingesperrt werden, Gegner der Militärregierung eingesperrt werden. Die österreichische Regierung geht her und beschließt mit dem Budgetgesetz, das wir heute und in den nächsten Tagen be­schließen werden, einen Schuldenerlass von in Summe 2,5 Milliarden Euro für diese Mili­tärregierung. Das sind 2 500 Millionen Euro, wenn man so will, oder in alter Währung – darunter können sich manche auch noch etwas vorstellen – 35 Milliarden österreichi­sche Schilling. Damit könnte man den Österreichern 125 000 VW Golf mittlerer Ausstat­tung zur Verfügung stellen. Dieses Geld haben die Österreicher in der Vergangenheit aufgebracht.

Das sind Gelder, die der Sudan in den letzten Jahren ausgegeben hat, und ich erinnere daran: Der Sudan hat in den letzten 30 Jahren, um nur ein Beispiel zu nennen, im Durch­schnitt 4,6 Prozent seines BIPs für militärische Belange ausgegeben. Österreich gibt 0,4 Prozent aus, sage ich dazu. Man könnte also sagen, der Sudan hat unsere Entwick­lungshilfegelder in den letzten Jahren offensichtlich auch für Militärausgaben verwendet und verwendet sie jetzt offensichtlich auch, um die Bevölkerung in vielerlei Art und Weise zu unterdrücken.

Dass man da in den Budgetverhandlungen im Ausschuss nicht bereit ist – und wir haben den Herrn Minister oftmals gedrängt und dazu befragt, er hat aber kaum dazu Stellung genommen –, das verwundert doch. Wenn wir bei einem Einnahmenbudget von rund 80, 85 Milliarden Euro 2,5 Milliarden so locker wegdrücken können, verwundert es doch, dass wir das beschließen und damit auch noch der Rosstäuscherei Vorschub leisten, dass man über diesen besagten 0,7-Prozentanteil unseres BIPs die Mittel der Entwick­lungszusammenarbeit aufgestockt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte das für ein wirklich falsches Signal, an eine Militärregierung, an Putschisten in dieser Situation letztlich Geld zu verschenken. Was ist denn die Wirkungsorientierung dieser Maßnahme? – Dass man in der Dritten Welt sagen kann: Wenn wir putschen und ein Militärregime einsetzen, erlässt uns Öster­reich die Schulden! – Das ist dann das Ziel, das man unter Umständen verfolgt oder auch erreicht hat, und das mithilfe der Grünen. Man ist nicht bereit, das aufzugeben. Da sieht man wieder, welchen Stellenwert das Parlament bei Budgetverhandlungen am Ende hat. Das ist fatal und ganz, ganz schlecht, da werden Sie mir zustimmen.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „definitive Beendigung der geplanten Schuldenreduktionen für den Sudan“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internatio­nale Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die Schulden des Sudan nicht – wie im Budgetvoranschlag 2022 geplant – zu reduzieren. Vor dem Hintergrund der, in Folge der Corona-Krise angespannten Bud­getlage soll von Schuldennachlässen generell Abstand genommen werden.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für ganz dringend notwendig, dass man zumindest dieses Signal vom Hohen Haus aussendet, und wenn wir nicht in der Lage sind, dieses Signal auszusenden, dann tun Sie, Frau Kollegin Dziedzic – mit Ver­laub –, mir echt leid. Dann brauchen Sie den moralischen Zeigefinger vor allem in Rich­tung der FPÖ überhaupt nicht mehr zu heben, denn dann haben Sie sämtlichen Kredit, den man Ihnen in der Entwicklungshilfe gegeben hat, schon längst verbraucht; das sage ich an dieser Stelle. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass man rückwärtsgewandte Ziele hat, ist das eine, dass man aber überhaupt keine Ziele für die Zukunft hat, sieht man an einem einzigen Beispiel. Brasilien ist jetzt auch bei der Klimakonferenz in Glasgow im Zentrum gestanden. Dass aber Österreich her­geht – vielleicht mithilfe der Grünen, aber ich bin ja von den Grünen gar nicht mehr ent­täuscht, schon gar nicht in dieser politischen Situation; sie können sich nirgends durch­setzen – und in diesem Zusammenhang nicht einmal Brasilien für die wirtschaftliche Zu­sammenarbeit auf allen Ebenen, Wissenschaft, Außenpolitik und Ähnliches mehr zu ei­nem Schwerpunktland erklärt, auch im Hinblick darauf, dass man dort vielleicht auch mit dazu beiträgt, im Amazonasgebiet oder wo auch immer in diesen Fragen Gutes zu be­wirken, darauf kommen Sie nicht?!

Wir haben nach wie vor in Südamerika Uruguay, das wurde im März dieses Jahres ge­macht, und in Zentralamerika Costa Rica als zwei Zielländer festgeschrieben. Das ist schön und fein und das soll auch so sein, aber der wirkliche globale Spieler, nämlich Brasilien, wo man etwas unternehmen sollte und muss und bei dem Zusammenarbeit an oberster Stelle stehen müsste, wird auch hier wiederum außer Acht gelassen, und das ist schade.

Ich hoffe, wir kommen in den nächsten Wochen zu einem besseren Standpunkt im Zu­sammenhang mit der österreichischen Außenpolitik. Ich lade Sie dazu ein, mit uns in Verhandlung zu treten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martin Graf, MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend definitive Beendigung der geplanten Schuldenreduktionen für den Sudan

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungs­vorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), UG 12 Äußeres

Der Budgetdienst des Nationalrates hält in seiner Untergliederungsanalyse zum UG 12-Äußeres hinsichtlich der Höhe der verwendeten Mittel für die Entwicklungszusammenar­beit fest: „Im BVA-E 2022 wird von einer Steigerung gegenüber 2021 von 2,5 Mrd. EUR auf 3,774 Mrd. EUR und einer ODA-Quote von 0,87 % ausgegangen, die insbesondere auf die Schuldenreduktionen (Sudan; 2/3 im Finanzjahr 2022 und 1/3 Finanzjahr 2024) zurückzuführen sind.“

Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2022 sieht demnach vor, eine Summe in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro (!) aufgrund einer Schuldenreduktion für den Sudan zu bud­getieren. Es ist festzuhalten, dass die Gelder, welche einst dem Sudan bereitgestellt wurden und auf deren Rückzahlung nun verzichtet werden soll, österreichische Steuer­gelder darstellen. Gerade in Zeiten, in denen die österreichischen Bürger unter einer steigenden Inflation und Kostenexplosionen leiden, stellt dieses Ansinnen schon für sich genommen einen ungeheuerlichen Affront dar.

Darüber hinaus ist anzuführen, dass der Sudan ein äußerst instabiler Staat ist, welcher erst jüngst von einem Militärputsch erfasst wurde. Es herrscht der Ausnahmezustand. In der Sitzung des Budgetausschusses am 12. November 2021 gab Außenminister Michael Linhart bekannt, dass die geplante Schuldenreduktion aufgrund des Militärputsches vorerst nicht durchgeführt werden solle, allerdings weiterhin Bestandteil des Entwurfs zum Bundesvoranschlag 2022 bleiben werde. Demzufolge kann, welches Regime sich im Sudan auch immer durchsetzen wird, dieses zukünftig auf die dann beschlossene Schuldenreduktion verweisen und davon profitieren. Derartige Unsauberkeiten sind ei­nes Bundesvoranschlages nicht würdig.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und interna­tionale Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die Schulden des Sudan nicht – wie im Bundesvoranschlag 2022 geplant – zu reduzieren. Vor dem Hintergrund der, in Folge der Corona-Krise angespannten Bud­getlage soll von Schuldennachlässen generell Abstand genommen werden.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor, die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.