22.22

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Sie haben schon auf die Uhr geschaut.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe nicht auf die Uhr geschaut, ich habe nur gesagt, um diese Zeit braucht es keine Aufregung mehr. Wir haben genügend Zeit. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Ja, ich weiß schon, aber Kollege Michi Bernhard hat mir gesagt, ich habe jetzt theoretisch 15 Minuten Zeit, aber ich möchte mir keine Fleißpunkte, sondern lieber Beliebtheitspunkte verdienen (Abg. Hörl: Das geht nicht mehr!) und werde diese 15 Minuten also nicht ausnutzen. – Was sagst du? (Ruf bei der ÖVP: Jetzt nützt es eh nix mehr! – Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Er provoziert mich, aber es werden trotzdem nicht 15 Minuten.

Frau Bundesministerin, eines möchte ich schon sehr deutlich sagen: Sie sind ja Mana­gerin gewesen. Als Managerin muss man realistisch einschätzen. Es geht nicht nur mir, sondern, glaube ich, schon vielen Menschen im Land auf die Nerven, wenn wir immer hören: Wir sind da die Besten, dort die Besten! – Wir sind es leider nicht, und ich werde auch gleich Beispiele nennen. Ich glaube, dass es in einer politischen Debatte viel sinn­voller ist, zu überlegen, was wir besser machen können. Da gibt es einen großen Bedarf, etwas besser zu machen.

Ich möchte jetzt über Forschung sprechen, möchte auch über den Standort der For­schung sprechen, und da schaut es leider nicht so gut aus. Ich habe heute schon einige Mails von Forscherinnen und Forschern unseres Landes zitiert, die die Wissenschafts­feindlichkeit, insbesondere von Herrn Kurz und von Herrn Haslauer, sehr betroffen ge­macht hat, weil das unserem Standort natürlich schadet.

Ich möchte jetzt den Präsidenten der Krebshilfe, Professor Paul Sevelda, zitieren, der eben sagt, dass diese Form von „Desavouierung wissenschaftlicher Experten“ natürlich unserem Land schadet. Dann sagt er noch etwas ganz Wesentliches, das mir in dieser Form so nicht bekannt war, er sagt nämlich: Die wissenschaftsfeindliche Stimmung in dem Land „zeigt sich auch darin, dass [...] erfolgreiche klinische Forschungsgruppen wie die [...] Austrian Breast and Colorectal Study Group und die AGO (Austrian Gynecologic Oncology Group) keinerlei finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand erhalten bzw. weniger als 1 % der klinischen Forschung in Österreich derzeit gefördert wird“. – Da müsste man auf jeden Fall etwas korrigieren. (Bundesministerin Schramböck: Sind im Budget!)

Etwas Ähnliches schreibt mir Professor Zielinski, von dem man auch weiß, dass er ein weltbekannter Forscher ist, und auch er sagt, dass uns natürlich diese Wissenschafts­skepsis massiv schadet.

Weil das Thema Medikamente aufgetaucht ist: Ich habe auch mit Professor Greil gespro­chen, und er sagt auch, dass wir gerade bei der Herstellung von Medikamenten zu langsam sind und dass da natürlich auch die Initiative der öffentlichen Hand hilfreich wäre.

Der nächste Punkt, der mich immer wieder bewegt und über den ich auch schon ge­sprochen habe, ist künstliche Intelligenz. Jetzt kann man sagen: Es ist schon zu wenig menschliche da, was machen wir mit der künstlichen? Leider sind wir aber auch da nicht weit vorne. Da ist heute eine Statistik von Eurostat gekommen: Nur 5 Prozent der öster­reichischen Unternehmen verwenden Technologien der künstlichen Intelligenz. Länder, die von dieser ÖVP heruntergemacht werden – Spanien, Italien, „in ihren Systemen ka­putt“! –, liegen deutlich höher; Irland: 23 Prozent – vielleicht war Herr Kurz deswegen dort –, Malta: 19 Prozent. Hören Sie also auf, zu erzählen, wir seien überall die Besten! Leider sind wir es nicht, aber wir können besser werden.

Ein nächster Punkt – weil Sie ja auch immer auf die Frage der Lieferketten hingewiesen haben –: Das ist, glaube ich, ganz wichtig, und da kommen wir nach China. Jetzt weiß ich, bei Ihnen muss ich aufpassen (erheitert), weil Sie so einen Hang zur Kleptolibrie haben. Ich gebe Ihnen das Buch, aber nur, wenn Sie für das „Kurier“-Lernhaus etwas spenden. Dann gebe ich Ihnen gerne das Buch, und es ist wirklich lesenswert, aber das mit der Spende für das Lernhaus haben, glaube ich, alle mitbekommen. (Der Redner überreicht Bundesministerin Schramböck das Buch über Xi Jinping.)

Das Buch von Stefan Aust ist gestern auch im „Kulturmontag“ vorgestellt worden. Xi Jinping sagt immer: Die erste industrielle Revolution machte Großbritannien zum Beherr­scher der Welt – es ist interessant, dass er das sagt, da sieht man, was ihm wesentlich ist: Beherrscher der Welt! –, die zweite industrielle Revolution natürlich die Vereinigten Staaten, und dann ist ja ganz klar, dass die Digitalisierung – Stichwort Digitalisierung! – was machen soll? – Sie soll natürlich China zum Beherrscher der Welt machen.

Wir wissen, dass wir jetzt schon große Abhängigkeiten haben. Da sind Sie ja die Fach­frau. Im Bereich der Telekommunikation gibt es jedenfalls ExpertInnen, die mir sagen, dass man ohne Huawei gewisse Dinge gar nicht mehr machen kann, also da sind wir auch zurückgefallen – auch problematisch! Jetzt kann man umgekehrt natürlich kein Interesse daran haben, dass es China schlecht geht. Die frühere Fed-Präsidentin Yellen hat gesagt: Wenn China ein ernsthaftes finanzielles Problem bekommt – Evergrande et cetera –, dann wird die ganze Weltwirtschaft leiden! – Das wollen wir natürlich auch nicht. Selbstbewusst auftreten müssen wir aber.

Da haben wir heute auch vom chinesischen Botschafter bei der Europäischen Union eine große Warnung bekommen. Was hat er nämlich gesagt? – Er hat gesagt: Die EU riskiert mit ihrer Politik – nämlich selbst autonomer zu werden – weitere Störungen der weltweiten Lieferketten! – Das, meine Damen und Herren, ist eine Drohung. Er sagt, sie, die Chinesen, wollen einen höheren Grad an Eigenversorgung – Xi Jinping sagt sogar Autonomie –, aber uns will man das absprechen? Das geht ja so weit, dass das Handels­bilanzdefizit der EU gegenüber China immer größer wird, das heißt, die Abhängigkeit ohnehin größer wird.

Das alles spricht dafür, dass wir uns, natürlich gemeinsam in der EU, zusammenneh­men. Wenn ich das schon höre: Wir zahlen da etwas ein! – Wir bekommen ja mehr he­raus, und wenn wir es nicht gemeinsam in der EU machen, dann gibt es das gar nicht. Also viel Spaß dem österreichischen Bundeskanzler, wenn er in China irgendein Abkom­men verhandeln will! Österreich ist von den Einwohnern her eine mittelgroße chinesische Stadt, und entsprechend ernst werden wir genommen. Wir haben natürlich nur gemein­sam eine Chance.

Da möchte ich Sie aber wirklich bitten: Sagen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP, sie sollen mit der Wissenschaftsfeindlichkeit aufhören, und zweitens: Wir brauchen mehr Geld für Forschung! Es muss gezielter sein. Die Gespräche der letzten Tage haben mich wieder sehr viel gelehrt. Dieser Dialog mit der Wissenschaft muss noch verstärkt werden, dann glauben vielleicht manche Kolleginnen und Kollegen hier auch, dass Imp­fen wichtig ist, dass Medikamente wichtig sind und dass nur die Wissenschaft garantiert, dass wir weiter einen menschlichen Fortschritt haben, und der Hausverstand – neben­bei – schadet auch nicht. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

22.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttinger. – Bitte sehr.