9.27

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Zur Ankündigung der Pflegereform durch Kollegen Hammer: Wenn 500 Euro Pflegebonus versprochen sind, die bis heute noch nicht ausbezahlt sind, dann können Sie sich ausrechnen, wann Sie die Pflegereform bekommen, die er Ihnen verspricht! Das werden wir leider nicht mehr erleben.

Zum Pensionssystem: Kollege Stöger hat damit eröffnet, dass die Pensionen sicher sind. Der frühere Finanzminister Hannes Androsch hat gesagt: Die Pensionen sind schon si­cher, aber das Budget nicht. – Darum geht es ja. Wir müssen all das, was versprochen ist, irgendwann zahlen. Tatsächlich: Wenn man einige Weitsicht hatte, konnte man schon 1955 sehen, dass sich das alles (eine Tafel mit einem Medienbericht in die Höhe haltend) nicht auf Dauer ausgehen wird. Jetzt beschleunigt sich das in einem unglaub­lichen Tempo.

Die Zuschüsse zu den Sozialversicherungspensionen, also zu ASVG, BSVG und GSVG, steigen vom Zeitpunkt des Regierungsantritts 2019 bis 2026 um 5,2 Milliarden Euro, von mehr als 9 Milliarden auf über 16 Milliarden, also um gut die Hälfte – in fünf, sechs Jahren um die Hälfte. Das ist eine Dynamik, der man nicht tatenlos zusehen kann. Also man kann schon, das tun Sie ja auch! Es ist jedoch unverantwortlich, weil das das Geld wegfrisst, das wir in anderen Bereichen des Budgets dringend brauchten. Wenn um 4,5 Millionen Euro für Gewaltschutz gestritten wird, wenn es darum geht, ob wir für die Entwicklungszusammenarbeit noch 1 Million Euro mehr mobilisieren können, wenn es um ökologische Maßnahmen geht, wenn es um Wirtschaftsförderung geht, wenn es um Innovation und Forschung geht, fehlt das Geld, aber bei den Pensionen spielt es über­haupt keine Rolle, dass sich der Zuschuss in fünf, sechs Jahren um die Hälfte erhöht.

Würden die Österreicher einen Monat später in Pension gehen – nur einen Monat! –, würde das einen Unterschied von 191 Millionen Euro machen. Alle, die hier herinnen für ein Budgetkapitel verantwortlich sind, sollen einmal überlegen, was bei ihnen 191 Millio­nen Euro ausmachen würden. Das sind gewaltige Summen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

In den Regierungsprogrammen steht seit vielen Jahren immer drinnen: Wir wollen das faktische Pensionsantrittsalter erhöhen. – Das steht immer drinnen, es passiert nur nicht. Die letzte Erhöhung, die passiert ist, hat Rudi Hundstorfer durch einen sadistischen Trick erzielt: indem er das Rehabilitationsgeld eingeführt hat und diese Leute jetzt halt nicht mehr als Pensionisten zählen, aber ansonst gehen die Österreicher gleich früh in Pen­sion wie 1974, nur werden sie acht Jahre älter und sie fangen fünf Jahre später an zu arbeiten – also fünf Jahre weniger Beitragsleistung und hinten hinaus acht Jahre länger Bezug. Dass sich das nicht ausgehen kann, sieht ein Blinder mit dem Krückstock.

Erfreulicherweise sind die Österreicher bei guter Gesundheit, Österreich hat ein gutes und leistungsstarkes Gesundheitssystem, und es beweisen auch Sozialdemokraten, dass man im mittleren Alter noch weiterarbeiten kann. ÖGB-Präsident Katzian hat seinen 65. Geburtstag gefeiert, zu dem ich ihm auch gratuliert habe, er arbeitet weiter als ÖGB-Präsident und er wird nächstes Jahr noch einmal kandidieren. Man kann natürlich eine gute Leistung erbringen – nicht in allen Jobs, aber es gibt viele Berufe, in denen man auch Mitte 60 noch eine gute Leistung erbringen kann. Sie tun immer so, als ob alle Dachdecker wären. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Brandstätter weist in Richtung Präsi­dent Sobotka. – Abg. Wurm – erheitert in Richtung Präsident Sobotka –: Auch der ..., Herr Präsident! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei den NEOS. – Heiterkeit des Präsiden­ten Sobotka.)

Und dann hat Kollege Stöger auch noch eine Unwahrheit verbreitet. Man kann Unwahr­heiten in der Hoffnung, dass sie irgendwann hängenbleiben, sehr oft wiederholen, zum Beispiel jene, dass ausgemacht gewesen wäre – ich frage mich, zwischen wem –, dass ein Drittel zu den Pensionen zugeschossen wird. Das steht nirgends, es ist aber wurscht, das kann man oft behaupten, und irgendwann bleibt es vielleicht hängen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Oder man kann behaupten, dass die Pensionen der Arbeiter und Ange­stellten sich quasi selbst decken – und wenn man ein paar Dinge ausblendet, dann stimmt das, aber jetzt möchte ich Ihnen diese Dinge einmal einblenden.

Die Versicherung der Arbeiter und Angestellten in der Pensionsversicherung profitiert von sogenannten Wanderversicherten, die zuerst einmal Arbeiter und Angestellte sind, sich irgendwann in ihrer Karriere selbstständig machen und dann in die Selbstständigen­versicherung kommen – die Beiträge haben sie aber vorher bei den Arbeitern und Ange­stellten eingezahlt. Das macht jedes Jahr ungefähr 2 Milliarden Euro aus, von denen die Arbeitnehmerversicherung profitiert, während diese dann auf der Seite der Selbststän­digen fehlen. Dann wird aus der Arbeitslosenversicherung jedes Jahr ein Betrag von ungefähr 1,5 Milliarden Euro an die Pensionsversicherung der Arbeiter und Angestellten überwiesen, weil das sonst nicht gedeckt wäre.

Und dann haben wir noch das Thema mit den Beamten. Die Jungen werden jetzt nicht mehr Beamte, die sind Vertragsbedienstete; die Alten sind im Beamtenstatus. Das heißt, ich habe in der Beamtenversicherung die Alten und wenige Junge. Die jungen öffentlich Bediensteten sind in der Pensionsversicherungsanstalt versichert und zahlen dort Bei­träge, aber denen stehen noch ganz wenige Leistungsbezieher gegenüber – noch ein­mal 1,5 Milliarden Euro.

Also wenn wir schon rechnen, dann ehrlich! Ich weiß, mit Mathematik hat man es auf der sozialdemokratischen Seite nicht so, und auf der ÖVP-Seite ist man dann halt auch eher christlich-sozialistisch. Das Geld spielt keine Rolex! Man schreibt zwar immer: Wir machen eine Pensionsreform!, aber die kommt nie. Seit Wolfgang Schüssel habt ihr das Thema keinen Millimeter vorangebracht, und das ist euer Versagen und euer Vergehen an der Jugend. (Beifall bei den NEOS.)

9.33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koza. – Bitte sehr.